• MA und CI •


Marcus POV:

August 2021
Italien
—————
Es ist ein ganz normaler Tag.
Ein Mittwoch wie jeder andere.

Und doch so besonders.

„Callum, ich habe das Essen fertig gemacht",rufe ich durch unsere gemeinsame Wohnung in Italien, bekomme allerdings keine Antwort.

Jede andre Person, die Callum kennt, würde mir jetzt sagen, dass ich mir keinen Kopf machen sollte, weil Callum nun einmal Callum ist..jedoch kenne ich Callum eben besser.

Länger.
Intensiver.

Wenn es um Essen geht, dann war Callum bis jetzt immer innerhalb von wenigen Augenblicken aus seinem Zimmer gehuscht und saß am Tisch.
Dieses Ausbleiben einer Reaktion grenzt also fast an ein Wunder.

„Callum",unterstreiche ich meine erste Aussage noch einmal, denn es kann ja sein, dass der Brite es einfach nicht mitbekommen hat, aus was für einem Grund auch immer.

Als dann wieder keine Reaktion kommt, lege ich den Löffel der Tomatensauce zurück in den Topf und schreite in das Zimmer des Briten.
„Cal, ich habe das Essen...",Stecke ich meinen Kopf in das Zimmer des Älteren, an welchem die Tür, wie immer, leicht angelehnt ist.

Neugieriger, als es sollte, strecke ich meinen Kopf durch die Zimmertür und sehe Callum an seinem Laptop sitzen.
Auf dem Bett, im Schneidersitz...die Augen wirklich weit aufgerissen.

„Sage mal, was für Gespenster hast du denn hier gesehen?",schnaube ich belustigt, lenke damit Callum's Aufmerksamkeit tatsächlich auf mich.
Noch immer sind die Augen des Briten weit aufgerissen, als er abwesend neben sich auf die weiche Bettdecke klopft.

Sofort bewege ich mich zu ihm, lasse mich neben ihm nieder, ehe er seinen Laptop in meine Richtung dreht.
„Das kam gerade in mein E-Mail Fach geflattert",redet Callum in einer Stimmlage, die ich so von ihm noch nicht kenne, was mich zugegebenermaßen ziemlich verunsichert.

„Es ist aber nichts schlimmes oder?",beginne ich die Mail zu lesen,welche von dem argentinischen Team Juncos Hollinger Racing zu sein scheint.
Kurz krame ich in meinen Gedanken...

Nein, der Name sagt mir nichts.
„Nein, nein, gar nicht...",erhellt sich Callum's Blick immer mehr, während ich die ganzen Wörter flüchtig überfliege und schließlich bei einem Satz mitten in der Mail hängen bleibe.

„Aus diesem Grund freut es mich sehr, Ihnen mitteilen zu können , dass wir Ihnen einen Sitz für die letzten Zwei Rennen der NTT IndyCar Series zur Verfügung stellen wollen. Geben Sie uns bitte zeitnah Bescheid, ob Sie dieses Angebot annehmen wollen, oder nicht"

Callum's blaue Augen funkeln warm und aufgeregt und sobald ich in diese schaue, weiß ich,wie seine Antwort ausfallen wird und wenn ich ehrlich bin, dann kann ich es ihm auch nicht verübeln.

Jeder hätte diese Entscheidung auf diese Art getroffen, denn sie stellt eine wirkliche Chance für Callum da, welcher sonst noch immer im GT Sport fahren würde.

Allerdings bildet sich nach dem Gedanken ein riesiger Kloß in meinem Hals, und ein Gefühl, dass ich ebenfalls so nicht kannte, strömt durch meinen ganzen Körper.

„Callum, das...das ist doch..toll..." kommt es über meine Lippen, jedoch klingt es selbst in meinen Ohren nicht ehrlich.
Meinem Mitbewohner scheint das allerdings gar nicht aufzufallen, denn seine Miene erhellt sich nur mehr.

„Ja, oder?",leuchten seine Augen begeistert auf,"Ich habe auch schon zugesagt. Ich kann es gar nicht abwarten. Diese Chance, die sich mir bietet ist einfach genial."

Einfach genial...genau.
Irgendwie fühlt es sich für mich alles andere als genial an.

Der Kloß in meinem Hals beginnt zu wachsen und irgendwie nehme ich es mir zu Herzen, Callum's Worte meine ich.
„Einfach genial, ja",hauche ich leise, atme innerlich einmal kurz durch, ehe ich ergänze:"Wo wir gerade bei genial sind...Ich habe die Pasta alà Marcus gemacht."

„Oh, da ist wirklich genial.",rappelt Callum sich voller Energie auf, macht sich vor mir auf den Weg in die Küche, während ich dagegen eher mit gemischten Gefühlen hinter Callum her trotte...

Die List aufs Essen ist mir mit diesen News wirklich ziemlich vergangen.

•••••
Zwei Wochen später
Flughafen Bologna

„Dann heißt es jetzt wohl Abschied nehmen, Oder?",fährt Callum sich verlegen durch seine blonden Haare.

Klar läuft es mir den Rücken herunter.

Ich kann Callum nicht gehen lassen.
Ich will Callum nicht gehen lassen.

„Scheint ganz so, wobei man ja nicht von einem Abschied im klassischen Sinne sprechen kann. Du kommst ja wieder nach dem September", spreche ich das aus, was ich mir die letzten beiden Wochen eingeredet habe.

Callum ist nicht wirklich lange weg.
Nur einen Monat, wenn es hoch kommt.
Dann kommt er wieder zu mir.

Zurück nach Italien.

„Stimmt, es sei denn, es ergibt sich etwas",strahlt Callum noch immer, sodass mein Kloß sich, wie jedes Mal, wenn es um Callum's Wechsel in die Vereinigten Staaten geht.

Auf der einen Seite wäre was sich wirklich zu wünschen, denn das Callum ein wirkliches Talent hat, das kann man nicht bestreiten. Allerdings...ach,ich  weiß doch auch nicht.

Es fällt mir schwerer, ihn ziehen zu lassen, als ich mir eingestehen wollte.
Aber wieso?

„Flug 23 nach Indianapolis, das Boarding beginnt jetzt",dröhnt durch die Lautsprecher und lassen mein Herz fast in meine Hose sinken.
„Dann beginnt auch dein Traum jetzt",Versuche ich so lässig wie möglich mit der Situation umzugehen, doch gelingt es mir nicht ganz.

„Das stimmt, Ich kann es gar nicht glauben",spricht hier deutlich die Aufregung und Freude aus dem Briten,"Trotzdem werde ich dich sehr vermissen. Ärgere die Nachbarn nicht zu sehr".

Ein Zwinkern hat er immerhin nach dieser Aktion für mich über, ehe er mich doch in seine Arme zieht.

Zum ersten Mal seit zwei Wochen fühle ich mich wohl, angekommen und heimisch.
Ein Gefühl, was ohne Callum wohl kaum je wieder zustande kommen wird.

Oder ich bin einfach nur ziemlich dramatisch.
Wer weiß das schon?

Bestimmend vergrabe ich meinen Kopf an Callum's Hals, vergieße ich einzelne, kleine Träne, die ihren Weg an der kalten Haut des Briten herunter fährt.
„Ich werde dich auch vermissen",kann ich ein dazugehöriges Schniefen ebenfalls nicht unterdrücken.

„Nun werde mir hier bitte nicht sentimental, das würde es mir nur noch schwerer machen, zu gehen",höre ich Callum murmeln und doch lässt er mich nicht los.

Ich genieße die Nähe, so lange ich sie noch genießen kann, ehe es wieder komplett kalt um mich herum wird.
Callum ist los.
Callum ist weg.
Callum lebt seinen Traum.

Und das ohne mich.
Hart trifft mich diese Aussage.

Lässt aus einem Kloß einen Stein werden, der tief in mir drin sitzt.
Mit hängendem Kopf Verlasse ich das Flughafengebäude.

Spüre die Sonne auf meiner Haut, doch spüre die Wärme nicht, welche diese eigentlich ausstrahlen sollte.
Mit einer permanenten Gänsehaut schlurfe ich wieder zu meinem Auto.

Setze mich hinein und fahre mir über das Gesicht, während immer mehr Tränen fließen und über meinem Kopf ein Flugzeug fliegt.
Mit meinem Mitbewohner als Passagier.

Noch Mitbewohner.
Denn ein Gefühl in mir sagt, dass dieser Schritt etwas ändern wird.

Und diese Tatsache macht mir einfach nur Angst.

•••••

Callum
Flugzeug

Seufzend lege ich meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe und schließe meine Augen.
Ich mochte die Starts in Flugzeugen noch nie gerne, aber was nimmt man nicht für diese Chance in Kauf?

Die Gänsehaut, die die ganze Zeit schon auf meinem Körper lag, verstärkt sich nur noch mehr, während ich zitternd die Luft, von der ich nicht einmal wusste, dass ich sie angehalten habe, entweichen lasse und abwesend an einen Punkt an meinem Hals fasse.

Dort, wo ich ganz deutlich eine Träne von Marcus gespürt habe.
Als wir uns wieder losgelassen haben, sprach nichts dafür, dass er geweint hatte, aber ich habe mir diese Träne nicht eingebildet.

Dafür spüre ich die Spur zu deutlich, die sie hinterlassen hat.
Fast quälend langsam ist sie unter mein Shirt geflossen und auf meiner Brust, knapp unter meinem Herzen vertrocknet, jedoch spüre ich sie noch immer genau dort.

Wie eine Art Stein, der sich dort eingenistet hat.
Erneut atme ich aus, riskiere für einen kurzen Moment, meine Augen zu öffnen und stelle fest, dass wir mittlerweile oben sind.

Sechs Stunden nur noch, dann lande ich in Indianapolis und kann dort mein Traum weiter verfolgen.
Aber wieso fühle ich mich so schwer dabei?

Gedankenverloren fahre ich mir über das Gesicht.
Vielleicht tut mir ein wenig Schlaf gut.

Ja,das sollte die Probleme lösen.

••••••

Callum
Indianapolis Ende September 2021

„So, machen wir es kurz.",steht Ricardo Juncos höchstpersönlich vor mir, was meine Aufregung noch einmal ansteigen lässt.
Was kommt jetzt?

„Wir haben uns mit Ferrari in Kontakt gesetzt und ausgehandelt, dass wir dich für zwei Jahre auf jeden Fall unter Vertrag stellen wollen. Als Stammfahrer für Juncos. Deine Ergebnisse haben uns überzeugt und wir hätten dich ab jetzt gerne fest im Team dabei."

Leicht überrascht, jedoch hauptsächlich glücklich erwidere ich den Blick meines jetzt Teamchefs und nehme auch direkt den Vertrag entgegen.
„Du kannst ja noch einmal eine Nacht drüber schlafen",werde ich angelächelt, doch für mich steht es fest.

Ich werde hierbleiben.
Ich habe wirklich eine reale Chance, mich hier zu beweisen.

Nur...
„Ich bin ja schon im Oktober wieder hier",erinnere ich mich an die Worte, die ich Marcus zu Beginn dieses Monates gesagt hatte.
Sofort wird mir wieder schwer ums Herz.

Wenn ich hier hin will, dann muss ich Italien verlassen und damit auch Marcus.
Meinen Kiwi...Aber damit werden wir schon klarkommen...oder?

Ich meine, es gibt ja FaceTime und die ganze Zeit bin ich ja auch nicht hier.

Rede ich mir das jetzt gerade selbst ein, oder ist das logisch?
Innerlich schlucke ich.

Im Endeffekt muss ich egoistisch sein.
Wie jeder Rennfahrer, der immer nur sein Ziel vor Augen hat.

„Nein",Treffe ich meine Entscheidung jetzt,"Ich werde für euch fahren. Ich brauche nur noch einen Stift."

Schnell, damit ich gar nicht mehr darüber nachdenken muss, setze ich meine Unterschrift nach einer genauen Inspektion des Vertrags unter diesen.
„Perfekt, dann fliegen sie am besten rüber und sind Anfang Januar mit ihren Sachen am besten hier.Ich freue mich sehr auf unsere Zusammenarbeit."

„Ich mich auch",nehme ich die Hand von meinem Teamchef entgegen, ehe dieser den Raum verlässt, in dem ich noch ein paar Augenblicke verweile.

Wieso fühlt es sich plötzlich so schwer an?

•••••

Marcus
Italien
Oktober 2021

„Callum"
Als ich den blonden Haarschopf meines Mitbewohners erblicke, renne ich fast auf ihn zu, werfe meine Arme sofort um ihn.
Dieser eine Monat war einfach schlimm.

Ich kann nicht einmal richtig sagen, wieso, aber die Wohnung fühlt sich plötzlich so groß, so still und so leer ohne den Briten an.
Alles war sauber, ordentlich und an seinem rechtmäßigen Platz, ohne das Chaos, was Callum immer veranstaltet.

„Hey Kiwi",werde ich behutsam in seine Arme gezogen und spüre sofort, wie angespannt der Brite ist.
Nervös kaut dieser auf seiner Unterlippe, was ich so noch nie gesehen habe,"Ich bin froh, dass du wieder nach Hause kommst"

Kurz flackern Callum's Augen zu mir hoch, ehe sich ein schiefes Lächeln auf seine Lippen setzt.
„Wenn wir wieder in der Wohnung sind, dann muss ich dir was erzählen."

Tief Schlucke ich.
Ich kenne Callum.
Wenn ihn etwas belastet, dann spricht er es immer aus.
Ohne zu zögern und ohne Vorwarnung.

Und so, wie er die ganze Zeit schaut, will ich mir gar nicht ausmachen, was gleich kommt.

„Dann mal ab nach Hause würde ich sagen.",lächle ich doch, denn ich will Callum nicht auch noch extra durch komisches Verhalten belästigen,"Holen wir etwas von unserem Lieblingsitaliener?"

Kurze Zeit später finden wir uns beide auf der Couch ein, beide einen Teller Pasta vor sich.
„So, was gibt es denn?",versuche ich wenigstens so zu tun,als würde ich wissen wollen, was Callum zu sagen hat, denn ich habe da so ein Gefühl.
Und dieses Gefühl gefällt mir, als persönlicher Marcus, ganz und gar nicht.

„Ich ziehe rüber. Für die nächsten beiden Saisons habe ich einen Vertrag unterschrieben. Im Januar soll ich da sein.",lässt Callum die Bombe platzen und bestätigt damit, was ich mir schon gedacht habe.

Einerseits macht es ja auch Sinn, denn Callum war wirklich gut, aber andererseits...
„Das...das ist doch toll",lächle ich ihn trotzdem freudig an, versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass es mich doch ein wenig trifft.

„Ja oder?",strahlt Callum's Mund zwar, aber seine Augen nicht.
„Du hast die Chance, dich zu beweisen, mehr als verdient.",öffne ich jetzt meine Arme, in die Callum sich hineinfallen lässt.

Sofort breitet sich in mir eine wohlige Wärme aus, während ich jedoch etwas meinen Hals herunterlaufen spüre.
Eine Träne.
Ganz sicher.

Wie in Zeitlupe rinnt sie an meiner Haut hinunter, hinterlässt eine brennende Spur, ehe sie kurz über meinem Herzen in meine Haut einzieht.

Sanft drücke ich Callum von mir, der jedoch nicht so aussieht, als würde er geweint haben.
Aber ich habe es mir doch nicht eingebildet?

„Danke, und ich werde allen zeigen, was ich drauf hab.",lächelt Callum jetzt doch eine Spur ehrlicher.

Das wird er, da bin ich sicher.
Jedoch weiß ich, dass mir wirklich etwas fehlen wird, wenn Callum nicht mehr hier ist, denn er ist wie ein Stück zuhause von mir geworden.
Einen Teil, den ich am liebsten nicht gehen lassen will.

••••

Marcus
London
Februar 2022

Das Klingeln an meiner Haustür konsequent ignorierend Rolle ich mich immer fester in meine Bettdecke ein und wünschte, dass ich einfach nur meine Ruhe genießen könnte.

Wobei Ruhe auch eher symbolisch gesehen ist, denn meine Kopf gibt mir alles andere als Ruhe.
Die ganze Zeit ist er bei Callum und unserer Zeit in Italien.

Nachdem Callum aufgetaucht ist und mir eröffnet hat, dass er rüber geht, habe ich mich natürlich gefreut, was wäre ich denn für ein Mensch, wenn ich es nicht getan hätte, aber trotzdem vermisse ich ihn unglaublich.
Zwei Tage nachdem Callum mir erzählt hat, dass er rüber geht, kam für mich der Bescheid, dass ich ebenfalls kein Teil mehr der Ferrari Academy sein werde.

Da ich meinen Vertrag mit Hitech zu dem Zeitpunkt allerdings schon unterschrieben hatte, wusste ich direkt, wo mich meine Reise als Nächstes hinführt.
Mir dem Umzug nach London dachte ich, dass alle meine komischen Gefühle und das starke Vermissen endlich aufhören würden, aber nein, ich sollte mich irren.

Hier ist es nur noch schlimmer.
Ich vermisse Callum nur noch mehr, denn hier habe ich keinerlei Erinnerungen an unserer gemeinsame Zeit. Es fühlt sich eher so an, als wäre ich ein ein kaltes, matschiges und graues Planschbecken geworfen, aus welchem ich es nicht mehr schaffe,aufzustehen.

Einmal ist der Brite hier gewesen.
Am Tag vor seiner Abreise in die Vereinigten Staaten und ich hatte gehofft, dass ich wenigstens dann Trost bekomme, aber nein.
Es machte es nur noch viel schlimmer.

Mit tränenüberströmten Wangen und zitternden Händen fasse ich mir an eine Stelle am Hals, die sich mit einer gewissen Wärme von dem Rest meiner Haut abhebt.
Es war der Punkt, an dem Callum's Träne auf meine Haut getropft ist.

Schluchzend beiße ich mir auf meine Hand, damit niemand hören kann, wie es mir geht.
Es fühlt sich an, als wäre diese Träne noch immer da.

Mit tränenverschleierter Sicht greife ich nach meinen Handy, wo immer noch ein Post vom IndyCar-Content Day offen ist, wo Callum zu sehen ist.
Er wirklich glücklich.

Als würde er mich gar nicht vermissen.
„Marcus Armstrong, meine Güte, wenn du....Marcus?"

Verdammt!
Was hatte mich noch einmal dazu verleitet, James einen Zweitschlüssel für meine Wohnung zu geben?

„Hey, Marcus, Kiwi, was ist denn los?",spüre ich, dass die Matratze sich neben mir senkt.
Beschämt schließe ich die Augen.

Wenn ich doch selbst nur eine Antwort auf diese Frage wüsste...
Dass James Blick auf mein Handy fällt, bekomme ich nicht mit.

Stattdessen spüre ich nur, wie sich die Umarmung festigt und ich sanft hin und her gewiegt werde.
„Du weinst dich jetzt aus und dann schauen wir mal, wie wir dich wieder glücklich bekommen? Okay?",tut es dann doch sehr gut, die Stimme meines längsten Freundes zu hören, jedoch weiß ich ganz genau, was mich wieder glücklich machen wird, aber das kann man so schnell eben nicht hierher bekommen.

•••••

Marcus
London
Juli 2022

„Der erste Durchlauf war doch schon einmal ganz witzig",resümiert James unsere erste Episode, als Clem und  Felipe gerade meine Wohnung verlassen haben.
„Finde ich auch",lächle ich ehrlich.

James Idee, einen Podcast zu kreieren war eine wirklich toll Idee, denn sie erfüllt ihre Aufgabe.
Sie lenkt mehr ab.

So dachte ich.
„Der zweite Gast wird dann auch morgen schon eintreffen.",informiert James mich weiter.

„Du hast mir davon ja gar nichts erzählt",blicke ich ihn überrascht an.
„Ja, ich weiß und du wirst auch verstehen, wieso.",zieht James nur seine Augenbrauen hoch, ehe er ebenfalls kehrt macht und mich mit wilden Spekulationen im Kopf zurück lässt.

Aufgeregt pocht mein Herz.
Alles verspannt sich.

Das kann doch gar nicht sein.
„Callum",hauche ich leise und lasse die Gabel fallen, mit der ich gerade mein Mittagessen zu mir nehmen wollte.
„Kiwi",schlingen sich zwei Arme um mich und halten mich fest, als gäbe es kein Morgen mehr.

Sofort ist es wieder da.
Das Gefühl von zuhause.
„Wie...?",stammle ich vollkommen baff.
„James hatte mich eingeladen und für mich stand es komplett außer Frage, ob ich komme, denn natürlich komme ich. Ich unterstütze dich doch bei deinem Projekt."

Wieso diese Aussage nun gerade Herzklopfen in mir auslöst verstehe ich nicht ganz.
Jedoch bedeutet sie mir unendlich viel.
„Ja dann können wir ja auch anfangen, oder nicht?",taucht James ebenfalls auf, zerstört dadurch den Moment.

Nickend schiebe ich Callum in Richtung des Wohnzimmers, wo wir nebeneinander auf dem Sofa Platz nehmen und zu erzählen beginnen.

„So Marcus",stemmt James seine Hände in die Hüften, als Callum die Tür hinter sich ins Schloss fallen lässt,"Wenn du jetzt nicht gerallt hast, was das Problem ist,dann kann ich dir auch nicht weiter helfen."

„Wie genau meinst du das?",lege ich meine Stirn in Falten.
„Du hast dich verliebt. In Callum. Aus diesem Grund weinst du, wenn du siehst, wie glücklich Callum ist. Aus dem Grund vermisst du ihn die ganze Zeit und jetzt leugne es nicht. Ich kenne den wahren, glücklichen Marcus und der kam gerade zum Vorschein, nicht zuvor."

„Ich habe mich...verliebt? Dann ist das das Kribbeln und...",muss ich mich erst einmal setzen, während die Tränen erneut hochkommen.
Ich kann mich doch gar nicht verliebt haben. Das kann nicht sein. Aber es macht Sinn.

„Shh, ja, das ist jetzt ein klein wenig überfordernd, aber das bekommt ihr hin.",nimmt James mich erneut in den Arm.

„Wie denn? Er lebt am anderen Ende der Welt",schluchze ich auf.
Das macht das Ganze doch praktisch unmöglich.

„Wenn du nicht daran glaubst, dann kann es auch nichts werden"stemmt James nun seine Hände auf meine Knie,"Beruhige dich, setze dich mit deinen Gefühlen auseinander und dann lässt du das Schicksal spielen. Wenn ihr zusammengehört, dann wird sich alles fügen. Du brauchst nur den Mut und ich weiß, dass der Marcus, den ich kenne, diesen sonst immer hatte, also wieso nicht auch jetzt?"

Naja, wenn das mal so einfach wäre.

••••••

Callum
Indianapolis
August 2022

Wütend Pfeffere ich mein Handy auf mein Sofa, als Christian gerade aus dem Bad kommt.
„Was hat dein Handy dir denn getan?",schmunzelt er, doch mir ist gerade eher nach weinen zumute.

Als ich bei Marcus war, war es so toll.
Ich habe mich wieder wie zuhause gefühlt und habe gleichzeitig realisiert, dass ich wohl Gefühle habe, denn nach einer Umarmung hat alles in mir gekribbelt wie nichts Gutes.

Die obligatorischen Schmetterlinge im Bauch.
Aber ich sehe da eher schwarz, so eng, wie Marcus und Clem zu sein scheinen.

Bei Podcast hieß immer nur, Clem hier, Clem da, Clem hat das gemacht...
Jetzt auch noch ein Foto von den beiden zu sehen, wo sie, zugegebenermaßen sehr nahe, aneinander sitzen und sich in meine Augen absolut verliebt anschauen, lässt mein Herz brechen?

Aber kann es überhaupt brechen, wenn wir nicht einmal zusammen sind?
Kann ich überhaupt eifersüchtig sein?
Habe ich das Recht dazu?

Gedankenverloren kratze ich mir über die Stelle der Träne.
Spüre sie noch immer.

Ode ist es mittlerweile nur noch Einbildung?
Einbildung? Oder ein Zeichen?

„Ahh, ich sehe schon",ist Christian immer noch am Schmunzeln.

Man, der hat vielleicht Nerven.
„Du bist eifersüchtig. Auf Clem. Weil du auf Marcus stehst",schlussfolgert er genau richtig.

„Das, das habe ich dir nie erzählt...wie konntest du das wissen?",reiße ich meine Augen auf.
„Sowas nennt sich beobachten und dann eins und eins zusammen zählen. Ich bin auch nur ein Mensch. Das kennt man doch.",werde ich sanft in den Arm genommen.

Eine Weile lasse ich mich halten,atme immer mal wieder tief aus und ein.
Was soll ich denn jetzt machen?

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Sinn macht es.
Ich bin verliebt in Marcus.

Marcus, von dem ich einen Ozean getrennt bin.
„Du ratterst, wie ein Uhrwerk",scheint man mir anzumerken, was in meinem Kopf vorgeht.
„Ja, ich meine, wie soll das denn alles funktionieren, wenn wir beide komplett getrennt wohnen und uns die ganze Zeit nicht sehen können?",spreche ich meine Zweifel aus.

„Das ist doch jetzt aber ein wenig übertreiben",rollt der Däne mit den Augen,"Du bist nur knapp über die Hälfte des Jahres hier am Fahren und dazwischen sind auch noch Pausen. Du musst es schon wirklich wollen und dann schafft ihr das. Aber redet. Nur dann wird es was."

Kurz zucke ich mit den Schultern.
„Naja, wenn das mal so einfach wäre."

••••••

Callum
Indianapolis
Februar 2023

„Ich kann noch immer nicht glauben, dass du jetzt auch hier fährst",nehme ich Marcus wieder in den Arm.
„Dich mich so oft umarmen zu sehen, kenne ich ja gar nicht",lässt Marcus wieder einen Spruch fallen,der mich jedoch gar nicht stört.
„Ich bin einfach nur froh,dass du wieder bei mir bist",nuschle ich leise, kann nicht verhindern, dass meine Wangen leicht erröten.

„Du bist die Person gewesen, die abgehauen ist",lacht Marcus fröhlich auf, was die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder zum Flattern bringt.
Was habe ich dieses Lachen vermisst.

Es klingt wie die schönste und süßeste Symphonie in meinen Ohren.

Saft löse ich mich und kann nicht anders, als den Jüngeren zulächeln, welcher daraufhin sofort errötet.
Kurz verhaken sich unsere Blicke, ehe von meinem Laptop ein Piepen ertönt.

„Stimmt, der Podcast",wendet Marcus sich nun dem Laptop zu.
Den hatte ich auch ganz vergessen.

Marcus und ich wollen jetzt einen Podcast aus Amerika machen und wenn ich das zu Marcus sagen würde, dass wäre er bestimmt sauer, aber ich bin froh, dass ich es jetzt bin und nicht Clem, denn obwohl Christian recht hatte und ich einfach nur eifersüchtig war, konnte ich dieses Gefühl nicht ganz abstellen.

Zusammen lachen wir, wie wir es früher getan haben und bestellen uns bei einem Italiener Pasta, als wir fertig sind.
Der Klassiker, nein, unser Klassiker.

Wie früher.
Bei dem Gedanken wird mir warm ums Herz und wie immer fahre ich über die Stelle an meinem Hals, während Marcus die Bewegung wie von selbst spiegelt.

Erneut beginnt alles zu kribbeln.
Aber intensiver als sonst.

Vorsichtig hebe ich meinen Blick zu Marcus, dessen wagen erneut tomatenrot sind, sich dann jedoch seiner Pasta zuwendet.
Leise seufzend folge ich seinem Beispiel.

Das Verliebtsein ist doch gar nicht so leicht, wie man denkt.

••••••

Marcus
Indianapolis
September 2023

„Sage mal, was für Gespenster hast du denn gerade gesehen?",runzle ich meine Stirn, als Callum mit betretenem Gesicht in meine Wohnung eintritt, was normal ist, denn wir hocken immer beieinander.

Meine Gefühle sind präsenter wie eh und je und doch konnte ich den Mut nicht aufbringen, es Callum zu gestehen.
James meinte, dass ich mutig sein soll, denn man weiß nie, wann es zu spät sei.

Aber es liegt noch immer in meiner Hand.

„Ich...Ich..",klingt Callum völlig komisch.
Sofort breitet sich ein ungutes Gefühl in mir aus.

„Juncos hat mich rausgeworfen und die Chancen auf einen anderen Sitz stehen schlecht",lässt Callum leise die Bombe platzen und doch hallen die Worte so laut, wie ein wirklicher Bombeneinschlag.

„Juncos hat was?",werden meine Augen ganz groß.
„Jap...",beißt Callum sich auf die Unterlippe, welche ganz gefährlich zittert.

„Komm her",schlinge ich meine Arme um Callum's komplett kraftlosen Körper.
Halte ihn.
Bin für ihn da.
So, wie ich es schon so oft gewesen bin.

     „Aber...",wischt Callum sich nach einer Weile über die Augen,"Ich habe aus der Hypercar-Serie ein Angebot bekommen und wenn es so bleibt, dann werde ich es annehmen, damit ich meine Chancen aufrecht erhalten kann, denn..."

„Nein."
Wieso dieses einfache Wort über meine Lippen kommt, weiß ich nicht, aber nein.
Ich will das nicht noch einmal durchmachen.

Ich fühle mich, als würde ich mich in der selben Situation wie vor zwei Jahren befinden.
Nur noch schlimmer.

„Marcus..was?",runzelt Callum überrascht seine Stirn.
„Lass mich mich erklären",atme ich durch.

Marcus.
Jetzt oder nie.
Du hast die Chance.
Es liegt in deiner Hand.

„Ich schaffe das nicht. Dich erneut gehen zu lassen. Damals war es schon so schlimm, aber da konnte ich wieder zu dir kommen, aber jetzt? Nein. Ich kann das nicht noch mal. Du hast mir so gefehlt und ich habe dich so vermisst, denn ich...",pausiere ich erneut.

„Denn ich habe mich in dich verliebt und die Trennung würde ich nicht ertragen. Das würd ich, sowieso schon unglücklich, nicht schaffen."

Laut atme ich aus, während sich Stille zwischen uns ausbreitet und Callum's Tränen prompt aufhören zu laufen.
Kurz geht er in sich, während ich meinen Blick beschämt senke.

Nun habe ich alles kaputt gemacht.
„Weißt du das Marcus?",schieben sich warme Finger zwischen meine, bringen mich zum Aufschauen."Wahre Liebe schafft es, Distanzen zu überbrücken. Da ist es egal, ob Ozeane zwischen uns liegen, denn wir beide wissen, dass wir uns lieben und das ist die Kraft, die all die Zweifel und das Vermissen überstrahlen soll."

Ein braucht einen Augenblick, bis die Worte zu mir durchsickern.
„Wir?",hauche ich leise, während Callum's Augen nun zu strahlen beginnen.

„Ja, wir. Ich bin genauso in dich verliebt Kiwi",wandert Callum's Freie Hand an meine Wange.
„Ich..ich weiß nicht, was ich sagen soll",stammle ich, spüre Tonnen der Last von mir abfallen.

„Manchmal muss man auch gar nichts mehr sagen. Besonders dann nicht,wenn schon alles gesagt ist",höre ich Callum hauchen, ehe meine Augen von selbst zupflattern und unsere Lippen sich auf halben Weg treffen.

Voller Überwältigung treten Tränen in meine Augen, finden ihren Weg hinaus, während ich nur die raue, aber zugleich auch himmlisch weiche Struktur des wohl perfektesten Lippenpaares auf meinen Spüre.

Es ist, als würde sich alles fügen.
Alle meine Ängste verschwinden.

„Ey, nicht weinen Kiwi",streicht Callum meine Tränen sanft weg, während ich lachen muss.
„Ich bin so so erleichtert.",gebe ich zu.

„Und ich erst",nimmt Callum mich in den Arm."Wir beide lieben uns. Haben uns. Wir schaffen das schon."
„Aber dann sei mein Freund",kommt es direkt über meine Lippen,"Ich will nichts Inoffizielles mehr, sondern Klarheit."

„Glaube mir, ich würde mir nichts sehnlicher wünschen.",treffen unsere Lippen aufeinander, sodass mir eine Sache klar wird.

Wenn wir das geschafft haben, dann werden wir den Rest auch schaffen.
Es wird schon alles gut werden.

•••••

Marcus
Indianapolis 
April 2024

Gedankenverloren rühre ich in meine Pasta herum.
Ich mache mir sie immer, wenn ich Callum besonders vermisse.

Da er doch noch ein wenig länger bleiben konnte,als wir erwartet hatten, wurde uns der Abschied doch ein wenig schwerer gemacht, als uns es lieb war, aber ich bin immer noch vollkommen davon überzeugt, dass wir das schaffen.

„Kiwi",höre ich eine aufgeregte Stimme in meinem Flur.
Nein, wie kann das denn?

„Callum",renne ich sofort in diesen, denn nur mein Freund besitzt einen Zweitschlüssel für unsere Wohnung in Indianapolis,"Was machst du hier? Du solltest dich in Europa sein."

„Na da komme ich auch her",grinst er, einen Zettel in der Hand haltend.

Sofort baut sich eine Vermutung in mir auf.
Kann das wirklich sein?

„Ist es das, was ich denke, dass es ist?",werden meine Augen riesig, vermutlich so groß wie Suppenteller.
Mit einem Megawattlächeln auf den Lippen nickt Callum, ehe ich ihn fest in die Arme schließe.

„Du kommst wieder. René hat es tatsächlich getan",strahle ich mit der Sonne draußen um die Wette.
„Du sagst es. Ab nächstes Jahr hast du mich wieder dauerhaft an der Backe.",verbringt Callum aufgeregt unsere Lippen.

„Ich...Herzleichen Glückwunsch Callum. Wirklich",weiß ich gar nicht wohin mit meiner Euphorie.
„Ich bin auch so glücklich. Endlich habe ich meinen Kiwi wieder",schmiegt er sich in meine Arme und ich würde ihn am liebsten nie wieder loslassen.

James hatte recht.
Im Endeffekt kommt sowieso so alles, wie es kommen soll.

Callum und ich.
Das sollte einfach so sein und ich könnte mir auch niemand anderen an meiner Seite vorstellen, denn so ist es einfach perfekt.

••••
Beendet am 12.4.24
[das Ende ist natürlich rein spekulativ]
••••

Und damit einen schönen Freitag 🤍
Die Idee zu diesem OS kam mir gestern ziemlich spontan und da ich endlich mal wieder ein wenig mehr Zeit habe zum Tippen, habe ich mich auch direkt rangesetzt und hier haben wir dann das Ergebnis🤍

Ich hoffe, dass es euch gefallen hat und wünsche euch ein schönes Wochenende🤍

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