Der Yard Teil13

Am nächsten Morgen blieb Luke keine Wahl. Er würde seinem Vorgesetzten beim Yard erklären müssen, was sich in der Zwischenzeit ereignet hatte und das besser persönlich als per E-Mail. Er überflog den Bericht des anderen Sergeanten und meldete sich kurz an. Dann hinterließ er eine Notiz für Ginger, der noch immer tief und fest schlief. Ganz sicher wären die Typen vom Yard nicht begeistert, aber die Alternative, der Abbruch des Einsatzes, wäre sicherlich keine Option. Auf dem Weg zur nächsten Tube Station pickte Luke einen Coffee-to-go und ein Croissant auf, was er beides in der Bahn verdrückte. Die Erinnerung an seinen letzten Coffee-to-go ließ ihn bittersüß lächeln und auf sein Handy schauen. Keine Nachricht. Fuck. So konnte das nicht bleiben. Luke schrieb jetzt nur kurz: Melde dich, Schatz. Dann war er auch schon an Westminster Station angekommen und überlegte sich die passenden Worte für das, was passiert war.

Superintendant Waterford blickte noch weniger amüsiert als Queen Victoria, als Luke seinen Bericht beendet hatte. „Was haben Sie sich dabei gedacht? Sie wissen doch, dass dieser Mann auf der Liste der verdächtigen Personen steht."

Luke wusste nicht so recht, was sein Vorgesetzter jetzt von ihm hören wollte. Sein eigener Instinkt hatte ihn diese Option von Anfang an komplett verwerfen lassen. Aber das wäre wohl als Begründung kaum genug. „Ich denke, wenn O'Reilly etwas zu verbergen hätte, dann hätte er sein Wissen um meine Identität ganz gewiss für sich behalten. Er ist intelligent, wir haben ihn unterschätzt. Außerdem, wie ich schon berichtete, sieht er sich für die Sicherheit im Club verantwortlich."

Waterford nickte. „Nun ja, einer weniger auf der Liste, das kann man auch als ersten Ermittlungserfolg sehen. Bleiben Sie trotzdem wachsam. Wenn der Mann intelligent ist, dann ist das möglicherweise ein Trick, um Sie in Sicherheit zu wiegen."

„Das denke ich nicht, Sir." Weil ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann und er mir nicht mehr aus dem Kopf geht, aber wegen ganz was anderem ... „Auch die berichte der anderen Sergeanten unterstützen diese Ansicht."

„Nun gut", beendete Waterford das Thema Ginger und öffnete einen Aktendeckel, aus dem er eine Kopie für Luke hervorholte. Luke las die Überschrift: Kriminal-psychologisches Gutachten zum Persönlichkeitsprofil. Sehr gut. Darauf hatten sie schon viel zu lange warten müssen.

„Wir wollten sicher gehen, dass wir mehr als eine einzige Meinung einholen", erläuterte Waterford, „also ist das, was wir hier haben die übereinstimmende Meinung von drei Profilern, die wir beauftragt haben."

Luke nickte und wollte anfangen weiter zu lesen, aber sein Vorgesetzter begann mit einer Zusammenfassung: „Der Täter ist männlich, Kaukasier, 25 bis 35 Jahre alt, kräftig, in Größe und Statur seinen Opfern ähnlich, intelligent, attraktiv, geht keine unnötigen Risiken ein, wahrscheinlich mit christlichem religiös- fundamentalistischen Hintergrund, narzisstisch, möglicherweise mit einer Vergangenheit, die sexuellen Missbrauch umschließt, neigt zu Allmachtsphantasien, gestörte Empathiefähigkeit und gestörtes Verhältnis zur eigenen Sexualität."

Luke schluckte schwer. In die Hände von so jemandem sollte wirklich niemand geraten. „Wie kommen unsere Profiler auf den religiös- fundamentalistischen Hintergrund?", wollte er wissen. Dieser Aspekt schien ihm gänzlich neu zu sein.

„Steht alles in dem Bericht. Die Verletzungen der Opfer deuten auf eine Ritualisierung hin und es werden immer wieder Parallelen zu in der Bibel erwähnten Strafen deutlich."

Luke wurde körperlich schlecht bei dem Gedanken. Er überflog die Passagen im Bericht und stieß auf Stichworte wie Geißelung und Steinigung. Jamie hatten sie mit gebrochenen Armen und Beinen gefunden, so als habe man ihn ans Rad geflochten. All das sollte man auch mit dem Täter tun, schoss Luke unwillkürlich in den Sinn. Aber erst mussten sie ihn kriegen.

„Wie geht es dem Opfer aus Shoreditch?", fragte er seinen Boss.

„Er spricht noch immer kein Wort, aber er wird seine Beine und Arme irgendwann wieder gebrauchen können, sagen die Ärzte."

„Das ist gut, würde ich sagen."

„Das ist Glück im Unglück. Sehen Sie zu, dass wir in der Sache weiterkommen und passen Sie gut auf sich auf, Sherman."

„Das werde ich, Sir."

Damit steckte er die für sich bestimmte Kopie in die Innentasche seiner Lederjacke und verabschiedete sich vom Superintendant.  


Draußen brauchte Luke erstmal frische Luft und ging hinunter zur Themse, wo er sich auf einer Bank niederließ. Inzwischen war die Übelkeit vergangen, aber ein Schleppkahn, der Altmetall und Schrott transportierte ließ ihn wieder an das letzte Verbrechen denken, den jungen Mann auf dem Müll. Du musst den Kopf frei kriegen, sonst kommst du nicht weiter, dachte er sich und holte sein Handy wieder hervor. Keine Nachricht. Kurzerhand rief er jetzt Blakes Nummer an, aber der meldete sich nicht und so wählte Luke die Nummer von Blakes Büro. Dort gab man ihm die Auskunft, dass sein Freund nur kurz im Büro war, um ein paar Akten zu holen und gesagt habe, er wolle heute zuhause arbeiten. Luke bedankte sich und beschloss, dorthin zu fahren. Er hielt die ganze miese Situation so nicht mehr aus und wollte sich mit Blake vertragen. Also fuhr er mit der Tube zur Baker Street Station und ging dann zu ihrer Wohnung am Dorset Square. Blakes Wagen stand tatsächlich an seinem Platz. Als Luke die Tür öffnete und eintrat, rief er gleich nach ihm. „Blake?!" Es kam keine Antwort, aber die Musikanlage spielte, also war er hier irgendwo. „Blake?!" Luke folgte der Musik und hörte Geräusche aus der Wohnküche. Als er dorthin kam, stand Blake an den Tresen gelehnt und hatte ein triumphierendes Lächeln aufgesetzt.

„Luke- Süßer, ich wusste, du würdest kommen."

Der Blonde schüttelte halb überrascht, halb amüsiert den Kopf. „Was machst du hier, woher wusstest du, dass ich komme?"

Blake stieß sich lässig ab und kam auf seinen Freund zu. „Ich kenn' dich eben. Und du bist 'n Bulle. Logisch, dass du darauf kommst, dass ich hier bin." Er lächelte und hatte Luke erreicht, um ihm einen Arm um die Hüfte zu legen und ihn für einen Willkommenskuss zu sich zu ziehen. Luke stieg darauf ein. Es tat gut, zu spüren, dass sie sich nicht mehr böse waren. Das letzte, was er wollte wäre, dass seine Arbeit ihre Beziehung belasten würde. „Hmmm, du riechst gut", raunte Blake in sein Ohr. Luke grinste in den Kuss, denn er wusste, das war das neue Shampoo. „Ich weiß", gab er zurück. Dann ließ er sich von Blake die Jacke abstreifen und bei der Hand nehmen. Er folgte und sah, dass Blake für sie gekocht hatte.

„Was bist du für ein Schlimmer", scherzte er, als Blake ihm andeutete, sich zu setzen, „die im Büro haben gesagt, du wolltest arbeiten."

„Wer sagt denn, dass ich das nicht will?", reizte Blake und setzte sich rittlings auf Lukes Schoß, um ihn abermals zu küssen. Er hielt seinen Kopf sanft in beiden Händen, während Luke mit den seinen über Blakes Seiten strich. Der Blonde legte den Kopf zurück und genoss den Moment und die unerwartete Zärtlichkeit mit allen Sinnen. Blake schmeckte gut, er roch gut, fühlte sich noch besser an, seufzte leise, wie auch Luke selbst und wenn er die Augen öffnen würde, dann würde ihm gefallen, was er sah. Erregung kroch jetzt von überall in Luke hoch und er wollte mehr. Sein küssen forderte mehr und Blake verstand und machte sich daran, Lukes T-Shirt aus der Hose und über den Kopf zu ziehen, was der nur zu gern geschehen ließ. „Ich dachte glatt, du wärst noch sauer", hörte er sich sagen, als das Teil zu Boden ging.

„So ein Unsinn." Blake ließ jetzt Küsse über Lukes Schultern und Brust wandern, was dessen Lust nur noch mehr anheizte. „Du weißt doch, wo du hingehörst."

Luke gluckste. „Ja sicher."

Blake ließ sich von Lukes Schoß herunter zwischen seine Beine gleiten und war jetzt an seinem Bauchnabel angekommen, wo er mit der Zunge daran herum fuhr. Er wusste, dass Luke dort besonders empfindsam war und ließ sich Zeit. „Ich wusste,... dass du... nachhause kommst,... wenn ich's... sage..."

„Ja sicher." Luke ging mit den Fingern in Blakes Haar, das nicht so lang war wie... „Aber ich... kann nicht bleiben."

„Mmmmmm, doch,... das kannst du", fand Blake und fing an, sich an Lukes Hose zu schaffen zu machen.

„Du weißt,... ich kann nicht."

„Was ist, wenn ... ich dich... nicht lasse?"

Was sollte das heißen? Luke legte eine Hand unter Blakes Kinn und hob es an, sodass er ihm in die Augen sehen konnte. „Hör zu, du bist mein Freund und... ich liebe dich, aber... du wirst akzeptieren müssen, dass ich diesen Job machen werde."

Blakes Blick veränderte sich im selben Augenblick. „Du willst immer noch in diesem Schwulenclub arbeiten?"

„Nicht in dem Club. An dem Fall!"

„Das ist das verfickte Selbe."

„Was ist dein Problem damit? Ich bin 'n Bulle, der da zur Tarnung kellnert. Und ich kann auf mich aufpassen!"

„Du riskierst zu viel für... so ein paar..."

„...wenn du wieder Schwanzlutscher sagst, bin ich weg."

„..." Blake rollte genervt mit den Augen.

„Gut. Ich bin weg. Komm runter und werd' mal wieder normal." Luke rappelte sich von dem Stuhl auf. Dann suchte er sein T-Shirt. Es hatte den Elysium Schriftzug.

„Du weißt nicht, was du tust! Dann geh und lass dich da angraben, wenn es das ist, worauf du stehst!" Der Zorn in Blakes Stimme war nicht zu überhören. Ebenso wenig seine Verachtung.

Luke zog sich die Jacke über und war schon fast an der Tür. „Das ist nicht so, wie ich das will. Du machst alles andere unmöglich. Wir sehen uns, wenn's vorbei ist."

„Na, das kann ja lange dauern!" Blake schnaubte vor Wut, blieb aber am Boden sitzen.

Luke knallte die Tür und wartete kurz und hoffte fast, dass Blake ihm folgen würde, aber das passierte nicht. „Na toll", sagte er zu sich selbst, stellte den Kragen an seiner Jacke auf und machte sich auf zur Baker Street Station.  

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