Kapitel 2
"Und er hat dich wirklich nach einem Date gefragt?", versicherte sich meine beste Freundin Lucy am Telefon. Auch wenn sie es nicht sehen konnte, verdrehte ich die Augen.
"Nein, er hat lediglich gefragt ob ich ebenfalls am Freitag, also morgen, auf dem Ball bin.", erklärte ich ihr zum fünften Mal. Insgeheim dachte ich aber auch wie sie und hoffte inständig, dass es als Date gemeint war.
"Ich sehe das als Date an. Morgen bin ich um zwei bei dir und dann heißt es schick machen", beharrte sie. Innerlich stöhnte ich auf. Ein Nachmittag mit Lucy um mich zu stylen war der Horror.
Sie liebte es alles mögliche an Schminke auszuprobieren, während ich es lieber schlicht mochte. "Aber nun zu etwas anderem, da waren wirklich Rebellen?", wollte sie wissen.
"Ja. Und hätte ich nicht die Vase gehabt, wäre Daniel jetzt tot", erzählte ich ihr von meinem gestrigen Erlebnis. Noch immer schockierte es mich und der Gedanke daran war nicht sehr erfreulich.
Dennoch schien es für mich nicht wirklich real, wie eine Geschichte, die mir erzählt wurde. Ein Erlebnis, das einer anderen Person geschehen war und nicht mir. "Wirklich? Dann hast du doch was gut bei ihm, das ist doch toll", freute sie sich über seinen beinahe Tod.
"Ansichtssache", erwiderte und aß eine Weintraube von denen, die vor mir auf dem Tisch standen. "Ja, okay. Dass er gestorben wäre es nicht so toll, aber die Tatsache, dass du ihn gerettet hast." Da hatte sie vielleicht Recht, dennoch hätte ich es bevorzugt ihn auf normale Weise kennen zu lernen und nicht mit diesem Vorteil.
"Miss Johnson, was steht in der Schulordnung bezüglich Handys auf den Fluren?", hörte ich die Stimme von unserer Lehrerin Mrs. White. Oh oh, das gab Ärger für Lucy. Mrs. White war die strengste Lehrerin überhaupt und meine Vermutung war, dass ihr einziges Hobby Schüler quälen ist.
"Handys müssen ausgeschaltet werden", murmelte Lucy kleinlaut und schon hörte man das Piepen. Sie hatte also einfach so aufgelegt, aber das war verständlich, da sie sonst eine Menge Ärger zusätzlich bekommen würde.
Zum Glück durfte ich heute schwänzen, weil mein Vater der Ansicht war, dass ich psychisch noch nicht in der Lage war, die Schule zu besuchen. An dieser Ansicht war sicherlich vieles richtig, doch ich denke einen Tag Schule hätte ich überlebt. Viel mehr hatte mein Vater Angst, dass ich auf dem Weg dorthin überfallen werden würde oder in der Schule.
Erneut klingelte das Telefon und ich dachte bereits Lucy hätte es geschafft mich wieder anzurufen, doch die Telefonnummer auf dem Display war mir nicht bekannt. Außerdem war es sehr unwahrscheinlich, dass Mrs. White sie so schnell gehen lassen würde.
"Guten Tag, Miss Dawson. Es ist mir eine Ehre mich wieder mit ihnen zu unterhalten. Ich war so frei und habe mir ihre Telefonnummer aus dem Telefonbuch meines Vaters herausgesucht", hörte ich Daniel am anderen Ende der Leitung.
Sofort musste ich Lächeln. "Aber natürlich, Mr. Adams. Auch ich bin ganz verzückt über die Tatsache, dass sie mich angerufen haben" redete ich im selben Ton wie er und nahm mir eine weitere Weintraube.
"Spaß beiseite. Steht unsere Verabredung morgen noch?", hakte er nach. Er hatte gerade wirklich Verabredung gesagt. Innerlich machte ich Luftsprünge und war froh, dass er mein Grinsen nicht sehen konnte.
Aber dabei vergaß ich leider die Weintraube die mir prompt im Hals stecken blieb. Wie eine Irre hustete ich um die Weintraube loszuwerden. Unglücklicherweise stieß ich mein Glas um, beim Versuch die Weintraube runterzuspülen. Mein Hals schmerzte und die Weintraube blieb an ihrem Platz.
"Alles in Ordnung?" , wollte Daniel wissen und klang recht besorgt. Mittlerweile hatte ich mein husten im Griff und war bereit zu antworten. "Ja, passt schon. Hab mich nur verschluckt", röchelte ich ins Telefon und klang wahrscheinlich so, als ob ich fast erstickt wäre.
Warum musste ich auch immer so tollpatschig sein? "Na dann ist ja gut. Und was ist jetzt mit Freitag?" Wieder schlich sich das Grinsen auf meine Lippen und die Weintraube war vergessen.
"Klar, hab sowieso nichts vor. Und solch einen Anlass kann ich ja wohl kaum verpassen, Mr Adams. Dort kommen doch alle mit Rang und Namen", antwortete ich möglichst lässig.
Schließlich wollte ich nicht klingen, wie ein kleines verliebtes Mädchen, auch wenn ich das war. Ungern gab ich das zu, doch es war die Wahrheit. Ich war Daniel vollkommen verfallen. "Sehr schön, sehr schön. Ich sehe sie dann dort, Miss Dawson. Einen angenehmen Tag noch.", wünschte er mir.
"Ihnen ebenfalls.", verabschiedete ich mich und legte auf. Also hatte ich wirklich ein Date mit Daniel Adams. Bei dem Gedanken wurde mein Grinsen immer breiter.
Schon halb hatte ich Lucys Nummer gewählt, als mir der Vorfall von gerade einfiel und ich es für besser hielt später zu telefonieren. Jetzt würde ich erstmal ein Bad nehmen um zu entspannen.
Ich kroch unter meiner weißen Bettdecke hervor und stand auf meinem Himmelbett auf. Wie auch die restlichen Möbel meines Zimmer -und des ganzen Hauses - war es aus Ebenholz.
In die Pfosten waren Blumen reingeritzt worden und es war wirklich schön. Außerdem passte es farblich zu meinem Zimmer. Die Wände waren in einem dunklen braun, nur eine Wand war beige.
Auch die anderen Schränke und Regale, welche vollgestopft mit Büchern waren, trugen dieselbe Farbe. Ebenso mein Schreibtisch. Mit seinem schwarz wurde der Fernseher noch einige Nuancen dunkler. Doch trotz der dunklen Farben fühlte ich mich hier sehr wohl und es bot einen schönen Kontrast zu unserem Flur.
Ich suchte mir aus der Kommode eine gemütliche Jogginghose sowie ein Sweatshirt und ging dann in mein eigenes Bad. Im Gegensatz zu meinem Zimmer, war es hier sehr hell.
Die Fliesen waren komplett weiß und auch die Einrichtung, welche aus Toilette, Waschbecken, Dusche und Wanne bestand, war weiß. In die Wanne ließ ich Wasser laufen und fügte Badeperlen hinzu.
Sofort schäumte das Wasser rosa auf und nach kurzer Zeit konnte ich dann ins Wasser steigen. Tiefer ließ ich mich ins Wasser gleiten und seufzte entspannt. Die Hitze des Dampfes und des Wassers umgab mich und ließ mich vollkommen ruhig werden.
Doch ich hatte mich zu früh auf Ruhe und Entspannung gefreut, denn ich hatte vergessen die Tür zu schließen. Dadurch war es ein leichtes für meinen Huskywelpen Balu ins Bad zu kommen und mit einem Satz in der Badewanne zu landen.
Das Wasser spritzte zu allen Seiten heraus und mein Hund wälzte sich in dem Schaum. "Balu", schimpfte ich los, doch er sah mich so schuldbewusst an, dass ich ihm nicht böse sein konnte.
Wäre ich jetzt in einem kitschigen Liebesfilm würde ich meinem Hund jetzt wahrscheinlich vorsingen wie toll es wäre, dass ich Daniel treffen würde und wie verliebt ich doch bin. Zum Glück war ich nicht in so einem Film, denn ich hasste so etwas.
Mit einem Seufzer stieg ich aus der Wanne und wickelte mir ein Handtuch um. "Du kannst froh sein, dass du den Hundeblick so gut drauf hast, sonst hättest du schon eine Menge Ärger bekommen", warnte ich ihn und wie als Zustimmung bellte er.
Ich ließ das Wasser wieder raus und trocknete mich ab. Dann zog ich mir die Klamotten über und band meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.
"Na komm, Balu. Wir gehen spazieren",forderte ich ihn auf und sogleich lief er um meine Beine herum. Nun ja, vorher sollte ich ihn vielleicht abtrocknen, denn nun wies meine Jogginghose nasse Stellen auf.
Außerdem stank er nach nassem Hund, was kein schöner Geruch war. Ein wenig angeekelt föhnte ich ihn, was er sichtlich genoss und leinte ihn an. Seinen Geruch verlor er allerdings nicht komplett weswegen ich ihn mit meinem Parfum vollsprühte.
Doch leider übertrieb ich es und jetzt stank er übermäßig nach Lavendel, aber immerhin besser als nasser Hund.
Wir verließen das Haus und ich ging mit ihm über das große Areal unseres Grundstücks. Hätten wir nicht eine so große Rasenfläche, hätte ich Balu nie bekommen.
Mit ihm außerhalb des Zauns spazieren zu gehen, wäre viel zu gefährlich, man würde mir sofort ansehen, dass ich zu den Reicheren gehörte und somit eine potenzielle Beute war.
Somit war es mir nur erlaubt in unserem Areal zu bleiben oder mit Chauffeur in die Gegenden zu fahren, die für uns sicher waren. Das hieß die Läden und Parks, die eingezäunt waren.
Zwar war das von außen nicht schön, diente aber zu unserer Sicherheit. Viele würden für ein paar Monate Gesundheit töten und ich wäre ein leichtes Opfer. Ich war nicht stark und auch nicht sonderlich groß. Mich zu überwältigen sollte nicht all zu schwer sein.
Schon oft hatte ich meinen Vater versucht zu überreden, mir eine Waffe zu geben, doch er wollte nicht. Er sagte, ich würde mich nur selbst erschießen, so tollpatschig wie ich wäre.
Vielleicht hätte er sogar recht, aber ein Versuch könnte man ja mit einer Unechten wagen. Aber auch dazu ließ er sich nicht überreden und so war ich der Welt schutzlos ausgeliefert und musste mich wie gestern mit Vasen verteidigen.
So in Gedanken versunken hatte ich gar nicht bemerkt, dass ich wieder beim Haus angekommen war. Balu war schon am Hecheln und so beschloss ich wieder rein zu gehen.
Passend zum Klingeln des Telefons war ich wieder in meinem Zimmer. "Hallo, hier ist Keira Dawson", meldete ich mich. "Keira, da bist du ja endlich. Ich hab schon fünfmal angerufen", warf sie mir vor.
"Ich war mit Balu draußen." Sie musste ja nicht gleich so verärgert sein, ich war höchstens eine halbe Stunde weg. "Aww, ich liebe diesen Hund", schwärmte sie. Als ich ihn bekommen hatte, mussten ihr Vater sie heraustragen um sie nach Hause zu bekommen.
"Müsstest du nicht beim Matheunterricht sein?", fragte ich sie mit einem Blick auf die Uhr. "Ja stimmt,ich hab nicht viel Zeit. Ich hab gesagt, ich müsste auf Toilette."
Das war Lucy. Immer einen Plan in der Hand um ans Handy zu gehen. "Gut, was willst du?", fragte ich also direkt. "Nun ja erstens mich für vorhin entschuldigen, aber du kennst Mrs. White.", begann sie zu erzählen.
"Miss Johnson, ihr Verhalten ist unerhört. Sie müssen morgen Nachmittag nachsitzen", äffte sie unsere Lehrerin nach. Ich brach in Gelächter aus, weil sie es wirklich gut gemacht hatte.
"Hallo? Das ist nicht witzig, ich kann dir morgen nicht beim stylen helfen",erinnerte sie mich. Das bemerkte ich auch gerade und war unglaublich erleichtert.
Ich würde nicht ihr Versuchskaninchen für die neuste Schminkkollektion darstellen. So konnte ich mich dezent schminken und auch ein Kleid meiner Wahl anziehen. "Oh stimmt,das hatte ich übersehen", steuerte ich gespielt enttäuscht bei.
"Aber da fällt mir noch was ein. Daniel hat vorhin angerufen und gefragt ob die Verabredung noch steht", erzählte ich begeistert, wobei ich das Wort Verabredung besonders betonte. Ich war unglaublich glücklich über diese Tatsache, weil Verabredung so in etwa wie ein Date war, bloß ein anderes Wort.
"Wow, das ist doch toll. Ich glaube, er steht auf dich. Er hat dich gestern hübsch genannt und meinte, ihm gefällt deine Andersartigkeit",listete sie auf. Das Wort Andersartigkeit, könnte ich auch als Beleidigung deuten, doch ich wusste, dass sie es nett meinte.
"Lucy, komm wieder auf den Boden. Er hat mich gestern das erste Mal gesehen" , zerstörte ich ihr Wunschdenken. "Na und? Noch nie etwas von der Liebe auf den ersten Blick gehört?"
"Doch zu genüge. Du hoffst ja immer darauf." Ständig begann sie damit von neuem. Auf einem Maskenball lernt sie einen Fremden Jungen kenne, es ist Liebe auf den ersten Blick, doch sie verlieren sich und suchen nach einander.
Und als beide schon aufgegeben haben, treffen sie sich wieder und dann Hochzeit, Kinder und das ganze drumherum. Eine Geschichte wie aus einem Kitschfilm, also nichts für mich, ich bevorzugte Actionnfilme .
"Ja und du bekommst es dann auch noch, wie unfair." Ich kannte sie gut genug um zu wissen, dass es sie wirklich ärgerte, sogar wenn ich die Betroffene war. "Im Gegensatz zu dir glaube ich nicht daran meine Liebe.", holte ich sie aus ihrer Traumwelt zurück. "Ja und das macht es noch unfairer. Aber was solls. Ich muss auflegen, sonst fällt es auf. Tschüss."
Bevor auch ich mich verabschieden konnte, hatte sie schon aufgelegt. Ich legte das Telefon zur Seite und überlegte was ich nun machen sollte. Doch da nahm mir mein Magen die Entscheidung durch ein Knurren ab.Ich würde etwas essen und dann überlegen, was ich morgen anziehe.
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