Kapitel 35
"Ich find es beschissen, dass er mit ihr in der Kiste war. Cara mag ihn echt und das weiß Vince auch. Aber trotzdem legt er jedes Mädel flach, das nicht bei drei auf dem Baum ist." Nachdenklich glitt Rafaels Blick über das nächtliche New York. Wir saßen schon eine Weile hier oben und hatten mehr geschwiegen als das wir geredet hatten.
"Weiß Cara davon?" "Nein. Zumindest nicht von deiner Cousine. Aber dass Vince ein Player ist, ist ihr nicht neu."
"Aber sie hat vorhin gemeint sie hat ein Date." Er lachte auf. "Mit Date meint sie einen Mädelsabend mit ihren Freundinnen."
Wieder schweigen wir. Das einzige was zu hören war waren die weit entfernten Geräusche der Stadt unter uns.
Alles was passiert war, in das ich reingeraten war, sollte mich abschrecken und mich dazu bringen mich von Rafael fernzuhalten. Aber trotzdem saß ich mit ihm hier oben und genoss die Zeit mit ihm.
Vermutlich sollte ich Angst vor ihm haben, aber in seiner Nähe fühlte ich mich sicherer als sonst irgendwo.
"Freust du dich auf Thanksgiving?" Rafaels tiefe Stimme riss mich aus meinen Gedanken. "Nicht so wirklich. Großes Familientreffen bei Tante Angelina. Und du?" Von der Seite aus sah ich ihn an. Sein Blick wanderte über die Stadt und blieb an einem der zahlreichen Wolkenkratzer hängen. "Wir feiern kein Thanksgiving. Meine Eltern leben nach der Italienischen Kultur. Und mein Dad steht nicht so auf Truthahn.", zuckte er die Schultern und grinste leicht.
"Dann trifft es sich ja gut, dass Angelina gemeint hat, ich solle meinen reizenden Freund auch einladen." Sein Blick wanderte geschockt zu mir. "Was?!" Ich lachte. "Meine Mom hat gleich reagiert wie du. Ich musste ihr erst mal erklären, dass ich keinen Freund habe. Aber keine Sorge, du musst nicht mit. Ich hab gesagt, dass du mit deiner Familie feiern wirst. Die müssen ja nicht wissen, dass es nicht stimmt."
"Und was wenn ich mit will?" Überrascht sah ich den frech grinsenden Jungen an. "Verarsch mich jetzt ja nicht." "Mach ich nicht. Ich kann dich doch mit deiner Horror-Cousine nicht alleine lassen." "Bist du dir da sicher? Mein Onkel und dessen Familie ist genauso schlimm wie meine Oma, meine Tante und Lydia." Sein raues Lachen erklang neben mir. "Glaub mir Kleine, ich bin schon mit ganz anderen Leuten fertig geworden."
Ein kalter Wind umhüllte uns. Fröstelnd vergrub ich meine Nase in dem dicken Wollschal und presste meine Jacke enger an meinen Körper. Auf einmal schlang sich ein Arm um mich und ich wurde näher an den großen Jungen neben mir gezogen. "Willst du rein?" Ich platzierte meinen Kopf auf Rafaels Schulter und genoss die Wärme die von ihm ausging.
"Nein, hier ist es gerade perfekt."
~~~~
Verschlafen saß ich in der Cafeteria und versuchte krampfhaft meine Augen offen zu halten. Rafael hatte mich spät am Abend, eigentlich schon nachts, nach Hause gefahren.
Wir waren lange auf dem Dach geblieben, hatten hin und wieder geredet und uns das weit entfernte Treiben auf den Straßen angesehen.
Kurz bevor ich dann eingeschlafen wäre klingelte mein Handy und ich musste die restliche Nacht den Seelentröster für Matteo spielen, der gerade am anderen Ende der Welt saß und von seinem Freund abserviert wurde.
Er hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil er nicht an die Zeitverschiebung gedacht hatte, aber in diesem Moment war es mir wichtiger für einen Freund da zu sein als genügend Schlaf zu bekommen.
Ich wünschte nur, dass ich bei ihm hätte sein können, um ihn in den Arm zu nehmen.
Matteo war einer der ehrlichsten und liebsten Menschen der Welt. Er hatte ein Herz aus Gold und trotzdem wurde ihm das Leben schon so oft schwer gemacht. In einem kleinen, erzkatholischen Dorf homosexuell zu sein war nicht unbedingt einfach. Erst als er nach Mailand zog um zu studieren, wurde sein Leben etwas leichter.
Ich hatte ihn schon als kleines Kind kennengelernt als ich bei meinen Großeltern in Italien zu Besuch war. Jetzt war er einer meiner besten Freunde, auch wenn ich ihn nicht oft sah, und ich war unglaublich glücklich und stolz ihn in meinem Leben zu haben.
Erst an Weihnachten würde ich ihn und meine Familie in Italien wieder sehen. Wie jedes Jahr verbrachten wir die Feiertage bei ihnen.
"Erde an Roxy." Eine Hand wedelte vor meinem Gesicht herum und riss mich aus meinen Gedanken. Erschrocken blickte ich zu Elly, die mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen betrachtete. "Wo bist du nur schon wieder mit deinen Gedanken?" "Was? Sorry." Grinsend schüttelte meine Freundin den Kopf. "Nicht so wichtig. Hast du nach der Schule schon was vor?" Ich wollte gerade den Mund auf machen und antworten als der freie Stuhl neben mir quietschend zurückgezogen wurde. "Ja hat sie." Irritiert sah ich Luca neben mir an. "Ach hab ich das?" Er grinste. "Wenn es nach Cara geht schon." Zweifelnd blickte ich ihn an. "Bitte sag ja. Cara macht mich sonst einen Kopf kürzer. Sie kann echt zur Furie werden. Und außerdem ist heute Abend das Essen." "Was für ein Essen?!" "Hat dir das Rafa nicht erzählt? Unser Dad hat dich eingeladen." Langsam schüttelte ich den Kopf. "Nein, Rafa hat nichts gesagt."
Luca stand grinsend wieder auf und klopfte auf meine Schulter.
"Na dann weißt du es jetzt."
~~~
"Ich würde mich wirklich freuen deine Eltern einmal wieder zu sehen, Roxana." Der stechende Blick von Mr. Salvatore lag auf mir. Unbehaglich rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. "Wir feiern am Samstag ein kleines Fest in den Hamptons. Deine Eltern, deine Brüder und du, ihr seid herzlich eingeladen." Ich erinnerte mich an das Gespräch von Mum und Dad in dem sie deutlich gemacht hatte, was sie von Carlo Salvatore hielt.
Rafael schien meine Nervosität bemerkt zu haben. Beruhigend und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen legte er seine Hand auf meinen Unterarm.
"Ich werde es ihnen ausrichten, Mr. Salvatore." Ein zufriedener Gesichtsausdruck legte sich auf das steinerne Gesicht des Mannes, der am Tischende saß und so alle im Blick hatte.
Dieser Mann strahlte etwas aus das einen unglaublich nervös machte, etwas das einen daran hinderte ihm zu widersprechen. Er legte eine unglaubliche Autorität an den Tag. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es jemanden gab der ihm nicht mit Respekt begegnete.
Und auch wenn ich es bei Rafael noch nicht all zu oft erlebt hatte, konnte er die genau gleiche Miene aufsetzen wie sein Vater. Undurchdringlich, kalt, angsteinflößend.
Einige Minuten später schob Rafael seine Stuhl nach hinten und sah mir grinsend beim Gähnen zu. "Ich glaube ich sollte dich nach Hause bringen, oder?" Noch immer mit einer Hand vor meinem Mund nickte ich und erhob mich ebenfalls.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich mich von Cara, Luca und der Mutter der Geschwister verabschiedet hatte. Bei Rafaels Vater fiel das ganze wesentlich kürzer aus. Ein Händedruck, eine Erinnerung an das Fest am Wochenende und ein Auf Wiedersehen.
In der Tiefgarage lasse ich mich wie immer auf den Beifahrersitz von Rafas Auto fallen und beobachtete ihn, wie er den Wagen nach oben in die Straßen lenkte. Es war mir schon so vertraut neben ihm im Auto zu sitzen als würde ich ihn schon ewig kennen. Sein Handy, das mit dem Auto verbunden war, spielte immer wieder die selben Playlists und Rafaels Parfüm umhüllte mich jedes Mal aufs neue. Ich unterdrückte ein wohliges Seufzen als mir der Geruch in die Nase stieg.
"Auch wenn man es meinem Dad vielleicht nicht ansieht, aber er mag dich." Überrascht wanderte mein Blick zu dem Jungen neben mir. "Du lügst doch." Ein raues Lachen erklang, als er leicht den Kopf schüttelte. "Er verhält sich immer so abweisend. Aber wenn er dich nicht mögen würde, hätte er dich heute erst gar nicht eingeladen."
Geschickt parkte er am Straßenrand gegenüber von meinem Zuhause und sah mich an. "Wie lange hast du morgen Schule?" Kurz überlegte ich. "Bis 15.00 Uhr. Wieso?" Grinsend sah er mich an.
"Lass dich überraschen, Kleine."
Yo Potatoes 🙈
Ihr seid wahnsinnig. Da ist man ein paar Tage nicht online und schon hat die Story 300k reads 😳
Vielen vielen lieben Dank 💕
Wie fandet ihr das Kapitel?
Was wird Rafa wohl Vorhaben?
Love you ❤️
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top