Schritte in die richtige Richtung
Kapitel 41
Lore
"Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst", begann ich ehrlich.
"Was willst du von mir hören, Winter? Ich entscheide mich für dich, gemäß eines uralten, heiligen Gesetzes, dass du selbst ehrst und anerkennst. Du kannst mich nicht verleugnen."
"Also brichst du deinen Schwur? Du hast geschworen, mich gehen zu lassen!"
Ein Knurren entfuhr meiner Kehle. Ja, das hatte ich geschworen, aber das war vor gestern Nacht gewesen. Ein dämlicher Schwur, den ich gab, bevor ich sie in den Armen gehalten hatte und der, den Götter sei Dank, einer Hintertür hatte.
"Ich würde dich gehen lassen müssen, aber das bedeutet nicht, dass ich dir nicht folgen würde. Auch wenn ich es bevorzuge, im Graben zu bleiben. Hier ist es sicherer."
Diese Worte schienen sie aus dem Konzept zu bringen und plötzlich dämmerte es mir, warum sie mit meiner Einstellung plötzlich so ein Problem hatte.
Denn während ich irgendwann in der letzten Nacht und im Laufe des heutigen Tages zur Erkenntnis gekommen war, dass ich ihr sowieso nicht entkommen konnte. Ich hatte angefangen das Band zu akzeptieren, folgte dem Instinkt meines Wolfes. Aber Winter.. sie war sie noch nicht so weit. Oder einfach nur zu verunsichert und überfordert.
Sie war nur zur Hälfte ein Wechselhäuter und konnte sich nicht verwandelt, wer wusste schon wie viel sie von diesem Band überhaupt spürte. Gerade jetzt, wo sie erst so viel verloren hatte.
Mein Wolf jaulte auf, als mich die Erkenntnis traf wie ein Vorschlaghammer. Winter KÖNNTE mich ablehnen, mich von sich stoßen, von mir weggehen. War sie nicht auf körperliche Weise an mich gebunden, wie ich an sie? Scheiße. Könnte das sein?
Meine Gedanken überschlugen sich und ich hatte wieder das Bild ihres Gesichtes vor Augen, als wir uns das erste Mal gesehen hatten. Ich hatte sie gerochen und sie war weggelaufen, ohne etwas zu mir gesagt zu haben. Weil sie es gespürt hatte und es instinktiv gewusst hatte. Also musste da doch etwas sein.
Das konnte unmöglich einfach verschwinden ... aber könnte es überlagert werden? Von all dem anderen Mist in ihrem Leben? Verlangte ich zu viel von ihr?
Ich überlegte fieberhaft wie ich Winter das alles klar machen sollte, dass sie bei mir nun den Halt finden würde, den sie braucht, aber ich bezweifelte, dass sie irgendetwas davon einfach so akzeptieren würde.
Ich war kein Mann der großen Worte, wusste nicht, wie ich mich ausdrücken sollte, und sie legte jedes verdammte Wort auf eine verfluchte Wage. Zerdachte alles in tausenden Varianten, überdrückte ihre Gefühle und obwohl sie ebenso wie ich, das Urteil der Götter respektierte, fehlte der letzte Schritt bei ihr.
Vertrauen.
Sie hatte alles verloren, was sie kannte und liebte. Natürlich ließ sie sich nicht sofort willig auf mich ein, nach den Streitereien und Disputen, die wir schon gehabt hatten. Vertrauen brauchte Zeit.
Es gab nur einen Weg, jetzt mit ihr umzugehen. Logik.
"Hör zu, Winter" Ihr Blick ruckte zu mir, als würde die Verwendung ihres Names sie verwirren. Hatte ich sie zuvor jemals bei Vornamen genannt? Ich wusste es nicht.
"Momentan bist du bei mir sicher, ich versorge dich mit Essen und alles was du brauchen könntest. Du hast doch gar keine Pläne dafür, wo du hinwollen würdest, wenn du es könntest. Also kannst du ebenso gut den Rest des Jahres und den Winter hier verbringen. Und im Frühling werde ich wohl wieder der Weissagung unserer Alten folgen und den Graben mit meinen Männern verlassen. Da kannst du mitkommen und deine Pläne verfolgen, die du bis dahin geschmiedet hast."
Ich würde sie nicht aufhalten, wenn sie gehen wollte. Das konnte ich gar nicht, aber ich hoffte, dass sie blieb. Denn so war ich zumindest in der Nähe meines Rudels. Selbst wenn ich mit ihr als ausgestoßener leben würde.
Wölfe ohne Rudel wurden krank und schwach.
Doch wieder schien meine Gefährtin mit meinem Vorschlag unzufrieden zu sein. Sie schnaubte, verschränkte die Arme vor der Brust und hob ihr süßes Näschen ein Stück. Eine stolze Haltung.
"Du würdest mir ja doch überall hin folgen, was würde es also bringen? Ich habe keine Wahl. Und verstehe dich nicht: Ich dachte, wir wären uns einig darüber, dass die Götter einen Fehler gemacht hatten", schimpfte sie vor sich hin und stampfte weiter den Pfad entlang. Ich konnte mir ein schiefes Lächeln nicht verkneifen.
"Du machst alles viel zu kompliziert.", warf ich ihr vor, und mit einem Schnaufen drehte sie sich zu mir um.
"Und du es viel zu einfach!!"
Und wieder etwas, in dem wir uns einig waren. Mochte sein, dass wir uns körperlich näher gekommen waren, aber ansonsten lagen unsere Einstellungen weit auseinander. Ja, ich hatte meine Meinung geändert, aber ihre wechsele scheinbar stündlich. Waren Frauen eigentlich schon immer so kompliziert gewesen? Oder war das noch ihre Trauer und Perspektivlosigkeit? Ich wusste es nicht und ich beschloss es dabei zu lassen.
Also schulterte ich unser Gepäck, warf Grim einen warnenden Blick zu, als er daraufhin wieder einen der Lederbänder ins Visier nahm, um daran zu zerren - er war doch kein Welpe - und folgte dicht hinter Winter.
Ich würde sie davon überzeugen müssen, eine Zukunft mit mir zu wollen. Vertrauen aufbauen. Zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt. Beim Gleichgewicht, warum musste sie nur so stur sein? Sie würde doch nicht immer so sein, oder?
Ich hatte mich noch nie um eine Frau bemüht und hatte keine Ahnung wie ich es anfangen sollte und als ich einen Hilfe suchenden Blick zu meinen Drachen Tier warf, schielte der nur auf das Lederband, das an der Seite des Rucksacks herunterhing und ließ dabei die Zunge aus dem Maul hängen. Ich kannte den Blick. Er war in Spiellaune und damit wenig hilfreich. Jetzt wäre es gut gewesen, mich mit meiner Mutter unterhalten zu können, damit sie mir sagte, was ich in Bezug auf Winter tun sollte, doch das würde nicht klappen, also war ich auf mich alleine gestellt.
Etwas frustriert ließ ich meinen Nacken kreisen. Als ich das Tal verließ hatte ich keine Gefährtin haben wollen, und bis vor wenigen Stunden war ich mir sicher gewesen hieraus noch irgendwie entkommen zu können. Aber jetzt? Jetzt wurde die Vorstellung immer verlockender. Winter hier zu sehen, sie dabei zu beobachten wie sie erstaunt die dicken Baumkronen über sich betrachtete, die bunten Blätter an den Bäumen berührte und aufmerksam den Weg folgte, stellte etwas mit mir an. Sie hier zu wissen veränderte noch mehr in mir, machte meinen Wolf bequem. Ganz so als wäre sie ein warmes, knisterndes Feuer in einem Kamin. Einfach ein Zuhause.
Ich knirschte mit den Zähnen. Scheiße. Noch ein Schritt weiter. Ich würde noch zum hoffnungslosen Volltrottel werden, wenn ich es nicht schaffte Winter zu überzeugen. Ich akzeptierte dieses gefühlsduselige Zeug in mir nicht, solange sie nicht auch so etwas von sich gab!
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Gesundes neues Jahr 2025, wünsche ich euch ☺
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