Kapitel 2.2 Writing Contest von @SabinaOehler
Hi, ich bin erneut eine Runde weiter bei dem Writing Contest von SabinaOehler.
Das heißt auch, dass es eine neue Aufgabe gibt und die sieht wie folgt aus:
Zu dem folgenden Bild und den beiden Fakten eine Kurzgeschichte schreiben.
1. Fakt: Die Person soll zwischen 7 und 14 Jahre alt sein.
2. Fakt: Die Eltern der Person sehen zum ersten Mal die Freundschaft zwischen der Person und dem Bären.
Und hier ist meine Geschichte:
Rettung in letzter Sekunde
"Ich denke, hier ist ein guter Platz." Mein Vater deutete mit seinem Wanderstock nach vorne. Ich folgte seinem Blick und entdeckte eine großräumige Lichtung. Die Nachmittagssonne ließ den unberührten Pulverschnee glitzern. Die Eiskristalle funkelten um die Wette. Dieser Ort wirkte so unberührt, so magisch, so perfekt.
"Ich denke auch, dass wir hier bleiben. Wenn wir jetzt weitergehen, finden wir wohl möglicherweise vor Einbruch der Dunkelheit keinen Schlafplatz mehr", merkte meine Mutter an. Einzelne Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und klebten nun nass an ihrem geröteten Gesicht.
Wir waren schon seit Sonnenaufgang unterwegs. Es war mein Geburtstagswunsch. Eine Nacht mitten im Schnee. Es war irgendwie bereits Tradition. Immerhin hatte ich mir an den letzten Jahren nie etwas anderes gewünscht.
"Na Harps, was sagst du zu diesem Platz?" Harps war der Spitzname für Harper. Mein Vater kam zu mir und drückte meine Schulter. Ich lächelte. "Es ist wunderschön. Hier bleiben wir."
Schon nach kurzer Zeit hatten wir mit geübten Griffen den Zeltplatz aufgebaut. Meine Mum und ich machten uns an den Lagerfeuerplatz, während Dad die Gegend erkundete. Er meinte, er hätte auf seiner Karte einen kleinen Bach eingezeichnet gesehen. Vielleicht gab es heute gebratenen Fisch und nicht einfach ein Abendessen aus der Dose. Mein Vater war einer der Fischer bei uns im Dorf. Wenn einer einen Fisch fangen konnte, dann er.
Meine Mutter und ich fegten den frischen Pulverschnee zur Seite und drückten in dem festen Schnee einen Kreis. Danach suchten wir Steine und legten ihn damit aus. Ich klatschte mit meiner Mutter ab. Fertig. Meine Mum verschwand im Zelt und kam mit einer Thermoskanne zurück. Gemeinsam genossen wir die Wärme, die sich dank des Tees in unserem Körper ausbreitete.
Jedes Jahr freute ich mich wie verrückt auf diesen Ausflug. Ich liebte die Stille im Wald und den Zauber des Winters. Und jedes Jahr hoffte ich, dass ich bei meinen Ausflug Bo zu treffen. Bo war mein bäriger Freund seit wir ihn vor Jahren verletzt am Waldrand entdeckt hatten. Meine Mutter brachte ihn eines Tages mit nach Hause. Er war so groß wie ein Dackel und unglaublich süß. Ich verbrachte viel Zeit bei ihm und päppelte ihn auf. Am Anfang mit Milch und am Ende verspeiste er fünf Fische am Tag. Mein Vater entschied, dass er, wenn wir ihn noch hierbehalten würden, unser Essen wegessen würde und außerdem bestand ein gewisses Restrisiko, dass er uns angriff. Immerhin war er immer noch ein Braunbär und diese waren nicht zu unterschätzen. Aus diesem Grund gaben wir ihn in die Auffangstation des Nationalparks. Dort sorgten sie dafür, dass er wieder ausgesetzt wurde und sich in der Wildnis zurechtfand.
Als ich zwei Tage später noch spät draußen spielte, kam auf einmal Bo aus dem Wald getapst. Er war wohl den ganzen Weg zurück zu uns gegangen. Ich brachte ihm etwas Fisch aus dem Haus und setzte mich zu ihm. Seitdem kam er oft bei uns vorbei. Beziehungsweise er kam bei mir vorbei, denn meine Eltern wussten nichts von ihm. Sie wussten nichts davon, dass wir uns immer noch trafen. Insgeheim hoffte ich deswegen jedes Mal, dass er mit uns mit wandert und sich in der Nacht vielleicht zeigte. Aber ich wusste nie wirklich wo er sich im Moment herumtrieb. Manchmal kam er wochenlang nicht und manchmal kam er jeden Tag.
In dem Moment trat mein Dad freudestrahlend auf die Lichtung. Grinsend kam er zu uns rüber. "Schaut mal, was ich gefangen habe." Er hielt uns fünf Fische hin. Meine Mutter machte große Augen. "Oh, so viele. Das wird heute aber ein köstliches Festmahl." Sie wandte sich an mich und meinte theatralisch: "Harps, die Zeit des Teetrinkens ist vorbei. Jetzt geht es wieder an die Arbeit. Wir müssen noch Zweige für das Lagerfeuer sammeln." Sie klatschte in die Hände und ich lachte auf. Ich liebte diese Ausflüge. Mum war entspannt und Dad nicht immer bei der Arbeit. Der Ausflug war auch so etwas wie ein Urlaub zwischendurch.
Wenn wir zu Hause waren, war Dad die meiste Zeit am Meer. Unser Einkommen hing stark davon ab, wie viel Fisch er fing. Meine Mutter besaß zwar auch eine kleine Apotheke, aber die Menschen hier gaben lieber das Geld für Essen und Trinken als für Medizin aus.
Das Holz knisterte als das Feuer es verschlang. Kleine Flammen züngelten in der Dunkelheit. Mittlerweile war die Sonne untergegangen und wir drei kuschelten sich um das Feuer. Mein Vater erzählte soeben abenteuerliche Geschichten aus seiner Jugend. Wie er mit seinen Freunden spätabends auf das Meer gefahren war, um ein sagenumwobenes Seeungeheuer zu fangen. Ich kannte diese Geschichten bereits in- und auswendig, aber ich genoss dieses Gefühl der Vertrautheit und der Sicherheit zwischen meinen Eltern.
Mein Dad kam gerade zu dem spannendsten Punkt, als meine Mum uns anwies, leise zu sein. "Was ist Schatz?" Meine Mutter starrte gebannt in die Dunkelheit. "Ich denke, dass ich etwas gesehen habe. Irgendetwas Helles." Sie runzelte die Stirn. "Da!" Sie zeigte in die Dunkelheit des Waldes. Jetzt sahen wir es auch. Zwei leuchtend gelbe Punkte. Sie bewegten sich nicht. Erschrocken zuckten wir zusammen. Mein Vater flüsterte: "Ganz ruhig. Der geht bestimmt wieder." Aber er ging nicht. Im Gegenteil. Neben ihm tauchte noch ein Lichterpaar auf. Langsam bewegten sich die Punkte auf uns zu. Mit jedem Zentimeter, den sie auf uns zukamen, rückten wir enger zusammen und verkrampften uns. Als die Lichter in den Schein des Lagerfeuers traten, zuckten wir alle noch einmal zusammen. Wir hatten es schon befürchtet, aber sie zu sehen war noch mal ein zusätzlicher Schock. Wölfe.
Ihre schemenhaften Körper bewegten sich grazil über den Schnee. Mein Vater griff zu einem Stock neben sich. Unsere einzige Waffe und die würde uns im Ernstfall nicht viel weiterhelfen können. Ich schluckte. Es war nicht das erste Mal, dass ich Wölfe sah. Davon gab es hier genug in Kanada, aber ich war ihnen noch nie so nah. In gebückter Haltung schlichen sie weiter, aber sie kamen nicht wirklich weiter. Es schien als würden sie nicht wissen, ob sie weitergehen sollen.
"Sie fürchten das Feuer." Die Stimme meiner Mutter war nicht mehr als ein Hauch. Trotzdem konnte ich ein Zittern daraus hören. Mein Vater meinte flüsternd: "Wahrscheinlich hat sie der Geruch vom Fisch angelockt. Hoffentlich sind die Beiden alleine unterwegs."
"Was machen wir jetzt?" Meine Stimme zitterte. Mum meinte: "Wir müssen ihnen den Fisch geben. Dann gehen sie bestimmt wieder."
"Nein.", entgegnete mein Vater "Dann kommen sie erst recht wieder. Dann haben sie Gusto auf Fisch bekommen."
Mum's Stimme zischte: "Aber was sollen wir deiner Meinung sonst tun? Wenn nicht, dann greifen die uns doch sicher an." "Mum, sag das doch nicht." In meiner Stimme schwang Bestürzung mit. Meine Mutter streichelte mir übers Haar. "Entschuldige Harps. Ich wollte dir nicht unnötig Angst machen."
Mein Vater bemühte sich um eine starke Stimme. "Also, folgender Plan: Wir bleiben einfach ruhig und warten. Wenn sie näher kommen, können wir ihnen immer noch Fisch zuwerfen."
Wir rückten noch weiter zusammen. Ich schluckte schwer. Die Wölfe liefen unruhig auf der anderen Seite des Feuers hin und her. Hoffentlich warteten sie nicht auf Verstärkung. Ängstlich rückte ich weiter zu meinen Eltern.
Ein Brüllen zerriss die Dunkelheit. Wir fuhren zusammen und ich stieß einen spitzen Schrei aus. Die Wölfe hielten in der Bewegung inne und spitzten die Ohren. Aus dem Schatten des Waldes kam eine riesige Gestalt zum Vorschein. Oh Gott. Bitte nicht auch noch ein wilder Bär. Mum schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte.
Der Bär lief auf den Hinterpfoten auf die Wölfe zu. Die beiden Wölfen schienen irritiert und eingeschüchtert zu sein. Sie zogen den Schwanz ein und knurrten den Bären unheilvoll an. Der braune Riese bewegte sich nichtsdestotrotz auf die Wölfe zu. Er stieß ein weiteres Brüllen aus und drängte die Wölfe zurück in den Wald. Er ließ sich auf die Vorderpfoten fallen und teilte mit seinen Pranken aus. Die Wölfe jaulten auf und verschwanden im Dunkel des Waldes. Ich spürte wie sich mein Vater etwas entspannte, aber meine Mutter schluchzte immer noch.
Der Bär bewegte sich nun gutmütig im langsamen Schritte rund um das Lagerfeuer auf uns zu. Als sein Kopf im Schein der Flammen sichtbar wurde, ging ein Ruck durch meinen Körper. Über dem linken Auge verlief eine gezackte Narbe, die ich nur zu gut kannte. Bo. Meinen Freund würde ich immer erkennen.
Ich riss mich von meinen Eltern los und stürmte auf ihn zu. "Harper!", Mum schrie erschrocken auf. Ich rannte jedoch weiter und blieb vor meinem besten Freund stehen. Bo ließ sich in den Schnee fallen und ich stürzte mich auf ihn. Ich knuddelte ihn wie einen Teddybären.
Ich drehte mich zu meinen entsetzten Eltern um und rief ihnen zu: "Das ist Bo!" Mein Vater schien ihn als Erster wiedererkennen. Seine Miene entspannte sich und auch meine Mum lächelte zögerlich. Bo brummte genügsam. Jetzt kamen auch meine Eltern auf ihn zu. Ein wenig verunsichert streichelten sie ihn. Bo lehnte sich sofort genießerisch in ihre Richtung. Er liebte es gestreichelt und gekrault zu werden. Meine Mutter lachte überrascht auf und kraulte ihn hinterm Ohr.
Kurze Zeit später klärte ich meine Eltern über unsere Freundschaft auf und wie, dass wir uns oft trafen. Sie waren überrascht und meine Mutter am Anfang etwas skeptisch. Aber ein Blick auf Bo genügte um zu vergewissern, dass er harmlos war. Den in dem Moment lag er mit dem Rücken im Schnee und drehte sich verspielt wie ein Hund. Jep, er war definitiv harmlos.
1565 Wörter
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