Hin Und Her
Kapitel 40
Lore
Ich schob Winter tiefer in den Kastanienwald hinein und war mir der Blicke, die uns folgten nur allzu bewusst. Aber ich wusste auch, das meine Mutter nicht einknicken wurde. Freya geriet niemals ins Wanken und die Tatsache, dass Winter keine Wölfin war, war ein politisches Problem, kein persönliches. Und ich war kein Politiker also blieb mir nichts anderes übrig, als meine Mutter ihre Arbeit tun zu lassen und ich würde währenddessen meine Pflicht als Gefährte tun. Wenn sie jemals Kontakt zu ihren Enkeln haben wollte, würde Freya nicht drumherum kommen.
Was mir wirklich Sorgen machte, war Jenna.
Meine Mutter nahm sie und ihren Bruder auf, als sie noch Welpen gewesen waren. Sie hatten zu einem Rudel außerhalb des Grabens gehört, das von der Hexenkönigin niedergemetzelt worden war. Jennas Rachegefühl gegenüber all denen, den sie eine Schuld an ihren Verlust anlasten konnte, grenzte an einer Obsession, die und uns bereits einige Male Schwierigkeiten berietet hatte. Dazu war sie eine gefährliche Kriegerin, hatte schon einige Male Grenzen überschritten und war dazu im festen Glauben erzogen worden, sie würde entweder die Frau meines Bruders oder die meine werden. Es mangelte dem Dorf und vor allem den Berserkerlinien, wie meinen, an frischen Blut, nachdem die Population der Hautwechsler Wölfe so rapide zurückgegangen war. Meine Mutter hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es gut wäre, Welpen mit Jenna zu zeugen. Sie war zwar selbst keine Berserkerin aber in ihrer Linie gab es welche.
Ich hatte immer gehofft, das mein Bruder sich irgendwann dazu entscheiden würde, sie zu nehmen. Als Alpha hatte er die Pflicht sich fortzupflanzen, auch wenn die Alpha Witterung nichts war, was man wirklich vererben konnte, war es doch immer wahrscheinlich, dass sie innerhalb der Berserkerlinien auftauchen würde. Mein Bruder war auch nie abgeneigt gewesen eine Familie zu gründen, im Gegensatz zu mir.
Zu meinem Bedauern aber hatte Jenna von Anfang an mich im Visier gehabt. Ich hatte ihr zwar mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass ich nicht an einer Frau und Welpen interessiert war, hatte aber dennoch den Fehler begangen, das eine ums andere Mal das Bett mit ihr zu teilen. Wie bescheuert das war, sah ich jetzt besonders. Winter durfte davon nie etwas erfahren. Ich wollte nicht, dass sie glaubte, dass Jenna mir etwas bedeutet. Doch ich wusste jetzt schon, dass es nicht so einfach werden würde.
Jenna würde die Kehrtwende meiner Einstellung nicht nachvollziehen können. Gerade nicht für eine Raben-Wechselhäuterin. Die Kombination würde ihr mehr als einen Grund geben, Winter etwas anzutun.
Das musste ich irgendwie verhindern. Auch wenn ich noch vor wenigen Tagen darauf versessen hatte, dass Winter irgendwie loszuwerden, versucht hatte, mich dagegen zu sträuben, mir eingeredet, dass ich sie nur benutzen würde ... war das alles nun vorbei.
Ich wollte Winter, mein Wolf verlangte nach ihr und jetzt, wo ich einen Eid geleistet hatte, machte es keinen Sinn mehr, sich dagegen zu wehren. Sie war meine Gefährtin, ein Geschenk der Götter, der Natur und des Gleichgewichtes. Wenn ich meine Aversion gegen eine Familie schon über Bord warf, dann mit ihr.
Leider besaß Jenna genug Arroganz, um zu glauben, dass alles dennoch anfechten zu können. Ich würde darauf vorbereitet sein müssen, dass sie etwas versuchte. Man durfte sie auf keinen Fall unterschätzen.
Ich warf der Wölfin über meine Schulter hinweg einen letzten warnenden Blick zu, bevor ich mit Winter aus der Hör- und Sichtreichweite meines Rudels glitt. Hinein in den Wald, in dem sich sogar Wölfe verirren konnten, wenn sie nicht auf dem schmalen Pfad blieben, der mit weißen Steinen markiert war.
Der Weg zur Hütte würde noch Stunden in Anspruch nehmen, zumindest mit Winter im Schlepptau. Genug Zeit, um sie vor Jenna zu warnen und ...
"Du musst nicht da bleiben. Es wäre schön, wenn du mir die Hütte zeigst und dann kannst du zu deiner Familie." Das riss mich aus meinen Gedanken. Wovon redet diese Frau denn jetzt schon wieder?
"Ich dachte, meine Absichten wären klar, ich meinte, was ich sagte."
Abrupt blieb Winter neben mir stehen und ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder ihr zu. Jenna war vergessen - so wie es sein sollte.
"Deine Absicht? Du meinst mich, als Köder zu benutzen, oder damit ich deinen Bruder heile, oder welche genaue Absicht meinst du, Lore?" Ich starrte sie fassungslos an, dann presste ich meinen Kiefer aufeinander, um sie nicht sofort anzufahren. Nach der letzten Nacht sollte doch alles zwischen uns geklärt sein, oder? Ich habe ihre Begierde gespürt und gehört, wie sie meinen Namen gestöhnt hatte. Sie wollte mich, das war nicht zu leugnen. Sie wollte auch nicht von mir fort, wollte nicht, dass ich sie gehen ließ, falls sie meinen Bruder tatsächlich heilte. Ich spürte es. Mein Wolf hatte vorhin ihre Unsicherheit und Einsamkeit wahrgenommen und instinktiv darauf reagiert. Warum also sagte sie so etwas?
"Meine Absichten haben sich seitdem geändert", verkündete ich, doch sie runzelte nur die Stirn.
"Inwiefern? Was willst du von mir?" Ich wollte, dass sie aufhörte, mir Fragen zu stellen, dessen Antwort doch klar waren.
"Du bist meine Gefährtin. Ich wollte nie eine, ich wollte auch nie eine Familie. Aber du bist hier. Also will ich offensichtlich doch ... mit dir." Und das war für mich genauso schockierend wie für sie.
"Wieso?" Wieso? Ich legte den Kopf schräg und betrachtete sie eingehend. Hatte sie den Verstand verloren? Vergessen, was letzte Nacht passiert war?
"Weil du meine Gefährtin bist," knurrte ich etwas ungehalten. Mag sein, dass dies noch vor ein einigen Tagen kein Grund war, aber jetzt schon. Ich war sauer gewesen, dass ich sie so plötzlich gefunden hatte, dass das Schicksal sie mir ausgerechnet jetzt aufs Auge gedrückt hatte, aber ich hatte Zeit gehabt nachzudenken, besonders nach letzter Nacht. Er war ein Wendepunkt gewesen.
"Das ist kein Grund.", widersprach sie mir prompt und setzte sich dann wieder in Bewegung. Erzürnt stürmte sie an mir vorbei und ich blinzelte nur einige Sekunden verwirrt, weil ich aus dieser Frau nicht schlau wurde.
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