XXXIV: wish
Noch verschlafen, versuchte Sally ihre Hände unter der Bettdecke hervorzubekommen. Sie waren leicht verworren und etwas war um sie gewickelt, bis sie erst realisierte, was es war. Die Jacke von Rob, die sie seit dem Abschied nicht mehr losgelassen hat und sie sogar in den weinenden Schlaf begleitete, hinderte sie daran, nach dem klingelnden Smartphone zu greifen.
Irgendwie, noch halb verworren, hatte sie nun das Smartphone in der Hand und murmelte ein müdes Ja hinein, nachdem sie abgehoben hat. Sie war zu schlaftrunken um auch irgendeinen Namen am Display entziffern zu können.
"Sally!!!", kreischte jemand in das Telefon und sie ließ erschrocken das Smartphone fallen, aus welchem es Sekunden danach immer noch dröhnend und viel zu schrill für die Morgenstunden klang. Dennoch griff sie erneut danach und hielt es wieder an ihr Ohr, da auch die Person am anderen Ende Luft brauchte, um nicht umzukippen.
"Schon wieder ein neues Bild von deinem Multitaskingtalent entdeckt?", fragte Sally mit leichtem Schmunzeln und stützte sich nun mit beiden Ellbogen leicht auf.
"Noch viel besser", kam es immer noch mit übertriebener Stimme von ihrer Freundin, der wohl was besseres als Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammenpassiert war. Also konnte es nur mit einer Sache zu tun haben. Alles andere würde keinen Sinn ergeben.
"Ich habe erste Reihe Karten für Linkin Park!!!", schrie sie und könnte damit das ganze Dorf wecken, "und du gehst mit mir mit."
Immer noch nicht wirklich aus dem Schlaf gerüttelt, versuchte Sally mit zusammengekniffenen Augen die Zahlen auf ihrem Digitalwecker zu entziffern, die ihr stolz frühe 4 Uhr morgens prophezeiten.
"Aber doch nicht um vier Uhr morgens", gähnte sie und dies wurde nur mit einem Kichern ihrer Freundin kommentiert, die wohl wieder einmal unter Schlafentzug leidet, "geh' ins Bett, Sophie."
"Ich kann nicht!", kicherte sie erneut und erinnerte an ein kleines Kind, welches gerade ihre Mutter dazu überredet hat, ihr eine Packung Süßigkeiten zu kaufen, "Ich bin zu aufgeregt!"
Kopfschüttelnd ließ Sally sich zurück in das Kopfkissen fallen und ein leichtes Schmunzeln zauberte sich auf ihre Lippen. Es gab viele Momente, in denen sie einfach nur Schmunzeln über ihre Freundin konnte. Mit mehr, konnte man den hysterischen Quietschereien kaum entgegen kommen. Doch Sophie war immer da, wenn man sie braucht und ein kurzer Schrei genügt, damit sie Sekunden danach vor der Haustür stand. Bereit dazu, egal bei was auch immer; helfen oder beistehen. Sie war die beste Freundin, die man sich vorstellen konnte und war immer leicht beleidigt, wenn Sally immer noch nicht die Songs dieser Band aus Kalifornien angehört hat.
"Wenn du jetzt schlafen gehst und mich auch lässt, dann sind wir schon eine halbe Stunde früher bei dem Konzert, okay Sophie?"
Obwohl man es nicht hören konnte und ihre Freundin nun aufgelegt hat, nickte sie auf der anderen Seite und kroch unter die Bettdecke; starrte Minute um Minute an die Decke, während Sally nur die Jacke von Rob fester an sich drückte und den Duft seines Parfüms inhalierte.
In ihrem Kopf kreisten die Gedanken darum, dass sie vielleicht Glück hat und Rob in dieser Band spielt, die Sophie so abartig vergötterte. Doch etwas sagte ihr, dass es reines Wunschdenken war und sich ein Weltklasse-Rockstar nie in sie verlieben würde. Auch wenn dieses Wort nie gefallen war, wusste sie, dass er auch so verspürte. Es war nie ein Wort gefallen, doch beide wussten nur beim kleinesten Wimpernschlag, was los war. Auch wenn die immer gestellte Frage, wie sie zueinander standen, nie beantwortet wurden.
Um sieben Uhr am Morgen, nachdem sie den Stall mit einem Lächeln verlassen und die Nachricht von Sophie, das Konzert würde um sechs Uhr starten, gelesen hat, ließ sie sich am Esstisch nieder. Sofort krallte sie sich etwas Jogurt und eine Müslischale, in welcher schon Haferflocken ihren Weg gefunden haben und leerte das Naturjogurt darüber.
"Und, gut geschlafen?", fragte Michi, die gerade dabei war, in ihren Kaffee etwas Milch zu leeren, die rechts von Sally saß.
"Eigentlich schon", huschte ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen, "bis Sophie mich um vier Uhr angerufen hat."
"War es wegen dieser Band?", grübelte ihre Mutter leicht und bekam nur Nicken entgegen, worauf ihr Vater aber ganz andere Sorgen hatte. Eigentlich war es mehr Neugier als Sorge.
"Was macht Rob eigentlich beruflich", schob er sich den letzten Rest seiner Scheibe Brot, bestrichen mit Butter und Honig, in den Mund und scheute jeden Blick zu seiner Tochter, deren Lächeln nur breiter wurde.
"Rob ist Schlagzeuger", murmelte zwischen dem Löffel Müsli hervor, "er spielt in einer Band, soviel ich weiß. Das sind wirklich nette Typen."
Michi schnitt nun ihrem Ehemann das Wort ab, der nun etwas beruhigter war, als vorhin.
"Hast du die gestern getroffen?"
"Ja", nickte Sally kurz und senkte nun leicht den Blick. Ihr Verlangen wuchs langsam wieder, sich im Stoff der Jacke zu verkriechen.
"Bevor du oder ihr fragte", schenkte sie beiden Elternteilen einen kurzen Blick, "heute morgen abgereist und wird uns wieder mal besuchen kommen."
"Und von wo er kommt, weißt du nicht?", war ihr Mutter wieder einmal neugierig wie eh und je und ihre Tochter trug die bereits leergelöffelte Schüssel zur Spüle, bevor sie den Weg ins Zimmer antrat. Sie krallte sich das Smartphone vom Kästchen, da sie noch klären musste, wie spät sie und Sophie sich trafen und sie auch Rob schreiben wollte. Doch um die Frage ihrer Mutter zu beantworten, blieb sie für ein paar Worte noch kurz im Türrahmen stehen.
"Ich weiß nicht, woher aber auf alle Fälle aus Amerika. Das hört man schon an seinem Englisch, vielleicht bekomme ich ja mehr raus", klopfte sie kurz mit ihrem Smartphone auf ihrer Handfläche und verschwand nun über die Treppen in das erste Stockwerk.
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