Wahre Monster
Kapitel 28
Winter
Am nächsten Morgen, als das Lager wieder aufbrach, war ich so vernünftig, gleich auf das Pferd zu steigen und mir meine Gefühle nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Lore hatte die Nacht dennoch außerhalb des Zeltes verbracht und ich konnte nur hoffen, dass er ab jetzt von dem Plan abgesehen hatte, mich als Köder zu benutzen.
Es war riskant aber er erklärte mir, dass, wenn wir von einem weiteren Wendigo verfolgt wurden, es gefährlich wäre ihn zu seinem Rudel zu führen und mit der Aussicht Unschuldige Frauen und Kinder in Gefahr zu bringen, war ich fast gewillt mich freiwillig als Lockvogel anzubieten. Warum hatte er nicht einfach mit mir sprechen können? Warum erklärte er mir nicht, was er vorhatte, anstatt aus allem ein Geheimnis zu machen und mich stets das Schlimmste vermuten zulassen? Wir hätten uns so viel Gezänk ersparen können, wenn er nur einmal über seinen Schatten sprang und mit mir kommunizierte. Auch das mit seinem Bruder. Er hatte diesen Plan in dem Moment gefasst, als er von meiner Ausbildung erfuhr und es nicht für nötig gehalten hat, mich einfach zu fragen.
Ich würde meine Mutter und das, was sie mir beigebracht hatte, nicht entehren, indem ich jemanden leiden ließ, dem ich vielleicht helfen konnte. Ob Wolfshautwechsler oder nicht. Ich war sogar etwas beleidigt, dass Lore das vielleicht angenommen hatte, aber davor hatten wir nicht mehr gesprochen und das war mir ,trotz aller Klagen, irgendwie auch ganz lieb so.
Wir redeten nicht über die Anziehung, die kurz nach meinem Fluchtversuch geherrscht hatte. Nicht über das Knistern, was zwischen uns gewesen war.
Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so für einen Mann empfunden zu haben. So intensiv und eindeutig sexuell. Auch wenn ich bereits in meinem Heimatdorf diverse Angebote bekommen hatte.
Es war nicht so, als wäre ich generell nicht interessiert gewesen. Aber wirklich angesprochen hatte mich keiner der jungen Burschen in meinem Dorf. Nie. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass es da draußen jemanden gab dem... oh bei den Göttern. Ich hielt in meinen Gedanken inne, als mein Blick auf Lore fiel.
Er hatte die Zügel meines Pferdes in der Hand und als ich einmal mehr mit dem Anblick der tiefen Tälern und Hügeln seines kraftvollen Körpers konfrontiert wurde, begann es in meinem Magen zu flattern. Es hatte wohl tatsächlich da draußen einen Mann für mich gegeben. Hier war er. Zu behaupten, dass er mich kaltließ, wäre eine Lüge.
Nervös fuhr ich mir über das Gesicht und zwang meine Aufmerksamkeit irgendwo anders hin, egal wo, während ich gegen die aufkommende Röte in meinen Wangen ankämpfte. Da aber die Natur um mich herum, wie schon gestern, nur aus Nadelbäumen und Schnee zu bestehen schien, betrachtete ich zum ersten Mal die anderen Männer. Alles nur nicht weiter diesen Berserker anstarren.
Zugegeben, mein Blick war etwas eingeschränkt, denn ich ritt neben Lore an der Spitze des Zuges und musste mir den Hals verrenken, um den Trott hinter mir betrachten zu können, doch als ich es tat, wurde mir einmal mehr bewusst, wie wenig es nur noch waren. Vielleicht ein wenig über einhundert Mann.
"Was ist mit den anderen Männern passiert?", fragte ich in Lores Richtung. Dieser hob eine dunkelblonde Augenbraue und warf ebenfalls einen Blick über seine Schultern.
"Sind gegangen nehme ich an. Wir sind an einigen Weggabelungen zu kleineren Dörfern entlanggekommen. Einige Gemeinden zahlen gut für erfahrene Krieger. Zu ihrem Schutz oder weil irgendeine Kreatur sie belästigt. Wir halten die Menschen nicht auf, die sich woanders Gold versprechen. Wenn wir bei den Zwillingen ankommen, müssen sie eh zurückbleiben. Es sind in erster Linie Söldner und schließen sich uns nur an, weil wir Schutz und gute Aufträge versprechen. Irgendwann gehen sie. Wenn sie clever sind. Die Verzweifelten werden unser schwierigste Problem sein"
"Die Verzweifelten?"
"Menschen, die sich uns meist aus verwüsteten Orten anschließen. Manchmal bleiben sie an anderen Orten, aber viel zu oft folgen sie uns bis an unsere Grenze und wir lassen sie da zurück. Es gibt eine Siedlung, die sich dort gebildet hat. Einsamkeit, so nennen sie sie. Da ist dann auch für die letzte Endstation. Sie folgen uns wieder im Frühling in den Süden und suchen sich dann hoffentlich endlich eine neue Heimat"
Sofort erscheinen in meinem Kopf mehrere Fragen. Die Offensichtlichste woran man, so hoch im Norden so etwas wie einen Frühling ausmachen könnte, denn schließlich lag hier ganzjährig Schnee und die anderen, warum sie das machten.
Nach Lores Erklärung zogen die Hautwechsler seines Volkes durchs Land, jagten Feinde der Hexenkönigin und es konnte sich ihnen quasi jeder anschließen und so die Chance auf ein sicheres Geleit bekommen. Naja, so sicher wie es eben war, mit einer Truppe voller Krieger. Sie unterstützten damit einen permanenten Umstellungsprozess und sorgten für Austausch von Menschen und Erfahrungen. Mein Heimatort hatte das nie gebraucht. Wir hatten so weit im Süden gelebt, in der Nähe der Enge - dass es Händler oft durch unseren Ort geführt hat und nur wenige wilde Kreaturen, die Probleme machten. Doch hier, so tief im Norden, waren Lores Truppen wohl die einzigen, die hier für so etwas wie Handel sorgten. Wenn auch nur indirekt. Es war faszinierend.
Weil Lores Krieger als Hautwechsler eigentlich niemanden zu fürchten hatten, ließen sie jeden mitziehen, der es wollte. Manche halfen ihnen bei Auseinandersetzungen, doch viele waren wohl schlicht auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Es herrschte kaum Misstrauen, aber auch kein wirkliches Interesse.
"Was passiert, wenn ihr schlechte Menschen oder Krieger bei euch aufnimmt?" Ich umschrieb meine Frage diplomatisch, aber als Lore kurz zu mir aufsah, wusste ich, dass er mich verstand, worauf ich hinaus wollte. Plündere, Diebe, Vergewaltiger. Nicht alle Männer waren gut, die meisten von ihnen sogar ziemlich schlecht und als Frau hatte ich viel zu oft von Übergriffen gehört.
"Keine Angst Vögelchen, dich wird niemand versuchen anfassen. Den letzten Mann, den man als Vergewaltiger in meinem Trupp entlarvt hatte, hängt wahrscheinlich heute noch in den Bäumen, wo ich ihn zurückließ. Es gibt nichts Beschämendes und unehrenhaftes für einen Mann, sich an schwächere zu vergehen. Das sind keine Männer, sondern Abschaum."
"Also gibt es bei Wolfshaut Wechslern nie solche Probleme?", fragte ich interessiert. Unehrenhaftes Verhalten hatte noch nie einen Mann davon abgehalten, Straftaten zu begehen, wenn er glaubte damit durchzukommen.
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Hallo und willkommen zurück.
Ich hoffe ihr hattet ein paar tolle Wochen, wenn nicht habe eine gute ncahricht für euch: Diese Geschichte hier wird es ab jetzt Montag & Freitag geben. Also 2x in der Woche.
Ansonsten bringe ich hier noch unverschämte Eigenwerbung an und lasse euch das Kapitel genießen.
Eure Jacky
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