Herr der Ringe / Der Hobbit (12 500 Wörter)
(Ich habe vor vielen Jahren (halt aus meiner Sicht viele Jahre, so drei oder vier vermutlich) eine Fanfiction geschrieben, in der ein Mädchen nach Mittelerde kommt in der Zeit von Der Hobbit. Ich muss wohl nicht dazusagen, dass sie ziemlich cringe ist, eben weil sie schon so alt ist und trotzdem habe ich sie online gelassen, weil es eben meine Vergangenheit ist und ich finde es dumm sich dafür zu schämen (auch, wenn es teilweise echt schlimm ist).
Ich habe mir also gedacht warum schreibe ich das nicht nochmal neu? Die Idee war immerhin nicht extrem schlecht und auch, wenn ich diesmal nicht in die Timeline eingreifen werde, haben sich über die Jahre ein paar Ideen gesammelt. Also wenn ihr so etwas nicht mögt, dann könnt ihr das hier gerne überspringen, ich würde es verstehen. Für die, die dem Ganzen eine Chance geben wollen: Viel Spaß ^^
PS: Ist vl nicht mein größtes Meisterwerk, aber es hat Spaß gemacht es zu schreiben)
Druck lag auf meiner Brust, mein Atem ging nur flach, als wäre meine Lunge gequetscht worden, als hätte ich eine Menge Staub eingeatmet, der sich an meine Atemwege gelegt hatte. Mir war schwindelig, ich konnte nicht mehr klar denken und mein ganzer Körper fühlte sich geschwächt und träge an. Meine Kleidung klebte teilweise an meiner Haut und fühlte sich rau an. Doch das alles konnte ich vernachlässigen, wenn ich bloß normal atmen könnte!
Ich drehte mich zur Seite und hustete. Fast wie Sand rieb der Stoff auf meiner empfindlichen Haut. Ich spürte, wie sich etwas in mir löste, als hätte ich wirklich etwas eingeatmet. Erschöpft legte ich meine Hand neben mich und öffnete leicht die Augen. Es war dunkel, doch ich konnte nach längerem Starren Umrisse eines Zimmers erkennen. Es war nicht meines.
Ich versuchte mich etwas abzustützen und mich umzuschauen, doch alles drehte sich. Abermals hustete ich und erkannte etwas wie ein Glas auf meinem Nachtisch stehen. Mir war egal, was darin enthalten war, schnell nahm ich es und setzte meine Lippen an den Rand. Es fühlte sich an, als hätte ich bereits viel zu viel getrunken, doch gleichzeitig hatte ich riesigen Durst. Als hätte man Salzwasser getrunken.
Sobald ich das Glas geleert hatte, fühlte ich mich etwas besser und konnte an mir hinabschauen. Von der Kleidung selbst, ihren Farben, konnte ich nicht viel erkennen, doch als ich mit meinen Händen darüberfuhr, merkte ich, dass ich sie nicht kannte. Sie war seiden und weich, doch stellenweise voller Sand, was sich vorhin so rau angefühlt hatte. Verwirrt rieb ich die winzigen Steine zwischen meinen Fingern und setzte mich vorsichtig auf.
Erinnerungen von dem Urlaub kamen zurück. Ich war schwimmen gewesen. Alles sprach dafür, dass ich fast ertrunken war, doch ich war eine gute Schwimmerin und hatte niemals Probleme auch mit sehr großen Distanzen gehabt. Ich hatte keine Verletzungen, außer eben den schlechten Allgemeinzustand und das hier war auch keinesfalls mein Hotelzimmer geschweige denn ein Krankenhauszimmer. Also wo war ich?
Ich sammelte mich kurz und stand auf. Kurz schwankte ich, doch fing mich dann noch rechtzeitig. Suchend tappte ich durch die Dunkelheit auf der Suche nach einem Lichtschalter, doch ich konnte nichts finden. Auch neben der Tür war nichts dergleichen zu sehen. Bloß eine Fackel, die in einem metallischen Ring steckte. Etwas verwirrt drehte ich mich noch einmal um meine eigene Achse. Bei genauerem Hinsehen passten sehr viele der Gegenstände nicht unbedingt in diese Zeit.
Ich wollte mir nachdenklich durch die Haare fahren, doch erstarrte dabei. Wie erwartet waren sie natürlich verklebt und zerzaust, doch abgesehen von dem waren sie um einiges länger und auch weicher und gesünder. Wo kam das denn her?
Als ich meinen Blick wieder auf meinen Körper senkte, musste ich, neben einem abermaligen Husten, feststellen, dass ich viel größer war. Meine Hände, die immer noch in meinen Haaren hingen, rutschen über meine Ohren und wieder erstarrte ich. Überwältigt stolperte ich zurück zu meinem Bett und legte mich wieder hin. Mein Atem ging schnell, was bei meiner angeschlagenen Lunge ein kleines Problem darstellte. Was geschah hier?
Mit weit aufgerissenen Augen fuhr ich über meine spitzen Ohren und weiter über mein Gesicht, welches sich viel reiner und einfach anders anfühlte.
Ich stand auf und ging zum Fenster, durch welches Mondlicht drang. Lange stand ich an der dumpfen Spiegelung und betrachtete mich selbst. Als ich mehr im Licht stand, konnte ich auch besser erkennen welche Kleidung ich trug. Es war ein weißes Kleid, in welchem man sich jedoch auch gut bewegen konnte.
Eine Träne löste sich aus meinem Auge. Ich war zwar um einiges hübscher und mein Körper stärker und kräftiger als jemals zuvor (zumindest nachdem ich mich vollends erholen würde), doch trotzdem war ich nicht mehr ich selbst. Ich war allem Anschein nach nicht einmal mehr ein Mensch oder wurde so manipuliert, dass ich nicht mehr nach einem aussah. War das ein Experiment? War ich ein Versuchskaninchen? Welche Erinnerungen fehlten mir?
Natürlich meldete sich eine Stimme in mir, die das mit sehr unrealistischen Dingen erklären wollte, doch das war kein Traum und das, was sie sagte, war einfach unmöglich. Elben waren bloß eine Erfindung, eine Kreation Tokiens.
Ein Klopfen ließ ich stark zusammenzucken. Ich fuhr herum und musste mich mit der schnellen Bewegung ein wenig Räuspern, da mein Hals immer noch nicht ganz frei war.
"Ich habe dich husten gehört", lächelte die augenscheinliche Elbin, die mit einer Kerze in der Hand eintrat. In der anderen hielt sie eine Schüssel mit einem Löffel. Sie hatte lange blonde Haare und blaue stechende Augen. Sie war etwas kleiner als ich, doch strahlte eine unglaubliche Erfahrung aus, wie ich es noch nie erlebt hatte. Genau so hatte ich mir Elben immer vorgestellt, doch war das sicher kein schlechter Scherz?
"Verzeiht, wo bin ich?", fragte ich etwas kleinlaut und hörte zum ersten Mal meine Stimme. Sie war weich und melodisch, wenngleich etwas kratzig wegen meinem Hals. "An den Küsten Harlindons oder zumindest in der Nähe", antwortete sie und schloss die Tür hinter sich. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, um den Namen zuzuordnen. "Mein Name ist Eldatol, Tochter Angrods", stellte sie sich vor und nickte zu dem Bett. Ich zögerte ein paar Sekunden, um schnell irgendeinen Namen hervorzukramen.
"Elvea", erwiderte ich schnell und setzte mich mit ihr auf das weiche Material. "Weißt du noch was passiert ist? Wir haben dich bewusstlos am Strand gefunden?", fragte sie besorgt und hielt mir die Schüssel hin. Ich nahm sie dankend an. "Wir wurden von einem Unwetter überrascht", antwortete ich, da es mir das Naheliegendste zu sein schien.
"Tut mir leid, wir haben niemanden sonst gefunden", flüsterte Eldatol mitfühlend und strich mir über die Schulter. Ich wandte meinen Blick ab und nickte kurz. Langsam führte ich den ersten Löffel zu meinem Mund. Es schmeckte gar nicht so schlecht, obwohl es sicherlich einige Heilerkräuter beinhaltete.
"Soweit ich weiß sind in letzter Zeit keine Schiffe nach Valinor aufgebrochen?" Ich zögerte kurz. "Wir waren nur zu dritt und wollten eigentlich die Insel Himling erkunden." Sie hob überrascht ihre zarten Augenbrauen. "Dann seid ihr wohl ziemlich weit von eurem Kurs abgekommen." Ich nickte kurz und aß weiter. "Du solltest dich noch etwas ausruhen bis zum Morgen. Sobald du deine volle Stärke zurückerlangt hast, werden wir dir alles Nötige für deine Heimreise zur Verfügung stellen", lächelte sie sanft und legte noch einmal ihre Hand auf meine Schulter, bevor sie aufstand. "Danke", sagte ich schnell, bevor sie auch schon die Tür öffnete. Sie nickte mir noch kurz zu und verließ dann den Raum.
Ich starrte auf das Holz vor mir und vergaß kurz, dass ich den Löffel weiterhin vor meinem Mund hielt. Hatte ich dieses Gespräch gerade wirklich geführt? Und es war niemand hervorgesprungen und das Ganze aufgelöst?
Ich schluckte schwer und aß weiter. Aber wie? Warum? War ich in einem luziden Traum oder war ertrunken? Vielleicht war das der Tod oder etwas in der Art? Vielleicht lag ich gerade im Sterben und mein Unterbewusstsein wollte mich vor dem Schock und den Schmerzen schützen? Vielleicht war ich in einem Koma oder Ähnlichem? Doch das alles half mir in meiner derzeitigen Situation nicht weiter. Ich war nun einmal hier, ob es Einbildung war, oder nicht.
Sobald ich die Schüssel geleert hatte, legte ich mich wieder hin und dachte nach. Ich musste alles verfügbare Wissen, dass ich die letzten Jahre über aufgeschnappt hatte, zusammensuchen. Ich konnte nicht schnell einmal googeln wie etwas oder jemand hieß und das machte mir mehr zu schaffen als ich gedacht hatte.
Viel zu schnell drangen die ersten Sonnenstrahlen in das Zimmer. Es war ungewohnt nicht müde zu sein nach so einer Nacht. Ich würde mich erst einmal daran gewöhnen müssen eine Elbin zu sein. Doch ich war eine Elbin, die kein Elbisch sprach. Natürlich konnte ich die Grundlagen, doch darüber hinaus nicht wirklich viel und Quenya, das die Noldor, die hier lebten, sprachen, schon gar nicht.
Doch meine Gedanken wanderten auch zu den Guten Dingen, die ich nun erleben konnte. Auch, wenn sie mich in den Filmen immer genervt hatten, wäre es vermutlich schon ziemlich interessant Hobbits kennenzulernen. Alleine ihre Philosophie sprach mich schon an, wobei ich wohl die erste Elbin war, die das Shire besuchen kam.
Um die Menschen würde ich vermutlich einen Bogen machen, doch ich konnte Bruchtal und Lórien besuchen gehen. Aber was dann? Ich hatte kein Zuhause, keine Familie, nichts. Wo sollte ich auf Dauer hier leben? Sicher war es lustig mal alles zu sehen, doch letztendlich war es gefährlich und nur für die ersten Monate wirklich interessant. Schließlich konnte ich nicht einfach in Bruchtal auftauchen und sagen: "Hey, ich wohne ab jetzt hier!" Und kämpfen konnte ich auch nicht! Ich hatte erst einmal ein Schwert überhaupt in der Hand gehabt und das war ewig her vom Bogenschießen ganz zu schweigen, obwohl ich da tatsächlich mal Unterricht gehabt hatte.
Statt Eldatol kam mich eine andere Elbin besuchen, die mir etwas zum Anziehen brachte und mich ein wenig herumführte. Nicht viele Noldor waren hiergeblieben, doch trotzdem war es sehr interessant das alles mal von Nahem zu sehen. In den Filmen sah man nichts von den Noldor und in den Büchern war auch nicht unbedingt viel von ihnen die Rede.
Beim Anziehen war mir eine Kette und ein Armband aufgefallen. Das Armband war aus Silber und ein wenig wie ein Bettelband aufgebaut, doch um einiges schöner und von besser Qualität. Die Anhänger waren auch nicht Tiere oder Ähnliches, sondern Formen mit kleinen Edelsteinen eingearbeitet, die allerdings nicht besonders glitzerten. Es war auch überraschend leicht für die Größe. Die Kette war genauso perfekt verarbeitet, doch schlichter gehalten. Sie war relativ lang und hatte ein kleines Medaillon als Anhänger. Es war im Gegensatz zu der Kette selbst aus Gold und sah, wie ein Herz aus, wobei jede Hälfte einen Flügel darstellte, der es beschützte. Von oben weg zierten winzige Diamanten den Anhänger. Innen stand in sehr kleiner Schrift etwas geschrieben, doch es war Elbische Schrift.
Es hatte mich ein wenig überrascht die beiden Schmuckstücke zu finden, immerhin hatte ich niemals so etwas besessen. Langsam fragte ich mich, ob ich nicht vielleicht den Körper einer Elbin übernommen hatte. Doch das änderte ebenfalls nichts.
Nachdenklich hatte ich mich an den Strand gesetzt und drehte das Medaillon in meinen Fingern. Vielleicht war es die Antwort auf meine Fragen, doch wie sollte ich jemanden dazu bringen mir zu sagen was darinstand? Mal ganz abgesehen davon, würde ich gerne wissen welches Jahr oder Zeitalter wir überhaupt hatten. Nach allem, was ich wusste konnte es das erste Zeitalter sein, wo ich mich am wenigsten auskannte. Gleichzeitig könnte es vermutlich aber auch das vierte sein.
"Ich hörte du willst heute schon abreisen?", fragte Eldatol hinter mir. Überrascht drehte ich mich um. "Ich sollte die Nachricht den Familien meiner Freunde mitteilen", antwortete ich leise und stand auf. Es tat mir ein wenig leid sie anzulügen, doch was sollte ich schon tun? Ich wollte nicht länger hierbleiben. Ich wusste nichts über dieses Volk und letztendlich würde sich nichts ändern, wenn ich länger hierblieb. Vielleicht würde ich auf meiner Reise Antworten finden? Zunächst würde ich Bruchtal ansteuern.
"Es steht alles bereit", lächelte die Elbin und nickte kurz.
Ich hatte ein Pferd, Proviant und Waffen bekommen. Es war Sommer und wenngleich ich ihn die nächste Zeit nicht brauchen würde, hatte ich noch einen Mantel an dem Sattel befestigt, falls es regnen würde. Die ersten Tage verliefen sogar recht angenehm. Ich fand rechtzeitig kleine Unterschlüpfe, was in den Blauen Bergen recht einfach war, und ging recht sparsam mit dem Essen um. Eigentlich war ich Vegetarierin, weshalb es mir nicht unbedingt zusagte Jagen zu gehen, doch diesen Tieren ging es wenigstens gut. Trotzdem hoffte ich rechtzeitig etwas zu erreichen, wo es Essen gab. Ich hatte kein Geld oder womit auch immer hier bezahlt wurde und die einzigen Hinweise, die ich hatte (mein Schmuck) würde ich nicht hergeben.
Ich hatte eine Menge Lembasbrot eingepackt, was mir sehr zugute kam. Nur hin und wieder sah ich einige Zwerge von der Weiten, doch ich hielt mich von ihren Städten fern und vermied Konfrontationen. Ich war eine Elbin und die waren nicht unbedingt gut auf die kleinen, stämmigen Dickköpfe zu sprechen, genauso andersrum.
Das Wetter spielte mir die ersten zwei Wochen in die Karten, es war oftmals bewölkt und auch, wenn ich es mir vielleicht nur einbildetete, war die Sonne hier schwächer als auf der Erde. Außerdem konnte ich schon von der Weiten sehen welches Wetter mich morgen erwarten würde.
Mein Orientierungssinn war nicht unbedingt der beste. Ich versuchte immer nach Osten zu gehen, da wo die Sonne aufging, doch auch, als ich einem Fluss begegnete, wie hätte ich sicher sein können, dass es der Brandywein Fluss war? Nur zu gerne hätte ich eine Karte dabeigehabt, doch ich hatte immerhin viel Zeit sie von meinem Kopf abzurufen. Relativ schnell fing ich an Selbstgespräche zu führen oder zu Schnitzen. Es gab nicht viel, was man auf einer so langen Reise tun konnte und wenn ich ehrlich war, fühlte es sich immer noch nicht wirklich real an.
Das Einzige, das auf Dauer knapp wurde, war das Wasser. Ich konnte es nur hin und wieder auffüllen und wusste niemals wann die nächste Quelle kommen würde.
Missmutig drehte ich mich auf meiner Decke herum. Ein Schnauben und eine samtig weiche Berührung weckten mich auf. "Lass das", brummte ich und schob die Schnauze meines Pferdes weg. "Ich brauch mal einen Tag Pause", knurrte ich müde und legte meinen Arm auf mein Gesicht. Der Himmel war bereits erhellt und die Sonne würde bald aufgehen. Ich hatte mich bemüht nicht mehr viel zu hinterfragen was ich gerade tat und einfach weiterzugehen. Es waren meiner nach Rechnung etwas mehr als drei Wochen. Länger als so ziemlich jeder Urlaub, den ich jemals gemacht hatte. Ich dachte kaum mehr an früher zurück, meine Familie und Freunde. Es machte mich nur traurig und ließ mich Dinge hinterfragen, die ich besser nicht hinterfragen sollte.
Ich vernahm ein aufgeregtes Stampfen und seufzte schwer. "Was ist denn?", stöhnte ich genervt und setzte mich auf. Der Hengst, welchen ich Cúran getauft hatte (eines der wenigen Worte, an die ich mich noch erinnern konnte, es bedeutete Mondsichel), schüttelte sich und schaute mich aus seinen treuen Augen aufmerksam an. Ich wollte schon genervt meine Augen verdrehen, als ich ebenfalls Geräusche hörte. Es waren viele Pfoten, die gehetzt über das Feld stürmten. Wenn man so lange nichts hörte, dann wurde man auf so leise Dinge recht schnell aufmerksam.
Überrascht erhob ich mich so weit, dass ich über das hohe Gras sehen konnte. Tatsächlich konnte ich weiter hinten sich bewegende Büschel ausmachen.
"Cúran, runter", befahl ich leise und deutete neben mich. Es hatte nicht lange gebraucht, bis ich ihm einige nützliche Dinge beigebracht hatte. Es gab schließlich sonst auch nicht unbedingt viel zu tun. Brav legte er sich neben mich. Es war vermutlich immer noch etwas zu sehen, doch fürs erste musste das genügen.
Vorsichtig spähte ich aus dem Versteck und griff nach dem Bogen. Natürlich hatte ich trainiert, doch ohne Lehrer oder irgendeinen Anhaltspunkt war ich nicht sonderlich weit gekommen. Ich konnte einen Pfeil einspannen, doch das mit dem Zielen war immer noch so ein Problem.
Ich vernahm ein Quicken und dann Stille. Mein Herz raste und ich duckte mich schnell wieder. Nervös blieb ich in Deckung und strich beruhigend über die Nüstern meines Pferdes. Er merkte, wenn etwas nicht stimmte. Ich hätte uns schon fast als sicher angesehen, als Cúran plötzlich seine Ohren drehte und sich erheben wollte. Ich seufzte und nickte kurz. Wir wurden vermutlich sowieso längst entdeckt.
Sobald ich aufgestanden war, blickte ich in das überraschte Gesicht eines Elben. Nur langsam senkte er seinen Bogen. "Also das hatte ich nicht erwartet", sagte er und musterte mich und mein Pferd. Ich musste unwillkürlich daran denken, dass wir gerade vielleicht schon sehr nah an Bruchtal waren.
"Dachtest du ich wäre auch einer von den Hasen, oder was?", antwortete ich etwas belustigt und klopfte kurz an den Hals meines Hengstes. Der Elb war offensichtlich alleine und ein Pferd konnte ich auch weit und breit nicht entdecken. Eigentlich ziemlich ungewöhnlich.
"Ich weiß nicht", sprach er immer noch verwirrt, doch senkte seine Waffe nun gänzlich. "Habe ich bereits die Grenze zu Bruchtal überschritten?", fragte ich vorsichtig, doch wie erwartet fing der Elb bloß leise an zu lachen und drehte sich weg, um es zu unterdrücken. "Darf ich fragen warum du dich auf eine Reise begibst ohne Orientierungssinn?", lachte er und befestigte den Bogen wieder auf seinem Rücken. Ich lächelte ebenfalls etwas ertappt und verdrehte die Augen. "Lange Geschichte, wo befinde ich mich leicht?", fragte ich und verschränkte meine Arme. Er hatte lange braune Haare und sah noch recht jung aus für einen Elben. Seine Kleidung war in Grün und Braun gehalten und kam mir nicht wirklich bekannt vor.
"Komm mit", lächelte er und ging vor. Ich zeigte Cúran, dass er die Sachen bewachen sollte und folgte dem Elben. Wir gingen nur ein paar Minuten, als er stehen blieb und zu mir zurückschaute. Es war ein weiter Abgrund, den ich erst von Nahem erkennen konnte. Eine riesige längliche Schlucht lag vor uns, welche nach Norden hin immer tiefer wurde.
"Siehst du dort unten?" Er zeigte nach Norden, wo der große Fluss, welcher am Grund seiner Wege ging, sich in zwei weitere aufteilte. Er warf mir einen zweifelnden Blick zu. Ich ignorierte ihn. Natürlich hatte ich keine Ahnung welche Flüsse das waren, geschweige denn wie sie hießen.
"Das ist der Grauflut, der sich in den Lautwasser und Weißquell aufteilt. Der Weißquell fließt durch Bruchtal", erklärte er weiter und wandte sich dann ab. Ich schaute noch ein paar Sekunden auf das Wasser, doch ging dann mit ihm zurück. "Woher kommst du, wenn du dich so schlecht auskennst?", fragte er interessiert, doch ging an meinem Pferd vorbei. "Deine Kleidung sieht nach Noldor vom Westen aus, aber du selbst irgendwie nach Waldelbin", sprach er weiter. Ich warf meinem Hengst einen ratlosen Blick zu und lief ihm schnell nach. "Kompliziert. Was tust du so alleine hier draußen, wenn wir so weit von Bruchtal entfernt sind?", fragte ich zurück. Ich konnte ihm wohl schlecht erklären, dass ich aus einer anderen Welt kam.
Er warf mir kurz einen etwas misstrauischer Blick zu und blieb dann stehen. "Könnte ich dich auch fragen", antwortete er und beugte sich hinab, um einen toten Hasen auszuheben. Ich wandte sofort meinen Blick ab, doch versuchte mir nichts anmerken zu lassen, was wohl nicht ganz gelang.
"Ich habe immerhin mein Pferd." "Das dich verraten hat", sprach er bloß schulterzuckend und ging dann mit mir zusammen zurück zu meinem kleinen Lagerplatz. "Also bist du hier wirklich ganz alleine?" Er antwortete einige Zeit nicht. "Wie du sagen würdest, lange Geschichte", sagte er schließlich. "Ich habe ein Lager nicht weit von hier. Wenn du willst kannst du mitkommen", bot er an und nickte zu meiner Decke und dem restlichen Gepäck, das ich natürlich abgeschnallt hatte über die Nacht. Ich stimmte zu und packte alles zusammen. Wäre mal etwas Abwechslung und ihm schien es auch zu gefallen jemanden zum Reden zu haben. Vielleicht würden wir uns ja gegenseitig unsere Geschichten anvertrauen. Ich konnte wirklich jemanden gebrauchen, der mir einige Sachen erklärte.
Sein Lager war nicht sonderlich groß, da schließlich nur für ihn gedacht war und versteckt in einem Felsen, unter welchem ein kleiner Eingang zu der Höhle lag. Doch wir blieben draußen und machten ein Feuer. Gerade da die Temperaturen sehr angenehm waren, hatte ich niemals eines gemacht und hatte mich von Beeren, Kräutern oder eben meiner Proviant ernährt. Im Gegensatz zur Erde gab es hier viel mehr wildwachsende Früchte.
Falmarin, wie er sich mir endlich vorstellte, jagte allerdings auch, so wie man es eigentlich auch tat, doch dazu hatte ich mich noch lange nicht durchringen können.
"Also, warum willst du nach Bruchtal?", fragte er, während er den Hasen mit einem Messer zubereitete und Teile davon auf einen Stock band. Ich musste mich bemühen mich nicht zu übergeben oder auch nur die Augen zu schließen. "Ich habe eigentlich nicht wirklich ein Ziel. Ich dachte nur, dass die Elben dort sehr gastfreundlich sind", antwortete ich wahrheitsgetreu und holte mir die Handvoll Beeren, die ich gestern gesammelt hatte. "Du hast mir die Frage von vorhin noch nicht beantwortet. Woher kommst du?" Ich seufzte kurz. Natürlich könnte ich auch sagen, dass er auf meine Fragen ebenfalls noch nicht geantwortet hatte, doch einer musste ja beginnen.
Ich nahm mir die erste Beere und überlegte kurz, wie ich beginnen sollte.
"Du würdest mich für verrückt erklären", seufzte ich schließlich. Er drehte sich zu mir um und warf einen Blick auf die Beeren. "Ich verspreche dir, das werde ich nicht", lächelte er überraschend nett und streckte eine Hand zu meinem Essen. Ich sah kurz in seine grauen Augen und erkannte, dass er es ernst meinte. "Ich weiß nicht ganz, wie ich es erklären soll. Ich... bin eines Tages einfach in diesem Körper aufgewacht", sagte ich leise und sah zu Boden. Ich wusste, wie verrückt ich mich anhörte und war selbst überrascht wie schrecklich sich das anhörte. "Du meinst du hast deine Erinnerungen verloren?" Er pickte einige Beeren heraus und warf sie einfach achtlos zur Seite. Nach einem verwirrten Blick von mir lächelte er bloß amüsiert. "Sie schmecken gar nicht so schlecht, aber wenn du mehr von ihnen isst, bist du morgen tot", erklärte er schulterzuckend und kümmerte sich wieder um seinen Hasen. Ich zögerte kurz etwas überfordert und konzentrierte mich dann wieder auf seine Frage. "Erinnerungen, nein. Ich weiß noch ganz genau was ich... davor getan habe", antwortete ich und aß weiter. Immerhin waren die anderen sicher. Er sah mich etwas überrascht an. "Und was hast du davor getan?" Ich wandte den Blick ab und dachte nach. Ich wollte ihm das nicht unbedingt ganz erklären.
"Also du bist einfach aufgewacht in diesem Körper. Ich nehme mal nicht an du warst eine Elbin davor, sonst würdest du jetzt keine Probleme haben. Was ist mit deiner alten Familie, kannst du nicht zu ihnen?" Ich schüttelte leicht den Kopf und war erleichtert, dass er mich nicht zwang alles zu sagen.
Ich holte die Kette hervor und nahm sie ab. "Ich kann das nicht lesen", lächelte ich etwas peinlich berührt und hielt sie ihm hin. Er kam um ein Lachen nicht herum und nahm sie an. "Eine Elbin, die kein Elbisch kann", murmelte er amüsiert vor sich hin und lachte abermals. Ich verdrehte lächelnd die Augen und sah ihn erwartungsvoll an. Als er das Medaillon öffnete und kurz auf den Inhalt schaute, stockte er für einige Sekunden.
"Und du hast keine Ahnung, woher du kommst?", fragte er leise und sah endlich zu mir. Ich runzelte verwirrt meine Augenbraun und schüttelte den Kopf. Er seufzte schwer und klappte es wieder zu. Nachdenklich schaute er viel zu lange in das knisternde Feuer. Ich schluckte und war noch neugieriger, was nun darinstand. Es würde mir auf jeden Fall weiterhelfen, so wie er reagiert hatte.
"Ich werde dich dorthin bringen, wo du hingehörst, wenn du mir ermöglichst mit dir dortzubleiben", sagte er schließlich und wandte sich wieder mir zu. Ich sah ihn überrascht an. Wollte er mir wirklich nicht sagen was darin stand? Ich nickte leicht und er gab mir die Kette zurück. "Wir sollten sofort los", fügte er hinzu und stand auf. "Was ist mit deinem Essen?", fragte ich verwirrt. "Ich muss noch zusammenpacken. Kümmerst du dich kurz darum?" Doch er wartete meine Antwort nicht ab, sondern verschwand sofort in der Höhle. Ich öffnete das goldene Herz noch einmal und starrte auf die elegante Schrift. Als ich es wieder nah an meiner Haut versteckte und meinen Blick hob, konnte ich am Horizont dunkle Wolken erkennen. Sie mussten über die Nacht gekommen sein.
Vielleicht wollte er deswegen so dringend los?
Ich tat mein Bestes den Hasen zu braten und erinnerte mich an die Zeltlager mit meinem Vater und meiner Schwester. Doch da hatten wir niemals Hasenteile gebraten. Deswegen war ich umso erleichterter, als Falmarin endlich wieder mit seinen Sachen herauskam. Er hatte sie in einen kleinen Rucksack gestopft und nickte mir zu. Ich nahm das Fleisch vom Feuer und befestigte auch meine Sachen wieder an Cúran.
"Du hast mir deine Geschichte noch nicht erzählt?", fragte ich, als wir die ersten Schritte Richtung Süden taten. Er hatte das Essen in ein Stück Stoff eingewickelt und riss hin und wieder etwas davon ab.
"Ich rede nicht gerne darüber", antwortete er abweisend und sah weiter geradeaus. Ich sah schon einen ganzen Tag gehen vor und war nicht sonderlich erfreut darüber. Natürlich war ich hin und wieder einige Stunden neben meinem Pferd hergegangen, doch den ganzen Tag noch nie. Ich war nie sonderlich begeistert von Wandern gewesen.
"Ich habe dir meine auch erzählt." Er sah mich kurz nachdenklich an. "Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich nicht für verrückt erklären werde", lächelte ich und hob mein Kinn ein wenig. Er schüttelte belustigt seinen Kopf. "Mir wäre es lieber, wenn du mir dein Wort darauf gibst, dass ich trotzdem mit dir dortbleiben darf." "Dann eben das", antwortete ich schnell und sah ihn aufmerksam an.
"Ich war ungefähr 40 Jahre alt, als ein Verrat aufgedeckt wurde, an dem meine Eltern beteiligt waren. Ich wurde mit ihnen zusammen weggeschickt und recht schnell kam es zu einem großen Streit. Sie wollten nicht einsehen, dass sie etwas falsch gemacht hatten, doch sie hatten mein Leben zerstört. Ich bin habe einige Sachen genommen und bin gegangen", erzählte er leise und sah mich dabei nicht an. Ich legte mitfühlend eine Hand auf seine Schulter. "Du hattest nichts damit zu tun. Warum sollte das meine Meinung über dich ändern?" Er warf mir einen etwas überraschten Blick zu. "Natürlich hatte ich das nicht, ich war ein Kind. Viele würden mich für die Vergehen meiner Eltern verantwortlich machen. Wie der Vater so der Sohn." "Woher ich komme ist das seit langem nicht mehr so", lächelte ich und sah ihn mitfühlend an. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich so etwas anfühlte. Ich wusste immer, dass ich es gut hatte mit meiner Familie, meinem Umfeld, obwohl mein Leben natürlich auch nicht perfekt war, doch war es kein Vergleich zu seinem.
"Woher kommst du noch einmal?", lachte er, doch man konnte noch den Schmerz in seiner Stimme heraushören. Ich schüttelte meinen Kopf. "Ich hätte noch eine andere Frage", sagte ich schließlich und nahm meine Hand hinunter. Er atmete kurz durch und nickte dann. "Welches Jahr haben wir?" Er runzelte seine Stirn und blieb stehen. "Nur falls ich bei dem Körperwechsel ein paar Jahre verschlafen habe", fügte ich schnell hinzu. Er sah mich immer noch verwirrt und etwas misstrauisch an.
"Welches Jahr hatten wir als du dich noch erinnern konntest?" Ich antwortete einige Sekunden nicht. "Oder welches Zeitalter?" Wieder zögerte ich kurz bevor ich langsam "Drittes" murmelte. Er musterte mich. "Du kommst nicht von Mittelerde, nicht einmal von Arda, oder? Wir haben das zweite." Ich wandte den Blick ab. Gleichzeitig versuchte ein Teil von mir alle Informationen über das zweite Zeitalter abzurufen.
"Macht das einen Unterschied?", fragte ich leise und ging einfach weiter. "Hat Ilúvatar dich geschickt?", fragte Falmarin atemlos und rannte mir nach. "Nein, ich weiß nicht, ich habe keine Ahnung, warum ich hier bin. Ich dachte die Kette würde mir das sagen", erwiderte ich und stapfte etwas wütend weiter. Es nervte mich, dass er mir nicht sagen wollte was darinstand.
"Es ist eine Liebeserklärung und ein Versprechen dich zu beschützen", erklärte er nach einem leichten Seufzen. Ich warf ihm einen überraschen Blick zu. Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach war das aus ihm hinauszubekommen. "Und woher weißt du woher es kommt?" Er musterte mich abermals. Vertraute er mir immer noch nicht?
"Ich kenne die Person, die unterzeichnet hat." Ich nickte kurz. Vermutlich war es ein Freund von ihm. Doch das zeigte mir einmal mehr, dass ich vielleicht den Körper einer anderen Elbin übernommen hatte. Es konnte natürlich auch sein, dass ich einfach irgendwoher diese Kette bekommen hatte, doch genauso gut war es möglich, dass ich den ganzen Körper gestohlen hatte. Doch warum sollte eine Elbin die Liebe ihres Lebens verlassen?
"Danke", sagte ich leise und nickte ihm zu. "Leg ein gutes Wort beim Schöpfergott für mich ein", antwortete er bloß, worauf ich kurz lachte. Ich hoffte, dass er das nicht wirklich glaubte.
"Welches Jahr haben wir jetzt?", fragte ich nochmal nach. "2576 drittes Zeitalter", antwortete er amüsiert. "Du hast gesagt...", begann ich mich aufzuregen, doch er warf mir nur einen Blick zu, der mir verriet, dass er das alles so geplant hatte. Lächelnd verdrehte ich meine Augen.
Wir gingen den ganzen Tag Richtung Süden und überquerten am nächsten Tag eine Brücke über den Fluss. Die Schlucht war inzwischen flacher geworden. Ich wusste von keinem Elbenvolk im Süden und da wir nun Richtung Osten gingen konnte ich nicht anders, als anzunehmen, dass Lórien unser Ziel war. Immerhin lag es genau auf unserer Höhe.
Im Laufe der nächsten Tage händigte Falmarin mir auch endlich eine Karte aus, die ich nur zu gerne annahm. Doch anstatt weiter Richtung Osten, nach Lórien zu gehen, drehten wir uns nach Norden und betraten dort erst die Nebelberge. Ich wusste, dass sie gefährlich werden konnten, doch das war immerhin nicht die Höhe, die die Zwerge im Hobbit genommen hatten, oder nehmen werden. Außerdem kannte mein Begleiter sich gut aus. Die meiste Zeit vertrieben wir unsere Zeit damit mir Geographie und Geschichte beizubringen, wofür ich ihm ziemlich dankbar war. Von Ardapedia zu Ardapedia Eintrag zu wechseln war eben nicht dasselbe, als alles erzählt zu bekommen und hin und wieder ein paar Fragen stellen zu können. Er hatte seine Ausbildung nicht ganz beendet, doch wusste trotzdem mehr als ich gedacht hatte. Zu gerne hätte ich ihm mehr über die Zukunft erzählt, doch mir war natürlich klar, dass ich das unter keinen Umständen durfte.
Mit ihm an meiner Seite machte ich mir auch nicht mehr so viele Sorgen, wo ich die nächste Proviant beziehungsweise das nächste Wasser herbekam. Nur Cúran tat sich ein wenig schwer in den Bergen. Doch danach kam schließlich wieder Flachland und auch seine Last wurde von Tag zu Tag weniger. Ich lernte mit weniger zurechtzukommen und hin und wieder auch den ganzen Tag von der Natur zu essen. Mit dem Fleisch hatte ich mich immer noch nicht ganz angefreundet. Außerdem gab es endlich jemanden, der mir Kämpfen beibringen konnte und das verblüffend gut. Wir brauchten knapp zwei Wochen über die Berge, da wir auf sicher gehen wollten und auch keinen Stress hatten. Und mein Pferd konnte auch nicht auf allen Wegen gehen, weshalb wir hin und wieder umkehren mussten.
Doch letztendlich schafften wir auch das und setzten unseren Weg über die flachere Gegend Richtung Osten fort. Sobald wir an den Anduin kamen, suchten wir einen Ort ihn zu überqueren, was mir den letzten Hinweis gab.
"Wir gehen also zum Düsterwald", stellte ich fest und bemühte mich ein Grinsen zu unterdrücken. Nicht nur würde ich das Waldlandreich zu Gesicht bekommen, nein, ich würde vielleicht auch darin leben können, wenn die Kette wirklich von hier war und ich den Körper gestohlen hatte. Doch würde man mich akzeptieren, wenn ich wirklich nur eine Diebin war? Wohl kaum.
"Das hast du aber schnell bemerkt", lächelte Falmarin und nickte Richtung Norden. "Wir hätten immer noch nach Lórien gehen können", antwortete ich etwas beleidigt und folgte ihm. "Wäre es nicht ganz nützlich zu wissen wer in mich verliebt ist?", fragte ich etwas aufgeregt und richtete meinen Blick auf den weit entfernten Streifen Wald. "Er heißt Tergon und war mal ein Freund von mir. Deswegen weiß ich, dass es seines ist", erklärte der Elb. "Aber mich kennst du nicht?" Er sah mich kurz an. "Ich weiß, dass er es gemacht hat, nicht für wen", antwortete er schließlich und wandte sich wieder ab. "Wenn ich wirklich diesen Körper einfach übernommen habe, denkst du nicht, dass sie draufkommen werden?", fragte ich leise. Er schien einfach anzunehmen, dass ich das hatte, andernfalls könnte ich ihm schließlich auch nicht helfen.
"Tergon wird es verstehen. Er hat nur Augen für dich." "Aber er hat nur Augen für die vorige Bewohnerin", antwortete ich unsicher. Diese Antwort hatte mir nur nochmal mehr gezeigt wie gefährlich diese Unternehmung war. Ich konnte diesen Tergon doch nicht einmal erkennen oder wusste sonst etwas über mein früheres Leben. Falmarin konnte mir ein paar Sachen erzählen, wie es so ablief im Waldlandreich, doch wie meine Freunde, meine Familie hieß, nicht.
Doch es musste einen Grund gehabt haben, dass ich nach Mittelerde gekommen war und irgendwie war mein letztes Leben über die Wochen mehr und mehr verblasst. War es nicht nur ein Traum gewesen? War nicht das hier mein echtes Leben? Hatte ich bei dem Unfall nicht nur meine Erinnerungen verloren?
Ich wollte diese Fragen ausblenden, zumindest bis wir bei dem Eingang zum Elbenpfad angekommen waren, doch es war schwierig.
Es waren drei weitere Tage, die wie neben dem riesigen Wald hergingen. Nun konnte ich zwar gezielter Fragen stellen, doch Falmarin war noch ein Kind gewesen, als er den Düsterwald verlassen hatte und wusste auch nicht auf alle meine Fragen eine Antwort. Alle möglichen Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab und lange konnte ich nicht einschlafen.
"Dort vorne", kamen endlich die erlösenden Worte meines Gefährten, welcher in die Bäume zeigte. "Na endlich", seufzte ich erleichtert und drehte mich dorthin. Meine Beine taten weh und schienen einen durchgehenden Muskelkater zu haben. Nur selten hatte ich mich auf Cúran gesetzt, der inzwischen mehr einen weiteren Gefährten darstellte.
"Wir werden ihn zurücklassen müssen", sagte Falmarin und nickte zu meinem Pferd. Ich sah ihn etwas überrascht an, doch merkte dann, dass er recht hatte. Der Wald war bereits von dem bösen Zauber befallen und er könnte sowieso nichts in der Dunkelheit erkennen.
Ich nickte und legte eine Hand auf den Hals des Hengstes. Da wir nun motivierter dem Ziel entgegenblickten, verschnellerten sich unsere Schritte und nach wenigen Minuten kamen wir auch schon an. Ich drehte mich zu Cúran und schnallte die Sachen ab.
"Was werden wir brauchen?", fragte ich und nahm auch das Zaumzeug und den Sattel ab. "Wir sollten die meisten Dinge mitnehmen. Es wird Nüsse geben, doch die werden uns auf Dauer nicht sehr weiterhelfen", antwortete mein Freund, welcher bereits zwischen den ersten Bäumen stand.
Ich nickte kurz und drückte ihm die Decke und einen Teil der Proviant in die Hand. Den Mantel zog ich einfach an, da er zu schwer zum Tragen wäre. Ich wusste, dass es ein langer Weg werden konnte und erinnerte mich gut daran, was im Buch stand. Ich nahm an, dass die Realität sich daran orientieren würde und nicht am Buch, doch war mir nicht ganz sicher.
Schweren Herzens verabschiedete ich mich von Cúran und betrat mit Falmarin den Wald. Sofort wurde es still und unfassbar dunkel. Zuerst konnte ich nicht einmal meine eigene Hand vor den Augen erkennen, doch nach ein paar Sekunden wurde plötzlich alles wieder heller. Doch es war kein Licht, das von der Sonne kommen würde, oder normales Tageslicht. Es war ein sonderbares Gefühl.
"Das fühlt sich komisch an", flüsterte ich leise und sah mich um. "Hier ist dein Beweis, dass du eine Waldelbin bist", antwortete mein Gefährte bloß und ging weiter. Ich sah ihm überrascht hinter, doch beschleunigte auch meine Schritte. Die Bewohner des Düsterwaldes konnten im dunklen sehen, sie sonst sollten sie sich in den befallenen Teilen zurechtfinden? Ich fühlte mich fast wie eine Katze, wobei die hier vermutlich auch nichts gesehen hätte.
Die ersten zwei oder drei Tage war ich sehr aufmerksam und blickte suchend in die Bäume, doch nichts war von den riesigen Ungetieren zu sehen. Ich hatte immer noch nie wirklich gekämpft und auch, wenn ich es in der Theorie konnte, bezweifelte ich, dass ich mich wirklich wehren konnte, wenn ein Angriff stattfand.
Doch der Elbenpfad war anscheinend wirklich noch relativ frei von Spinnen und schließlich setzte ich nur noch müde einen Fuß vor den anderen. Wir konnten nicht feststellen ob es Tag oder Nacht war und gingen und rasteten wie es uns beliebte. Es wuchsen tatsächlich einige Nüsse an den Bäumen, doch wir konnten nur die, die nah an dem Weg lagen, essen.
"Du weißt nicht, wie bekannt mir das alles vorkommt", lächelte Falmarin irgendwann. Mir war die Stille, die sich über die Zeit zwischen uns ausgebreitet hatte, gar nicht aufgefallen. Der Wald wirkte so bedrückend, dass man schnell vergaß, dass da noch jemand mit einem hier war.
"Das glaube ich dir", antwortete ich, doch meine Stimme war kratzig und belegt. Ich räusperte mich leicht und holte zu ihm auf. "Wie weit ist es noch?", fragte ich. Alles sah gleich aus.
Falmarin blieb abrupt stehen und sah sich alarmiert um. Ich hatte kurz Angst, dass es die Spinnen wären, die sich doch zu dem Pfad trauten, doch ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ich wollte gerade fragen, ob es wirklich die Elben waren, doch da sprangen sie bereits aus den Bäumen und richteten ihre Bogen auf uns.
"Tergondis, es ist mir eine Ehre", begrüßte mich die Elbin, welche wohl die Anführerin darstellte, trat näher und verbeugte sich knapp. Ich unterdrückte einen verwirrten Blick und nickte kurz. Hinter mir hörte ich, wie Falmarin festgenommen wurde.
"Er hat mir geholfen", sagte ich schnell und die Elbin sah misstrauisch zu ihm und dann wieder zu mir. Ich sah sie auffordernd an, worauf sie etwas widerwillig ihre Hand hob. "Es ist schön Euch zu sehen", sprach die etwas leiser und lächelte mir zu. Ich erwiderte es und wusste nicht so ganz was ich darauf antworten sollte. Falmarin hatte mir bereits erzählt, dass Tergon einigen Einfluss im Waldlandreich hatte, doch ich hatte nicht gedacht, dass er so weitreichend war.
Die Elbin drehte sich um und nickte mir zu. Ich warf noch einen Blick zu Falmarin und folgte ihr dann. Er sah nicht sonderlich erfreut aus, doch wenigstens wurde er freigelassen. Auf dem recht kurzen Weg musste er auch noch seine Waffen abgeben, doch das war wirklich nicht so schlimm. Immerhin kehrte er in sein Zuhause zurück und ich hatte versprochen, dass ich ihm helfen würde dort Fuß zu fassen.
Sobald wir durch das große Eingangstor traten, schickte die Elbin, deren Namen ich immer noch nicht wusste, einen der anderen los. Wenn sie etwas zu ihm gesagt hatte, hatte ich es nicht mitbekommen.
"Bringt ihn in eine Zelle", befahl sie und nickte zu meinem Gefährten. "Ich habe bereits gesagt, dass er mir geholfen hat. Ich vertraue ihm und eine Zelle wäre mehr als unangebracht", antwortete ich schnell und baute mich etwas vor ihr auf. Sie hob ihre Augenbraun, doch nickte. Falmarin wurde trotzdem an den Armen gepackt und die ersten Schritte von uns entfernt, als ich leise Geräusche wahrnahm. Auch die Wachen blieben stehen und sahen zu einer Ecke, hinter welcher der Elb, der vorhin losgeschickt wurde, gerade mit, ich konnte es kaum glauben, Legolas zurückkehrte.
Ich konnte mich nicht bewegen. Er sah nicht ganz wie der Legolas in den Filmen aus, immerhin war Orlando Bloom nicht nach Mittelerde gereist, doch ich würde sogar sagen, dass er fast noch besser aussah. Jeder einzelne Elb hier könnte man nicht im Geringsten mit Menschen vergleichen, doch das wusste ich immerhin schon.
Doch zu all dem kam auch noch, dass er ebenfalls kurz stehen blieb, mich anstarrte und "Tergondis" hauchte, bevor er seine Schritte verschnellerte und auf mich zukam. Die Wachen um mich herum traten einen Schritt zurück, als er mich auch schon in seine Arme schloss. Ich erwiderte schnell, doch war immer noch überwältigt.
"Du bist zurückgekehrt", flüsterte Legolas und trennte sich von mir, doch nur, um mich sofort zu küssen. Ich war etwas überrascht, doch wusste, dass viele Blicke auf uns lagen, weshalb ich es mit einem Lächeln abtat und erwiderte. Dabei musste ich daran denken, dass ich ihm noch sagen musste, dass nicht seine echte Tergondis zurückgekehrt war.
"Wir müssen reden", sagte ich leise, als ich mich von ihm löste. Er nickte kurz und sah sich um. Die Wachen zollten weniger Aufmerksamkeit als erwartet. Ich hatte gedacht Legolas durfte sich nicht einfach irgendeiner Waldelbe versprechen?
"Du, hast du", fing er an, als er Falmarin erkannte. Wütend ging er den ersten Schritt auf ihn zu, doch ich legte schnell eine Hand auf seine Schulter. "Ohne ihn wäre ich nicht hier. Er hat mir geholfen", sagte ich schnell, um ihn aufzuhalten. Er sah mich etwas überrascht an, doch die Wut wich kaum aus seinem Gesicht. Ich musste ebenfalls sagen, dass ich ein wenig genervt war, immerhin hatte er mich schon wieder angelogen. Es wäre ganz gut gewesen zu wissen, dass nicht irgendein Tergon, sondern der Prinz in mich verliebt war. Doch trotzdem hatte ich Mitleid.
Auf einen weiteren flehenden Blick von mir, entspannte er sich wieder ein wenig. "Nun gut, bringt ihn auf ein Zimmer, doch ich will, dass immer eine Wache davorsteht", befahl er und drehte sich wieder zu mir. Ich lächelte dankbar. Diesmal wurde mein Freund wirklich weggebracht und auch die anderen Elben folgten ihrer Herrin tiefer in den Palast.
"Was wolltest du besprechen?", fragte er, doch schien nicht wirklich ernst bleiben zu können. Immer wieder fuhr sein Blick über mein Gesicht, was sich zuerst aufregend anfühlte, doch auf Dauer etwas unangenehm war. Immerhin war ich nicht die Person, die er liebte.
"Nicht hier", antwortete ich leise und deutete ihm, dass er mir folgen sollte. Allerdings kannte ich mich schließlich nicht wirklich aus und war froh, dass er mit mir auf einer Höhe ging und irgendwann in einen Raum einbog, der verlassen dalag.
"Ich habe bereits mit meinem Vater gesprochen und...", fing er an, doch ich hob beruhigend meine Hände. Der Raum war mit einem roten Teppich ausgelegt, an den Wänden hingen Kerzen und an der Decke ein mäßig großer Kronleuchter. Es gab zwar keinen Kamin, doch eine gemütliche Sitzecke.
"Das ist es nicht", unterbrach ich ihn und seufzte schwer. Ich konnte doch nicht einfach hierhergeschickt worden sein, um dem Prinzen zu sagen, dass ich nicht ich war? Es musste eine Aufgabe für mich geben und es würde vermutlich nicht viel bringen ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Würde er nicht wütend werden? Würde er mir nicht die Schuld geben, dass Tergondis nun verschwunden war?
"Was ist los?", fragte er sanft und nahm meine Hände. Ich blinzelte ein paar Mal und konnte immer noch nicht realisieren, wer gerade vor mir stand. Wie oft hatte ich mir das vorgestellt und nun war es doch so anders. Ich fühlte mich geborgen, sicher bei ihm, doch mein Gewissen sagte mir, dass es falsch war. Zu gerne hätte ich es weiter genossen, doch ich konnte nicht.
"Vor einigen Wochen... bin ich einfach in diesem Körper aufgewacht und...", begann ich und merkte, wie sich Flüssigkeit in meinen Augen sammelte und meine Stimme zu brechen drohte. Was tat ich hier? Es war nicht nur dumm, es war gefährlich. Falmarin und ich könnten beide dafür ums Leben kommen.
"Du meinst du hast deine Erinnerungen verloren?", fragte Legolas besorgt. Ich seufzte und entzog ihm meine Hände. Natürlich war das die beste Erklärung, die jemandem einfiel, wenn man ihm so etwas erzählte. Der Teil von mir, der mir schon vorher gesagt hatte, dass mein voriges Leben bloß ein Traum gewesen war, meldete sich wieder, doch tief in mir wusste ich, dass es falsch war. Doch es wäre ein Fehler ihm nun alles zu erzählen. Die Liebe eines Elben war tiefer als Menschen sich vorstellen konnten und vielleicht würde Legolas die Kontrolle verlieren, wenn er es herausfand.
"Ich weiß nicht. Vielleicht", antwortete ich leise und starrte zu Boden. "Ich habe das hier gefunden", fügte ich hinzu und holte die Kette hervor. "Tergondis", hauchte Legolas mitfühlend und umarmte mich sanft. Ich legte meine Arme um seinen starken Körper und vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Viel zu selten hatte ich realisiert, was ich verloren hatte. Wen ich verloren hatte. Ich würde meine Familie vielleicht nie wiedersehen, meine Freunde. Hier kannte ich niemanden und nun einfach in den Armen des jenigen zu liegen, den ich mir so oft vorgestellt hatte, gab mir so eine Welle von Sicherheit, dass ich nicht anders konnte, als einige Tränen zu vergießen. Falmarin war zwar ein Freund gewesen, doch er hatte niemals diese Sanftheit gezeigt, mit der Legolas mich nun empfing.
"Vielleicht können wir einige Erinnerungen zurückbringen", lächelte mein Gegenüber und ließ mich los. Ich räusperte mich kurz und strich die Tränen weg. Ich wollte nicht so schwach aussehen, wobei ich das vermutlich sowieso schon tat.
Ich nickte kurz und konnte ihm immer noch nicht in die Augen schauen. Ich wusste, dass nichts zurückkommen würde, doch vielleicht würde ich mehr über das alte Leben von Tergondis erfahren.
Sobald ich mich beruhigt hatte, gingen wir zu meinen alten Gemächern. Sie waren groß und wunderschön, doch natürlich sagten sie mir nichts. "Du hattest eine lange Reise, vielleicht solltest du dich erst einmal ausruhen", lächelte Legolas und strich über meine Wange. Ich lächelte schwach und nickte. Er hatte recht, ich war erschöpft und konnte einige Zeit zum Nachdenken gebrauchen.
Er hielt sich offensichtlich zurück mich wirklich zu küssen und gab mir nur einen kurzen Kuss auf die Stirn, bevor er ging. Ich fuhr mir durch meine Haare und ließ mich auf das Bett sinken. Es war um einiges weicher als ich erwartet hatte. Viele Wochen hatte ich kein Bett mehr gesehen oder gespürt.
Ich legte die Sachen auf den Tisch und ging zu einem der Schränke. Die Kleider waren atemberaubend und schöner als alles, was ich jemals gesehen hatte. Im Gegensatz zu denen, die man in Filmen sah, waren einige mit echten Edelsteinen besetzt und von einem Material, von dem ich bezweifelte, dass es überhaupt auf der Erde existierte.
Doch sie waren natürlich nichts für die Nacht, weshalb ich zum nächsten Schrank ging. Darin waren tatsächlich eher schlichte und angenehme Sachen. Ich nahm mir ein kurzes Oberteil und eine Hose und zog mich um. Eigentlich hätte ich noch gerne geduscht, doch hier war nur ein Bad möglich, für welches ich Hilfe brauchte und mit den anderen Arten sich zu waschen, kannte ich mich nicht aus.
Also ging ich einfach so zu Bett.
Am nächsten Morgen wachte ich recht früh auf. Die letzten Wochen war ich immer vor Sonnenaufgang aufgestanden, weshalb mein Körper das wohl so beibehalten wollte. Ich hatte allerdings nicht wirklich etwas dagegen und erhob mich. Vielleicht würde ich in den anderen Räumen, die an das Schlafzimmer anschlossen, etwas Nützliches finden, um mich zu waschen. Tatsächlich war der nächste direkt etwas wie ein Badezimmer.
Es musste ein mächtiger Zauber sein, der tatsächlich ermöglichte, dass ein kleiner durchgehender Wasserfall dort floss. Ich hielt meine Hände in das Wasser, welches im Herbst recht kühl war, doch auszuhalten. Ich war eigentlich kein Fan von kalten Duschen, doch ich war bis jetzt oft in eiskalten Bächen oder Flüssen baden gegangen, weshalb ich das auch aushalten konnte.
Es fühlte sich wunderbar an endlich rein und gepflegt in neue Kleidung zu schlüpfen. Es gab einige Cremen in dem Badezimmer, doch ich benutzte sie kaum. Meine Haut fühlte sich so glatt und weich an, dass ich das für unnötig hielt.
Die Sonne war bereits über die Bäume gestiegen, als ich wieder mein Schlafzimmer betrat. Begeistert stellte ich fest, dass die gläserne Tür zu einem kleinen Balkon führte. Ich fragte mich, ob Tergondis bloß wegen ihrer Beziehung mit Legolas solche Räumlichkeiten besaß, oder sie tatsächlich adeliges Blut besaß.
Ein kühles Lüftchen schlug mir entgegen, als ich nach draußen trat. Die Sonne strahlte mir mitten ins Gesicht, doch begann mit den Minuten hinter den dichten Wolken zu verschwinden. Wir hatten den Regen wohl gerade noch so verpasst. Dabei fiel mir Falmarin wieder ein. Ich fragte mich, wie es ihm ging und ob er wirklich mehr ein Gefangener als ein Gast war. Allerdings hatte ich keine Möglichkeit das festzustellen. Ich hatte mir kaum den Weg zu meinem Zimmer merken können.
"Guten Morgen", begrüßte mich eine amüsierte Stimme hinter mir, worauf ich erschrocken herumfuhr. Legolas stand an der Tür gelehnt. "Ich hatte geklopft, aber du warst wohl in Gedanken", lächelte er und löste sich vom Türrahmen. "Oh, ja. Guten Morgen", antwortete ich schnell und trat mit ihm in mein Zimmer. Ohne die Sonne war es schnell kalt geworden.
"Wie geht es dir?", fragte er immer noch etwas besorgt und schloss die Tür hinter mir. Nach der Nacht fühlte es sich noch etwas mehr unrealistisch an, dass der Prinz des Düsterwaldes einfach so vor mir stand und anscheinend auch noch Gefühle für mich hatte.
"Besser", antwortete ich kurz angebunden, worauf er näher trat und seine Hände anhob, um nach meinen zu greifen, doch ich zuckte ein wenig zurück. Ich fühlte mich schlecht dabei den Körper seiner alten Freundin auszunutzen, nur um ihm näher zu sein. Ich kannte ihn nicht und er mich nicht.
"Ich habe mir schon überlegt, was wir machen könnten", sprach Legolas motivierter als erwartet. Es brach mir fast das Herz, dass er seine Tergondis wohl nie wieder zurückbekommen würde. Doch trotzdem sah ich ihn erwartungsvoll an. Es konnte nicht schaden mich mit ihm anzufreunden.
Ich hatte mir bereits Kleidung angezogen, in denen ich mich gut bewegen konnte, da ich mir dachte, dass so etwas kommen würde. Tatsächlich führte er mich, nach einem kurzen Rundgang im Palast, in den Wald hinaus. Jede Person, der wir begegneten, verbeugte sich kurz, doch ganz offensichtlich auch zuteils vor mir. Es war ungewohnt und auch etwas unangenehm, wobei ich mich vermutlich daran gewöhnen sollte, dass ich nun einmal diese Stellung hatte. Eine Stellung, für die ich nichts getan hatte, die ich nicht verdient hatte. Doch vermutlich war das bei jedem Prinzen und Prinzessin genauso. Sie wurden in eine Familie hineingeboren, wie ich einfach in diesen Körper versetzt wurde.
Die Luft roch nach Regen, doch noch hatte es nicht begonnen. "Wohin gehen wir?", fragte ich und blickte fasziniert durch die Bäume. Hier waren sie frei von dem Zauber und von einer wundervollen Herbstpracht. Ich wusste, dass der Düsterwald zu dieser Jahreszeit atemberaubend aussah, doch das hatte ich nicht erwartet. Es war kein Vergleich zu den Wäldern auf der zerstörten Erde.
"Wirst du schon sehen", grinste Legolas und griff, wenngleich etwas vorsichtig, nach meiner Hand. Ich ließ es zu und holte zu ihm auf. Ich hatte vielleicht keine echten romantischen Gefühle für ihn, doch ich hatte den Körperkontakt vermisst und es war schließlich nur seine Hand.
Wir liefen nicht lange, als wir auf einer kleinen Lichtung ankamen. Sogar zu dieser späten Zeit im Jahr, war sie ein Meer von Blumen. In der Mitte stand ein Felsen, welcher sonderbar glitzerte.
Ich konnte nicht genau sagen, was es war, doch ein Gefühl überkam mich, das mich nähertreten ließ. Ich nahm Legolas kaum mehr war. Der Stein war geziert von vielen kleinen Edelsteinen in allen möglichen Farben und auch ohne Sonnenlicht schienen sie zu leuchten. Als ich meine Hand hob, um ihn zu berühren, rutschte mein Ärmel ein wenig hinunter und mein Armband kam zum Vorschein. Es leuchtete ebenfalls in denselben Farben, wie der Felsen.
Der Duft der Blumen strömte in meine Nase. Glücklich bewegte ich meine Arme ein wenig durch die Wiese. Ich lag mit dem Rücken auf dem Boden und schaute erfüllt in den klaren blauen Himmel. Es war ein perfekter Sommertag.
"Hat da etwa jemand meinen geheimen Ort gefunden?", lachte eine gespielt beleidigte Stimme vor mir. Ich hob überrascht meinen Kopf und erstarrte, als der Prinz vor mir stand. "Scheint wohl so", antwortete ich schließlich einfach. Es war ein so ruhiger Ort, dass es mir in dem Moment egal war, dass ich ihn gebührend begrüßen sollte.
Ich öffnete meine Augen und erblickte wieder die kleinen Edelsteine. Mein Herz pochte schnell. Es war, als wäre ich aus einem Traum erwacht, doch ich hatte nicht geschlafen. Erinnerungen, die ich gar nicht besitzen dürfte, strömten plötzlich auf mich ein. Doch es waren nicht alle, waren nur Fetzen.
Langsam drehte ich mich um. "Legolas", hauchte ich leise und lief mit ein paar schnellen Schritten auf ihn zu, um ihm um den Hals zu fallen. Ein Teil von mir schrie immer noch, dass er doch gar nicht echt sein durfte, doch die Gefühle hatten mich überrollt und die Kontrolle übernommen. Es war nicht, als würde Tergondis wieder Herr ihres Körpers werden, es waren wirklich alte Erinnerungen von mir selbst, obwohl ich mir sicher war, dass ich sie nie durchlebt hatte, oder zumindest sagte das mein menschlicher Teil.
Ich trennte mich wieder von ihm und legte meine Hände an sein Gesicht. Einige Sekunden musterte ich einfach die bekannten Strukturen des Elben, den ich so sehr geliebt hatte, und küsste ihn dann zärtlich. Er hatte seine Hände auf meinem Rücken gelegt und verfestigte seinen Griff leicht. Ich konnte das Lächeln in dem innigen Kuss spüren und legte meine Stirn an die seine.
"Tergondis", hauchte er leise und wir öffneten wieder unsere Augen. "Ich erinnere mich an diesen Ort, an dich, aber...", erklärte ich und drehte mich wieder zurück zu dem Stein. "Der Rest wird auch noch zurückkommen", versprach der Elb mir und fuhr sanft über meine Wange. Ich sah ihn lächelnd an und merkte, dass sich ein Gefühl von Heimkehr in mir ausbreitete.
Die nächsten Tage verbrachte ich viel im Palast und lernte die Wege und Räumlichkeiten kennen. Legolas erzählte mir sehr viel über die Vergangenheit, meine Familie und Freunde. Erstes lebte weit im Westen vom Düsterwald und letzteres hatte ich in einem sehr kleinen Kreis gehalten. Doch trotzdem musste ich einige Namen und Personen kennen, weshalb wir oft zusammen unsere Runden drehten und er mir hin und wieder Namen zuflüsterte. Ich war ihm mehr als nur dankbar, dass er sich so bemühte den Einstieg einfacher zu machen und desto mehr ich von dem Königreich sah, desto mehr Erinnerungen kamen auch zurück. Avondil zum Beispiel erkannte ich ganz von selbst. Sie war meine beste Freundin und auch ihr erzählte ich schließlich, dass ich die meisten meiner Erinnerungen verloren hatte. Sie reagierte sehr verständnisvoll und konnte mir auch einige andere Dinge erzählen, von denen Legolas nichts wusste.
Ich fand es unglaublich faszinierend, wie alle zusammenhielten und dem König nichts von meiner Rückkehr verrieten. Er hatte Tergondis fortgeschickt, sie zwar nicht verbannt, doch empfohlen nach Aman zu reisen. Bei dieser Reise war ich wohl in ihren Körper gekommen. Thranduil wollte nicht, dass sein Sohn mich zur Frau nahm und ohne sein Einverständnis würde das sowieso nicht funktionieren.
Auch Elbisch lernte ich überraschend schnell, wobei das natürlich auch mit den Erinnerungen zusammenhing. Ich traute mich nach den paar Tagen zwar noch nicht, es wirklich zu sprechen, doch die Gespräche zwischen den Wachen oder anderen Personen im Palast, konnte ich nachverfolgen.
Es war der Abend des vierten Tages, als ich müde wie immer mein Zimmer betrat. Ich hatte die letzten beiden Nächte bei Legolas verbracht und dementsprechend wenig geschlafen, doch war dafür umso glücklicher.
Einige Sekunden stand ich hinter der geschlossenen Tür und lächelte vor mich hin. Ich ertappte mich zum ersten Mal wieder mit dem Gedanken an die Erde. Hatte Tergondis meinen Körper übernommen? Oder war ich einfach nur verschwunden? Oder war es tatsächlich bloß ein Traum gewesen?
"Vergisst du dein Versprechen eh nicht?", fragte eine bekannte Stimme und Falmarin trat aus dem Wohnzimmer. Ich sah ihn überrascht an, doch kam näher. "Wie bist du hier reingekommen?", fragte ich verwirrt und ging an ihm vorbei in das Wohnzimmer zurück. "Die Wache steht immer noch vor meinem Zimmer. Ich sehe das nicht als hier leben an", antwortete er bloß und folgte mir. "Natürlich nicht, doch Legolas wehrt immer sofort ab, wenn ich das Thema anspreche", versuchte ich mich zu verteidigen, doch das beeindruckte ihn wenig.
"Ich will meine Freiheiten, ich denke das ist nicht zu viel verlangt, nachdem, was ich getan habe", antwortete er stur und verschränkte seine Arme vor der Brust. Früher war er nicht so stur und eingebildet gewesen.
"Ist mir schon klar, aber du wirst doch wohl noch ein paar Tage warten können", antwortete ich etwas genervt, worauf er einige Sekunden schwieg. Ich musterte ihn etwas verwirrt. "Kann ich nicht, ich habe mir mit ein paar Freunden etwas ausgemacht." "Ich dachte du hast keine Freunde hier?", antwortete ich sofort und wurde langsam etwas misstrauisch. Er verhielt sich ganz anders als auf unserer Reise. "Ich habe mich mit ihnen aussprechen können", widersprach er und wurde ebenfalls langsam genervt. "Dann werden sie auch noch warten können. Heute wird auf jeden Fall nichts mehr passieren", sagte ich ernst und sah ihn fest an. Er knurrte leise und seufzte. Was war in ihn gefahren?
Nach ein paar Sekunden Stille, trat er einen Schritt näher. Ich wollte keine Schwäche zeigen und blieb weiterhin stehen. "Dann habe ich wohl keine andere Wahl. Du solltest da nicht mit hineingezogen werden", presste er heraus und zog blitzschnell ein Messer, welches er mir seitlich in den Bauch rammte. Ich krümmte mich sofort etwas zusammen und versuchte mich am Tisch neben uns abzufangen.
"Ich bezweifle, dass du es hier raus schaffen wirst, aber zur Sicherheit", murmelte Falmarin noch und holte ein Seil und einen Stofffetzen hervor. Mit dem Seil fesselte er meine Hände zusammen und den Fetzen schob er mir in den Mund, dann ließ er mich so am Boden liegen. Ich hatte mich nicht wehren können, von dem Schock und den Schmerzen zusammen.
Ich spürte Tränen aufkommen und versuchte mich auf die Seite zu drehen. Es blutete stark und besudelte bereits den Boden. Ich wusste, dass ich daran verbluten konnte, wenn mich bis morgen hier niemand fand und wer sollte mich auch suchen kommen? Doch das sollte nicht das Ende sein! Ich hatte nicht diese ewig lange Reise hinter mich gebracht, nur um hier 4 Tage zu leben und dann von einem guten Freund umgebracht zu werden! Ich konnte und wollte nicht hinterfragen, warum er das gemacht hatte.
Ich merkte, wie mich langsam die Kraft verließ, doch war entschlossen ihn nicht gewinnen zu lassen. Ich hatte ihn in diese Mauern gebracht und wenn nun dem König oder Legolas etwas geschah, wäre es alleine meine Schuld.
Also bemühte ich mich den Fetzen auszuspucken, was mir schließlich auch gelang, doch ich hatte nicht mehr die Kraft nun laut nach Hilfe zu schreien, außerdem würde mich vermutlich niemand hören. Das Wohnzimmer war das mittigste Zimmer und zu meinen Nachbarn war das Schlafzimmer und das Vorzimmer dazwischen.
Also sah ich mich kurz hilfesuchend um. An der Wand konnte ich ein Schwert hängen sehen. Es war eines aus Gondolin, womit ich früher selten gekämpft hatte. Es war mehr ein Ausstellungsstück oder Dekoration für meine Gemächer geworden.
Doch es könnte problemlos meine Fesseln durchtrennen, weshalb ich mich mühsam aufsetzte. Die Schmerzen breiteten sich langsam, aber sicher in meinem ganzen Körper aus und mir wurde leicht schwindelig.
Trotzdem robbte ich auf die Wand zu und kickte mit meinem Fuß, der auf der unverletzten Seite lag, nach oben, sodass es aus seiner Haltung flog und knapp neben mir landete. Ich atmete kurz durch und hielt dann meine Hände daran. Erst als sie durchtrennt waren, merkte ich, dass meine Augen zugefallen waren. Angst überkam mich. Ich wollte nicht sterben!
Ich rollte mich wieder auf die Seite und hielt meine Hände an die Wunde. Sie blutete weiter fröhlich vor sich hin. Mein Atem ging schnell und ich schaffte es bloß meine Augen halb zu öffnen, als ich mich endlich an einem Sessel aufziehen konnte und zu einem Shirt stolperte, welches ich zerknüllte und auf die Wunde presste. Es würde ewig dauern Legolas zu finden und um diese Uhrzeit waren auch nur wenige Wachen unterwegs, weshalb ich ins Badezimmer torkelte. Dort hatte ich letztens auch ein wenig Verbandzeug festgestellt.
Ich setzte mich neben den Wasserfall und trank erst ein paar Schlücke, bevor ich dann etwas von dem kühlen Nass auf meine Wunde träufelte und dann nach der kleinen Box griff. Natürlich waren die Dinge darin nicht so weit entwickelt, wie auf der Erde, doch es gab etwas wie einen dicht gewebten Stofffetzen, den ich zuerst auf den Schnitt legte und dann mit dem längsten der Verbände dort befestigte, welchen ich um den ganzen Bauch wickelte.
Eigentlich sollte es mir nicht helfen, das Blut war trotzdem verloren, doch irgendwie stärkte es mich, die Wunde endlich versorgt zu haben, auch wenn sie genäht gehörte.
Ich nahm noch einige Schlücke vom Wasser und schöpfte mir dann etwas davon ins Gesicht, bevor ich abermals aufstand. Die ersten Sekunden schwankte ich ein wenig, doch es ging mir definitiv besser als vorher. Vermutlich redete ich mir das zu einem Teil auch nur ein, doch ich war eine Elbin, ich konnte das aushalten.
Ich knurrte entschlossen, um mir selber Mut zu machen und verließ dann mein Zimmer. Jeder Schritt tat weh und zog sich durch die ganze verletzte Hälfte meines Körpers, doch als ich durch die langen Gänge schritt, gewöhnte ich mich fast daran. Es tat natürlich immer noch weh, doch es wurde nicht schlimmer und ich konnte sowieso nichts dagegen tun. Ich musste Legolas warnen und sein Zimmer war eines der wenigen, zu dem ich den Weg sicher wusste.
"Wenn du gerade nichts sehr Wichtiges zu tun hast, mitkommen", befahl ich einer vorbeigehenden Wache, die mich überrascht ansah, doch sofort gehorchte. "Was kann ich für Euch tun?", fragte der Elb und musterte mich etwas besorgt. Man musste die Verletzung beim Gehen bemerken.
"Ich denke, dass der Prinz in Gefahr ist", erklärte ich und bemühte mich normal zu klingen. Die Wache schien etwas geschockt und deutete einer anderen, die uns gerade passierte, mitzukommen. Es war nicht mehr weit, bis ich meine Hand zum Klopfen heben konnte. Es dauerte für meinen Geschmack viel zu lange, bis sich die Klinge endlich hinunterdrückte und die Tür geöffnet wurde. Es war Legolas.
"Ist etwas passiert?", fragte er verwirrt mit dem Blick zu den beiden Wachen. Ich zog ihn hinaus und deutete den beiden Wachen die Gemächer zu durchsuchen. Langsam merkte ich, wie die Schwäche mich wieder überkam, nun da ich ihn in Sicherheit wusste.
"Du musst nach deinem Vater schauen", murmelte ich und versuchte mich möglichst unauffällig an der Wand abzustützen. Er wollte etwas antworten, doch warf dann einen Blick hinter sich in die Wohnung. "Geht es dir gut?", fragte er, doch hatte seinen Körper bereits angespannt, bereit meinem Rat zu folgen.
Ich riss mich noch einmal zusammen und sah ihn fest an. Ich durfte ihn jetzt nicht aufhalten. "Ja, du hast gesagt er darf nicht wissen, dass ich hier bin, also bitte", antwortete ich und setzte einen flehenden Blick auf. Er musterte mich noch kurz und nickte dann. Er drehte sich um und rief nach den beiden Wachen, welche sofort erschienen. Ich schloss kurz meine Augen und wünschte mir, dass ich mich etwas schneller befreit hätte.
"Geht vor und nehmt auf dem Weg jeden, den ihr seht mit", befahl Legolas und sofort liefen die Wachen schon davon. Ich wollte fragen, was er da tat, doch konnte meinen Blick nicht mehr heben.
Ich spürte zwei starke Arme, die mich hochhoben und in das Zimmer hineintrugen. "Sag mir sofort wo du verletzt bist", verlangte er streng und legte mich auf seinem Bett ab. Mein Kopf fiel kraftlos zur Seite. "Du... musst zu deinem Vater", flüsterte ich bloß und bemühte mich wach zu bleiben. "Hier im Palast kann ihm nicht viel passieren", antwortete er bloß und musterte meinen Körper eingehend. "Falmarin plant etwas heute Abend", knurrte ich und krallte mich in das weiche Bettlaken. Ich hatte keine Ahnung wie gut Legolas im Heilen war, doch das war im Moment wichtiger.
"Die Wachen sind auf dem Weg zu ihm. Jetzt sag mir bitte wo du verletzt bist", flehte er, ich hatte ihn niemals so besorgt gesehen oder ihn auch nur ein einziges Mal flehen gehört. Es versetzte mir einen leichten Stich, ihn so zu sehen, also legte meine Hand auf die Wunde. Schnell schob er das Shirt nach oben und warf einen Blick unter den Verband. Ich knurrte vor Schmerz und wollte mich zur Seite drehen. Er stand auf und verschwand kurz in einen anderen Raum. Während er weg war, hörte ich ein dumpfes Geräusch, doch dachte mir bloß, dass er vermutlich etwas runter gestoßen hatte.
Kurze Zeit später kam er auch wieder zurück. Durch die schmalen Schlitze meiner Augen, erkannte ich, dass er Kräuter dabeihatte. Ruhig setzte er sich neben mich und verteilte sie auf der Wunde, während er leise Zaubersprüche vor sich hinmurmelte. Ich hatte meine Augen fast gar nicht mehr geöffnet und ließ ihn machen. Doch es dauerte nicht lange, als ich hinter ihm eine Bewegung wahrnahm. Verwirrt konzentrierte ich mich etwas mehr darauf und erkannte, dass der Teppich, welcher an der Wand hing, sich hob und eine Hand zum Vorschein kam. Sie hatte einen Dolch in sich.
Ich wollte Legolas warnen, doch hatte nicht die Konzentration die richtigen Worte zu finden. Leise vervollständigte sich der Körper und tatsächlich kam Falmarin zum Vorschein. Er hatte ein selbstsicheres Lächeln aufgesetzt.
Verzweifelt suchte ich nach einer Möglichkeit mich zu wehren. Der Prinz war tief in der Heilung versunken. Ich wartete, bis er ein wenig nähergekommen war und den Dolch erhoben hatte. Meine Wunde war fast gänzlich verheilt, auch wenn meine Müdigkeit damit nicht verflogen war.
Mit aller Kraft stieß ich Legolas von sprang von dem Bett direkt auf Falamarin, der mich überrascht ansah und umgerissen wurde. Doch auch am Boden hatte ich kaum eine Chance gegen ihn, er hatte eine Ausbildung und ich war sehr geschwächt.
Trotzdem fasste ich an den Griff seines Dolches und versuchte ihn runterzuhalten, wenn ich ihn nicht schon wegnehmen konnte. Doch natürlich rollte er sich herum, sodass ich unter ihm lag und er ausholen konnte, um mich diesmal wirklich umzubringen, doch Legolas hatte den Kampf längst mitbekommen und riss ihn von mir. Mit Leichtigkeit trat der die Waffe weg und hob ihm mit festem Griff am Hals hoch. Damit presse er ihn gegen die Wand und hob schnell den Dolch auf.
"Legolas, wir brauchen ihn", warnte ich ihn schnell und setzte mich etwas auf. Mein Freund hielt ihn noch einige zappelende Sekunden so, bevor er ihn in eine Ecke warf und sich vor ihm aufbaute. Ich warf einen Blick auf die verheilte Wunde und zog mich dann an der Wand auf. Die Bewegung hatte mich wieder etwas aufgeweckt und vermutlich hatten auch die Kräuter etwas damit zu tun, dass ein wenig neue Energie durch meine Adern floss.
"Sie ist nicht Tergondis", hustete Falmarin und nickte zu mir. Ich sah kurz zu Legolas, welcher die Worte komplett ignorierte und besorgt zu mir trat. "Schon in Ordnung", winkte ich schnell ab und stützte mich weiter an der Wand an. "Sie hat nur ihren Körper besessen und kommt aus einer anderen Welt!", erklärte der Verräter weiter. "Du hast hier gar nichts mehr zu sagen! Das ist Hochverrat und wenn er nicht so offensichtlich wäre, würdest du längst nicht mehr atmen", rief Legolas wütend und trat wieder auf ihn zu. Den Dolch drehte er in seiner Hand, als würde er es kaum erwarten können endlich zuzustechen.
"Legolas", versuchte ich ihn ein wenig zu beruhigen. Falmarin konnte uns etwas über die Verschwörung und die weiteren Pläne erzählen. "Wie kannst du ihn jetzt noch verteidigen?", fragte der Prinz verständnislos und drehte sich zu mir um. Ich sah zwischen den beiden hin und her. "Er könnte von Nutzen sein", antwortete ich. "Man verliert nicht einfach seine Erinnerungen nachdem man fast ertrunken ist! Sie hat es mir selbst erzählt! Warum sollte sie sich nicht mehr an Elbisch erinnern können, aber an Deutsch? Sie ist eine Elbin, sie..." "Schweig!", unterbrach Legolas ihn wütend und richtete den Dolch auf ihn. Ich spürte, wie ich wieder dieses Mädchen wurde, das seiner Welt, seiner Familie entrissen wurde und immer weniger die stolze, erfahrene Freundin von Legolas. Ich musste es ihm erzählen. Ich liebte ihn und konnte nicht länger lügen.
Es klopfte an der Tür im Flur. Ich riss mich zusammen und ging nachsehen. Es waren Wachen. Ich trat zur Seite, was sie als Einladung ansahen und eintraten. Wortlos wartete ich, bis Falmarin, welcher sich kaum wehrte, abgeführt wurde.
"Du solltest dich ausruhen", seufzte Legolas und strich mir sanft über die Schulter. Ich schüttelte bloß den Kopf und ging ins Schlafzimmer zurück. "Wir sollten reden", antwortete ich schließlich und ließ mich auf das weiche Bett sinken. Er sah mich etwas besorgt an und setzte sich zu mir.
"Lass mich bitte ausreden", er nickte. "Was er gesagt hat stimmt. Als ich damals in Harlindon aufgewacht bin, konnte ich mich noch genau an ein anderes Leben erinnern. Ein Leben in einer anderen Welt, wo alles anders war. Es war ein fremder Körper, in dem ich aufgewacht bin. Nach ein paar Wochen war es aber nicht mehr als ein entfernter Traum und als ich mit dir auf dieser Lichtung stand, sind plötzlich Erinnerungen zurückgekommen, von denen ich nicht gedacht hatte, dass ich sie besaß. Es ist nicht, als würde die alte Tergondis durchbrechen, die Gefühle, die ich für dich habe, sind mehr, als ich mir jemals erträumen konnte. In den letzten Tagen hat es sich wirklich so angefühlt, als würde ich hierhergehören, als würde ich echte Erinnerungen zurückgewinnen", erzählte ich leise und starrte auf meine Hände, die nervös zitterten. Ich wusste nicht, wie ich es besser erklären konnte und merkte, wie verrückt es sich anhörte. Es war wie damals mit Falmarin, nur stand diesmal viel mehr auf dem Spiel.
"Als wir das erste Mal geredet haben, wolltest du es mir sagen, nicht wahr?", fragte er leise und überraschend sanft. "Ich... hatte Angst du würdest wütend werden", flüsterte ich leise. Er hob seine Hand, worauf ich kurz zurückzuckte. Ich hatte keine Ahnung wie ich an seiner Stelle reagieren würde. Es war viel zu verrückt, als dass ich es mir hätte vorstellen können.
"Aber du hast meine Liebe zu dir nicht ausgenutzt, bevor du deine Erinenrungen zurückgewonnen hast", sagte er leise und legte die Hand auf die meinen. Wir war bis dahin noch gar nicht bewusst geworden, wie kalt mir war durch den Blutverlust.
Ich runzelte meine Stirn und schüttelte den Kopf. Das wäre einfach nur dumm gewesen. Irgendwann wäre er draufgekommen und ich hätte um mein Leben fürchten können.
"Willst du zurück?" Ich sah etwas überrascht auf. Darüber hatte ich mir lange keine Gedanken mehr gemacht. Es gab keine Möglichkeit zurückzukehren, weshalb es unnötig war sich darüber Gedanken zu machen. Ich zögerte einige Sekunden bevor ich schließlich antwortete: "Nein, aber ich will auch nicht, dass meine Eltern sich Vorwürfe machen." Legolas nickte verständnisvoll und breitete seine Arme ein wenig aus. Ich sah ihn ungläubig an, doch umarmte ihn. "Wie kannst du so nett zu mir sein?", flüsterte ich, um nicht gleich in Tränen auszubrechen. Ich hatte ihm gerade offenbart, dass ich jemand ganz anderes war, als er dachte und dass seine Freundin wohl für immer verschwunden war.
"Du hast gesagt, dass es nur noch ein Traum für dich ist und dass du Tergondis' Erinnerungen hast, mich liebst", antwortete er sanft und trennte sich wieder von mir. "Aber ich bin nicht wirklich sie." "Die letzten Tage habe ich etwas anderes gesehen." Nun traten mir doch Tränen in die Augen. Ich wischte sie schnell weg und wandte den Blick ab. Legolas zog die Schublade an seinem Nachtkästchen auf und holte eine Dose daraus hervor. "Wenn du nicht zu einem Teil Tergondis wärst, würdest du das hier nicht erkennen", sagte er leise und öffnete sie. Es war ein Ring darin eingepolstert. Sofort schoss es mir in den Sinn. Einige Sekunden starrte ich still darauf. "Es tut mir so leid", hauchte ich schließlich wobei eine Träne über meine Wange rollte. Ich erinnerte mich, wie ich ihn damals auf Legolas' Polster hatte liegen lassen, bevor ich aufbrach, um für immer zu verschwinden. Ohne ein Wort des Abschieds oder der Erklärung.
Ich stand auf und schüttelte meinen Kopf. "Dein Vater hatte mir gesagt, dass wir niemals heiraten würden und er es als Verrat ansehe, wenn ich weiter bei dir bleiben würde. Ich konnte nicht hierbleiben und wissen, dass ich dich nicht haben durfte, also bin ich gegangen. Es gab keinen Ort, der mich mehr glücklich machen würde, deswegen wollte ich nach Valinor reisen, um dort auf dich zu warten", erklärte ich leise und wandte mich von ihm ab. "Ich wäre mit dir gegangen." "Ich wusste, dass du diese Welt noch nicht verlassen wolltest. Es ist dein Königreich und natürlich fühlst du dich verantwortlich. Ich wollte dich nicht vor die Entscheidung stellen", antwortete ich sofort und drehte mich wieder zu ihm um. "Du kannst das nicht einfach für mich entscheiden", warf er mir vor und erhob sich ebenfalls verständnislos. Ich sah zu Boden. Ich wusste immer noch nicht alles und konnte nicht genau die Gründe nennen, wegen denen ich mich damals so entschieden hatte. Es schien einfach das Richtige zu sein.
"Natürlich würde ich dich wählen. Ich liebe dich, das habe ich immer. Wir könnten nach Bruchtal oder Lórien oder irgendeinen anderen ungestörten Ort! Nur wir beide und meinen Vater geht das nichts an", sprach er entschlossen und legte seine Hände an meine Arme. Ich schluckte schwer und kuschelte mich an seine Brust. Ich war mir nicht so sicher, ob das wirklich die richtige Entscheidung wäre. Ich hatte damals meine Gründe.
Den nächsten Morgen verbrachte ich damit auf den Ring zu starren. Legolas war seinen Pflichten nachgegangen und ich musste mich auch von gestern erholen.
Er passte perfekt an meinen Finger und sah aus, als hätte er schon längst dorthin gehört. Doch so sehr mich die Zeit mit dem Elben auch erfüllte (meinen menschlichen wie elbischen Teil), so wusste ich, dass es keine Zukunft für uns gab. Ich durfte die Zukunft nicht verändern und ihn heiraten. Tolkien hätte es aufgeschrieben, wenn der Prinz des Düsterwaldes jemanden geheiratet hätte, das stand außer Frage und auch Thranduil hatte da ein Wort mitzureden. Zwar hatte in den normalen Entscheidungen des Tages mein altes Ich kaum mehr sagen, doch bei solch weitreichenden Dingen, überzeugte es wieder mit seiner Logik.
Ich stand auf und trat zur Balkontür. Draußen regnete es in Strömen, weshalb ich bloß hinausschaute. Was sprach gegen ein paar Abenteuer mit ihm? Ich musste ihn dafür nicht heiraten und vielleicht würde ich letztendlich doch einen Weg zurückfinden. Ich gehörte nicht in diese Welt und wenn nicht an Legolas' Seite, wusste ich nicht, wo mein Platz sein sollte. Meine Familie kannte ich nicht richtig und ich konnte mir auch Spannenderes vorstellen, als die Ewigkeit bei ihnen zu verbringen. Vielleicht war das der Grund, wegen dem ich hierhergeschickt wurde? Ich konnte Legolas vielleicht nicht heiraten, doch mit ihm durch die Welt reisen. Er könnte mir die schönsten und interessantesten Orte zeigen.
Ich lächelte bei dem Gedanken und fuhr über den Verlobungsring. Die Liebe von Elben war ewig, was veränderte die Hochzeit dabei schon? Ich konnte es nicht rückgängig machen, dass Legolas in mich verliebt war, das war nicht meine Entscheidung und niemand würde mich dafür verurteilen, wenn ich nun dem Tergondis Teil von mir erlaubte durchzubrechen.
(Ich schreibe nebenbei übrigens an mehreren Geschichten bzw. Fortsetzungen von FFs. Da wird noch einiges kommen, aber ich will mich auch nicht stressen, sonst wirds nicht gut ^^)
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