Kapitel 2.4 Writing Contest von @SabinaOehler
Tja, hier bin ich und wieder eine Runde weiter🤗
Ich habe mir erlaubt, ein Video zu der Geschichte hinzuzufügen. Ich habe es während dem Schreiben gehört und ich finde (zumindest meinen Englischkenntnissen zufolge), dass der Songtext zumindest zum Teil gut zu der Geschichte passt.🙈
Die Aufgabe lautet: einen Oneshot zu folgenden Bild und den beiden Fakten schreiben.
1. Fakt: die Schmetterlinge können "menschliche" Geräusche von sich geben.
2. Fakt: der Hauptperson muss ein Wunder passieren.
Meine Geschichte:
Regen trommelte weiterhin unaufhörlich auf mich ein. Aber ich fühlte die nassen Tropfen, die durch den schwarzen Anzug auf meine Haut sickerten, schon nicht mehr. Ich war schon zu durchnässt und zu kalt, als das ich noch etwas fühlen konnte.
Die anderen Besucher waren schon seit einer gefühlten Ewigkeit weg. Nur noch ich kniete hier. In der Dunkelheit. Vor Ella's Grab.
Am letzten Eck des Friedhofes unter einer alten Eiche abseits vom Großstadtlärm lächelte Ella von einem einfachen Holzkreuz auf mich herab. Es war grotesk, so ein friedliches Foto für einen solch traurigen Grund zu wählen.
-Ella Handke-
-2002 bis 2022-
Das war das einzige, was das dünne Blatt Papier mir über Ella erzählen konnte.
Aber ich wusste so viel mehr über sie. Ich wusste wie sich ihre Haut anfühlte, wie sie roch, wie sie lachte und wie sie tanzte. Ich kannte ihre Geheimnisse, die sie mir an lauen Sommerabenden verraten hatte. Ich kannte ihre Ängste und ihre Wünsche.
Ich wusste, wie sich eine ihrer warmen Umarmungen anfühlte und ihr Pulsschlag, wenn ich meine Hand auf ihr Herz gelegt hatte. Vor allem wusste ich wie sie schmeckte. Ein wenig nach Erdbeere von dem Labello, das sie sich immer aufgetragen hatte und ganz viel nach Ella.
Leise flatterte das besagte Blatt im Wind und ich blickte auf. Im Dunkeln konnte man nur wage das Ausmaß des Blumenmeeres erkennen, das sich rund um das Grab erstreckte. Ella war beliebt gewesen. Keine Frage. Sie kannte Gott und die Welt und jeder mochte sie.
Ich kniete seit dem Ende der Beerdigung hier. Auch wenn ich es gewollt hätte, ich hätte nicht gehen können. Keinen einzigen Schritt hatte ich machen können. Stattdessen war ich irgendwann auf die Knie gesunken, weil ich es nicht mehr aushielt, mit der Last der Trauer zu stehen.
Kurz darauf rief mich mein bester Kumpel an und meinte: "Hey Oliver. Wo bist du? Was machst ...?"
Ich hatte aufgelegt. Und danach mein Handy ausgeschaltet. Bestimmt waren bereits unzählige Anrufe und Nachrichten eingegangen. Egal. Scheißegal.
Solange ich bei Ella war. Ihr irgendwie nahe sein konnte.
Ihr irgendwie sagen konnte, wie verdammt leid es mir tat.
Wenn ich doch nur aufgehört hätte.
Wenn ich sie nicht weiter beschuldigt hätte.
Wenn ich sie nicht gehen lassen hätte.
Wenn ich ihr doch nachgerannt wäre.
Dann könnte ich sie jetzt in meine Arme schließen und ich würde ihr alles vergeben.
Aber woher sollte ich wissen, dass sie mit dem Auto in Höchstgeschwindigkeit durch die Stadt rast?
Ich sollte es erst zwei Stunden später durch das Telefon erfahren. Die ganze Zeit höre ich nur diese beiden Sätze in meinem Kopf. Wie ein Mantra.
-"Es tut mit leid. Ella ist tot."-
Ein leises Summen riss mich aus meinen Gedanken. Irritiert blickte ich mich um. Aber ich konnte weiterhin nichts als Dunkelheit erkennen. Verwundert wanderte mein Kopf wieder zurück zum Grab. Ich kniff meine Augen zusammen. War da nicht etwas gewesen? Nicht?
Nein. Doch. Da war doch etwas. Ein einsames kleines Licht schwebte um das Kreuz herum.
Zögerlich bewegte es sich weiter über das Grab. Was war das? Ein Glühwürmchen?
Jetzt kam es direkt auf mich zu. Neugierig lehnte ich mich nach vorne. Verblüfft schnappte ich nach Luft. Das war kein Glühwürmchen. Nein. Das war ein leuchtender Schmetterling.
Er leuchtete am ganzen Körper und bei jedem Flügelschlag hinterließ er etwas in der Luft. Sandkörner? Staub? Das sah irgendwie aus wie das, was diese Fee aus dieser Kinderserie immer benutzt hat. Ah ja. Peter Pan hieß die Kinderserie.
War das dann Feenstaub? Nein. Unmöglich. Aber Ella hatte immer gemeint: 'Nichts ist unmöglich.'
In dem Moment bemerkte ich wie ein zweiter Schmetterling, oder was auch immer das genau ist, hinter dem Kreuz hervor flatterte. Und noch einer.
Woher kommen die auf einmal? Ich hatte noch nie von leuchtenden Schmetterlingen gehört.
Einer nach dem anderen kam hinter dem Grab hervor und ich fragte mich, wieso sie auf einmal hinter einem Grabkreuz auftauchten. Und wieso leuchteten sie in dem Gelb, das Ella so geliebt hatte? Sonnenaufgang im Frühling. Aber nicht das matte matschige Gelb, sondern das kräftige Gelb, das einen sonnigen Tag verspricht.
Ich hatte aufgehört die kleinen Falter zu zählen. Es waren mindestens schon 10 oder mehr. Gebannt beobachtete ich sie. Es war als würden sie tanzen. Sie zogen Spiralen und im nächsten Moment stoben sie wieder auseinander.
Sie formierten sich. Eine Linie. Dann begannen sie sich zu bewegen. Ein Rhythmus. Am Anfang erkannte ich das Muster nicht. Aber dann dämmerte es mir. Ich kannte es. Aus dem Erste-Hilfe-Kurs. Es war die Darstellung eines Herzschlages. Immer und immer wieder.
Diese Erkenntnis schockierte mich so sehr, dass ich aufspringen wollte. Allerdings rutschte ich auf dem nassen Gras aus und fiel mit meinem Hintern zurück auf die Erde.
Ich verspürte den Drang wegzulaufen, aber auf der anderen Seite faszinierte mich dieses Schauspiel so sehr, dass ich mich nicht bewegen konnte.
Als ich schon komplett an meinen Verstand zweifelte, vernahm ich nun auch noch etwas. Es hörte sich an wie ein Rauschen. Wie, wenn der Wind die Blätter zum Klingen bringt. Dann brach das Rauschen abrupt ab und alles verstummte.
Dann ganz leise. Ein Hauchen. Als würde man eine Fensterscheibe anhauchen wollen.
"Lass mich los."
Was? Warte was? Das...das... war Ella's Stimme. Ich würde sie immer wieder und überall erkennen. Wie konnte das sein? Angetrieben von einem Sturm der Hoffnung, sprang ich auf und stürzte auf die Schmetterlinge zu.
"Wie? Was? Wie kann das sein?"
Aber die Schmetterlinge blieben stumm. Unberührt pulsierten sie weiterhin als Pulsschlag. Verteilten weiter ihren Feenstaub in der Luft, als wäre nichts gewesen.
Und dann wieder. Diesmal deutlicher.
"Lass mich los."
Vollkommen überfordert davon, dass es tatsächlich Ella's Stimme war, zuckte ich zusammen und stolperte rückwärts.
"Das kann nicht sein.", murmelte ich verwirrt.
In dem Moment erblassten die Schmetterlinge und stoben auseinander. Sie hinterließen dieselbe Dunkelheit, wie vor ihrem Erscheinen. Und sie hinterließen mich. Aufgewühlt, verunsichert und vollkommen planlos was ich jetzt tun sollte.
Also machte ich das mir einzig logische in dieser Nacht. Ich wartete und wartete. Fror mir meinen Arsch ab, aber ich wartete. Hoffend darauf, dass die Schmetterlinge wieder kamen, dass ich Ella's Stimme wieder hörte. Ich weiß, ich war ein hoffnungsloser Fall.
Wenn ich das jemanden erzählen würde, dass ich auf leuchtende Schmetterlinge und die Stimme meiner verstorbenen Freundin wartete, würde mich wahrscheinlich jeder zu einem Psychodoc schicken.
Ich gab die Hoffnung nicht auf, aber sie wurde mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages zerschlagen.
Seufzend ging ich in die Hocke. Es würde nicht besser werden, wenn ich hier Tag und Nacht saß. So ehrlich musste man sein. Aber ich werde Ella jeden Tag einen Besuch abstatten.
Ich werde sie in meinem Herzen weitertragen und in meinem Gedächtnis weiterleben lassen. Das hatte sie verdient. Das war ich ihr mehr als schuldig. Und vielleicht könnte ich sie irgendwann loslassen, so wie sie es von mir gewollt hatte.
1160 Wörter
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