Kapitel 6

Nach dem Unterricht des nächsten Tages führte mich mein Weg zum Trakt B, der Freizeitunterkunft für die Schülerschaft. Dieses Gebäude war von innen deutlich rustikaler und gemütlicher gebaut als das für die Klassenräume. In dem großen Aufenthaltsraum, der direkt vom Eingang betreten wurde, standen viele kleine Tische mit dazugehörigen Stühlen sowie ein paar Sofas in den Ecken. Die Wände waren hell, der Boden dunkel laminiert. Die Möbel waren ebenfalls recht dunkel, die Polster dunkelrot. Auf der rechten Seite waren ein Treppenhaus, ein Fahrstuhl sowie Toiletten zu finden. Die linke Seite bestand aus einer kleinen Theke mit einem Kühlschrank, einer Kaffeemaschine sowie einem Wasserkocher. Direkt neben der Tür zweigte ein Raum mit vielen Schließfächern zur Aufbewahrung von Privatsachen ab.
Meine Schultasche sowie mein Jacket wurden in einem der Schließfächer verstaut, lediglich meine Kopfhörer, Fachbücher und meine Schreibunterlagen nah ich mit. Aus der heutigen Stunde Analytik hatte ich eine Menge Hausaufgaben mitgenommen, die noch erledigt werden mussten.Mrs Martin, meine Lehrkraft für Analytik, hatte Hausaufgaben zur Wiederholung der Grundlagen aufgegeben, damit alle Schülerinnen und Schüler möglichst auf dem selben Stand waren.
Ich machte mit einen Kaffee und suchte mit einen freien Platz, was aufgrund der weniger Schülerinnen und Schüler, die sich hier aufhielten, nicht sonderlich schwer war. Generell herrschte eine angenehme Lautstärke, da fast alle gerade mit ihren Hausaufgaben beschäftigt waren. Eine Gruppe Mädchen, die in der hintersten Ecke saß, sprach in gedämmter Lautstärke um die anderen nicht zu stören.
Ich war überrascht, wie das Klima an dieser Schule im Allgemeinen zu sein schien. Die meisten Schülerinnen und Schüler respektierten einander auch wenn es selbstverständlich auch einige gab, die aus der Reihe tanzten. An meiner alten Schule wäre es undenkbar gewesen, dass es trotz vieler verschiedener Menschen ruhig im Raum war.
Ich schlug das Fachbuch auf und begann die Grundlagen zu wiederholen, die ich an meiner alten Schule in Mathe gelernt hatte. Sofort schaltete mein Hirn auf den Flugmodus um und ich blendete die Außenwelt aus. Zumindest hatte ich so nicht mehr die Möglichkeit, mich von meinen Gedanken und Gefühlen übermannen zu lassen. Manchmal dachte ich einfach zu viel nach. Da halft es, sich auf routinierte Aufgaben zu konzentrieren.

„Du machst Stochastik? Mein Beileid, ich hasse den Scheiß", sprach plötzlich Rafael unmittelbar neben mir was dafür sorgte, dass ich zu Tode erschrak. Ich zuckte zusammen den ich hatte nicht bemerkt, dass er sich neben mir niedergelassen hatte. Mithilfe seiner Magie zog er mein Heft zu sich rüber und bewegte seine Hand schwungvoll von links nach rechts, um dort herumzublättern.
„Du hast nicht vor mir zu sagen, was das eigentlich werden soll, oder?", fragte ich genervt.
„Ich? Ich schaue nur was du... hey!"
Prompt hatte ich mein Heft wieder zurück zu mir gezogen. Rafael passte dies garnicht und erneut versuchte er, mir mein Heft mit seinen Fähigkeiten abzunehmen, doch diesmal war ich vorbereitet. Meine volle Konzentration lag darauf, das Heft bei mir zu behalten. Zusätzlich spürte ich die Magie, die von den anderen Seite versuchte zu ziehen. Egal, wie sehr sich mein Gegenüber anstrengte, er schaffte es nicht es mir wieder abzunehmen. höchstens die ein oder andere Ecke neigte sich in seine Richtung.
Lachend gab er auf. Der Druck auf das Heft entfernte sich und nun lag es nur noch schlaff auf dem Tisch. Vor mir.
„Ich verstehe schon, da mag es jemand garnicht, wenn man ihre Notizen liest", bemerkte Rafael. An seinem Hals hatten sich kleine, blasse Flecken vor Anstrengung gebildet. Gemerkt hatte ich von dieser Anstrengung lediglich einen minimalen Druck. Scheinbar hat man nur dadurch, dass man schon länger an einer Zauberschule war, nicht umbedingt bessere Fähigkeiten.
Ehe ich mich versah lagen sowohl meine Hand als auch mein Blick schon auf ebendiesen Flecken. Prompt zog ich meine Hand zurück und sah mich um: mittlerweile hatten die anderen Leute diesen Freizeitbereich verlassen. Lediglich Rafael und ich waren noch hier. Ich lief rot an und ging seinem Blick aus dem Weg, der mich durchbohrte.
„Sorry", murmelte ich.
„Du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin nicht aus Zucker, weißt du?", antwortete Rafael lächelt. Sein Lächeln war so breit, dass man seine perfekten Zähne sehen konnte, die zu leuchten schienen. Wahrscheinlich hatte er sich diese bleichen lassen. Mein Gegenüber begann, sich zu erklären.
„Bei Anstrengung bekomme ich Flecken am Hals, keine Ahnung warum. Ist halt so", bemerkte er mit einem Schulterzucken, „Und du bist scheinbar stärker als ich, auch wenn es wehtut das zuzugeben"
Lachend lief ich zu einem der leeren Sofas und er folgte mir.
„Das wollen wir erstmal sehen. Okay ich stelle mich auf die eine Seite und du auf die andere. Wer den anderen zuerst auf das Sofa gedrängt hat, gewinnt. Anfassen ist nicht erlaubt."
„Anfassen ist nicht erlaubt?", bemerkte Rafael mit einem Zwinkern, „Und das wenn du vor mir stehst? Wird mir schwerfallen."
„Ach ja", fügte ich hinzu, „flirten auch nicht"
„Touché"
Rafael zählte von drei runter und wir begannen, uns via Telekinese gegenseitig auf das Sofa zu drängen. Ich konzentrierte mich völlig auf den entstandenen Augenkontakt, als wenn ich in diesen eisblauen Augen etwas suchen würde. Ich spürte, wie etwas unsichtbares mich versuchte nach vorne zu ziehen und stolperte ein paar Mal, doch Umfallen tat ich nicht. An Rafaels Hals waren wieder die blassen, roten Flecken zu erkennen. Schließlich schaffte ich es ihn mit einem Ruck nach vorne zu ziehen, sodass er auf das Sofa fiel. Womit ich nicht gerechnet hatte war, dass er im letzten Moment nach meinem ausgestreckten Arm griff und mich mit sich zog.
Plötzlich fand ich mich ausgestreckt auf Rafael wieder. Aufgrund des mangelnden Platzes rollte ich schnell runter und landete auf dem Boden. Reflexartig griff ich nach dem, was mir am nächsten war und riss es mit mir runter - Rafaels Arm. Dieser lag nun auf mir und hatte die Hände links und rechts neben meinen Schultern abgestützt. Sein Herz schlug direkt über meinem und ich hätte schwören können, dass ich es in diesem Moment schlagen spüren konnte. Seine rotbraunen Haare waren Opfer der Schwerkraft geworden und kitzelten nun meine Stirn. Ich lächelte ihn entschuldigend an darauf wartend, dass er aufstehen würde damit ich dies auch konnte doch er bewegte sich kein Stück.
„Wärst", ich räusperte mich, „wärst du vielleicht so freundlich von mir runter zu gehen?"
Rafael sah mich perplex und und sah kurz an mir herunter, bis er begriff und aufstand. Mir half er mithilfe seiner Telekinese wieder auf.
„Sorry", murmelte er während ich meine Bluse wieder zurecht rückte.
„Passt schon", erwiderte ich „Immerhin weiß ich jetzt, dass ich gewonnen habe."
Rafael sah an mir runter. Sein Blick blieb kurz an meinen Schenkeln hängen ehe er unauffällig zurück zu meinem Gesicht wanderte.
„Heißt das jetzt, dass ich dir etwas schulde?", fragte er mit einem schelmischen Gesicht auf dem Gesicht, „Ich meine ich habe ja verloren."
Ich spürte, wie meine Mundwinkel gen Himmel steigen wollten doch ich konnte sie gerade noch mit Mühe und Not unten halten. Er sollte nicht merken, dass ich den Gedanken, dass er mir etwas schuldete wirklich genoss. Auch wenn ich das tat.
„Du schuldest mir was?", erwiderte ich, „Darauf komme ich bei Gelegenheit noch zurück. Merk dir das."
„Wie wär's wenn ich dich erstmal zurück in dein Appartement bringe? Du siehst fertig aus."
Während ich zustimmend Nicken wollte kam mir mein Körper schon zuvor indem ich lautstark gähnte. Vermutlich war das schon Antwort genug denn inzwischen war die Sonne schon dabei unterzugehen. Nur ein schmaler orangener Streifen war neben dem dunklen Nachthimmel noch am Himmel zu sehen. Ich schulterte meine Tasche und ließ mich kommentarlos von Rafael in Richtung Appartements ziehen

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