Kapitel 33: Wunden heilen, Narben bleiben

~sechs Monate später~

Ich habe alle drei Phasen des Verlustes durch gemacht. Erst die Wut, dann die Trauer und schließlich eine Art von Akzeptanz.
Es hatte gedauert und ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich es akzeptieren konnte, dass SIE weg war. Doch wenigstens lebte ich ich jetzt mein Leben weiter.

Nicht so wie vorher. Dafür war zu viel passiert.

Ich habe mir ihren Rat zu Herzen genommen und angefangen etwas für mich zu tun.
Ich konzentrierte mich wieder auf meine Studien. Das letzte Jahr war gestartet und ich machte mich soweit gut.
Meine Freunde sah ich immer wieder, ja auch Blake. Auch wenn es mir schwer gefallen war wieder ein recht normales Verhältnis zu ihm aufzubauen.
Das Vertrauen was ich zu ihm hatte, war einfach weg.

Ich lernte außerdem neue Leute kennen und kam aus meiner Komfortzone heraus.
Leana meinte es würde uns gut tun über den Tellerrand zu schauen und auch anderen eine Chance zu geben unsere Freunde zu werden.
Und tatsächlich tat das jeder einzelne in unserer Gruppe so.

Dazu kam das sich die Paare aus unsere Clique mehr auf sich alleine konzentrierten, was deren Beziehung gut tat.
Das hieß alle außer mir.

Doch das war nicht mehr so schlimm für mich. Ganz im Gegenteil, ich fühlte mich befreiter und genoss es mit anderen Freunden die auch Single waren etwas zu unternehmen.

Leana hatte recht behalten. Es tat uns nicht gut nur unter uns zu sein.

Heute hatte ich mich aber seit drei langen Wochen mal nur mit den Jungs in einer Bar am anderen Stadtende getroffen.
Ich kam gerade an und Everil wartete schon auf mich.
Zusammen schlenderten wir an den Tresen und bestellten uns ein Wasser und ein Bier.

"Wie geht es dir?"
Fragte ich meinen Freund, als sie auf die anderen warteten.

"Sehr gut man. Habe gerade einen gut betuchten Sponsor gefunden, der meine Kunstprodukte verkaufen will."

Glücklich strahlte er mich an. Ich freute mich erheblich für ihn und klopfte ich zufrieden auf die Schultern, als die anderen beiden zur Tür herein kamen.
Blake wirkte nachdenklich, doch das war oft so bei ihm, also machte ich mir nicht weiter Gedanken darüber.

Die beiden setzten sich zu uns und so bekannt ein lockeres Gespräch, indem jeder etwas sagte.
Irgendwann stand er jedoch ruckartig auf.

"Ich muss mal pissen. Bin gleich wieder da."

"Das war komisch."
Stellte Everil fest.

Kay nickte.

Als er nach einiger Zeit immer noch nicht wieder zurück gekommen war, stand Kay auf um ihn zu suchen. Niemals war ein Kerl so lange auf Toilette.
Doch auch Kay blieb auch einfach verschwunden.

„Was soll das denn? Haben unsere Freunde uns versetzt?" scherzte Everil und ich zog argwöhnisch meine Augenbrauen hoch.

„Komm lass uns mal sehen was da los ist."

Everil trank sein Bier aus und wir liefen im den seitlichen Flur zu den Toiletten und dem Notausgang.
Wir hörten die bekannten Stimmen schon von weitem.

„Warum hast du das nicht gesagt?"

„Sie wusste nicht das ich sie heimlich verfolgt habe."

„Ich korrigiere, warum hast du mir nichts gesagt?"
Schrie Kay aufgebracht und tigerte auf und ab.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit.

„Warum hast du Kay was nicht gesagt?"
Wollte ich wissen und stellte mich gerade hin.

Beide schwiegen und sahen überall hin, nur nicht in mein Gesicht. Das bestätigte mein blödes Gefühl.

„Na los, sag es ihm schon!"
Forderte Kay und blickte mürrisch zu Blake.

„Wieso ich? Sag du ihm doch das du jeden Tag seit Leana weggelaufen ist mit ihr entweder geschrieben oder telefoniert hast."
Keifte Blake und ich schnappte nach Luft.

„WAS?"
Donnerte ich.
Ich dachte sie hätte zu keinem aus dieser Gruppe mehr Kontakt und nun musste ich erfahren das Kay die ganze Zeit ihre Nummer gehabt hatte.

Doch die beiden ignorierten meinen Ausbruch komplett und stritten sich weiter.

„Wenigstens habe ich nie gewusst wo sie ist. Du hast sie zum Flughafen gefahren und ihr dann nachspioniert, um zu sehen wo sie hin fliegt."
Maulte Kay und sendete giftige Blicke an Blake.

Blake rollte mit den Augen.

„Was ist schon dabei? Schließlich weiß ich nur welchen Flughafen sie angesteuert hat."

„Warum hast du das gemacht?"
Wollte Kay ungeduldig wissen und mir schwoll weiter der Hals an.
Die beiden wussten zu meiner innigen Liebe zu ihr, hatten mich leiden sehen und keiner hatte es für nötig gehalten mir etwas zu sagen?

„Keine Ahnung ja. Ich hatte einen sentimentalen Moment und da wollte ich halt wissen wo sie hingeht.
Falls das jemals wissenswert gewesen wäre."

Jetzt riss mir endgültig der Geduldsfaden.
Everil wollte mich noch bremsen, doch ich hielt es einfach nicht mehr aus.
Ich schrie auf und zwar so herzzerreißend das mich alle meine Freunde erschrocken musterten.
Ich raufte mir die Haare, denn auf einmal war er wieder da, dieser unbändige Schmerz in meiner Brust.

"Wo ist sie hingeflogen?"
Knurrte ich so bedrohlich, das Blake direkt klar war, das widerstand zwecklos war.

"San Francisco Air Point."

Sofort rauschte ich zurück an die Bar. Seit Jahren hatte ich mich selbst beherrscht und keinen Tropfen Alkohol getrunken. Doch das war jetzt vorbei.
Ich bestellte mir gleich drei Vodkalemonshots und trank sie in einem aus.
Danach folgte drei Bier, bevor mich Blake versuchte zu stoppen.

"Man Alter lass das! Du bringst dich noch um, wenn du so viel auf einmal trinkst."

Doch ich stieß in ihm erneut von mir.

Auch Kay und Everil versuchten mich zu stoppen, doch ich gab mir voll die Kante.
Ich bekam am Ende nicht mehr viel mit, nur das mich meine Freunde nach Hause schleppen mussten.

Jetzt konnte mich nichts mehr aufhalten.
Ich würde alles mit ihr klären und meinen Schmerz und meine Sehnsucht stillen.

**

Währenddessen in San Francisco

Ich fuhr mir durch die kurzen hellbraunen oder dunkelblonden Haare, die ich so gerade hinter mein Ohr stecken konnte.
Wobei wenn ich meinen Kopf nach unten neigte sie mir direkt wieder ins Gesicht fielen.

Es waren meine Naturhaare und nach all dem verändern für andere, brauchte ich etwas Neues, das mich wieder spiegelte.

Ich trug ein kurzes grünes Sommerkleid mit zwei breiten Trägern, und eine dünne schwarze Jacke.
Das Wetter war einfach perfekt zum Surfen. Seit ich wieder an der Westküste studierte, hatte ich mein altes Hobby sofort wieder aufgenommen und dabei ein paar echt nette Freunde gefunden, die diese Leidenschaft mit mir teilten. Zuletzt hatte ich vor dem "Schwimmbadvorfall" in meiner Kindheit gesurft und vergessen sie viel Spaß das eigentlich machte.

Sogar meine Freundin und Zimmergenossin konnte ich dazu bringen es auszuprobieren und jetzt liebte sie es auch.
Wobei sie noch viel Übung brauchte.

Mit dem Surfbrett unter dem Arm lief ich zu meinem Lieblingsstrand Abschnitt und ließ meine Tasche und das Brett sinken.
Heute war es besonders windig. Das hieß die perfekten Wellen warteten nur auf mich.

"Hey Beautiful heute schon so früh hier?"
Fragte eine tiefe Stimme und ich drehte mein Gesicht mit einem Schmunzeln auf den Lippen zu Canneo. Mit einem fetten Grinsen und ein Funkeln in den schwarzen Augen sah er mich an.

"Jup. Wollte noch ein paar gute Wellen erwischen bevor ich wieder im Unterricht sitzen muss um mich zu konzentrieren."

Er nickte und sah mit mir auf das blaue Meer hinaus.

"Du hast hier gefehlt. Ein Problem damit, wenn ich dich begleite?"

Ich lachte kurz auf.

"Ich war nur zwei Wochen nicht hier und das lag unter anderem daran das ich meine Eltern besucht habe."

Langsam setzte ich mich in den noch nicht warmen Sand und begann dabei mich und mein Bord vorzubereiten.

"Du warst nur an einem Wochenende bei ihnen. Das war doch alles nur wegen deinem neuen Tattoo."
Canneo blickte auf mich herunter und sah auf einen Teil meines Po's und meinem Oberschenkel, auf dem jetzt eine Blumen besetztes Muster mit Halbkreisen und Strichen gezeichnet war. In der Mitte befand sich ein blauer kleiner Vogel.

Das alles hatte ich mir genau über meinen großen Blutschwamm tätowieren lassen. Etwas was mich immer gequält hatte, weil es andere so seltsam komisch fanden.
Doch jetzt hatte ich es geschafft diese Unsicherheit zu überwinden und wollte ein Zeichen setzten.
Erst hatte ich es alle ohne dieses Tättoo sehen lassen.
Jetzt wollte ich es nicht mehr jeden Tag sehen.

Ich lächelte in mich hinein.

"Es dürfte halt noch kein Salzwasser und Sand daran."

Canneo nickte und sah mir wieder in die Augen.

"Warum der blaue Vogel. Soll ich dich jetzt "Bluebird" nennen?"
Mein Lächeln verschwand kurz und ich wurde etwas ernster.
Canneo verstand sofort und lenke ab.

"Auf jeden Fall ist es verdammt Sexy. Genauso wie das andere hinter deinem Ohr, auch wenn ich es immer noch nicht richtig verstehe."

Canneo hockte sich neben mich und kam mir näher. Dabei strich er mein Haar zurück und fuhr mit dem Finger über die schwarzen Zahlen.

"Das ist richtig heiß."
Wiederholte er.
Doch bevor noch etwas passierte, stand ich auf und sah lächelnd auf ihn herab.
Ich wollte keinen Mann, noch brauchte ich einen, denn ich wollte nur mich.

"Sollen wir endlich ins Wasser?"

"Auf jeden Fall Babe!"

Canneo hatte ich recht schnell nach meiner Ankunft hier kennengelernt.
Er studierte nicht, sondern war ein Surflehrer, der sich nachdem er von México nach Amerika gekommen war hier selbstständig gemacht hatte.

Er flirtete oft mit mir, obwohl er wusste das ich mich auf niemanden einließ.
Doch trotzdem war er ein guter Freund geworden, der sofort verstand wo meine Grenzen verliefen.

Nachdem ich mein Kleid über den Kopf geworfen hatte, befestigt ich mich die Sicherungsleine an meinem Fußgelenk und lief die letzten Meter ins kalte Salzwasser.

Zu den Wellen weiter draußen wollte ich paddeln und legte mich Bäuchlings auf mein Surfbrett um mich mit meinen Armen gleichmäßige nach vorne zu schieben.

"Mehr Körperspannung in den Armen Beauty, deine Arme sehen aus wie labbrige Spaghetti."
Rief Canneo und ich reagierte mit meinem Mittelfinger.

Die erste Welle zeigte sich schnell und meine Vorfreude stieg.

Als ich auf dem Bord stand und den Bewegungen des Meeres folgte, fühlte ich mich völlig frei und gelöst.
Ich schloss kurz die Augen genoss die Wasserspritzer auf meiner Haut und öffnete sie wieder.
Mein Blick fiel auf den Strand und ich sah einen jungen Mann mit blauen Augen und blonden Haaren. Er lächelte SEIN Lächeln und plötzlich sah ich Eric vor meinem geistigen Auge und vorbei war es mit der Konzentration.

Ich kam sofort aus dem Gleichgewicht und die Schwerkraft riss mich vom Bord in die Welle.
Mit meinem Arm schlug ich gegen das Bord und tauchte in das kalte Meerwasser.

Als die Welle über mein Kopf hinweg geschwebt war, tauchte ich wieder auf.

Ich holte tief nach Luft und klammerte mich an mein Surfbrett fest, um mich anschließend in Ruhe zu orientieren.

"ANA!!!"

"Ana alles in Ordnung?"
Rief Canneo und ruderte schnell neben mich.

Ich hustete ein wenig Salzwasser aus meinen Lungen aber es ging mir gut.
Selbständig hiefte ich mich auf mein Surfbrett und ließ die Beine rechts und links ins Wasser baumeln.

"Alles gut!"
Bestätigte ich und lächelte Canneo kurz an.

Mein Blick ging sofort zurück zum Strand aber da war niemand. Ich hatte ihn mir mal wieder eingebildet, wobei das letzte Mal schon Monate her war.

Canneo nahm meinen Arm und ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn.
"Das sieht aber nicht so gut aus."

Er meinte meine kleine Schürfwunde an meinem Ellenbogen, die ich bis jetzt noch nicht gemerkt hatte.
Ich musste sie mir an der rauen Fläche des Suefbordes zugezogen haben.

"Das geht schon."
Versuchte ich ihn abzuwimmeln aber Canneo bestand darauf das wir zurück and Strand paddelten und die Wunde versorgten.

In seinem kleinen Surfladen angekommen, desinfizieren er meinen Ellenbogen, versorgte und verband die Wunde weiter.

"Man da hat es dich ja echt vom Brett gerissen. Einen Moment lang habe ich echt Panik bekommen, bevor du wieder aufgetaucht bist."

Ich nickte kurz, war aber in Gedanken immer noch bei meiner Erscheinung.

"An was hast du gedacht?"

"Nichts besonderes. Ich dachte nur ich hätte jemanden gesehen, den ich kannte."

Canneo nickte ab und verarzte mich zu Ende.
Danach verstaute ich meine Sachen bei ihm im Laden bevor ich mich verabschiedete. Heute nochmal surfen konnte ich wohl knicken.
Und meine Gedanken wollten einfach nicht aufhören um ihn zu kreisen.
Er hatte so real gewirkt, zum Greifen nahe.

Es hatte sich also immer noch nicht viel verändert.

Tja...Wunden heilen aber Narben bleiben und verblassen höhstens...

Tja da bin ich doch schon wieder! 😬
Hat mich geklappt dieses Kapitel fertig zu schreiben.
Aber wieder ohne Gewähr das ich es schaffe am Sonntag ein weiteres Hochzuladen.

Das Leben der beiden ist weiter gegangen...
Doch dieses weitere Geheimnis seiner Freunde hat ihn ziemlich fertig gemacht.
Was macht er als Nächstes?

Leana scheint auch nicht wirklich über ihn hinweg zu sein.
Wie geht es bei ihr weiter? Und wer ist dieser Canneo?
Nur ein Freund....

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