Kapitel 4

Isabelle quietschte ohrenbetäubend.
,,Natürlich!"
, schrie sie so laut, dass ich mir, egal wie undamenhaft es auch wahr, beide Hände auf die Ohren pressen musste.
König Kieran steckte seiner frischgebackenen Verlobten den Ring auf den Finger.
Sie küsste ihn stürmisch.

Das war der Moment, in dem ich die erste Träne meine Wange herunterrinnen spürte. Sekunden später hatte sich mein Gesicht in einen stetigen Fluss aus Tränen verwandelt.
Ich konnte es nicht glauben. Ich dachte, dass er mich lieben würde. Oder zumindest geliebt hatte und mich nicht einfach gegen Isabelle eintauschen würde, während ich ihn für tot gehalten hatte!

Sam bemerkte meine Tränen als erster. Er sah mich an.
,,Was ist los?"
, fragte er besorgt. Wortlos schlang ich meine Arme und ihn und klammerte mich an ihm fest. Jetzt hatte es auch Kieran bemerkt. Ich erahnte seinen Blick auf mir wie einen Dorn im Rücken und spürte Sams Brust vibrieren, als er sprach.

,,Sie ist ein sehr emotionaler Mensch. Sie ist bloß gerührt."
Er streichelte mir über mein Haar.
,,Nicht wahr süße?"
Ich löste mich von ihm und sah Sam in die Augen.
Ich nickte.
Doch dann wurde es mir zuviel.

,,Wenn ihr mich entschuldigen würdet"
, sprach ich an den König und seine Verlobte gewandt, ehe ich mich Hals über Kopf auf den Weg nach draußen machte. Geradewegs durch den Mittelgang an meinen Eltern vorbei, die mir besorgte Blicke zuwarfen.

Ich verschwand durch die große Doppeltür und Jubel empfing mich, der jedoch sogleich verstummte, als die Destroyaner erkannten, dass sie nicht ihren frischgebackenen König vor sich hatten. Mein Gesicht hinter den Händen vergraben rannte ich mir einen Weg durch die Menge, was sich leichter als vermutet erwies, da die Destroyaner angewidert Abstand Namen. Und doch - auf einmal begann die Menge zu jubeln.

Ein Blick über die Schulter ließ mich erkennen, dass Isabelle und Kieran Hand in Hand aus der Tür getreten waren. Sie streckte ihre Hand in die Höhe, an der der Ring sogar bis hierhin funkelt. Der Jubel wurde umso stärker. Plötzlich drehte sich alles und ich fiel. Einer der Destroyaner hatte mich zu Boden geschubst!
Der Teenager, dessen dunkelrotes Haarwild von seinem Kopf Abstand, lacht spöttisch auf mich herab.

,,Unser König verlobt sich, während die Prinzessin der Protectoren nicht einmal laufen kann. Erbärmlich"
, höhnte er.
Die Trauer, die ich bis jetzt erfunden hatte, verwandelte sich langsam aber sicher in Wut.
,,Er wird uns in neue Zeiten führen, während euer Königreich unter eurer Führung ja jämmerlich verkümmern wird!"
Meine Tränen waren endgültig versiegt.
Ich stand auf. Die Risse in meinem Kleid nahm ich kaum war.

,,Jedoch kann ich lieben, im Gegensatz zu eurem König. Ich verlasse Menschen nicht, wenn sie mich am meisten brauchen!"
Bevor ich wusste was geschah, hatte mich der Rothaarige mit einem kräftigen Faustschlag rückwärts durch die Menge geschleudert. Nach Luft schnappend richtete ich mich erneut auf.
Ein dunkelgrauer Wolf stürzte sich auf mich.
Hilflos sah ich mich um, doch Destroyaner hatten einen festgeschlossenen Kreis um uns gebildet.
Ich würde nicht entkommen können. Jede einzelne Gehirnzelle schrie, dass sie mich verwandeln sollte, dann hätte er keine Chance gegen mich.

Doch mein Körper weigerte sich. Seit Kieran für mich gestorben war, konnte ich nicht mehr.
Mein Körper blockierte komplett. Gerade, als ich mir eingestanden hatte, dass ich wohl oder übel in der Klemme saß, sah ich einen Schatten über mich hinweg fliegen. Ein silberner Wolf hatte sich in den Weg das Grauen geworfen. Er knurrte beängstigend.
Sofort kniete der Rothaarige vor ihm nieder.

,,Wage es nie wieder sie anzufassen!"
, befahl Kieran, ehe er sich mir zuwandte. In der Drehung veränderte er seine Form. Ich musste mich beherrschen, sein wohlgeformten Bizeps nicht anzustarren.
Kieran eilte zu mir.
,,Geht es dir gut?"
, fragte er besorgt.
Seine Augen huschten über meinen Körper, auf der Suche nach äußerlichen Verletzungen.
Natürlich gab es da keine. Der einzige, der mir weh getan hatte war er. Er hatte seine Krallen in mein Herz gerammt.

,,Alles bestens"
, entgegnete ich gereizt. Ich klopfte mir den Dreck von Kleid.
,,Warum hast du dich nicht verwandelt?"
, wollte er wissen.
Ich sah ihn lange an, bevor ich mich umwandte und floh.
Die Menge ließ mich zum Burgtor laufen und es passieren, Kieran jedoch nicht.
Als ich die Burg verlassen hatte und begann, mich durch das Unterholz zu schlagen, fasste er mich am Arm. Die Stelle an der er mich berühte kribbelte verräterisch.

,,Warum hast du dich nicht verteidigt?"
, wollte er erneut wissen.
,,Lass mich los"
, fuhr ich ihn an und wollte mich losreißen, doch er lockerte seinen Griff nicht.
,,Erst sagst du mir warum!"

Ich stöhnte genervt auf.

,,Was willst du denn hören? Dass ich es nicht mehr kann seit deinem Tod? Dass ich mich so mit dir verbunden gefühlt habe? Dass ich diese Erinnerungen an dich, die mich überflutet hätten, wenn ich mich verwandelt hätte, nicht ertragen hätte? Ich habe dich für tot gehalten Kieran, während du dir mit Isabelle ein schönes Leben gemacht hast! Ich habe dich geliebt, während du mich längst ausgetauscht hattest!"
Ich sah ihn mittlerweile an. Tränen verschleierten meine Sicht
Ich war am Ende meiner Kräfte. Ich konnte nicht mehr. Und dann sah ich Wings auf mich zukommen. Dankbar rannte ich ihr entgegen. Auf ihrem Rücken saß Sam, der mich behutsam hochzog und an seine Brust presste. Kieran ließ ich einfach stehen.

,,Bitte. Bring mich nach Hause"
, flehte ich Sam an.
Er nickte bloß und Wings erhob sich in die Luft.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top