Chapitre 1
Laras Sicht
Die Luft im Klassenzimmer war stickig, gefüllt mit dem leisen Kratzen von Stiften und dem gelegentlichen Räuspern unserer Lehrerin. Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Arme und ließ meinen Blick über die Zeilen in meinem Notizbuch schweifen, während Frau Becker vorn mit einer Begeisterung sprach, die so gar nicht zu einem Montagmorgen passte.
„In wenigen Wochen geht es los! Ihr habt jetzt alle eure Gastfamilien und Schulen zugeteilt bekommen", verkündete sie mit einem Lächeln, das fast schon ansteckend war - aber nur fast.
Ich spürte, wie Jasmin mir einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen gab. „Lara, das wird genial. Frankreich, verstehst du? Croissants, süße Cafés und... heiße Franzosen."
Ich verdrehte die Augen. „Du denkst wirklich nur an Jungs."
„Natürlich nicht! Aber wenn ich schon in einer romantischen Stadt wie Lyon lande, dann will ich wenigstens ein bisschen Drama." Sie grinste.
Lyon. Mein Blick wanderte zu dem Blatt Papier auf meinem Tisch, auf dem mein Name stand - direkt darunter die Adresse meiner Gastfamilie und der Name meiner neuen Schule.
Jasmin war euphorisch, während ich versuchte, meine Aufregung mit kühler Gelassenheit zu überspielen. Es war nicht so, dass ich mich nicht auf den Austausch freute. Aber der Gedanke, mein gewohntes Leben hinter mir zu lassen und in eine völlig neue Umgebung geworfen zu werden, ließ einen seltsamen Knoten in meinem Magen entstehen.
Frau Becker klopfte mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich möchte, dass ihr euch bewusst macht, dass das eine große Chance ist. Ihr werdet neue Leute kennenlernen, eine andere Kultur erleben und mit Sicherheit viele unvergessliche Momente sammeln."
Unvergessliche Momente. Irgendwie klang das nach einer dieser typischen Lehrer-Phrasen, die man nach dem Abi wieder vergaß.
Frau Becker ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, als würde sie sicherstellen wollen, dass auch wirklich jeder die Bedeutung ihrer Worte verstand. Doch die meisten meiner Mitschüler schienen gedanklich schon längst woanders zu sein. Einige kritzelten mit gelangweilter Miene in ihre Hefte, andere flüsterten leise miteinander, und ein paar tippten sogar verstohlen auf ihren Handys herum.
Ich spürte, wie Jasmin mich unauffällig mit dem Ellbogen anstupste. Als ich zu ihr sah, hatte sie diesen typischen „Das-wird-episch“-Ausdruck im Gesicht.
„Unsere Namen stehen übrigens schon auf der Liste“, raunte sie mir zu, während sie ihr Handy leicht anhob, um mir den Screenshot zu zeigen. „Wir beide kommen zusammen in eine Gastfamilie!“
Ich blinzelte überrascht. „Echt jetzt?“
Jasmin grinste breit und nickte. „Ziemlich cool, oder? Wir landen in einem kleinen Städtchen in der Nähe von Lyon.“
Ich ließ den Gedanken auf mich wirken. Es war mir eigentlich egal gewesen, wo genau wir hinkamen – Hauptsache nicht allein. Und mit Jasmin an meiner Seite fühlte sich alles gleich ein bisschen weniger beängstigend an.
„Und was ist mit den Franzosen? Wissen wir schon, wer uns zugeteilt wird?“ fragte ich.
„Ja, warte…“ Sie scrollte weiter. „Unsere Austauschpartnerinnen heißen Élise und Camille. Klingt voll französisch, oder?“
Ich schmunzelte. „Wäre auch seltsam, wenn nicht.“
Frau Becker klatschte erneut in die Hände, um die allgemeine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen.
„Gut, dann klären wir jetzt ein paar organisatorische Dinge. Euer Flug geht übermorgen früh, also müsst ihr spätestens um fünf Uhr morgens am Flughafen sein. Ich erwarte, dass ihr pünktlich seid – wer zu spät kommt, bleibt hier.“
Ein kollektives Stöhnen ging durch die Klasse.
„Ach kommt schon“, fuhr Frau Becker fort. „Ihr werdet es überleben. Außerdem“, sie lächelte vielsagend, „hat Lyon ein ganz besonderes Nachtleben. Vielleicht hilft euch der Gedanke daran ja, das frühe Aufstehen zu verkraften.“
Jasmin beugte sich näher zu mir. „Hast du das gehört? Nachtleben! Vielleicht gibt’s da irgendwelche coolen Clubs oder Bars.“
Ich verdrehte spielerisch die Augen. „Als ob wir in irgendeinen Club reinkommen.“
Sie winkte ab. „Ach, das kriegen wir schon hin. Ich meine, wir sind bald in Frankreich! Da läuft bestimmt alles entspannter.“
Ich wollte gerade antworten, als ein lautes Geräusch die Klasse unterbrach.
„AUFHÖREN, BITTE!“
Alle Köpfe drehten sich in Richtung der Stimme. Max, einer der Jungs aus der letzten Reihe, hatte seine Hände theatralisch in die Luft geworfen.
„Ich hab’s kapiert, Frau Becker, wir fliegen nach Frankreich und erleben das Abenteuer unseres Lebens. Können wir jetzt bitte darüber reden, was wirklich wichtig ist?“ Er lehnte sich vor, legte die Arme auf den Tisch und sah unsere Lehrerin herausfordernd an. „Was gibt’s da zu essen?“
Lautes Gelächter brach aus, und selbst Frau Becker musste schmunzeln.
„Tja, Max, du wirst dich wohl überraschen lassen müssen. Ich empfehle dir aber, dich mit Baguette und Käse anzufreunden.“
Nach dem Unterricht machte ich mich mit Jasmin auf den Weg nach Hause. Der Schulhof war noch belebt – Schüler standen in kleinen Grüppchen zusammen, lachten, tauschten TikTok-Videos aus oder redeten über den bevorstehenden Austausch.
„Glaubst du, die Franzosen sind wirklich so, wie die Kommentare behaupten?“ fragte Jasmin plötzlich, während wir den Gehweg entlanggingen.
„Wovon redest du?“
Sie zog ihr Handy wieder hervor und zeigte mir eine Nachricht aus dem Kommentarbereich des Posts, den wir gestern schon gesehen hatten.
„Der Junge ist nicht der einzige, der mit Mädchen spielt. Die Jungs dort wissen genau, wie sie euch um den Finger wickeln.“
Ich seufzte. „Jasmin, das sind nur Gerüchte. Vielleicht ist der Typ wirklich ein Aufreißer, aber es ist nicht so, als würden wir uns auf ihn einlassen, oder?“
Jasmin zuckte mit den Schultern. „Ich sag ja nur… Französische Jungs sollen ja einen gewissen Charme haben.“
Ich schüttelte den Kopf und beschloss, das Thema nicht weiter zu vertiefen.
Die letzten Sonnenstrahlen des Tages tauchten die Straße in ein warmes Orange, während ich meinen Schlüssel aus der Jackentasche zog.
„Dann bis morgen?“ fragte Jasmin, als wir vor meinem Haus ankamen.
„Bis morgen“, bestätigte ich und schloss die Tür auf.
Ich trat in den Flur und ließ die Tür leise hinter mir ins Schloss fallen. Für einen Moment blieb ich stehen, lauschte der Stille im Haus. Nur das gedämpfte Summen des Kühlschranks aus der Küche war zu hören, begleitet vom leisen Ticken der Wanduhr im Wohnzimmer.
Ein vertrauter Duft lag in der Luft – frisch gewaschene Wäsche, vermischt mit dem sanften Aroma von Vanillekerzen, die meine Mutter überall im Haus verteilte.
Ich warf meine Tasche in die Ecke und streifte meine Jacke ab. Mein Blick fiel auf das eingerahmte Foto auf der Kommode: Ein Bild von mir und meinen Eltern im letzten Sommerurlaub. Mein Vater hatte den Arm um mich gelegt, meine Mutter lachte in die Kamera.
Ich griff nach dem Bilderrahmen, strich mit den Fingern über das Glas. Ein Teil von mir wünschte sich, ich könnte sie einfach mitnehmen – zumindest für die ersten Tage. Doch ich wusste, dass das unmöglich war.
Mit einem leisen Seufzen stellte ich den Rahmen zurück und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, ließ ich mich rücklings aufs Bett fallen. Die Matratze gab leicht unter mir nach, während ich an die Decke starrte.
Frankreich.
Es fühlte sich immer noch unwirklich an.
Ich wusste nicht, ob es Nervosität war oder einfach nur Aufregung, aber mein Magen kribbelte, als ich daran dachte, dass ich schon in zwei Tagen in einem fremden Land sein würde. Bei fremden Menschen.
Ob Élise und Camille wohl nett waren? Oder war das eine dieser Situationen, in denen sich alle höflich verhielten, aber man spürte, dass es irgendwie nicht passte?
Ich drehte mich auf die Seite, zog mein Handy aus der Tasche und scrollte gedankenverloren durch meine Nachrichten.
Plötzlich vibrierte das Display in meiner Hand. Eine neue Nachricht von Jasmin.
Jasmin: Denkst du, es wird komisch sein, in einem fremden Haus zu wohnen?
Ich lächelte leicht und tippte eine Antwort.
Ich: Bestimmt ein bisschen. Aber solange du bei mir bist, kann’s nicht so schlimm werden.
Fast sofort kam ihre Antwort zurück.
Jasmin: Bester Satz des Tages! Lass uns morgen Koffer packen?
Ich: Deal.
Ich legte das Handy beiseite und zog die Decke bis zum Kinn.
Noch zwei Tage.
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Mein erstes richtigs Buch. Ich hoffe sehr das es euch gefällt 😘
Ich wollte mich bei Mondscheinliebende bedanken, durch deine Hilfe , wird dieses Buch online kommen. Merci mon amour ❤️
Lasst gerne Kommentare da wie ihr das Buch findet, bis bald 🥰
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