V: so far away

Mike folgte Rob stumm. Er wusste nicht, was ihn nun erwarten würde.

Rob hingegen scheint es zu genießen. Einfach ein paar Minuten auf dem Bahnsteig zu verweilen und die Luft zu inhalieren. Er war wieder hier. Danach traten sie den kurzen Fußmarsch an.

Dieser​ Bahnhof, entsprach dem genauen Abbild in Mike's Kopf. Eine Tafel galt als Weiser, wo man sich gerade befand. Die Hütte für den Fahrkartenkauf mit Person am Schalter war mehr als nur veraltet und auch nur ein Bahnsteig vorhanden. Rundherum war eine einspurige Straße, Wiesen, Felder und Ranchen blitzten ihm in der Ferne entgegen. Ausgestiegen sind auch nur er und Rob.

So wandelten die Jungs an frisch gemähten Feldern vorbei, von denen ein wundervoller, äußerst seltener Duft ihnen in die Nase stieg. Trotz den leichten Wolken, die sich in den Himmel zeichneten, scheint die Sonne erbarmungslos herab.

Shinoda betrachtete alles mit großem Staunen, während es Bourdon relativ kalt ließ. Als würde er es sein Leben lang schon kennen, wäre damit aufgewachsen.

Neben den abgelegenen und knapp fünf Minuten entfernten landwirtschaftlichen Gebäuden vom Bahnhof, kamen sie an eine etwas stärker befahrene Straße. Links und rechts standen Häuser, was die Sache schon etwas stadtlicher wirken ließ.

Rob setzte geraden Kurs auf ein großes, hölzernes Gebäude. Es stand inmitten eines großen Schotterparkplatzes und sonderte sich leicht von den anderen, am Straßenrand klebenden ab. Mike konnte wegen der sonnengebleichten Firmentafel nicht viel erkennen und lesen, worauf dieses mysteriöse Gefühl der Neugier und Ungewissheit in ihm wuchs.

Zuerst schon einmal das nicht Aussteigen im Ort, wo sie wohnte. Danach auch noch sich in diesem abgelegenen Dorf zu befinden. Alles war für Mike nicht verständlich.

Das Klirren ein paar Schlüssel ließ ihn aus seinen Gedanken erwecken und zu Rob sehen, der nun einen Autoschlüssel mit VW-Logo in seiner Hand hielt. Auf dem vorerst leer geglaubten Parkplatz, stand nun ein silberner VW Golf, dessen Lackierung in der Sonne schimmerte.

Dieser wurde per Knopfdruck entsperrt und Mike blieb stehen.

Rob hingegen, öffnete den Kofferraum und warf seinen kleinen Koffer hinein. Neben allerlei Kabel, Decken und einem Rucksack, aus dem ein rotes Kletterseil ragte. Er stand knapp davor, einzusteigen, als er bemerkte, dass Mike eher stumm dastand und ihm nachsah.

"Jetzt komm' schon Shinizzle", deutete ihm Bourdon, in das Auto zu steigen. Doch Mike hingegen brachte es nur zusammen, mit einem Finger auf den Golf zu zeigen, während ihm langsam die Kinnlade hinunter klappte.

Bourdon rieb sich kurz mit einer Hand über das Gesicht: "Steig' einfach in das Auto. Ich kann es dir später erklären."

Wie auf ein Stichwort hatte Shinoda seine Sachen verstaut und den Kofferraumdeckel zugeworfen, bevor er neben Rob auf dem Beifahrersitz saß, der nun losfuhr und augenscheinlich wusste, wo er hin musste.

"Vor einer Woche", begann er nach guten zehn Minuten Fahrt, "hätte ich eigentlich schon hier sein sollen. Sie hat mir die Schlüssel für ihr Auto gegeben, da sie mich nicht abholen hätte können."

"Und du hast gewusst, dass es noch hier steht?", war Shinoda mehr als nur etwas überrascht, wenn nicht zugleich verwundert.

Rob zuckte kurz mit den Schultern und fuhr in eine schmale Einfahrt ein, bevor sie durch einen Wald rauschten, der nicht zu enden scheint: "Ich habe gewusst, wie es ihr geht. Nicht anders als mir."

Mike hatte sich nun entschlossen, nichts mehr zu fragen und auch nichts mehr zu sagen. Hingegen sah er sich um. Betrachtete die Sonnenstrahlen zwischen den Baumkronen hervorhuschen. Und nun fuhren sie aus dem Waldtunnel und hatten links und rechts nur Felder vor der Nase. Kahl geschoren und leer, mit feinen grünen Grasspitzeln dazwischen. Mike beschlich das Gefühl, falsch gefahren zu sein, während Rob seinen ruhigen Mönch immer noch nicht abgelegt hatte.

Rob wusste nicht, was ihn jetzt in den nächsten fünf Minuten erwarten würde. Er wusste nicht, ob sie sich freuen würde, ihn zu sehen. Ob sie seine Entschuldigung entgegennehmen würde. Und er wusste auch nicht, wenn es eintraf, ob er sich auf eine Ohrfeige freuen sollte.

Verdient hatte er es ja in gewisser Hinsicht. Für seine Naivität. Seiner Leichtgläubigkeit. Hatte​ er ihr doch das Herz gebrochen. Seine ganzen Versprechungen niedergerissen. Und ihre Welt niedergebrannt.

Auch wenn alle noch so oft gesagt hatten, dass sie nicht ähnlicher sein konnten, könnte sie ganz anders reagieren, als er Mike verziehen hatte.

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