24. Kapitel

Die Reise zu Jarl Thorvald war Leya seltsam vorgekommen. Außer Raik und sie hatten sich auch Stijn und einige Männer angeschlossen. Es hatte sie verwundert, dass Stijn mitgekommen war, aber er hatte ihr erklärt, dass er die Wintermonate nicht so einfach verkraftete. Auf ihren fragenden Blick hatte er sie angezwinkert und meinte, ihm wäre schlicht und einfach langweilig.

Dieses Mal hatte Raik oft Pause eingelegt und eben das war seltsam. Es schien beinahe so, als ob er die Ankunft heraus zögern wollte. Manchmal war es auch vorgekommen, dass er sie von ihrem Pferd gehoben und sie vor sich gesetzt hatte. Leya hatte das gefallen. Sie hatte sich in seine Arme geschmiegt und er hatte die Pelze um sie beide gelegt und ihr Sachen ins Ohr geflüstert, die sie zum Kichern brachte.

Nun ritten sie auf das Tor zu.

Stijn hatte die Führung übernommen und hob nun seine Hand, um sich zu erkennen zu geben. Es dauerte eine Weile, dann wurde das Tor geöffnet und sie konnten hindurchreiten.

Leya wurde immer aufgeregter. Schon den ganzen Morgen war ihr übel gewesen. Sie nahm an, dass es die Aufregung war. Was wollte der Jarl von ihr?

Sie ritten auf das Langhaus zu. Raik half ihr beim Absteigen und hielt sie etwas länger an der Hüfte fest.

„Es wird alles gut gehen.", flüsterte er ihr ins Ohr.

Sie nickte und holte tief Luft, als Jarl Thorvald zu ihnen kam. Als er alle sah, wurde sein Lächeln breit. Er umarmte Stijn und klopfte ihm auf den Rücken. Dann wandte er sich an Leya.

„Willkommen, Mädchen. Ich sehe, dass die Reise dich erschöpft hat. Geh ins Langhaus und warte auf die Männer. Sie sollen sich um die Pferde kümmern."

Leya sah fragend zu Raik, der ihr zunickte.

Langsam drehte sie sich um und ging in das Langhaus. Wie schon beim letzten Mal herrschte hier ein geschäftiges Treiben. Es waren mehr Krieger anwesend, was sie schüchtern werden ließ. Es waren so viele Männer, die sie nicht kannte. Aber sie schienen sich nicht an ihrem Aussehen zu stören. Ganz im Gegenteil. Sie nickten ihr freundlich zu.

„Bei allen Göttern. Ich erkenne dich wieder!", ertönte auf einmal eine Stimme.

Ein Mann kam auf sie zu und Leya keuchte auf.

Sie erkannte ihn ebenfalls.

Es war der Wikinger, der sie damals vom Boot getragen hatte, als sie noch ein Kind war.

Er kam auf sie zu und Leya kreuzte ihre Hände hinter ihrem Rücken. Er wusste, dass sie eine Sklavin war. Das war der Grund, warum der Jarl sie hatte rufen lassen. Da war sich Leya ganz sicher.

Bestimmt würde er sie nun beschimpfen und sie schlagen.

Doch das tat er nicht.

Er nahm sie in seine Arme und hob sie leicht in die Höhe.

„Meine Kleine! Endlich haben wir dich gefunden! Ich hätte dich überall wiedererkannt. Bei allen Göttern, ich erinnere mich noch, als ich dir den Apfel gegeben habe und du mich deswegen angelächelt hast. Ich fand dich so niedlich. Doch auch sonst hätte ich dich erkannt. Du hast seine Augen!"

Leya fühlte sich etwas überrumpelt.

Er beschimpfte sie nicht und er zeigte auch nicht, dass er wusste, dass sie eine Sklavin war. Ganz im Gegenteil. Es schien so, als ob er sie gesucht hätte. Dann fiel ihr ein Satz wieder ein, den er gesagt hatte.

Sie räusperte sich.

„Ich habe seine Augen? Wessen Augen?"

Er lächelte sie an, dann sah er sich um und winkte jemanden zu sich.

„Bilal! Komm her! Begrüße deine Tochter!"

Er nahm ihre Schulter und drehte sie um.

Ihr gegenüber stand ein Mann. Er war wie ein Wikinger gekleidet, aber seine dunklere Haut stand im drastischen Gegenteil zu seiner Kleidung. Er trug keinen Bart wie die anderen Männer. Seine dunklen Augen suchten ihren Blick, versuchten, etwas zu erkennen. Dann kam ein zögerliches Lächeln auf seinen Lippen.

„Du siehst aus, wie deine Mutter, mein kleines Vögelchen."

Leya keuchte auf. Sie erkannte diese ruhige Stimme, die ihr vor sehr langer Zeit jeden Abend eine Geschichte erzählt hatte. Ihre Knie gaben nach und sie konnte froh sein, dass der Mann, der sie vorher so überschwänglich begrüßt hatte, sie festhielt.

„Baba?"

Er kam langsam näher.

„Du siehst wirklich aus wie deine Mutter! Du bist so wunderschön!"

Er streckte seine Hände aus, berührte sie aber nicht, als ob er Angst hätte, dass sie ihn zurückweisen würde.

Leya liefen die Tränen über die Wangen.

„Ich habe gedacht, du lebst nicht mehr! Jeder hat mir versichert, dass ein Sklave nicht solange überlebt!"

Er lachte unsicher.

„Ich bin kein Sklave, meine Blume."

Er strich ihr sehr sanft über die Wange.

„Ich habe dich gesucht! So viele Jahre habe ich dich gesucht! Und nun stehst du endlich vor mir!"

Sie ging in die Knie und berührte seine Stiefel. Sie wusste selbst nicht, warum sie diese Geste nun tat. Es kam ihr einfach in den Sinn, dass sie es tun musste, um ihm ihren Respekt zu zollen. Sie blieb auf den Knien und schloss kurz die Augen. Das war doch nur ein Traum? Das konnte nur ein Traum sein!

Er hob sie auf und drückte sie an sich. Oh nein! Das war kein Traum. Das war echt! Ihr Vater, den sie für tot gehalten hatte, hielt sie in seinen Armen! 

Sie schluchzte leise.

„Baba!"

Sie spürte, dass auch er weinte, sie aber in seinen Armen wiegte, wie er es früher immer gemacht hatte, wenn sie traurig gewesen war. Er war anders als damals, stärker. Sie spürte seine Muskeln unter ihren Händen, spürte seine Schwielen an den Händen, die jeder Mann hatte, der ein Schwert führte.

Der andere Wikinger kam zu ihnen.

„Jetzt hat deine Suche ein Ende, mein Freund."



Raik sah, wie Leya in den Armen eines Mannes hing und weinte.

Wut und Eifersucht machte sich in ihm breit. Wer war der Kerl, der seine Leya zum Weinen brachte? Er spannte sich automatisch an, doch dann legte Thorvald seine Hand auf Raiks Schulter.

„Ruhig Blut, Raik. Du willst dich nicht mit dem dunklen Wikinger anlegen! Außerdem ist er ihr Vater!"

Raik keuchte auf.

„Deswegen hast du uns rufen lassen? Wegen ihres Vaters? Ist er es auch wirklich?"

Thorvald zeigte zu Leya und den Mann.

„Ich denke, er ist es! Ich habe gleich die Ähnlichkeit zwischen dem dunklen Wikinger und Leya bemerkt!"

Raik runzelte die Stirn.

„Es gibt ihn wirklich? Ich dachte, es wäre nur eine Legende."

Thorvald grinste.

„Nun ja, er steht vor dir!"

Raik schluckte.

Er hatte schon viele Geschichten von dem dunklen Wikinger gehört. Auf einmal war er da gewesen und niemand hatte vorher von ihm gehört. Viele hielten ihn für einen Mythos. Doch nun sah Raik ihn mit seinen eigenen Augen. Und er sah Leya, die in seinen Armen hing. Sie lachte und weinte gleichzeitig. Noch nie hatte er seine Braut so glücklich gesehen, wie in diesem Moment.

Er spürte einen Stich in seinem Herzen. Er wusste, dass er sie bisher noch nie so glücklich gemacht hatte und es wohl auch nie machen konnte. Einen Moment schloss er die Augen.

„Raik?"

Er öffnete seine Augen wieder und sah, wie Leya die Hand nach ihm ausstreckte.

Langsam kam er näher. Ihren Vater hielt sie immer noch in seinen Armen, doch er sah Raik nun neugierig an.

Thorvald hatte Recht gehabt. Wenn man die beiden zusammen sah, sprang einem die Ähnlichkeit schon entgegen. Sie hatten beide dieselben Gesichtszüge. Bei Leya waren sie allerdings sehr sanft, während man bei ihrem Vater die Härte und auch einen Hauch Grausamkeit entdecken konnte, die jeder Krieger hatte.

„Baba! Ich möchte dir Raik Tjarksson vorstellen. Er hat mich vor nicht all zu langer Zeit gerettet und ich darf bei ihm und seiner Familie wohnen."

Ihr Vater wurde augenblicklich stocksteif, was Leya nicht zu bemerken schien. Er sah Raik streng an. Leya plapperte indes munter weiter.

„Raik, das ist mein Vater, Bilal ibn Adal." Sie sah ihren Vater fragend an. „Das stimmt doch so?"

Er lächelte auf sie herunter.

„Ja, mein Vögelchen. Aber hier nennt man mich Bilal Adalsson."

Raik holte tief Luft und verneigte sich leicht vor dem Älteren, die Hand legte er dabei auf seine Brust. Er bemerkte, dass Leya mit keinem Wort erwähnte, dass er sie heiraten wollte und es ärgerte ihn. Aber er hielt den Mund.

Bilal sah ihn wieder an. Doch es war keine Freude mehr in seinem Blick. Stattdessen schien es ihn zu ärgern, dass Raik vor ihnen stand.

„Du hast also meine Tochter gerettet. Dafür danke ich dir und stehe in deiner Schuld."

Raik unterdrückte ein Schnauben. Das glaubte er nun nicht.

Das, was er sich von Bilal wirklich wünschte, würde er nicht erfüllt bekommen. Bilal wusste genau, was Raik für Leya war, dass sah man ihm an. Und trotz seiner Worte war er nicht glücklich darüber. Mehr noch, es schien ihn zu stören.

Am liebsten hätte Raik Leyas Hand genommen, um Bilal zu zeigen, dass sie nun ihm gehörte, aber er tat es nicht. Er wollte dieses Wiedersehen bestimmt nicht mit einem Streit stören.

Er verneigte sich noch einmal vor Bilal, dann wandte er sich an Leya.

„Ich werde mir ein Nachtlager suchen und Sanne bitten, dir auch eines zu besorgen."

Leya sah ihn etwas seltsam an, doch dann nickte sie.

„Ich danke dir, Raik!"

Er drehte sich um und ging mit festen Schritten aus dem Langhaus. Auch wenn er äußerlich ruhig wirkte, brodelte es in ihm. Schnell ging er zum Fjord und sah schwer atmend auf die Wellen, die sanft gegen das Ufer rollten. Er nahm sich einen Stein und warf ihn voller Zorn in den Fjord.

Wieder holte er tief Luft, dann brüllte er seine Wut hinaus.

Einige Männer und Frauen sahen ihn erschreckt an und Möwen flogen kreischend davon.

Warum hast du sie nicht gleich zu der Deinen gemacht?

Diese Frage schien ihn zu verhöhnen.

Er wusste genau, dass Bilal mit ihm nicht einverstanden war. Es lag wohl nicht einmal an Raik selbst. Es lag daran, dass Bilal seine Tochter erst gefunden hatte und sie nun nicht mehr so schnell von seiner Seite lassen wollte.

Und Raik verstand es in gewisser Weise.

Und doch...wenn sie schon seine Frau wäre, würden sie Bilal vor vollendete Tatsachen stellen. Doch er hatte zu lange gewartet. Bei allen Göttern, hatte er nichts aus Lasses Geschichte gelernt? Warum hatte er zugelassen, dass sie noch nicht verheiratet waren?

Wieder nahm er einen Stein und warf ihn in den Fjord.

Dann ging er in den Stall und sattelte sich ein Pferd.

Er musste hier weg und sich beruhigen.

Sonst würde er etwas sehr Dummes tun!



Seit Tagen unterhielt sich Leya mit ihrem Vater. Er erzählte ihr viel von Sven und dessen Gut. Und natürlich, wie es ihm ergangen war. 

Ihr Vater hatte danach ihre Geschichte angehört. Nur an manchen Stellen hatte er nachgefragt, zum Beispiel als sie von Jülf erzählt hatte.

„War er wirklich ein guter Mann?"

Leya nickte.

„Ja, er hat mich vor allem beschützt."

Sie erwähnte auch, dass Jülf viel einstecken musste und ihr Vater nickte anerkennend.

Leya erzählte von der Eisinsel und von Jarl Stijnsson und seiner Frau. Sie erzählte von Lasse und Jule und den Kindern.

Ihr Vater saß nur im Sessel und hörte ihr nun lächelnd zu. Das war vorher natürlich nicht so gewesen. Einige Male hatte sie gesehen, wie er seinen Kiefer zusammenpresste, als sie von den Schlägen und der Quälerei erzählte, die sie erduldet hatte.

Als sie von der Sache mit Miron erzählte, knackte erneut sein Kiefer.

Sie sah ihn ernst an.

„Ich war eine Sklavin, Baba. Willst du mir etwa erzählen, dass es bei dir anders war?"

Er nickte.

„Ja. Ich hatte Glück. Man nennt Sven nicht umsonst den Gutherzigen. Er hat kaum Sklaven und die, welche bei ihm leben, behandelt er sehr gut. Ich denke, er wollte mich eigentlich gar nicht mitnehmen, aber weil die anderen ihn verspottet hatten, stellte er den Anspruch auf mich. Und es war das Beste, was mir passieren konnte. Ich hatte natürlich meine Arbeit, aber ich erfüllte sie gut und jeder war mit mir zufrieden. Als ich bei einem Überfall Svens Leben gerettet habe, schenkte er mir dir Freiheit!"

Leya sah ihren Vater ernst an.

„Warum bist du nicht zurück, Baba?"

Er schnaubte.

„Während du und deine Mutter noch hier wart? Nein! Ich gelte in unserer alten Heimat als ehrlos, Leya, aber wenn ich ohne euch wieder gekommen wäre, hätten mich alle als Feigling angesehen!"

Sie schüttelte mit dem Kopf.

„Das weißt du nicht!"

Er zuckte mit den Schultern.

„Ich fühle mich ehrlos. Vielleicht würde mir mein Vater verzeihen, aber ich..."

Erneut zuckte er mit den Schultern.

„Wie soll ich ihm gegenübertreten? Ich bin nicht mehr der Sohn eines Großwesirs. Ich bin mehr Wikinger als sonst etwas. Er würde das nicht verstehen!"

Er lächelte sie an.

„Aber er wird sich freuen, wenn er dich sieht!"

Leya richtete sich kerzengerade auf.

„Was sagst du da?"

Bilal nickte.

„Ich habe es schon mit Sven besprochen. Er wird dich in das Land unserer Vorfahren bringen. Du wirst die Stellung einnehmen, die dir zusteht. Du wirst feinste Kleidung tragen und nicht diese..." Er zeigte auf ihre Kleidung,"...diese groben Stoffe, die deine feine Haut ruinieren."

Sie lachte ungläubig.

„Was redest du da?"

Er wirkte auf einmal ganz begeistert.

„Du wirst erst mit mir kommen. Ich will dich noch etwas bei mir haben, aber dann wirst du zurückgehen. Stell dir vor, meine Blume, keinen verfluchten Schnee mehr. Du wirst nie wieder hungern müssen. Und du wirst Frauen um dich haben, die dir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Dein Großvater wird dir Lesen und Schreiben beibringen. Du wirst unsere Gebräuche lernen und irgendwann wirst du einen Mann haben, der dich auf Händen trägt!"

Sie starrte ihren Vater an.

„Das habe ich doch schon, Baba!"

Er starrte sie an. Dann schnaubte er.

„Du meinst diesen Drachenträger? Nein!" Er wischte sich über das Gesicht. „Er ist bestimmt ein ehrenwerter Mann, aber du hast etwas Besseres verdient. Du hast eine Stellung zu wahren. Kann er dir das alles geben, was ich dir gerade aufgezählt habe? Ich habe von ihm gehört. Er ist nur ein einfacher Bauer! Er kann dir nicht geben, was dein Großvater dir geben kann."

Sie senkte den Kopf.

Ihr wurde gerade klar, dass ihr Vater ihren weiteren Lebensweg schon vor langer Zeit geplant hatte. Und Raik kam darin nicht vor.

„Aber er hat mir schon meinen größten Wunsch erfüllt, Baba. Ich bin Mutter!"

Ihr Vater wischte den letzten Satz mit einer Handbewegung weg.

„Es ist nicht gesagt, dass diese Kräuterfrau Recht hat. In unserer alten Heimat gibt es Heiler, die mehr wissen haben, als die Stümper, die es hier gibt."

Sie schüttelte den Kopf.

„Baba! Ich liebe Raik!"

Er lachte spöttisch.

„Bist du dir da sicher? Liebst du ihn so wie diesen ersten Mann, der dich genommen hat? Oder ist es wie bei ihm nur Dankbarkeit?"

Sie stand auf.

„Ich habe Jülf nicht nur aus Dankbarkeit genommen. Und bei Raik ist es noch anders. Erst durch ihn habe ich erfahren, was leidenschaftliche Liebe ist!"

Ihr Vater sah sie zornig an.

„Du hast dich dem Drachenträger hingegeben? Ihr seid nicht verheiratet!"

Sie schnaubte.

„Erzähle du mir nicht, dass du die ganzen Jahre keusch warst!"

Er hob sein Kinn.

„Bisher gab es nur deine Mutter für mich! Und ich werde mich nicht weiterhin vor dir rechtfertigen, Tochter! Du wirst diesen Drachenträger nicht gehören. Ich werde deinem Großvater schon genug zu schreiben haben, warum du einen Wikinger als Gemahl hattest!"

Sie stand auf.

„Baba!"

Er schüttelte streng den Kopf, doch dann wurden seine Gesichtszüge wieder mild.

„Du wirst sehen, dass ich Recht habe. Du gehörst nicht hierher, Tochter. Das haben wir noch nie. Aber du hast das Glück, dass du wieder zurück kannst. Und du wirst es bei deinen Großeltern gut haben."

Leya war davon nicht überzeugt, aber sie hütete sich davor, sich mit ihrem Vater darüber zu streiten. Wie sollte sie ihren Großeltern auch erklären, dass sie nicht an Allah glaubte, sondern an Odin? Wie sollte sie ihnen die Narben auf ihrem Rücken erklären? Wie sollte sie sich so sehr umstellen, dass sie nicht mehr arbeiten musste, sondern für jeden Handgriff eine Dienerin hatte?

Ihr Vater hatte zwar die wunderbare Vorstellung, dass sie sich gleich an das alte Leben gewöhnen würde, aber Leya war sich sicher, dass dem nicht so war. Sie war das harte Leben der Nordmänner gewohnt. Und sie wollte Raik als Gemahl.

Doch ihr Vater würde es nicht verstehen. Vorerst zumindest nicht.

Er zeigte ihr, dass ihr Gespräch beendet war.

Sie stand auf und neigte den Kopf vor ihm.

„Bitte, Baba! Zwing mich nicht dazu!", flüsterte sie. Doch er schien sie nicht zu hören, denn er war schon über einem Pergament gebeugt und schrieb seltsame Schriftzeichen darauf.

Traurig verließ sie den Raum, den ihr Vater bei Thorvald bewohnte und ging langsam in die große Halle.

„Er ist eisern, nicht wahr? Nichts kann meinen Bruder des Herzens umstimmen!"

Sie drehte sich erschrocken um.

Sven stand an einer Wand gelehnt. Er kaute an einem Strohhalm.

Sie neigte den Kopf.

„Jarl Tarjesson..."

Er winkte ab.

„Lass das, Leya! Ich habe dich die ganzen Jahre gesucht und sehe dich schon selbst als meine Verwandte."

Er nahm den Strohhalm aus dem Mund und zeigte mit dem Kinn in Richtung des Raumes ihres Vaters.

„Der sture Bock hat dir also schon seine Pläne, die er für dich hat, erläutert?"

Sie nickte und senkte den Kopf zu Boden.

Sven fluchte leise.

„Es ist aber nicht dein Wunsch, nicht wahr? Du willst den jungen Tjarksson! Ich habe gesehen, wie er dich betrachtet hat."

Sie nickte.

„Vater...er akzeptiert ihn nicht!"

Sven schnaube, dann lege er eine Hand auf ihre Wange. Sie fühlte sich seltsam getröstet.

„Weißt du, Mädchen, dein Vater denkt, obwohl er sehr wohl sieht, dass du erwachsen bist, immer noch das kleine Mädchen in dir, dass er damals verlassen musste. Er schämt sich, weil er denkt, er hat dir etwas vorenthalten und will, dass wenigstens du dieses Leben wieder aufnimmst. Und ich muss dir sagen, dass es ein sehr gutes Leben war, dass er führte. Hier würde man sagen, dass er ein verzogener Bengel war. Er hatte nie zuvor richtige Arbeit vollbracht. Bis zu seiner Vermählung mit deiner Mutter war er in einem Studierzimmer eingesperrt. Er ist ein sehr gelehrter Mann. Manchmal komme ich mir so plump und dumm in seiner Nähe vor."

Leya sah Sven fragend an.

„Ich verstehe, dass er ein schlechtes Gewissen hat. Wirklich. Aber ich bin hier glücklich." Sie nahm den Bernstein in ihre Hände. „Den hat mir Raik gegeben. Du weißt, was es bedeutet!"

Sven lächelte breit.

„Der Junge hat sich verliebt! Und er wird keine andere mehr anschauen."

Wieder strich er über ihre Wange.

„Ich werde mit deinem Vater reden. Manchmal schaffe ich es, ihm etwas Vernunft einzubläuen."

Als er ihr erschrockenes Gesicht sah, lachte er schallend.

„Ich kenne ihn, Mädchen. Ich kenne ihn sehr gut. Manchmal muss man ihm den Kopf zurechtrücken, damit er klar sieht. Und da ich ihn wie einen Bruder liebe, bin ich immer derjenige, der diese Aufgabe übernimmt!"

Fröhlich vor sich hin pfeifend, ging er zu dem Raum ihres Vaters.

Leya seufzte.

Hoffentlich schaffte es Sven wirklich, ihren Vater zu überzeugen.

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Gleich geht es weiter! Ich muss nur etwas erledigen!

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