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• B R Y C E •
Eddy hat mir doch echt Zwangsurlaub gegeben. Eine ganze verdammte Woche. Ich weiß gar nicht, was ich mit so viel Freizeit anfangen soll. Die ersten beiden Tage lag ich noch flach, aber mittlerweile geht es mir wieder ganz gut und ich wäre sicher dazu im Stande zu arbeiten. Ich war sogar im Autohaus, aber Eddy hat mich wieder nachhause geschickt und mir gedroht, mir nochmal eine Woche Urlaub aufzuzwingen, wenn ich mich vor nächster Woche wieder blicken lasse. Jeder andere Chef wäre von meiner Arbeitsmoral begeistert, pff.
Jedenfalls habe ich beschlossen, meine freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Für Sport. Ich bin jeden Tag mindestens zwei Stunden im Fitnessstudio. Aber natürlich mache ich nicht die ganze Zeit über nur Sport. Manchmal lasse ich mich auch einfach stundenlang im Pool treiben oder chille in der Sauna oder unterhalte mich nett mit ein paar hübschen Frauen und Männern.
Einer der Trainer hat es auf mich abgesehen, da bin mir ganz sicher. Immer, wenn ich zu ihm schaue, mustert er mich schon, lächelt dann nett und tut so als sei nichts gewesen. Er scheint darauf zu warten, dass ich was falsch mache, um mir zu Hilfe eilen zu können. Ganz süß eigentlich, aber er gefällt mir optisch nicht so. Viel zu trainiert und wahrscheinlich auch zu alt. Ich meine, sexy ist er, aber ich mag dann doch lieber schlanke Jungs. Die frechen mit großen Klappen, die aber eigentlich ganz süß und schüchtern sind, und im Bett alles mit sich machen lassen. Sowie Eric.
Eigentlich entspricht er genau meinem Typ. Ich weiß auch nicht, was mir bei ihm fehlt. Der Sex ist klasse und ich mag ihn echt. Gestern habe ich beispielweise sein Angebot, mit ihm zu chillen, angenommen und mich bei ihm gemeldet, als mir langeilig war. Keine halbe Stunde später stand er mit Red Bull und Donuts vor der Tür und hat mich an die frische Luft entführt. Im Auto hatte er eine Picknickdecke und in einem ruhigen Park haben wir uns dann hingesetzt, die Donuts gegessen und das Red Bull getrunken. Fast wäre es mir vorgekommen wie ein Date. Aber da war keine romantische oder sexuelle Spannung zwischen uns. Hingegen aller Erwartungen war es sogar ganz locker und witzig. Vor allem, als wir einen Rülpswettberwerb veranstaltet haben und alle angeekelt einen riesen Bogen um uns gemacht haben. Wir beide fanden es bloß witzig und stießen darauf an.
Ich hatte Spaß mit ihm. Doch das hat mich auch daran erinnert, dass man eben auch eine schöne Zeit mit Personen haben kann, ohne sie zu ficken. Und das wiederum hat mich mal wieder über Miles' Worte nachdenken lassen. Die, dass ich keine Freunde habe und total einsam bin. Bisher ist mir das gar nicht zu aufgefallen. Ich bin tatsächlich zufrieden mit meinem Leben, es gibt nichts, worüber ich mich beschweren würde oder was ich ändern wollen würde. Aber, dass ich nichts mit mir anzufangen weiß, weil ich mal keine Arbeit habe oder nichts für meine Familie tun muss, ist schon ein bisschen bedenklich. Ich brauche Aufgaben in meinem Leben, Herausforderungen. Sonst langweile ich mich in meiner Nutzlosigkeit zu Tode.
Am Nachmittag desselben Tages war ich auch bei Jayden im Café. Miles ist durchgängig schlecht gelaunt, seit er mit Jayden darüber geredet hat, dass er nicht mehr zu uns kommen darf und ich wollte ihm einen Gefallen tun, indem ich das mit Derek kläre. Ich meine, seinem Freund zu verbieten zu uns zu kommen, ist doch echt kindisch. Er hat immerhin ein Problem mit mir, dann soll er das auch mit mir klären, wie ein erwachsener Mann, statt seinem Lebensgefährten die Freundschaft zu meinem Bruder zu vermiesen. Ich verstehe gar nicht, wie er darauf kommt, dass er Jay sagen kann, wo er hinzugehen hat und wo nicht. Und warum Jayden dem auch noch gehorcht.
Seitdem beschäftigt mich auch das Gespräch mit ihm. Oder eher, wie er dabei drauf war. Dass er gestresst wirkte, war in Anbetracht der vielen Personen im Café verständlich. Aber ich glaube, da steckte mehr dahinter. Dass er gegen einen Türrahmen gelaufen sein soll, glaube ich jedenfalls nicht. Das ist nicht das erste Mal, dass man schlechtes Make-Up an ihm sieht, das Verfärbungen abdecken soll. Aber bisher hat mich das noch nie so zum Grübeln gebracht. Auch, dass er gleich abgeblockt hat und mich loswerden wollte, als ich genauer nachgehakt habe. Dass er so unruhig und angreifend wurde... Das kann ich nicht einfach so stehen lassen. Ich muss mir was überlegen, um mehr aus Jay rauszubekommen. Am besten horche ich erstmal Miles aus...
Ich habe heute mal wieder vergessen, meine Kopfhörer ins Fitness mitzunehmen. Ich muss also der zum Kotzen motivierenden Musik des Studios lauschen und bekomme auch das ein oder andere Gespräch mit. Zwei Mädels diskutieren gerade darüber, wer den heißen Trainer ansprechen soll, drei Typen wetten, wer mehr drücken kann und zwei weitere reden über irgendwas Geschäftliches.
„Ganz ehrlich, ich würde auf Nummer sichergehen. Das dauert zwar länger, aber ist eindeutig der schlauere Weg. Du musst nur ein bisschen Geduld haben"
„Boa, ich hasse das" Dass ich diese Stimme kenne, fällt mir erst auf, als ich nicht mehr ganz so in Gedanken versunken bin und mich etwas mehr auf das Gespräch konzentriere. „Das alles stresst mich total. Und Jay bekommt meine Launen total ab"
„Ich frage mich eh warum du noch mit dem zusammenbist. Was nützt er dir bitte? Sein einziges Können besteht doch darin, sich ficken zu lassen" Dereks Gesprächspartner klingt angepisst.
Ich richte mich auf und schaute durch den Spiegel in die Richtung, in der ich die beiden vermute. Wie zwei Lästerschwestern stehen sie da an einer Ecke und tuscheln.
„Hei, rede nicht so über meinen Freund" Derek richtet sich leicht auf und schaut warnend auf den andern Typen herab. „Gut blasen kann er auch" Danach grinst er und der andere beginnt zu lachen.
„Naja, er ist hübsch, das muss man ihm lassen. Und der Arsch sieht auch nicht schlecht aus" Er verstummt, als Derek ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gibt. „Jetzt fuck mich nicht ab. So gut sieht er auch wieder nicht aus"
Wow, Derek klingt richtig verliebt. Er schwärmt ja fast schon von seinem Freund. So muss das in einer funktionierenden Beziehung eindeutig sein.
„Wenn du meinst" Der andere zuckt mit den Schultern. „Ist ja auch egal, solange er Ruhe gibt. Du erzählst ihm doch nichts von unseren Plänen?"
Derek lacht kurz auf, doch es wirkt nicht belustigt. „Damit ich mir sein Gejammer anhören darf? Spinnst du? Er ist viel zu lieb für sowas, er kann nicht mal schlafen ohne ein kleines Nachtlicht. Sonst klammert er sich wie ein Baby in der Dunkelheit an mich"
Der andere beginnt laut zu lachen. „Echt jetzt? Wie erbärmlich ist das denn?"
„Naja, wenigstens legt es mich so nicht auf die Fresse, wenn ich nachts pissen muss." Derek zuckt abschätzig mit den Schultern.
Je mehr ich von dem Gespräch mitbekomme, desto weniger kann ich glauben, dass das gerade real ist. Ich meine, allein, dass Derek überhaupt so über Jayden redet, aber dann auch noch, dass er so dämlich ist, es so zu machen, dass ausgerechnet ich es mitbekomme. Da muss doch eine höhere Macht ihre Finger mit im Spiel haben.
„Jedenfalls ahnt er zwar ziemlich sicher was, aber er wird nicht nachfragen und auch nicht versuchen, sich irgendwie einzumischen. Und wenn doch, dann habe ich ihn ganz leicht unter Kontrolle. Jay ist unsere geringste Sorge"
„Okay gut. Wenigstens eine Sache, die läuft sie wie soll"
Wieder grinst Derek dreckig. „Macht Jay immer. Und wenn nicht, dann knallt man ihm mal richtig eine und er gehorcht wieder brav." Er zuckt mit den Schultern.
„Wahrscheinlich kommt er dann auch noch angekrochen und entschuldigt sich immer", schmunzelt der andere Typ.
Derek lacht daraufhin leicht. „Kennst ihn wohl doch ganz gut"
So gerne ich weiter lauschen würde, ich kann nicht mehr. Ich würde zwar echt gern wissen, was die noch so zu sagen haben, aber mein Körper bewegt sich einfach auf sie zu und schubst Derek leicht zurück. Er wirkt perplex und stockt, da er gerade noch etwas sagen wollte. Er muss mir ansehen, wie gereizt ich bin und scheint die Situation noch nicht ganz zu begreifen.
„Du widerst mich an", mache ich ihm abfällig klar. „Du bist eine ekelhafte, widerliche Person. Du kannst froh sein, dass jemand wie Jayden dich auch nur mit dem Arsch anschaut. Oder überhaupt irgendwer. Kümmere dich mal lieber darum, gut zu deinem Freund zu sein und ihn zu schätzen zu wissen, als dich hier so aufzuführen. Jay ist vielleicht naiv und total verknallt in dich und ich kenne ihn nicht wirklich gut, aber ich weiß, dass er alles Anderes als dumm ist. Früher oder später merkt er schon, was für ein hinterfotziger kleiner Bastard du bist und dann bist du ganz schnell abgeschrieben."
Ich höre erst auf, als er mich ebenfalls zurückschubst. Eigentlich hätte ich ihm noch viel mehr zu sagen, doch kurz nach seinem Schubser folgt ein Schlag mitten in mein Gesicht. „Ich habe so die Schnauze voll von dir! Halt dich endlich von Jay fern, verdammte Scheiße! Nimm auch nur seinen Namen noch ein Mal in den Mund und ich mache dich fertig!"
Auch er muss stocken, als ich ihm diesmal eine reinhaue. Ich bin ganz stolz auf mich, dass ich ihn so gut erwische, obwohl er einen Kopf größer ist als ich und sicher damit gerechnet hat, dass ich zurückschlagen werde. Sein gesamter Körper fliegt fast zur Seite und er blutet sofort an der Lippe.
Er fasst an die Stelle und wirkt etwas ungläubig als er das Blut an seinen Fingerspitzen sieht, dann verzieht sich sein Gesicht zu einer wütenden Fratze, er knurrt „Jetzt bist du dran" und geht langsam auf mich zu.
Ich bin sowas von bereit, alles auszupacken, als man beim Wrestling-Anschauen so lernt, aber bevor es dazu kommen kann, werden wir schon von mehreren Typen auseinander gedrückt und ich sehe, dass das halbe Fitnessstudio auf uns aufmerksam geworden ist und uns tuschelnd anschaut.
„Ihr habt Hausverbot, alle beide", macht uns einer der Mitarbeiter, wahrscheinlich sogar der Manager, klar.
Ich reiße mich schnaubend von ihm los und sehe Derek wieder an. „An deiner Stelle würde ich mich mal langsam darum bemühen, Jay zeitnah einen Grund zu geben, bei dir zu bleiben. Denn er hat bereits hunderte, dich zu verlassen und einer davon steht gerade vor dir"
Ich forderte ihn heraus, das weiß ich, das weiß er und das weiß jeder, der uns gerade zugehört hat. Ich habe in meinem Leben echt schon viel dumme Scheiße angestellt und das hier gehört höchstwahrscheinlich dazu. Ich bin total hitzköpfig, unbeherrscht und dämlich. Wahrscheinlich freue ich mich deshalb so darauf, meine Drohung wahr werden zu lassen.
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