Kapitel 22
Kapitel 22 – Das Wiedersehen mit Finnick und Marvel
Obwohl Narie nach ihrer Dusche eigentlich dazu aufgefordert wurde, direkt in ihr Zimmer zu gehen und die Ebene von Distrikt 7 nicht mehr zu verlassen, kramt sie Finnicks Pullover aus dem Schrank und zieht diesen und eine schwarze Jeans an. Dann schlüpft sie in ihre Schuhe und verlässt leise ihr Zimmer.
So leise es geht versucht sie sich aus dem Appartement zu schleichen, doch sobald sie ihr Zimmer verlassen hat, stockt sie bereits. Vor ihr auf dem Sofa sitzen Blight und Johanna, die sie mit aufmerksamen Augen beobachten.
»Wo willst du denn hin?«, fragt Blight sie und Johanna sieht sie wissend an.
»Ich wollte mir die Beine vertreten.«, lügt Narie die beiden dreist an und Johanna hat sie sofort durchschaut. Blight sieht sie nachdenklich an, ist sich nicht sicher, ob sie wirklich die Wahrheit sagt.
»Nun geh schon!«, lacht Johanna, da bei Blight immer noch keine Erkenntnis durchscheint. Eilig verlässt Narie das Appartement und flüchtet förmlich in den Fahrstuhl, bevor Blight sie doch noch aufhalten kann.
Johanna sieht schon wieder auf den Fernseher, der gerade läuft, als Blight plötzlich aufspringt.
»Sie geht zu Finnick, oder?!«, ruft er geschockt aus und sieht Johanna vorwurfsvoll an.
»Du wusstest es, oder?!«, fügt er dann noch hinzu und stemmt empört die Hände in die Hüfte.
»Natürlich wusste ich es, ich bin doch nicht blöd.«, winkt Johanna nur ab und sieht auf den Fernseher.
»Warum hast du sie nicht aufgehalten? Wie konntest du zulassen, dass sie einfach so zu dem geht?«, verlangt er zu wissen. Johanna zieht eine Augenbraue in die Höhe.
»Du hast nichts gegen Finnick, wo ist also gerade dein Problem?«, will sie wissen und zieht die Beine an.
»Er will etwas von Narie! Meine kleine, unschuldige Narie und dieser Playboy? Das müssen wir verhindern, bevor er ihr Herz bricht.« Johanna überlegt sich einen Moment, ob sie ihn jetzt auslacht oder ob sie nichts dazu sagt. Blight ist in letzter Zeit Narie gegenüber total übervorsichtig geworden und Johanna ist mittlerweile an dem Punkt angekommen, an dem es sie leicht nervt. Zudem hatte sie eben kurz an ihm gezweifelt, als er Narie als klein und unschuldig bezeichnet hatte. Sie war ja nun wirklich vieles, aber bei weitem kein unschuldiges, kleines Mädchen.
»Finnick steht auf Narie, na und? Ich kenne Finnick nun schon so lange und ich weiß, wann er mit jemandem spielt. Und Narie gehört definitiv nicht dazu. Ich habe gesehen, wie er mit ihr umgeht, wie er mit ihr redet und wie er sie ansieht. Das tut er mit keiner anderen.«, versucht Johanna Finnick und seinen Umgang mit Narie zu verteidigen.
Blight sieht sie haareraufend an.
»Lass Narie einfach selber machen, was sie für richtig hält. Finnick und sie bekommen das schon hin.«, fügt die Siegerin dann noch hinzu und seufzt. Das wird in nächster Zeit wohl noch viele Diskussionen geben.
Wütend stapft Narie zurück zum Aufzug. Die Mentoren aus Distrikt 1 wollten sie nicht hereinlassen und somit konnte sie Marvel nicht besuchen. Sie meinten zu ihr, dass sie alles versuchen werden, um zu verhindern, dass Marvel und sie auch nur einen Moment miteinander verbringen, der über das Normale hinausgehen.
Sie hatte 5 Minuten am Stück versucht mit den beiden zu argumentieren, doch vergebens. Stattdessen geht sie jetzt zu Finnick. Zu diesem wollte sie so oder so. Und bei ihm hat sie auch keine Angst, dass sie nicht hereingelassen wird. Sie kennt seine Mentoren nicht, aber sie ist sich sicher, dass sie nur besser sein können.
Als sie an der Tür des Appartements klingelt, wird sie ihr ziemlich schnell geöffnet und eine grauhaarige Frau steht ihr gegenüber. Sofort erkennt Narie sie als Mags.
»Hallo, ich bin Narie. Ich wollte zu Finnick.«, begrüßt sie die Frau nett und Mags sieht sie mit einem großmütterlichen Lächeln an. Narie war schon aufgefallen, dass Mags nicht spricht, weshalb sie dies der Frau nicht übel nimmt. Mags bittet sie herein und deutet dann auf eine Tür am anderen Ende des riesigen Wohnzimmers. Narie geht davon aus, dass es Finnicks Zimmer sein wird, weshalb sie Mags nett anlächelt und sich dann bedankt. Sie wundert sich, dass sie Annie nicht sieht, denn ihres Wissens nach ist diese als Mentorin hier, doch sie denkt, dass sie Annie früher oder später noch sehen wird. Vor Finnicks Zimmer angekommen klopft sie an der Tür und wartet auf seine Antwort. Als das leise »Komm rein!« ertönt, öffnet sie die Tür zögerlich und sieht schüchtern in das Zimmer. Finnick liegt gerade auf seinem Bett und scheint etwas zu lesen, doch sobald er Narie entdeckt, springt er auf und sieht sie voller Freude an.
»Narie!«, bringt er heraus, dann fällt er dem Mädchen in die Arme. Diese bricht fast augenblicklich in Tränen aus, denn sie realisiert erst jetzt wieder richtig, dass sie Finnick hier nicht sehen kann, weil sie sich hier fröhlich treffen, sondern, weil beide zusammen in die Arena müssen und mindestens einer der beiden sterben wird. Narie hatte sich fest vorgenommen dafür zu sorgen, dass Finnick oder Marvel überleben und wieder aus der Arena herauskommen.
»Hör auf zu weinen.«, sagt Finnick sanft und löst sich von ihr. Sanft streicht er ihr die Tränen aus dem Gesicht, doch das hat bei Narie nicht den Effekt, dass ihre Tränen verschwinden. Stattdessen beginnt sie noch stärker zu weinen und beruhigt sich erst wenige Minuten später wieder. Finnick zieht sie sanft auf sein Bett und reicht ihr ein paar Taschentücher.
»Hey, wir lassen uns etwas einfallen.«, versichert er ihr sanft und Narie sieht ihn das erste Mal richtig an. Bildet sie es sich ein, oder ist Finnick noch schöner geworden? Und haben seine Haare schon immer so gestrahlt?
»Wieso bist du hier?«, fragt er sie dann mit einem leichten Lächeln.
»Ich wollte dich sehen.«, antwortet sie ihm und wirft das vollgeweinte Tuch in den Müll. Finnick beobachtet sie aufmerksam und versucht die Tatsache zu verdrängen, dass sie seinen Pullover anhat und darin atemberaubend aussieht.
»Ich konnte nicht anders. Ich habe dich schrecklich vermisst und als ich dann vorhin die Ernte gesehen habe... es ging nicht anders, ich musste herkommen.«, antwortet sie ihm leise, fast so, als würde sie sich dafür schämen. Doch das muss sie gar nicht, denn Finnick könnte vor Freude jubeln bei ihren Worten. Er freut sich sehr, dass sie ihn vermisst hatte und kann damit sogar die Umstände verdrängen, unter denen sie sich sehen.
»Möchtest du bleiben?«, bietet er ihr aus einem inneren Impuls an und Narie sieht ihn geschockt an. Hatte er ihr gerade angeboten, dass sie hier übernachten kann? Sie überlegt einen Moment, entscheidet sich dann aber dafür. Blight schläft momentan immer bei Johanna und mit Jack möchte sie nicht in einem Bett schlafen. Aber alleine will sie auch nicht sein, weshalb sie schließlich nickt.
»Ja, bitte. Ich kann nicht alleine schlafen.«, gibt sie zu und Finnick sieht sie verständnisvoll an.
»Das verstehe ich... aber das wird besser, glaub mir.« Finnick versucht ihr Mut zu machen, doch er weiß ganz genau, dass er damit keinen sonderlich ausschlagenden Erfolg haben wird, angesichts der jetzigen Situation.
»Wie geht es Annie?«, fragt Narie wie aus dem Nichts und sieht Finnick interessiert an. Dieser scheint allerdings nicht besonders fröhlich und Narie fällt dann auch auf weshalb.
»Sie ist am Boden zerstört und ich kann es verstehen. Sie verliert vielleicht Mags und mich. Sie hat doch niemanden mehr.«, sagt er und Narie sieht, wie schwer es ihm fällt, daran zu denken, dass seine Schwester vielleicht bald alleine sein wird. Vorsichtig zieht sie ihn in ihre Arme und seht ihn sanft an. Finnick schlingt seine Arme um ihren Oberkörper und presst sie an sich, so als würde er Halt suchen. Sie spürt, dass er sein Gesicht an ihrem Hals vergräbt und sie fragt sich, wann er zuletzt eine ordentliche Umarmung bekommen hat.
»Ich wollte doch einfach nur glücklich sein. Alt werden, Kinder kriegen und den ganzen Kram. Der Gedanke, dass ich das jetzt niemals kann, macht mich fertig.«, gibt Finnick dann zu und Narie sieht ihn verständnisvoll an.
»Eine Person von uns kommt da lebend wieder raus. Würde ich wetten, dann würde ich auf dich setzen.«, sagt sie sanft und Finnicks Augen schießen zu ihr. Er hatte nicht vor ihr auch nur ein Wort von seinem Plan zu sagen, dass er sie lebend dort rausbekommen will, und wenn er sich selbst dafür opfern würde. Er will nur, dass Narie lebend dort herauskommt und ihr eben leben kann. Mit ihren Eltern, mit der kleinen Rosie und vor allem in ihrem Distrikt, frei von Präsident Snow.
»Können wir über etwas fröhlicheres reden? Erzähl mir etwas, bitte.« Narie erkennt, dass es Finnick gerade definitiv nicht gut geht und sie denkt schnell über etwas nach, dass sie ihm erzählen kann. Finnick legt sich auf sein Bett und sieht Narie fragend und gleichzeitig einladend an. Diese versteht den Seitenhieb und kuschelt sich zögerlich an seine Seite. In ihrem Kopf rattert es, was sie ihm denn nun erzählen könnte, als ihr eine Idee kommt. Sie erinnert sich an das eine Mal, als sie einen Ausflug mit Rosie gemacht hatte und beginnt zu erzählen.
Und während sie so erzählt, gleitet Finnick langsam in einen tiefen und erholsamen Schlaf, während er Narie weiter in den Armen hält.
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