Kapitel 29: Sturz ins Unglück

Arvid war rasend vor Wut. Er fixierte mich zwischen sich und der Hauswand...

Heiße, tiefe, unbändige Angst kroch meine Kehle herauf und mir wurde übel.

Seine schon leicht geröteten Augen verrieten das er schon gut getankt hatte. Aber es reichte noch lange nicht aus, das er nicht wusste was er da tat.

„Arvid bitte lass uns in Ruhe reden."
Ich sprach ganz langsam ohne Wut obwohl auch ich wirklich sauer war.
Doch ich wollte ihn besänftigen und da war das einfach die beste Methode.

Doch statt darauf einzugehen, packte er mich feste am Hals und presste mich enger gegen die Wand.
Ich japste nach Luft und versuchte seine Hände von meinem Hals zu lösen, doch er war zu stark.

„Du hast mit ihm geschlafen?"

Er brüllte mir ins Gesicht und mein Körper begann zu beben.
Ich flehte ihn an mich endlich los zu lassen. Doch meine Stimme war nicht verfügbar.

Mit Handzeichen signalisierte ich, das ich keine Luft bekam.
Doch das interessierte ihn absolut nicht.

Ganz langsam und kontinuierlich begannen schwarze Punkte vor meinem Auge zu tanzen.
Gleich würde ich das Bewusstsein verlieren und es würde auf ganz tragische Weise mit mir zu Ende gehen.

Kurz bevor es ganz dunkel wurde. Riss jemand Arvid von mir weg.
„Was glaubst du, was du da mit ihr machst? Willst du sie umbringen?"

Sofort fiel ich auf die Knie und schnappte panisch nach Luft, aber meine Lungen wollten sich nicht mit Sauerstoff füllen.
Mir kam die Stimme bekannt vor, aber da mein Sehsinn gestört war, konnte ich nicht erkennen, wer da mit ihm sprach.
Es war auch egal!
Stattdessen wollte ich einfach nur von hier weg. Raffte mich auf und torkelte wieder um die Ecke zu den anderen Studenten.
Ich sah immer noch nicht viel und musste mich an der Hauswand abstürzen um einiger maßen gerade zu laufen.

Ich hatte es fast geschafft und befand mich endlich wieder unter Menschen. So war ich nicht mehr alleine mit meinem gewaltätigen Bruder.
Mein Innerstes verkrampfte und ich musste eine Pause einlegen.

Doch das war ein Fehler.

Als ich mich eine weitere Person anstieß, verließ mich mein Gleichgewichtssinn und ich stürzte erneut. Nur diesmal war es nicht der harte Boden, sondern das kühle Nass des Pools, dass mich in Empfang nahm.

Für einen Moment, nahm ich gar nichts mehr war. Jetzt könnte ich auch einfach verschwinden. Doch mein Überlebensinstinkt reagierte und ich bewegte mich mit meiner letzten Kraft. Unter größter Anspannung und mit wenig Sauerstoff schwamm ich an die Wasseroberfläche.

Ich hustete das verirrte Wasser aus meinen Lungen und hatte Schwierigkeiten zu atmen.
Es platschte neben mir und ein warmer Körper umhüllte mich.

„Ich helfe dir. Strample nicht so."

Ließ mich die Person wissen und brachte mich an den Rand des Becken.
Dort half mir jemand anders auf die Bodenfließen.
Ich blieb einfach liegen, rang weiter nach Luft, bis mir die erste Person half aufzustehen.
Von mir aus hätte ich auch einfach liegen bleiben können.

Ich klammerte mich an den Menschen neben mir und zitterte am ganzen Körper.
Erst jetzt bemerkte ich das es komplett still war. Sicher starrte mich jeder an. Selbst die Musik im Haus hatte gestoppt.

Ich atmete weiter schwer und hatte starke Schmerzen an meinem Hals.
Langsam klarte meine Sicht auf und ich erkannte an wem ich mich da fest hielt.
Blake stützte mich und sah zornig auf Arvid herab.

Der stand desinteressiert an der Wand und hatte seinen Arm wieder um Jess gelegt. Seine Augen glühten vor Verachtung und brannten mich nieder.

„Was hast du den da für in hässlichen Fleck an deinem Hintern."

Jess lachte auf und auch Arvid stimmte mit ein. Ich stand seitlich an Blake gelehnt, so das es jeder sehen konnte.
Die weiße nasse Hose ließ genug sehen.

Und als ich gedanklich schon ein Deja-vu erlebte, kam außer dem hallenden Lachen von Arvid und Jess nichts zurück.
Keiner sagte etwas.
Sie alle sahen geschockt zu den beiden Mobbern. Anscheinest gab es doch sowas wie „Reife" auf dem College oder war es der gute Ruf den ich bei ein paar meiner Studenten hatte?

Jess und Arvid beendeten peinlich berührt ihre Hetztriade.

„Was interessiert die sich auf einmal?"
Wurde Jess hysterisch und funkelte Blake wütend an. Der mittlerweile Mühe hatte mich zu stützen.

„Sie ist meine Zwillingsschwester. Und auch wenn ich sie nicht leiden kann gibt es Grenzen. Ich würde sie nie umbringen!"

Dabei richtete sich Blake's Aufmerksamkeit auf Arvid, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte.
Jess war kreidebleich und starrte Blake einfach an.

„Sie...sie ist...dein Zwilling?"
Stotterte sie.

„Ja!"
Antwortete er klar.

Mehr brauchte es nicht. Endlich erlöste mich die Ohnmacht und ich sackte zusammen.
Und Eric war wieder nicht da für mich!

**

Ein flackerndes Licht über meinem Kopf weckte mich.
Wo war ich? Wie lange war ich weg?

Ich öffnete meine Augen und sah ein weißes Zimmer. Die Halsschmerzen kehrten zurück und augenblicklich setzte ich mich auf. Jede Erinnerung kehrte zurück und ließ mich schmerzlich wissen, was passiert war.

Neben meinem Bett saß meine Mutter, die ihren Kopf auf die Bettkante platziert hatte. Ihre dunklen lockigen Haare mit den zwei weißen Strähnen lagen über ihr Gesicht.
Etwas weiter hinten saß mein Vater auf einem weiteren Stuhl und war eingenickt.

"Mum...?"
Doch statt meiner Stimme kam nur ein leises Kränzen aus meinem Hals, und ein starke Schmerz schoss durch meine Kehle.
Sanft fasste ich meiner Mutter an den Arm und weckte sie so.

Sofort hob sie ihren Kopf und sah mir in die Augen.
Die waren gerötet und geschwollen von weinen.

"Oh mein Baby..."
Schluchzte sie und nahm mich sofort in den Arm.
Das weckte auch meinen Vater und der stand direkt neben ihr und legte seinen Arm auf ihren Rücken.
Auch er weinte aber leise.
Als sie mich los ließen, hatte sich auch bei mir wieder ein dicker Klos im Hals gebildet, aber die Tränen die darauf drängten endlich heraus zu kommen, kamen einfach nicht.

"Wie geht es dir mein Schatz?"
Fragte mein Vater und ich deutete auf meinen Hals. Ich konnte nicht reden und signalisierte das mit meinen Händen.

"Okay Liebling. Keine Panik, wir bekommen das hin. Wir holen jetzt erstmal einen Arzt."

Ich nickte und suchte nach meinem Handy.

"Was suchst du Pumkin?"

Ich deutete ein Telefon an und hielt meine zwei Finger an mein Ohr. Entschuldigend sah meine Mutter mich an.

"Tut mir leid Leana, das ist leider kaputt gegangen."

Ich nickte kurz ab, als sich die Tür öffnete und Dr. Black eintrat.
Ihre Augen scannten mein Gesicht ab und es zeichnete sich tiefe Reue in ihnen ab.
Sie bat meine Eltern kurz draußen zu warten, während sie mich untersuchte.

Einverstanden, verließen meine Eltern das Behandlungszimmer und ich blieb mit meiner Ausbildern vor Wochen zurück.

"Hallo Leana. Darf ich dich kurz untersuchen?"

Ich nickte und sie hörte mich als erstes mit ihrem kalten Stethoskop ab.
Anschließend untersuchte sie weiter meine Vitalwerte bevor sie sich einen Stuhl holte und sich neben mich setzte.

Sie erklärte das meine Stimmbänder gequetscht waren und ich einige Zeit nicht sprechen könne. Dazu kamen die wirklich schmerzhaften Hämatome an meinem Hals. Doch es wurden zum Glück keine inneren Blutungen ausgelöst. Ich schluckte einmal feste, was weh tat.

"Darf ich dir ein paar Fragen stellen?"

Ich nickte erneut und sie gab mir ein kleines Flipchartboard und einen Stift, damit ich meine Antwort aufschreiben konnte.

"Stimmt es das dein Bruder dich gewürgt hat."

Traurig nickte ich und schrieb zusätzlich "Ja" auf das weiße Brett.

"Möchtest du eine Anzeige wegen Körperverletzung machen? Draußen wartet bereits Polizei."

Sofort schüttelte ich meinen Kopf. Und schrieb auf, das ich möchte das er in eine Psychische Anstalt eingewiesen wird.

"Wieso?"
Wollte Dr. Black sofort wissen und ich senkte beschämt den Kopf.

"Ist das schon mal passiert?"

Wieder bestätigte ich ihr das und ihre Augen weiteten sich.

"Warum soll er in eine Anstalt gehen? Er hat dich körperlich verletzt."

Ich schrieb auf das er krank sei und er Hilfe brauchte."

"Er war nur gewalttätig Leana. Deswegen kommt man nicht gleich in psychische Behandlung."

Ich nickte ab, aber betonte und beschrieb ihr warum ich mir sicher war das er krank war, das er eine starke bipolare Störung hatte, weil seine Stimmungsschwankungen unnormal waren.

"War das..."
Sie holte tief Luft. Ihr war ein Licht aufgegangen.

"War das die Person, von der du mir rhetorisch erzählt hast?"

Ich nickte erneut und sie zog scharf die Luft ein. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

"Bitte verzeih mir! Verzeih mir das ich dir nicht richtig zugehört habe. Ich hätte auf dich eingehen sollen und deine Beobachtungen nicht untergraben sollen. Es tut mir so leid!"

Einzelne Tränen rollten ihr über die Wange. Ich nahm ihre Hand in meine und tätschelte sie bevor ich etwas auf mein Board schrieb.
Ich wollte klarstellen, das sie keine Schuld traf. Denn ich hätte etwas sagen müssen.

Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und nickte langsam.

"Ich werde mich höhst persönlich darum kümmern, das dein Bruder behandelt wird!"

Ich schrieb ein großes "Danke" auf die Tafel und zeigte es ihr.

"Nicht dafür! Kann ich sonst noch etwas für dich tun?"

Ich überlegte und nickte. Schnell schrieb ich das Wort "Spiegel" auf das Brett und drehte es um.

"Ja natürlich, ich lasse dir einen bringen. Obwohl ich nicht weiß, ob du das wirklich sehen willst. Es sieht schlimm aus."

Bevor sie aus dem Zimmer ging, sah sie mich nochmal an.
"Du darfst außerdem so viel Eis essen wie du willst. Das wird deinem Hals und den Stimmbändern gut tun."

Ich lächelte sie schwach an aber sobald sie das Zimmer verlassen hatte, fielen meine Mundwinkel sofort runter.
Kurz darauf kamen meine Eltern wieder ins Zimmer. Mum hatte offensichtlich noch mehr geweint und mein Vater stand sichtlich unter Schock.
Es war mir klar, das sie wussten wer es war. Und mein Herz wurde schwer, als ich daran dachte wie sehr sie litten, weil ihr leiblicher Sohn mich so angegriffen hatte.

"Warum hast du uns nichts gesagt Pumpkin?"

Wollte mein Vater wissen und traute sich kaum mit in die Augen zu sehen.
Es war der Zeitpunkt für mich gekommen absolut ehrlich zu meinen Eltern zu sein. Auch wenn ich Angst vor ihrer Reaktion hatte.

Langsam schrieb ich alles auf und es dauerte bis ich ihnen meine Version der Sachlage erklärt hatte.
Es flossen viele Tränen und ich gab mein bestes meine Eltern zu trösten.

"Liebes wir lieben dich doch nicht weniger, nur weil du andere Gene hast als wir. Das war uns immer egal."
Bekräftigte meine Mutter und hielt meine Hand.
Ich schämte mich, weil ich ihnen etwas anderes unterstellt hatte.

"Dein Bruder ist krank und wir werden alles dafür tun das er wieder gesund wird. Das rechtfertigt aber noch lange nicht das, was er dir all die Jahre und besonders jetzt angetan hat. Verzeihst du uns? Das wir die Augen vor seinem wahren ich verschlossen haben?"

Ich nickte und lächelte meine Eltern an. Ich liebte meine Eltern. Sogar meinen Bruder der mich seelisch und körperlich verletzt hatte. Liebe tat immer weh.
Deswegen war ich mir auch nicht sicher, ob ich weitere Menschen lieben wollte, die mir wieder weh tun konnten.

Als ich in den Armen meines Vaters lag, streichelte er mir beruhigend über den Rücken.
Ich fühlte mich endlich wieder sicher, hier bei meinen Eltern und das wollte ich dauerhaft verspüren.

Deswegen traf ich in diesem Augenblick eine wichtige Entscheidung für meine nahe Zukunft....

Schönen Dienstag,

Tja das Sonderkapitel kommt dann doch erst heute raus. Also gab es eigentlich keins...

Was meint ihr wo Eric war?
Ist die Entscheidung von Leana ihren Bruder in eine Einrichtung zu schicken richtig?

Und was hat sie in den Armen ihres Vaters für ihre Zukunft entschieden?

Bleibt dran, wenn ihr wissen wollt, sie es weiter geht.
Bis bald!

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