Kapitel 24 – Training

Marvel stochert genervt in seinem Frühstück herum und blickt starr auf seinen Teller.

„Und dann hab ich sie gesehen. Distrikt 11 ist auch wirklich ein armseliger Distrikt. Wie sie schon rumgelaufen ist.", Cashmeres hohe Stimme ertönt und ihr Bruder, Gloss, lacht sich innerlich tot. Er beschränkt sich äußerlich allerdings nur auf ein arrogantes Schnauben.

„Hast du dieses Weib aus Distrikt 12 gesehen? Ich frage mich ja, wo sie die aufgegabelt haben. Eine Siegerin kann sie ja nicht sein...", beteiligt sich Gloss lachend an der Konversation.

„Aber ich bin ja allgemein zuversichtlich, dass einer von euch gewinnen wird... seht euch die anderen Tribute doch mal an.", meint er dann noch. Cashmere beginnt zu lachen und erinnert Marvel damit so sehr an Glimmer, dass ihm beinahe die Kotze hochsteigt.

„Diese Frau aus Distrikt 4 wird doch eh als erste sterben. Oder die beiden aus 10.", spottet Cashmere.

„Wer könnte dir denn bitte gefährlich werden? Niemand.", versichert Gloss seiner Schwester.

„Odair vielleicht... und Brutus und Enobaria.", zählt Cashmere die auf, die ihr einfallen. Marvel denkt sich seinen Teil dazu und ignoriert die Tatsache, dass er sie wahrscheinlich mit Leichtigkeit umbringen könnte.

„So ungern ich das auch zugebe, aber ich denke, dass Winters uns gefährlich werden könnte...", meint Gloss und Cashmere und Marvel sehen ihn verwirrt an.

„Wer ist Winters?", fragt Cashmere irritiert.

„Diese schwarzhaarige aus 7.", meint Gloss, so als würden die beiden das doch wissen müssen.

„Sie heißt Summers.", spottet Marvel abwertend, da er nicht glauben kann, dass die beiden wirklich so ignorant sind.

„Dann eben das. Du hast doch schon Mal mit der zusammengearbeitet. Was ist unsere Strategie? Wie können wir vier sie besiegen?", wendet sich Cashmere an Marvel, welcher sie einen Moment lang irritiert ansieht, bis er verstanden hat, was sie von ihm will. Finster sieht er sie an.

„Du glaubst doch nicht allen ernstes, dass ich mich mit euch verbünde, oder?", fragt er spöttisch. Cashmere und Gloss sehen ihn abwertend an.

„Du bist ein Karriero! Verhalte dich auch so!", ermahnt Gloss ihn. Marvel legt genervt seine Gabel weg und steht auf, um zu gehen.

„Mit Sicherheit nicht. Und Cashmere, du wärst die letzte, mit der ich mich verbünden würde."

Narie betritt an der Seite von Jack das Trainingscenter und sieht sich zuerst einmal um. Im Vergleich zum letzten Jahr sieht das Trainingscenter nun um einiges modernder aus.

„Was ist unser Plan?", wendet sich Narie an ihn. Jack sieht sie zögerlich an.

„Wenn ich ganz ehrlich zu dir sein darf, dann habe ich kein Interesse hieran. Ich sterbe sowieso, also muss ich auch nicht weiter trainieren.", gibt er ehrlich zu.

„Wieso stirbst du sowieso? Das weißt du doch noch gar nicht.", meint Narie. Jack schmunzelt leicht.

„Ich habe mich für Blight gemeldet, damit du die Chance hast, wieder zurück nach Hause zu kommen. Zurück zu ihm.", erklärt Jack und Narie versteht in diesem Moment erst richtig, was er da bei der Ernte eigentlich für ein Opfer gebracht hatte. Für sie.

„Jack...", beginnt Narie, doch er unterbricht sie.

„Du musst nichts sagen, wirklich. Ich bin um ehrlich zu sein nur hier, um ein Auge auf die anderen Tribute zu werfen und nachzusehen, wer mich am schnellsten und vor allem am schmerzfreisten töten könnte.", meint er. Narie weiß nicht, wie sie reagieren soll, doch dann gerät ihr ein Gespräch in den Kopf, das sie vor langer Zeit einst mit Jack geführt hatte. In dem er ihr gesagt hatte, dass er eigentlich nur noch erlöst werden möchte, von den Qualen, die er jeden Tag und jede Nacht verspürt, sich aber nicht traut es selbst zu tun.

Sie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll, doch diese Entscheidung wird ihr abgenommen, als Jack mit einem „Ich gehe dann mal" verschwindet und Narie alleine stehen lässt. Doch sobald Jack weg ist, steht jemand anderes hinter ihr. Narie dreht sich um, als sie die Gestalt hinter sich spürt und muss den Kopf in den Nacken legen.

„Marvel!", stößt sie erfreut aus und fällt dem Karriero in die Arme.

„Hey, Kleine. Lange nicht mehr gesehen.", meint er und erwidert die Umarmung fröhlich.

„Ich habe dich so vermisst." Narie löst sich grinsend von ihm.

„Wo ist der Dritte im Bunde?", will Marvel wissen und Narie weiß sofort, dass er auf Finnick anspielt. Sie könnte nicht glücklicher sein, dass Marvel Finnick als Verbündeten akzeptiert, noch bevor Narie es überhaupt ansprechen muss.

„Der sollte in ein paar Minuten kommen, denke ich.", kommentiert sie nur und sieht sich suchend um.

„Gut, wenn er gerade nicht da ist: Du kennst doch Annie, oder?", möchte Marvel wissen und Narie nickt.

„Ist sie vergeben?", fragt er und Narie beginnt aus einem Instinkt raus zu lachen. Sofort schlägt sie sich die Hand vor den Mund.

„Wieso fragst du mich sowas?", fragt sie ihn dann immer noch kichernd. Marvel sieht sie beinahe beleidigt an.

„Ich habe noch etwa eine Woche zu leben und Annie ist äußerst attraktiv und nett gewesen, als wir sie gesehen haben. Lass mich doch auch mal etwas leben. Du darfst mit Finnick anbändeln und ich nicht mit seiner Schwester?", neckt Marvel das Mädchen vor sich. Empört sieht Narie ihn an.

„Ich bändele nicht mit Finnick an!", flüstert sie gespielt entsetzt zurück.

„Aber ich wünschte, dass es so wäre.", murmelt Marvel, doch Narie hört es gar nicht mehr, da in diesem Moment Finnick mit einem strahlenden Grinsen in den Raum kommt und damit nur noch Marvels Meinung bestärkt.

„So, Team... haben wir einen Plan?", fragt Narie, nachdem auch zwischen ihr und Finnick und zwischen Finnick und Marvel die Begrüßung abgelaufen ist.

„Die anderen Tribute beschatten und weitere mögliche Verbündete aussuchen?", schlägt Finnick vor. Narie sieht ihn wenig begeistert an. Sie ist nicht sonderlich motiviert weitere Verbündete zu finden.

„Ich würde Haymitch akzeptieren.", meint Narie nach kurzem Überlegen. Finnick und Marvel sehen sie zweifelnd an.

„Der Typ wird in der Arena erst Mal ausnüchtern und zu nichts zu gebrauchen sein.", spottet Marvel. Narie sieht ihn böse an.

„Denkt ihr, dass wir Mags aufnehmen könnten?", fragt Finnick vorsichtig.

„Ich weiß nicht, Finnick...", meint Marvel. Narie sieht zu ihm und versteht sein Zögern.

„Wieso nicht?", fragt Finnick und Narie kann einen Hauch Enttäuschung in seiner Stimme hören.

„Denkst du nicht, dass sie uns nur unnötig aufhalten würde? Sie kann ja nicht mal mehr richtig laufen...", äußert Marvel seine Bedenken. Es sind genau die Argumente, die Narie erwartet hatte und doch kann sie keine Gegenargumente bringen.

„Und wenn ich dafür sorge, dass sie uns nicht aufhält?" Finnick sieht erst Marvel hoffnungsvoll an, dann gleitet sein Blick weiter zu Narie, in der Hoffnung, dass sie zustimmt.

„Ich bin da eher skeptisch..."

„Bitte, Marvel.", bittet Finnick erneut und Narie merkt, dass es ihm wirklich extrem wichtig ist. Innerlich seufzt sie.

„Ich wäre dafür. Mags ist eine tolle Frau, wir müssen ihr irgendwie helfen... immerhin hat sie Finnick quasi großgezogen.", äußert sie ihre Meinung. Marvel sieht sie einen Augenblick intensiv an und überlegt, dann seufzt er und legt genervt den Kopf in den Nacken.

„Na schön, dann nehmen wir Mags auf."

Außer Atem verlässt Narie die Simulation und hängt den Boden wieder auf den Halter. Sie ist beruhigt, dass sie immer noch ohne Probleme so zielsicher ist, wie in der letzten Arena und sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie von allen angestarrt wurde. Die anderen Tribute verlieren langsam wieder das Interesse an ihr, doch Brutus und Enobaria sehen sie weiterhin nachdenklich an.

„Hast du schon über ein Bündnis mit den Karrieros nachgedacht?", fragt Enobaria und Narie sieht erst jetzt von dem Boden auf.

„Nein, danke.", wehrt sie gleich ab, doch das ist scheinbar nicht die Antwort, die die beiden haben wollten.

„Bist du dir sicher? Du könntest es weit bringen.", meint Brutus. Narie lächelt ihn gespielt dankbar an.

„Ich habe schon ein Bündnis mit jemandem.", meint sie.

Brutus und Enobaria verengen die Augen und sehen definitiv nicht zufrieden aus.

„Dann hoffe ich, dass wir es sind, die dich töten.", meint Enobaria. Narie grinst provokant.

„Viel Glück bei dem Versuch.", sagt sie, dann geht sie zu Wiress und Beetee, die gerade versuchen ein Feuer zu machen und beschließt, dass die beiden eindeutig bessere Gesellschaft sind.