XI: shadow of the day
"Jetzt hab ich wenigstens mal was zu erzählen", lächelte Mike und sah an die Decke. Er musste warten, bis das Kribbeln in seinen Fingerspitzen verflogen war. Anders bestünde die Gefahr, dass er einen Kreislaufkollaps erleiden würde. Er spürte, wie das Adrenalin langsam aus seinem Körper verflog und das Gefühl, Rob eine verpassen zu wollen, ebenfalls.
Mike hatte doch gesagt, dass er alles auf sich nehmen würde, egal ob blutig oder trocken mit Worten.
"Damit Otis und Co von mir Angst bekommen?", vergrub Rob den Mund hinter seinem Shirt und die Arme verschränkt. Das Hemd hatte er hinter sich auf die Stuhllehne gehängt.
Mike lachte kurz und hielt Rob ein blaues Glas entgegen, damit dieser ihm noch etwas Wasser nachschenken konnte: "Jonah hält dich sowieso immer noch für den Riesen, der von der Bohnenstange geklettert ist. Brad kann ihm das einfach nicht mehr austreiben."
Auf den schmollenden Gesichtsausdruck von Bourdon, der sichtlich lockerer wurde, konnte Mike nur lachen. Er fühlte nicht viel, als ein wenig Erlösung. Tat er doch diese gebrochene Nase in die Schublade als Abfindung für seine angerichteten Taten.
"Kann ich euch beide mal was fragen?", wandte sie sich an die beiden Männer, die ihr nun Beachtung schenkten. Mehrere Minuten hatte sie still den beiden zugehört.
"Schieß' los", kam es knapp von Mike und er atmete tief durch, während er seine Augen schloss. Im Nachhinein wäre es doch von Vorteil gewesen, eine Schmerztablette zu nehmen.
"Wisst ihr, wie ich heiße?"
"Sally", antwortete Rob leicht abwesend, "Selina Baumgartner. Du wohnst in dem kleinen Örtchen, keine fünf Minuten von hier."
Sie scheint kurz nachzudenken, nickte und hatte noch einen Satz parat, der den Schatten des Tages verscheuchte. Draußen ging langsam die Sonne unter.
"Kannst du mir auch sagen, warum ich dir vertraue?"
Rob sprang auf und machte einen Schritt ihr entgegen. Er krallte sich am Fußende mit beiden Händen fest und dachte nach, was er nun sagen sollte.
War es doch ein Schock gewesen, als sie sich von ihm gedrückt und gefragt hatte, wer er war. Sein Magen hatte sich krampfhaft zusammen gezogen. Sein Verstand hatte einen Kurzschluss. Und sein Herz hatte Risse bekommen.
Warum er danach auf den Arzt losgegangen war, wusste er nicht. Hatten seine Hände doch selbst gehandelt. Und er wusste auch nicht, wie es nun weitergehen sollte.
"Kannst du mir sagen, warum ich dir vertraue?"
Darauf lachte sie und zog ihn mitsich, worauf ihm eine Erleuchtung kam. Er entschuldigte sich und rannte nach draußen.
Sie richtete sich auf und sah ihm nach. Mike tat es nicht anders, rutschte er lediglich ein paar Zentimeter in seinem Stuhl nach vorne.
"Habe ich etwas Falsches gesagt?", kam es leicht besorgt und Mike sah zu ihr. Er traute sich noch nicht wirklich aufzustehen, ohne Rob an seiner Seite der ihn jeden Moment auffangen könnte, wäre es nötig.
"Ich glaube nicht", runzelte Shinoda leicht die Stirn, "ich glaube es zumindest."
Danach sah er auffordernd zu ihr und sie erkannte den leichten Blick von Reue, worauf sie auch fragte. Mike entgegnet nur mit vielen Worten und der Frage, ob er ihr etwas anvertrauen könnte.
Ein lächelnder Bourdon kam zurück und schloss leise die Tür. Danach deutete er auf Shinoda: "Sie wollen deinen Nase noch röngten und ich hab uns eine Schlafgelegenheit für die Nacht besorgt. Komm'."
"Ich trau mich ehrlich gesagt nicht", sah Mike zu Rob, der nun auf ihn zukam und ihm aufhalf. Wie selbst erahnt, wankte Shinoda ein wenig umher, was Bourdon auszugleichen versuchte. Beide verabschiedeten sich von Sally.
Auf dem Flur, nachdem Mike auf einen Sitzplatz verwiesen und zum Warten gezwungen wurde, trat der Arzt von vorhin Rob vor die Augen. Sichtlich angespannt.
"Bevor wir anfangen zu reden", begann Rob, "wie ist Ihr Name nochmal?"
"Doktor Jonas Klingler."
"Dann möchte ich mich auch noch entschuldigen", hielt Rob ihm eine Hand entgegen, die darauf wartete, geschüttelt zu werden.
Klingler sah ihn wenige Sekunden lang an, bevor er ihm diesen Wunsch erfüllte: "Ich wollte dies eigentlich auch tun. Ich hatte zu wenige Dinge vorliegen, damit ich eine Diagnose stellen konnte. Ich war zu übereifrig. Aber können Sie mir erzählen, was sie vergessen hat? Was aus ihrem Gedächtnis verschwunden ist?"
"Ich bin nicht mehr da", kam es bedrückt von Rob, "ich war ihr Freund, habe sie verlassen und es danach zu tiefst bereut. Nun sitze ich hier und sie kennt mich nicht mehr. Ich kann es einfach nicht glauben."
"Ganz die Hoffnung dürfen sie nicht aufgeben", legte er ihm einen Hand auf sie Schulter, "Sie müssen ihr nur von den Erlebnissen erzählen und wie viel Spaß Sie zusammen hatten. Aber auch die schlechten Dinge. Es ist schwer, zu wissen, dass man in ihrem Leben nicht mehr existiert, aber das ist nur vorübergehend. Viele Gedächtnisverluste sind nur vorübergehend und Frau Baumgartner hatte keine Kopfverletzung. Eine Mangelversorgung des Gehirns ist niemals so schlimm, wie ein Trauma."
"Ich hoffe es", lächelte er leicht und schüttelte den Kopf, "ganz glaube ich es aber nicht."
Der Doktor klopfte Rob nur leicht auf die Schulter: "Ich glaube daran, dass sie sich wieder erinnern wird. Glauben Sie auch daran."
Als der Arzt nun wortlos verschwunden war und er allein dastand, während Mike immer noch nicht fertig war, entschloss er sich, den Sätzen des Arztes zu folgen. Zu ihr zu gehen und mit ihr zu reden.
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