abgelehnte Hilfe
Kapitel 19
Lore
Ich war nicht gut darin, einfühlsam zu sein. Ich war nicht gut darin, irgendetwas anderes zu sein als der brutale Bastard, der Armeen niedermetzelte und Befehle entgegennahm. Mein Bruder war immer der Stratege gewesen, der besonne Kerl, der andere für sich einnehmen konnte. Ein König.
Meine Aufgabe war es gewesen, Leute zu drangsalieren, anzubrüllen und dazu zubringend, dass sie das taten, was ich wollte. Ich hatte keine Ahnung wie ich mit einer trauernden Wildkatze umgehen sollte, die um sich schlug und verarbeiten musste, dass ihre Welt zusammengebrochen war.
Ihr Dorf stellenweise niedergebrannt, viele Menschen, mit denen sie aufgewachsen war getötet. Also ließ ich sie gehen, folgte ihr aber in einem gebührenden Abstand und lehnte mich neben der Eingangstür ihres Elternhauses an die Wand. Sie hatte sich darin zurückgezogen und ich wollte ihr diesen Raum geben. So gut es eben ging, wenn gleichzeitig mein Wolf verlangte, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Grim hatte sich direkt vor der Schwelle niedergelassen und wirkte fast genauso antriebslos wie es Winter zu sein schien. Als würde er mit ihr trauern.
Ich hörte es in der Hütte ihrer Eltern ein paar Mal Krachen und sie schrie. Ich hörte es, obwohl sie definitiv versuchte, leise dabei zu sein. Das war kein Schrei der Angst, sondern der Frustration. Sie musste ihre Wut freien laufen lassen. Zumindest dafür konnte ich genug Verständnis aufbringen. Mit ihrer Wut konnte ich umgehen, doch als ich das schluchzen und heulen vernahm, verkrampfte sich alles in mir.
Ich hielt meine Arme vor der Brust verschränkt, ballte beide Hände zu Fäusten und blickte starr in das Dorf hinein. Versuchte mich auf meine Umgebung zu konzentrieren, während mein Wolf an seinen Ketten zerrten.
Winters Heimatdorf sah ziemlich verwüstet aus. Einige Häuser waren abgebrannt und viel zu viele Scheiterhaufen flammten noch lange nach dem Kampf auf. Sie hatten am vergangenen Abend angegriffen, der Kampf hatte bis in die Nacht gedauert und den folgenden Tag hatten die Menschen hier aufgeräumt und schlaflos neben ihren Toten verbracht. Nun ging die Sonne erneut langsam unter und ich wusste, dass ich Winter früher oder später aus diesem Haus holen musste.
Wir mussten den Heimweg antreten. Der Winter zog auf und wir hatten einen weiten Weg vor uns. Zudem wurden die noch lebenden Bewohner langsam unruhig.
Ich sah es an ihren Gesichtern, an ihren verachtenden Blick. Bis jetzt hatten sie uns helfen lassen, doch das würde nicht mehr so lange so bleiben. Nicht wenn sie anfingen, das Geschehene zu verarbeiten und uns zwangsweise die Schuld dafür geben würden.
Mel kam zweimal zu mir, redete irgendein Blödsinn, der mich nicht interessierte und den ich mit einer Handbewegung abtat, bevor er wieder zu den Männern ging, die verletzt worden waren.
Was ich aus seinen Berichten allerdings heraushören konnte war, dass die Männer gehen wollten, dass sie bereit waren abzuziehen. Nach Hause. Zurück zu unserem Rudel.
Wir waren hierher geschickt worden, um etwas zu holen und ich war mir ziemlich sicher, es gefunden zu haben.
Diese alte Vettel hätte mir sagen sollen, dass ich meine Gefährtin finden sollte, dann hätte ich mich vielleicht darauf vorbereiten können, plötzlich für eine Frau verantwortlich zu sein. Allerdings war die Seherische Gabe unserer Ältesten auch bestenfalls schwammig, also würde ich sie nicht einmal anbrüllen können, sobald ich wieder Zuhause war. Die Chance stand gut, dass sie nicht davon gewusst hatte.
Als die Sonne begann wieder unterzugehen und ich sicherlich viel zu lange hier herumgestanden hatte, war ich bereit, diese Tür einzutreten und Winter einfach herauszuzerren. Ich wollte ihr Raum geben, aber wir mussten gehen. Zu unserer Sicherheit und das dieses Dorfes.
Bis das letzte Abendlicht verschwunden war, wollte ich ein wenig Abstand zwischen uns und dieses Winters Heimat gebracht und ein Lager aufgeschlagen haben.
Ich würde nicht noch mehr Zeit hier verschwenden und wenn meine Gefährtin sich weigerte ihr Elternhaus zu verlassen, würde ich sie mir über die Schulter werfen und einfach verschleppen. Niemand würde mich aufhalten.
Doch das war gar nicht nötig, denn das Schluchzen, das bereits vor einiger Zeit aufgehört hatte, wurde nun von Schritten abgelöst und dann öffnete sich die Tür neben mir. Grimm der sich daran gelehnt hatte, rollte über die schwelle in die Hütte, direkt vor Winters Füße.
Ich wollte ihr gerade verkünden, dass sie mit mir kommen würde, dass widerstand zwecklos war und dass sie genauso gut später im lager heulen konnte, doch mir blieben die Worte im Hals stecken, als ich sie sah.
Sie hatte getrauert, ihre Wut und ihren Tränen Luft gemacht, aber sich auch vorbereitet. Ihr dunkles Haar war zu einem festen Zopf geflochten und fiel ihr lang und dick über die Schulter, während der Rest von ihr in einem enganliegenden Lederoutfit steckte, der ihren Körper viel zu gut in Szene setzte.
Frauen sahen in Hosen schon immer besonders gut aus, aber zu sehen wie die hier sich an Winters schmale Taille schmiegte und ihren Hinter eng umschloss wie eine verdammte Hand, sorgte dafür, dass es in meinem Schritt zog.
Dann schloss Winter den schweren Mantel vor ihren Körper, verhüllte ihre üppigen Brüste und zog sich eine Fellbesätze Kapuze über den Kopf, während sie einen viel zu groß und schwer wirkenden Rucksack schulterte.
"Wo willst du hin?", fragte ich und ihre immer noch vor Zorn glimmenden Augen betrachteten mich eingehend.
"Ich nehme an, dass ich mit dir kommen muss, oder?" Das stimmte. Ich bewunderte ihre Courage, hörte aber die Heiserkeit in ihrer Stimme und nahm auch ihre geschwollenen Augen war. Sie mochte viel von ihren Emotionen in ihrem ehemaligen Zuhause zurückgelassen haben, aber es würde noch lange dauern, bis es ihr wieder wirklich gut ging. Bis dahin sollte, ich auf Abstand bleiben.
"Ja", gab ich knapp von mir und musterte sie noch einmal von Kopf bis Fuß. Feste Stiefel, Reisekleidung und Rucksack. Sie war dazu bereit, zu gehen. Offensichtlich. "Gib mir deine Tasche." Ihre behandschuhten Finger packten den groben Lederriemen fester.
"Wieso? Ich habe Medizin, Kleidung, Bücher, etwas Proviant und Messer da drinnen. Mehr nicht." Darum ging es mir auch nicht.
"Klingt schwer. Ich nehme die Tasche für dich." Mein Wolf, der genau wusste, dass ich ihr die Trauer nicht abnehmen konnte, auch nicht die Wut und alles andere, wollte zumindest das für sie tun. Irgendetwas tun. Und wenn es hieß, ihr nur die Klamotten hinterhertragen zu können.
"Nein!", spuckte sie mir so schneidend entgegen. Stieg über Grimm hinweg und machte sich auf den Weg ins Dorf.
Ich knurrte zur Antwort, hielt sie aber nicht auf. Spätestens morgen würde sie mich darum anbetteln, ihre Sachen zu nehmen. Sie war klein und schmächtig und dieser Sack war fast so groß wie sie selbst. Für mich wäre das Gewicht kein Problem. Doch ich ließ ihr ihren Willen, sie würde schon feststellen, dass ihre Sturheit sie nirgends hinführen würde.
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Ich habe aufregende Neuigkeiten:
Am Montag geht es los, auf patrteon startet paralell zu Evienne ein weiterer Woman's World Teil. Leider nur da, aber bereits ab dem Bronze-Level könnt ihr dabei sein.
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