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• B R Y C E•
Es vergehen Stunden, bis ich schlafen kann. Obwohl ich es vor wenigen Minuten kaum aus dem Bett geschafft habe, um mir ein Glas Wasser zu holen, liege ich nun wach und forme mit meinen Fingern und der Hilfe des schwach einfallenden Mondscheins Schattenfiguren.
Sowohl für Miles als auch für Benni habe ich das früher immer gemacht, wenn ich sie ins Bett gebracht habe, weil Mum und Dad lange arbeiten mussten. Ich machte solange ein Schattentheater bis sie schliefen und dann trug ich sie ins Bett und blieb solange bei ihnen, bis Mum und Dad nachhause kamen. Natürlich war ich dabei müde geworden und ein paar Mal war ich auch eingenickt. Aber ich hatte immer versucht, wachzubleiben und aufzupassen. Miles und Benni hatte es gereicht, wenn ich da gewesen war, doch ich hatte immer die Gewissheit gebraucht, dass meine Eltern zuhause waren, um schlafen zu können. Das Gefühl von Sicherheit. Dass auch jemand auf mich aufpasste.
Ich liege also auf meinem harten Boden herum und mache ein Theater für mich selbst, während ich in Erinnerungen schwelge. Mein Rücken ist total am Ende und meine Arme werden langsam taub vom nach oben halten. Meine Wangen schmerzen ebenfalls. Vom Lächeln. Am liebsten würde ich mich selbst schlagen. verprügeln, mindestens ein paar Knochenbrüche oder am besten gleich Koma.
Was zum Geier ist nur los mit mir? Jayden ist Miles Freund. Ist doch nicht meine Aufgabe, ihm ein Bett zur Verfügung zu stellen. Und warum ich nicht einfach runter ins Wohnzimmer zum Schlafen gehe, kann ich mir auch nicht erklären.
Eric und Jordan sind nachhause gegangen, Logan und Nick schlafen noch bei Miles und Jay liegt hier mit mir. Das muss normal sein für eine Pyjama-Party. Aber irgendwie fühlt es sich nicht so an. Vor allem, als mir klar wird, dass ich jedem anderen mein Bett nicht kampflos überlassen hätte.
Seufzend lasse ich die Arme sinken, strecke meine Finger aus und forme sie zu Fäusten. Immer wieder.
Und als ich Jays Stimme höre, glaube ich tatsächlich kurz, es sei bloß Einbildung.
„Komm ins Bett, Bryce“, murmelt er verschlafen. „Ist doch albern, dass du auf dem Boden liegst“
Natürlich hat er recht. In meinem Bett gäbe es genügend Platz für uns beide. Dennoch zögere ich. Ich habe noch nie mit jemand anderem als meiner Familie in einem Bett geschlafen. Und Jayden ist sicher die letzte Person, bei der ich eine Ausnahme machen sollte.
„Passt schon“, erwidere ich.
Der Unterschied unserer Schlafunterlagen zeigt sich deutlich in unseren Stimmen. Jayden hat es warm und gemütlich. Der ist schon beinahe eingeschlafen. Ich dagegen bin hellwach.
„Ich will dir nicht dein Bett klauen.“
Brummend setze ich mich auf, zische dabei aber und fasse mir an den schmerzenden Rücken. So schnell bin ich überzeugt.
Ohne aufzustehen, klettere ich hoch ins Bett. Jayden rückt zur Seite und wirft dann seine Decke über mich. Die, die ich hatte, liegt noch auf dem Boden. Ich mache keine Anstalten, sie hochzuholen. Meine Versuche, eine angenehme Position zu finden, in der meine Schmerzen erträglich sind, werden von jammernden Tönen begleitet und bringen Jayden zum Lachen.
„Du klingst wie ein alter Opa“
Ich schnaube und brumme etwas von wegen „Du riechst wie ein Opa“, obwohl nichts mehr gelogen sein könnte.
„Der Boden hat meinen Rücken durchgebumst“
Wieder lacht er. „Eigentlich sollte das doch was Gutes sein“
„Nein, er war zu brutal“
„Du Armer“ Sein leises Lachen wird zu einem Kichern. Ich überlege kurz, ihn rauszuschicken und wieder auf Miles Boden schlafen zu lassen. Aber ich kann nicht. Seine Hand, die sich auf meine Brust legt und bis zu meiner Schulter hochtastet, bringt mich vollkommen aus dem Konzept. „Leg dich auf den Bauch. Dann massiere ich dich ein bisschen.“
Da er mir die Bewegung bereits vorgibt, muss ich nichts anderes tun, als seinem Druck zu folgen. Dann streicht seine Hand über meinen nackten Rücken. Er versucht offensichtlich sich bei der spärlichen Beleuchtung zu orientieren. Ich lege meinen Kopf im Kissen um und erkenne Jaydens vom Mondlicht beleuchtetes Profil.
„Du musst das nicht machen“
„Ist das mindeste“, widerspricht er. „Sag mir nur wo“
„Überall“
Erneut lacht er ein wenig, bevor er seinen Daumen in kreisenden Bewegungen an meine verspannten Muskeln drückt. Sofort seufzte ich genießend auf.
„Gut so?“
„Mhm“, brumme ich nur und schließe im selben Moment die Augen.
Seine Berührungen zu genießen fühlt sich beinahe so an wie das Bewusstsein zu verlieren. Man kämpft dagegen an, aber ist verdammt nochmal machtlos. Man hat Angst. Aber schließlich bleibt einem nichts Anderes übrig als sich einfach fallen zu lassen.
„Ich war ja letztens bei Derek... Um ein paar Sachen zu holen“, murmelt Jayden nach einiger Zeit. Langsam öffne ich meine Augen wieder, erkenne so, wie er sich kurz zögernd auf die Lippe beißt und seine eigenen Bewegung mit seinem Blick verfolgt. „Er hat mit einem anderen geschlafen. Sie waren gerade voll dabei, als ich reinkam. Und das macht mich wütend und traurig und ich frage mich, ob er vielleicht schon was mit dem Typen hatte, während wir noch zusammen waren. Und warum er sowas machen sollte. Wir... Wir hatten oft Sex, weißt du? Es wäre nicht nötig gewesen, sich das bei einem anderen zu holen. Außer, er gefällt ihm besser als ich oder kann es besser oder... Keine Ahnung. Es geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.“
Ich seufze. Als ich mich auf die Seite drehe, rutscht Jays Hand von meinem Rücken. Ich fange sie auf und halte sie fest. „Er war nicht treu. Das habe ich Fitnesstudio einige Male mitbekommen. Aber ich wusste, dass du es mir nicht glaubst, wenn ich es dir sage und ich wollte mich nicht noch mehr einmischen als ohnehin schon.“
„Okay“, erwidert er leise. Seine Stimme bricht dabei. „Das... Das ist nur echt scheiße, weil ich immer alles getan habe, um ihm zu gefallen“
„Ich weiß“ Ich flüstere, ebenso wie er. Sein Blick haftet auf unseren Händen und meiner in seinem Gesicht. „Aber ich verspreche dir, dass es nicht an dir liegt. Nicht daran, wie du aussiehst und auch nicht daran, wie du bist.“
Kurz ist es still. Er drückt sein Gesicht etwas in mein Kissen und fängt so eine Träne ab. „Irgendwie witzig, dass du der einzige bist, dem ich das glauben kann“, meint er dann mit einem traurigen Lächeln. „Du bist ein totaler Volltrottel. Aber du bist ehrlich und das schätze ich sehr an dir“
„Das war dann auch schon wieder genug fluff", beschließe ich leicht panisch. Er soll es nicht schaffen, mich verlegen zu machen. Er darf es nicht.
„Schlaf gut, Jayden“
Noch einmal lächelt er, diesmal aufrichtiger. „Du auch, Bryce“
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