In die Enge getrieben
Kapitel 9
Lore
Es war sinnlos davonzulaufen, selbst in meiner menschlichen Gestalt roch ich sie meilenweit. Aber das war, kurzfristig betrachtet, nicht ihr einziges Problem. Grim war bei ihr und auch wenn es nicht geplant gewesen war, dass dieses untreue Tier ihr nachrannte wie ein Haustier, würde es zu meinem Vorteil sein.
Die kleine Betrügerin hatte, dass mit der Gefährtenbindung nicht ganz durchdacht und weil Grim durch einige tätowierte Runen an mich gebunden ist, war das wohl auf sie übergesprungen. Nicht unbedingt zu ihrem Vorteil.
Ich grinste, während ich vor dem Felsspalt, in dem sie sich versteckte, an einem Baum lehnte und geduldig.
Ich hatte keine Ahnung, wie sie sich da hatte zwischen quetschen können, aber sie hatte es getan und mich damit quasi dazu eingeladen, sie zu belagern, wie einer dieser Männer, die es mochten Frauen aufzulauern.
Es nervte mich, dass sie sich auf diese Art und Weise meiner Wut entzog, auch wenn ich in meiner Berserker Gestalt diesen Felsen einfach beiseiteschieben und sie mir dennoch packen konnte. Ich vernichtete ungern den natürlichen Lebensraum für die Schattentiere da drinnen. Das war respektlos. Ich spürte, wie mein Wolf ebenfalls jaulte. Er allerdings aus anderen Gründen als ich. Ich wollte sie zerfetzen, er wollte sie vögeln. Zwei Bedürfnisse, die schwierig miteinander zu vereinen waren und langsam würde ich mir darüber klar werden müssen, was von beidem ich bevorzugte, denn... bald würde es so weit sein.
In dieser Spalte wimmelte es nur so von Käfern und Grim hatte seit gestern Abend nichts mehr gegessen, also war es fast so weit.
Das Grinsen auf meinem Gesicht konnte ich nicht vertreiben, während die Minuten vergingen. Dann passiere es.
Eine kleine Stichflamme drang aus dem Felsspalt und wurde von einer Wolke aus Qualm und einem spitzen Aufschrei begleitet.
"DAS IST DOCH WOHL NICHT DEIN ERNST DU_" das zetern des kleinen Raben-Mädchens wurde von einer zweiten kleinen Stichflamme und mehr Rauch begleitet. Meine Wangenmuskeln zuckten.
Natürlich hatte Grim nicht widerstehen können. Doch nur weil er Tausendfüßler, Spinnen und Asseln liebte, bedeutete das nicht, dass er sie vertrug. Er würde sie mit seinem feurig und vor allem qualmigen Schluckauf aus ihrem Versteck ausräuchern.
Aus der Qualmwolke erklang ein Husten und ich sah wie die kleine, vorlaute Betrügern sich schnell ihren Weg ins Freie bahnte, um nicht zu ersticken. Von dem Geruch nach Schwefel mal abgesehen. Grim vertrieb mit seinen Verdauungsproblemen selbst die hartgesottesten Krieger.
Das mir das mal zum Vorteil gereichen würde, hätte ich nie gedacht. Gelassen bleib ich an dem Baum gelehnt und sah dabei zu, wie das Rabenmädchen hustend auf die Knie fiel und wütend zurück in die Felsspalte lugte.
Sie hätte sie eine Chance gehabt, mir zu entkommen, aber Grims Appetit auf kleines Getier war einfach nicht entgegenzukommen. Das wusste ich aus erster Hand.
Sie hustete noch, als der Qualt nachließ und Grimm sich ebenfalls aus der Felsspalte Quetschte, genüsslich einen weiteren Tausendfüßler kauend, während sein Körper von dem zu erwartenden Schluckauf durchgerüttelt wurde und einem lauten Furtzgeräusch.
Beachtlich. Auf leeren Magen war das bei ihm besonders schlimm.
Eine winzige Flamme zischte durch seine Zähne, die in seinen Mundraum erstickte und dann zu wogenden Qualm aus seinen Nüstern wieder austrat.
"Du Vieh! Hör auf, das Zeug zu fressen, wenn du es nicht verträgst!", schlussfolgerte die kleine Wedchselhäuterin absolut korrekt. Doch wie immer legte Grim nur den Kopf schief und kaute genüsslich weiter.
"Viel Glück dabei, ihm das abzugewöhnen!", gab ich spöttisch von mir und als sie mich endlich wahrnahm, sah ich so etwas wie Ergebenheit in ihren Blick. Vielleicht war es aber auch nur Wunschdenken.
Zumindest rannte sie nicht sofort wieder davon und ich blieb auf Abstand, um sie nicht zu vertreiben. Die Szene hatte mir eines deutlich klargemacht. Sie mochte vielleicht ein Raben-Kind sein, aber keines, dass unter dem Einfluss der Hexenkönigin stand, sonst hätte sie Grim nicht über den Fluss geholfen und auch nicht bei sich geduldet. Er würde ihre Verderbtheit durch jede Illusion hindurch riechen. Es musste also stimmen, und das ärgerte mich zutiefst, besonders dieses kleine Frauchen diese etwas spätere Erkenntnis meinerseits gegen mich verwenden würde.
Drachentiere waren absolut unempfänglich für jede Art von Magie. Dieses Mädchen war nicht der Feind, zumindest nicht auf die Art und Weise, die ich befürchtet hatte.
Dennoch blieb sie ein Problem, denn zu der Frage, wie es sein könnte, dass es noch Rabenwechselhäuter gab, die nicht von der Hexenköngin als Sklaven gehalten wurden, kam, warum es die Götter für eine gute Idee hielten, sie ausgerechnet mir zu Gefährtin zu geben. Sie war schwach, zerbrechlich und absolut nicht als Partnerin zu gebrauchen.
"Dein Drachentier hat eine Insekten-Unverträglichkeit!" blaffte sie mich an, als würde sie mir damit etwas Neues sagen.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Grim ist ein Vielfraß und bekommt nicht immer die Leichen meiner Feinde ab. Kleinere Säugetiere mag er nur gebraten, ich schätze, das Krabbelvieh ist der kürzeste Weg an einen Snack zu kommen", meinte ich und sah dabei zu, wie sie wieder auf die Füße kam und mich störrisch entgegen blinzelte.
"Und jetzt? Versuchst du wieder mich umzubringen oder mir Blödsinn vorzuwerfen?"
Eines musste man diesem Mädchen lassen: Sie war mutig ... oder unfassbar dumm. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass irgendjemand je so mit mir geredet hatte.
Zumindest nicht, seit mein Bruder seinen Verstand verloren hatte. Was mich wiederum auf eine Idee brachte.
Vielleicht war sie unwürdig als Gefährtin, aber sie hatte andere Fähigkeiten. Hatte Mel nicht gemeint, sie wäre die Ziehtochter der Dorfheilerin?
"Kannst du heilen, wie deine Mutter?", fragte ich gezielt und sie blickte mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Misstrauen entgegen. Cleveres Ding. Aber ich würde ihr nicht genug Zeit geben, um sich eine Lüge auszudenken, falls sie zu dem Schluss kam, dass es keine Gute Idee wäre, mir diese Information anzuvertrauen. Zu recht. ich würde alles gegen sie verwenden, was ich kriegen konnte.
Also stieß ich mich von dem Baum ab und begann damit, langsam auf sie zuzugehen. Wie geplant versteifte sie sich, beobachtete jede meiner Bewegungen, um abschätzen zu können, ob ich immernoch eine Bedrohung für sie darstellte.
Tat ich. Definitiv, aber bis sie dahinter kam, auf welche Weise, wäre es schon zu spät.
"Ja?"
Es war eher eine Frage als eine Antwort, aber es reichte mir. Wie jede Tochter hatte sie das Handwerk ihrer Mutter gelernt und in meinen Kopf formte sich ein Plan.
Als mein Bruder, der König aller Wolfweschelhäuter, begann krank zu werden, hatte es niemanden gegeben, der auch nur versuchen wollte, ihn zu behandeln. Einerseits, weil man nichts mit unserem Volk zu tun haben wollte, andererseits, weil es unfassbar gefährlich war, auch nur in seine Nähe zu kommen. Nicht in diesem Zustand.
Ich konnte nur gewinnen.
Entweder sie schaffte es, meinen Bruder zu heilen, oder sie würde von ihm zerfetzt werden und ich würde mir nicht die Klauen an ihr schmutzig machen müssen. Es war perfekt. Ich konnte gar nicht verlieren.
"Und dein Name?"
"Geht dich einen Scheiß an!" Bei dieser Unverschämtheit entwich mir ein Knurren, das sie zwar zusammenzucken ließ, aber nicht die Wut aus ihren Augen vertrieb. Tapferes, dummes Rabenkind.
"Oh Vögelchen, sei nur weiter so frech und du wirst schneller gefressen, als du dir neue Beleidigungen einfallen lassen kannst!"
Sie schnaufte, stemmte ihre Hände in die Hüften und betrachtete mich aus schmalen Augen.
"Du solltest von deiner Hirnleistung nicht auf andere schließen und jetzt verschwinde zurück zu deinen Fußsoldaten aus Muskelprotzen und Halb-Schwachsinnigen und.....HEY!"
Ich beschloss, dass das Vögelchen genug gezetert hatte, packte sie und warf sie mir über die Schulter, noch bevor sie wirklich reagieren konnte.
Vielleicht war ich nicht der intelligenteste, aber ich war definitiv stärker als sie. Wahrscheinlich machte sie zum ersten Mal die Erfahrung, dass in dieser Welt blanke Gewalt und Brutalität weiterkam als kluge Sprüche und ein helles Köpfchen. Aber sie würde sie machen. Genau jetzt!
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Die Geshcichte gibt es auf patreon bis Kapitel 20🤗
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