Männlicher Stolz
Kapitel 29
Winter
"Natürlich. Aber wenn die Frauen im Rudel ihn nicht selbst bei dem Versuch zerfetzen, übernehmen das Urteil unserere Alten. Es kommt selten dazu. Aber passiert etwas, sind die Jägerinnen meist schneller. Vielleicht unterliegen Wölfinnen eher im direkten Kampf eins zu eins, aber ihr Frauen habt die Gewohnheit, euch zu verbünden. Da kommt kein Mann dagegen an."
"Ihr lasst das zu?" Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Männer es akzeptierten, wenn Frauen sich zusammen taten, um gegen sie zu arbeiten. Zumindest war das in meinem Heimatdorf so gewesen. Der Gemeinderat bestand abgesehen von meiner Mutter, die als Heilerin einen großen Einfluss hatte, nur aus Männern. Und wenn meine Mutter etwas beigesteuert hatte, wurde sie nur aufgrund ihres Geschlechtes weniger ernst genommen. Das hatte letztes Jahr das Fieber unnötig intensiv im Ort wüten lassen. Es wären so viel weniger gestorben, wenn sie nur ernster auf die Warnungen meiner Mutter gehört hätten.
"Was sollen wir machen? Es uns mit unseren Müttern, Schwestern, Töchtern und Frauen verderben? Sie halten das Rudel zusammen, wenn die Männer sich wegen der Hierarchie einmal mehr bekämpfen. Dazu sind die Krieger meist unterwegs, beschützen unsere Grenzen, versuchen die Kreaturen der Hexenkönigin einzudämmen. Im Sommer besteht das Dorf zumeist aus Müttern, Kindern, Jägerinnen, alten, kranken und jungen Burschen, die zu jung sind zum Reisen. Die Frauen, die Kämpfen übernehmen die patrouillieren, die nur wenige Tagesreisen entfernt sind, oder kehren jeden Abend in den Ort zurück. Je nachdem, wie stark ihr Höhlenbau-Instinkt ausgeprägt ist. Unterstützt von den Männern sie selbst gerade Vater geworden sind und deren Instinkt, die Welpen zu beschützen, sie zum Bleiben zwingt oder die, die das Jahr einfach aussetzen, um bei der Familie zu bleiben. Das ist fast ständig im Wandel. Es gibt gerade nur zwei Männer, die sich generell nie an den Kämpfen beteiligen. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht jagen, kämpfen oder töten können"
"Ihr zwingt sie nicht, die Männer, meine ich?" Wenn ein Lehnsherr zu den Waffen rief, hatte in der Regel jeder zu gehorchen. Gerade die Männer.
Doch Lore lachte leise.
"Jeder wie er es am besten kann. Ich kämpfe lieber, als ein dutzend Welpen auf mich herumkrabbeln zu haben, aber manche lieben es eben. Höhlenbau–Instinkt haben überwiegend die Frauen aber das ist eher eine fließende Grenze und kein "Entweder oder". Kämpfen lernen müssen alle, egal welches Geschlecht, genauso wie jeder lernt, sich um Familienangelegenheiten zu kümmern. Das entscheidet jeder für sich. Zudem beruhigt es die meisten Männer und auch Frauen, die sich länger fortbewegen, wenn mehr Leute in eine, Jahr bleiben. Jeder ausgewachsene Krieger und Kriegerin im Ort bedeutet mehr Sicherheit für unsere Heimat. Es bedeutet, dass wir ein Grund haben weiter zu kämpfen und gesund nach Hause zu kommen."
Das klang fair und beruhigte mich, denn auch ich war in einem weitgehend gleichberechtigten Haushalt aufgewachsen, doch es implizierte eine weitere Frage.
"Also magst du keine Kinder oder Familie?" Die Worte hatten meinen Mund verlassen, noch bevor ich wirklich darüber nachdenken konnte, was es bedeutete. Für ihn und mich. Als seine Gefährtin würde ich, wenn überhaupt, wohl seine Kinder bekommen und das Wissen darum war ... seltsam.
Wir hatten uns geeinigt, dass ich ihn von seinem Eid entbinden und dann gehen würde. Wohin wusste ich nicht und war etwas, worüber ich mir ehrlich gesagt immer mal wieder den Kopf zerbrach, aber ... diese Verbindung, die wir teilten, konnte man nicht einfach durchtrennen. Das wussten wir beide, wir würden für den Rest unseres Lebens aneinander gefesselt sein. Ob es uns passte oder nicht.
"Ich habe nie darüber nachgedacht. Ich war nie gezwungen die Blutlinie weiterzuführen, war nur ein Krieger, bei dem es egal war. Ob er auf dem Schlachtfeld starb oder nicht. Mein Bruder war der wichtige für die Familie, für das Rudel" Sein Bruder. Lore hatte gesagt, er bräuchte meine Fähigkeiten als Heilerin für seinen Bruder.
Ich bedauerte, dass Lore seine eigene Rolle so wenig Bedeutung zumaß aber ich würde ihm, nicht das Gegenteil einreden, wenn ich doch keine Ahnung davon hatte, weswegen er so dachte. Doch ich nahm den Themenwechsel dankbar an. Famile...alleine das Wort riss etwas in meinem Herzen auseinander.
"Was hat dein Bruder?", fragte ich und wieder sah Lore zu mir auf, doch wurde unterbrochen als etwas Unruhe hinter uns entstand. Ich wandte mich um und entdeckt plötzlich ein Gesicht, das mir mehr als bekannt vorkam und sich unbarmherzig den Trupp nach vorne kämpfte, was andere Krieger mit einem Grummeln und viel Gemecker kommentierten.
Larson. Der Larson aus meinem Ort, der mir seit einigen Monden bereits mit seinen Avancen auf den Geist ging und mich sogar bei der Feuerbestattung meiner Eltern um meine Hand gebeten hatte. Ich schüttelte mich.
"Der Bursche ist ja immer noch da", kommentierte Lore wenig beunruhigt. Mein Blick glitt wieder zu dem Berserker zurück.
"Es sind Leuten aus meinem Dorf mitgekommen?" Wie hatte ich das übersehen können? Oder ... oh na ja. Ich war die letzten Reisetage zu sehr mit meiner Trauer und meinem Starrsinn beschäftigt, um darauf zu achten.
"Nein, nur er. Er hat ein Narren an dir gefressen. Mel sollte ihn nach ganz hinten im Zug stecken, wie es aussieht, hat er sich mit dem Platz nicht zufriedengegeben", erklärte Lore und zuckte unbeirrt mit den Schultern. Dann war Larsons Gesicht auch schon wieder zwischen den breiten Schultern der Männer verschwunden. Seine kämpferische Aktion endete beim letzten drittel des Zuges, wo sich die Hautwechsler aufhielten. Gegen sie konnte er nicht ankommen und ich wandte mich schnell wieder um.
War verwirrt. Was wollte er hier? Er glaubte doch nicht immer noch eine Chance bei mir zu haben, oder? Das war lächerlich. Ich war die Gefährtin eines Berserkers, eines Alphas der Wolf-Hautwechsler. Hatte er vollständig den Verstand verloren?
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte und versuchte mir einzureden, dass er sicherlich nicht meinetwegen hier war. Das wäre lächerlich. Für ihn und seine Zukunft. Ich hatte nie den Eindruck gehabt, als wäre er ernsthaft an mir als Person interessiert. Er hatte stets meine äußerlichen Vorzüge gelobt, nicht meinen Verstand oder meinen Charakter. Ich war mir sicher, dass er leicht eines der anderen hübschen Mädchen im Dorf zur Frau nehmen konnte. Es gab definitiv hübschere als mich. Um ehrlich zu sein hatte ich das auch schon vor mein Treffen mit Lore gewundert.
"Er gehört wohl zu diese Art von Männern", gab Lore leicht spöttisch von sich. Ich blinzelte.
"Welche Art?"
Sein Grinsen wurde breiter, wölfischer und ... bösartiger.
"Die Art von Männern, die es nicht leiden können, dass man ihnen etwas verwehrt. Du hast ihn ziemlich deutlich klargemacht, dass du ihn nicht willst, einige Männer betrachten das als Herausforderung oder schlimmer: Denken es wäre ein Spiel der Frauen." Ein Spiel? Lächerlich. "Das Unerreichbarkeit Gut ist immer das attraktivste", warf Lore noch hinterher. Ich dachte über seine Worte nach und der Tatsache, dass Larson erst Interesse an mir gezeigt hatte, als ich schon einige andere seiner Freunde abgelehnt hatte.
"Verletztes Ego, ja. Aber mir deswegen aus seiner Heimat folgen? Das ist doch lächerlich" Bei dieser Aussage musste Lore laut lachen und ich war für einen Moment so entsetzt, dass ich kurz die Luft anhielt. Es war kein normales Lachen, trug etwas Tiefes und grollendes mit sich. Das Lachen eines Wolfes.
"Oh Vögelchen, du hast keine Ahnung. Das Selbstbild eines Mannes ist das Wichtigste in seinem Leben. Vergiss nicht, dass wir für unseren Stolz und unsere Ehre sterben. Und wenn der Junge sich dir nähern sollte, werde ich ihm den Wunsch gerne erfüllen. Es verletzt auch meinen Stolz, wenn jemand meine Gefährtin anfasst."
Zwei stolze Männer. Fantastisch.
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Der Winter erhällt Einzug ... ich hoffe ihr hattet einen schönen Herbst mit viel Grusel <3 auf Wattpad wird es nun etwas Fantasy lastig.
Ihr erhaltet am Montag UND Freitag je ein Kapitel von Raven of Darkness. Ich wünsche euch viel spaß mit Winter und Lore.
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