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•B R Y C E•
Es ist total ungewohnt, mich mit Eric in meiner Mittagspause zu treffen, um etwas essen zu gehen. Um nur etwas essen zu gehen. Aber es ist auch sehr entspannt und bis zu dem Zeitpunkt, an dem er nicht mehr aufgehört hat, über Jordan zu reden, hat es auch Spaß gemacht. Aber ein Gedanke an ihn scheint eine Kettenreaktion in Erics Hirn ausgelöst zu haben, sodass er nun gar nicht mehr aufhören kann über ihn zu schwärmen.
„Erzähl mal, wie habt ihr euch überhaupt kennengelernt?" Ich bin nicht wirklich leicht zu begeistern, das weiß Eric. Er wundert sich also nicht darüber, dass ich nicht herum quietsche wie süß das alles doch sei, sondern ihn nur mit kritischem Blick betrachte.
„Das so romantisch!", seufzt Eric breit strahlend. „Also eigentlich nicht so wirklich aber irgendwie dann doch... Ich bin ihm in der Tiefgarage der Mall ans Auto gefahren. Jeder andere hätte mich sofort gekillt, aber er war total lässig, obwohl es das Auto seines Kumpels war, so ein richtig teures. Ich wollte das eigentlich bezahlen, aber er meinte, es ist kein Ding und das einzige, was ich ihm schuldig sei, wäre ein Kaffee und dann sind wir zusammen Kaffee trinken gegangen und haben geredet und Nummern ausgetauscht und uns öfter mal getroffen"
„Habt ihr schon gefickt?", frage ich direkt und nippe dabei an meinem Wasser, während ich Eric mit dem Blick fixiert halte.
Er lacht leicht. „Klar, dass das das einzige ist, was dich interessiert. Nein, wir haben noch nicht gefickt. Ich würde ja gerne, aber meinte, er will mehr von mir als nur das und er will es langsam angehen lassen." Er zuckt mit den Schultern. Ein bisschen enttäuscht wirkt er schon, aber er lächelt auch dabei. „Aber er hat mich geküsst"
„Wow" Auf ironische Art und Weise stelle ich es allein durch meinen Ton und meine Mimik so dar als sei das eine ganz besondere Leistung. Ein Teil von mir boxt mich innerlich dafür, dass ich mich nicht einfach für Eric freuen kann. Aber mein innerer Beschützer ist sehr viel stärker. Ich halte nicht viel von Jordan. Ich weiß, dass er einem leicht den Kopf verdrehen kann, um zu bekommen was er will und wenn er das sogar bei mir geschafft hat - wenn auch nur für eine Nacht und nur aufgrund mangelnder Informationen - dann schafft er das bei Eric erstrecht. Eric ist nett und lieb, ja. Aber er ist auch verdammt naiv und gutgläubig. Wer weiß, was Jordan wirklich von ihm will. Ich glaube kaum, dass plötzlich ein liebevoller Romantiker aus ihm geworden ist.
„Du bist doch nur eifersüchtig", behauptet Eric genervt und bewirft mich dann mit einer zusammengeknüllten Serviette.
„Worauf denn?" Da bin ich aber mal gespannt.
„Auf alles. Darauf, dass ich einen anderen auch toll finde, vielleicht. Oder die Situation allgemein. Love is in the air, das kann man nicht abstreiten. Aus Jordan und mir kann, glaube ich, wirklich was werden. Und du bleibst für immer single und musst dir einen anderen Knackarsch zum Ficken suchen"
Schon nach seinem ersten Satz habe ich damit begonnen, den Kopf zu schütteln. „Bullshit", schnaube ich. „Ich bin nicht eifersüchtig. Meinetwegen kannst du ficken wen du willst oder Gefühle für andere haben, darum geht es nicht. Ich hab nur keinen Bock darauf, dich trösten zu müssen, wenn er dir wehtut."
„Er wird mir nicht wehtun" Eric lächelt mich leicht an, fast so als wolle er mich besänftigen. „Er ist wirklich ein lieber Kerl. Er könnte keiner Fliege was zu leide tun"
Ich schnaube erneut. Es klingt verachtend. „Er hat Miles fast umgebracht und seinem Ex Dinge angetan, für die er lebenslänglich im Knast verrotten sollte. Da ist nicht mal drei Jahre her. Ich glaube kaum, dass er plötzlich ein anderer Mensch geworden ist"
Eric schaut mich ganz erschüttert an. „Du kennst ihn?"
Toll. Jetzt muss ich ihm alles erzählen. Genau das wollte ich eigentlich vermeiden. Ich mische mich nicht gern in Dinge ein, die mich nicht angehen. Ich beobachte lieber und schreite dann ein, wenn es notwendig wird.
Ich zucke mit den Schultern. „Ein bisschen. Ich weiß, dass er sehr... verführerisch sein kann, aber wie gesagt, was ich von Miles so über ihn gehört habe, geht echt gar nicht."
Eric nickt verstehend. Er presst die Zähne zusammen und dann entkommt ihm ein belustigter Ton. „Du hast ihn gefickt oder?"
Ach shit. Auch das noch.
„Es war nur eine Nacht"
„Mann, Bryce!" Eric lässt das Gesicht in die Hände fallen. „Gibt es eigentlich irgendjemanden in dieser Stadt, den du noch nicht gefickt hast?"
Ich zucke mit den Schultern, obwohl er das nicht sehen kann. „New York ist groß. Der ein oder andere wird sich schon finden"
„Das darf einfach nicht wahr sein", murmelt Eric, kurz bevor er das Gesicht wieder hebt. „Nein, weißt du was? Es ist mir egal. Jordan hat mir erzählt, dass er harte Zeiten hinter sich hat und dass er teilweise richtig Scheiße gebaut hat. Das ändert nichts daran, dass ich ihn mag."
Ich öffne den Mund, um etwas dazu zu sagen, doch Eric redet schnell weiter. „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst und ich nehme ernst, was du mir gerade erzählt hast, aber ich will meine eigenen Erfahrungen mit ihm machen. Okay?" Er erwartet eine Zustimmung und diese bekommt er, wenn auch widerwillig. Für seine 19 geht er diese Sache ziemlich reif an. Ich hoffe, das bleibt so und seine Sicht wird nicht durch die rosarote Brille getrübt.
Wir unterhalten uns weiter. Diesmal ist es kein Monolog mehr über Jordan, sondern Eric lässt mich auch ein bisschen was erzählen. Oder er horcht mich aus, das trifft es wohl eher. Jedenfalls erfährt er einiges über Lexi und mich und zeigt genau die Reaktion, die man von mir nicht erwarten kann. Er klatscht erfreut in die Hände, hört sich alles gespannt mit an, stellt Fragen und strahlt dabei. „Hei, vielleicht kommst du doch noch unter die Haube"
„Mhm" Es kommt mir ganz gelegen, dass ein Kellner an uns vorbeigeht, sodass ich nach der Rechnung verlangen kann.
„Das geht auf mich", stellt Eric klar, während er die Rechnung fertigmacht.
„Nein, sicher nicht", widerspreche ich. „Ich zahle mein Essen selbst"
Eric verdreht genervt die Augen. „Bryce, du hast mir schon mega oft was ausgegeben."
„Ja und dich dann jedes Mal danach gefickt. Nur fair" Ein unschlagbares Argument, bilde ich mir ein.
„Ich bin keine Nutte", schnaubt er. „Ehrlich, du hast so ein übergroßes Ego, das nervt manchmal richtig. Du stellst dich jetzt an wegen 30 Dollar. Jordan kann im Gegensatz zu dir Geld annehmen" Er tut so als sei das ein Pluspunkt für ihn. Ist es in meine Augen aber nicht.
„Du hast Jordan Geld gegeben?" Ich klinge ungläubig. Werde hellhörig.
Eric nickt, winkt dabei aber ab. „Ja keine Ahnung, er hat sein Konto für den Monat irgendwie überzogen und halt ein bisschen was gebraucht, um über die Runden zu kommen. Nichts Großes"
„Wie viel?" Meine Miene fühlt sich an als hätte sie sich in Stein verwandelt, so sehr scheint sie verhärtet zu sein.
„Bryce, Schatzi, das geht dich nichts an", lächelt Eric gefälscht und widmet sich dann dem Kellner, der uns die Rechnung bringt. Eric übernimmt sie, ohne mich zu beachten und grinst mich dann triumphierend an, als der Kellner wieder weg ist.
„Geh nicht so leichtfertig mit deinem Geld um, Eric-"
„Boa, du klingst wie mein Vater. Schalte mal ein paar Gänge zurück." Eric ist richtig genervt. Er steht auf und geht zur Garderobe in dem Wissen, dass ich ihm folgen werde. Immerhin muss ich gleich wieder arbeiten.
„Ich meine es nur gut" Ein Versuch, ihn zu besänftigen, da mir die Art, wie er gerade fährt, absolut nicht gefällt.
„Ich weiß das. Aber es nervt trotzdem." Eric umklammert das Lenkrad etwas fester und schüttelt dabei leicht den Kopf. „Es sendet halt auch irgendwie die falschen Signale, weißt du? Ich will mir nicht einbilden, dass ich dir wichtig bin..."
„Du bist mir wichtig!", schießt es aus mir heraus, so plötzlich, dass ich selbst davon überrascht bin. Auch Eric würft mir einen kleinen Seitenblick zu, der beweist, dass es ihm genauso geht.
„Aber nicht auf diese Art", meint er dann ruhiger. „Ich will das mit Jordan echt versuchen. Es hilft mir nicht, wenn du jede Gelegenheit nutzt, ihn schlecht zu machen"
Brummend sinke ich weiter im Sitz ein. „Das habe ich nicht"
Mehr sagen wir nicht mehr. Eric fährt mich ins Autohaus. Er wünscht mir noch einen schönen Tag und meint, er meldet sich die Tage mal. Aber irgendwas sagt mir, dass er das nicht tun wird.
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