#32 Christmas Pt.2
Sofort sitze ich senkrecht im Bett.
"Hoseok!"
Er breitet lächelnd die Arme aus. "Der einzig Wahre, höchstpersönlich."
Spontan falle ich ihm um den Hals. Er lacht, legt seine Arme um mich und drückt mich kurz an sich, nur um mich kurz darauf wieder von sich weg zu schieben.
"Stehst du jetzt auf oder legst du's drauf an?", fragt er grinsend.
"Worauf?"
Ich ordne halbherzig meine verstrubbelten Haare und mustere ihn nebenbei. Er trägt eine dunkle Hose - eine von denen, die er damals heil gelassen hat - und ein schwarzes Hemd, die rostbraunen Haare ordentlich, die dunklen Augen blitzen frech. Er sieht gut aus, nicht mehr krank und mager, und er scheint richtig gut drauf zu sein.
"Darauf, dass ich zu dir ins Bett komme.", wiederholt er.
Ich strecke mich und hebe abwehrend die Hände.
"Ist ja gut, ich steh ja auf."
"Gut." Er grinst. "Dann schmeiß' du dich in ein paar hübsche Klamotten und ich gehe schonmal zurück zu den anderen beiden Herrschaften. Ich glaube nämlich, es ist nicht so gut, die beiden miteinander allein zu lassen.", sagt er, wuschelt mir durch die Haare und manövriert den Rollstuhl durch die Tür.
Ich verdrehe grinsend die Augen, erhebe mich umständlich und schließe die Zimmertür hinter ihm, nur um dann die Schranktüren zu öffnen und ratlos meine Kleidung zu betrachten, die ordentlich und unbeeindruckt vor mir hängt. Nach einer Weile des Grübelns entscheide ich mich, mich dem Dresscode der anderen anzuschließen und wähle eine schwarze Hose und ein schlichtes Hemd aus.
Das Hemd noch fertig zuknöpfend, betrachte ich mich im Spiegel. Das elegante Outfit widerspricht meinem abgekämpften Gesichtsausdruck, den ich trotz des Lächelns, das mir gewisse Menschen soeben auf die Lippen gezaubert haben, nur zu gut erkennen kann, und den wirren Haaren, die wild in alle Richtungen abstehen. Ich seufze. Man kann eben nicht alles hinter einem schick gebügelten Hemd verstecken. Und wenn das hier so weiter geht, dann wird mir dieser Anblick, den mir mein Spiegelbild bietet, noch eine Weile erhalten bleiben - nur mit weniger hübschen Klamotten.
Ich schiebe die trüben Gedanken beiseite und straffe die Schultern. Es ist Weihnachten. Meine besten Freunde sind hier. Der Abend wird schön. Und die Arbeit hat hier ganz und gar nichts verloren.
Entschlossen schmeiße ich die Schranktür zu und marschiere aus dem Zimmer.
-
Ich werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand, seufze tief und lege mein Besteck auf den Teller.
Jungkook hat gekocht, und die Küche hat seine Aktion Wunder wie tatsächlich überlebt. Ich trinke mein Wasserglas aus und stehe auf.
Jimin unterbricht sein Gespräch mit Hoseok und die beiden schauen mich irritiert an.
"Wo willst du denn hin, Tae?"
"Ich hab Nachtschicht. Ich muss los.", antworte ich etwas geknickt und deute auf die Uhr.
"Was? Wie mies ist das denn?!", beschwert sich Hoseok ärgerlich.
Gerade als ich zu einer Antwort ansetzen will, umfassen zwei Hände meine Schultern und drücken mich bestimmt wieder auf den Stuhl zurück.
"Du gehst nirgendwo hin, mein Freund.", sagt Jungkook, der gerade aus dem Badezimmer zurückgekommen sein muss, mit voller Überzeugung.
"Kookie, ich muss zur Arbeit.", protestiere ich, doch er drückt mich weiterhin felsenfest auf den Stuhl.
"Nein, musst du nicht.", mischt sich nun auch Jimin ein. Ich verstehe nur noch Bahnhof.
"Leute! Ich komm zu spät wegen euch!"
Energisch versuche ich, mich Jungkook zu widersetzen, doch der klopft mir nur freundschaftlich auf die Schulter und fängt an zu lachen, ebenso wie Jimin. Ich mustere beide bloß verständnislos.
"Es war ein ganz schöner Kampf.", setzt Jungkook an und nimmt wieder mir gegenüber platz.
"Aber nachdem wir deine Chefin so lange genervt haben, bis sie sich kein weiteres Wort mehr von uns anhören konnte und wollte, hat sie es uns durchgehen lassen.", fährt Jimin fort.
"Wir haben dir für den Rest des Jahres Urlaub besorgt, Taehyung.", eröffnet er mir. "Damit du mal wieder runterkommst, von wo auch immer du gerade bist. Wir können doch nicht einfach so mit ansehen, wie unser bester Freund kaputt geht."
Was?!
Mal wieder haben die beiden es geschafft, mich sprachlos zu machen.
Das ist so unglaublich von ihnen...
"Ihr habt einfach so meinen Boss bequatscht?"
Beide nicken grinsend.
"Mann, ihr seid echt Idioten! Danke!"
"Kein Ding.", entgegnet Jungkook mit dem strahlendsten Lächeln, das er zu bieten hat. "Ist doch Weihnachten!"
Damit wäre mein Tag also ein weiteres Mal gerettet...
-
Nach dem Essen stehen Jimin und ich nebeneinander in der Küche, ich mit den Händen im Spülwasser, er mit einem Geschirrtuch in der Hand daneben. Ich reiche ihm einen Teller.
"Ist eigentlich irgendwas Spannendes passiert, seit ich weg bin?", frage ich, während er mir das Geschirr abnimmt.
"Unglaublich viel.", antwortet er ernst. "Siyeon ist zur Chefin befördert worden, wir haben jetzt ein Krankenhausmaskottchen, es gab einen Riesen-Rohrbruch, im OP arbeiten jetzt nur noch Hightech-Cyborgs, Doktor Park und Doktor Choi haben geheiratet und wir hatten eine mittelschwere Pestepidemie, weshalb jetzt alle nur noch mit Schutzanzügen reindürfen und zwei Drittel der Patienten ins Gras gebissen haben.", listet er auf, wobei er jedes Ereignis übertrieben an den Fingern abzählt.
Anfangs glaube ich ihm noch, doch je absurder seine Ausführungen werden, desto breiter wird sein Grinsen, womit er sich überdeutlich verrät.
Ich nehme die Finger aus dem Spülbecken und schnipse ihm eine Handvoll Wasser ins Gesicht.
"Sollst du lügen? Hat dir das irgendwer erlaubt?", rüge ich ihn scherzhaft, während er sich fluchend das Wasser aus dem Gesicht wischt.
Schadenfroh grinsend betrachte ich seine Bemühungen und hebe beiläufig die Pfanne aus dem Wasser, die ich bis eben abgewaschen habe.
"Sei froh, dass es nur Wasser war. Ich hätte dir auch das Ding hier um die Ohren hauen können.", drohe ich und halte ihm zur Bekräftigung die tropfende Bratpfanne unter die Nase.
"Ist ja gut, tut mir ja leid!", wehrt er lachend ab.
"Und jetzt gib her, du machst alles nass!", schimpft er dann und pflückt mir die Pfanne aus der Hand.
"Jetzt ehrlich, Chim. Ist irgendwas passiert?", frage ich, als wir uns beruhigt und ich mich wieder dem Abwasch gewidmet habe.
Jimin reibt gemächlich mit dem Geschirrtuch über eine Handvoll Besteck.
"Nein, Mann. Es ist absolut gar nichts passiert. Wir sind einfach nur ein sau-ödes Krankenhaus. Wir können uns nicht mal eine Stubenfliege im Aufenthaltsraum leisten, um den Tag irgendwie ein bisschen interessanter zu gestalten.", antwortet er und sortiert das Besteck in die Schublade.
Ich nicke. "Und...Hoseok? Geht's ihm gut?", frage ich leise und bin unglaublich erleichtert, als Jimin es bejaht. "Ja. Ich hab' ein Auge auf ihn, aber es scheint ihm ganz gut zu gehen. Er trainiert viel, und vor Kurzem hat er angefangen, zu schwimmen. Macht ihm glaub' ich Spaß. Essen tut er auch, und die Schwestern kann er immer noch nicht leiden. Also alles bestens. Das Einzige ist, dass sie ihm seit ein paar Tagen jeden Tag sagen, er könne zum Prothesen-Anpassen kommen."
"Und? Ist doch gut."
Jimin schließt energisch die Schublade und schaut einen Augenblick auf seine Finger, die den Griff noch umschließen. Dann schaut er zu mir und sagt:
"Aber er weigert sich, Taehyung. Er sagt, er geht nicht hin, solange du nicht da bist, um mit ihm mit zu gehen."
-
Als wir wieder ins Wohnzimmer kommen, scherzen Jungkook und Hoseok gerade über irgendetwas, dass ich nicht ganz mitbekomme. Hoseok schnipst Kookie daraufhin gegen die Stirn, worauf der Jüngere ihm nur die Zunge herausstreckt.
"Ihr scheint euch ja bestens zu amüsieren.", stellt Jimin fest und lässt sich neben Jungkook auf der Couch nieder.
"Ja, bestens.", stimmen beide gleichzeitig zu. Ich muss schmunzeln, während ich nacheinander die Kerzen auf dem Tisch anzünde.
Jungkook schiebt sich genüsslich ein Plätzchen zwischen die Zähne.
"Und, was machen wir jetzt?"
"Ihr könntet mir bitte endlich mal erzählen, wie ihr es geschafft habt, Hoseok aus dem Krankenhaus zu holen.", bestimme ich.
"Also, das war folgendermaßen.", fängt Jimin an. "Eigentlich war es gar nicht so schwer. Ich musste zwar eine Weile mit Doktor Park diskutieren, aber weil er erstens keine Infusionen mehr braucht, also auch keine Nadeln mehr in seinem Körper stecken hat, und weil ich als professioneller Krankenpfleger ja auch dabei bin, und weil er der Meinung war es würde ihm ganz gut tun, hat er es letztendlich doch erlaubt. Unter der Bedingung, dass wir uns sofort melden, wenn was ist."
Hoseok nickt. "Also reintheoretisch bin ich sozusagen sowas ähnliches wie fast entlassen. Sie könnten mich auch nachhause schicken. Wollen sie aber nicht. Training und Beobachtung und so.", fügt er hinzu.
Wow. Das sind mal gute Nachrichten...
"Wow. Leute, ich glaub, das ist das beste Weihnachtsgeschenk, was ihr mir hättet machen können.", sage ich. "Ich danke euch."
Nachdem alle lächelnd genickt und sich gegenseitig auf die Schultern geklopft haben, unterbricht Jungkook das Ganze.
"So, Leute, genug des sentimentalen Geredes. Lasst uns endlich irgendwas machen!"
-
"Wer möchte Punsch?" Schwungvoll stelle ich die heiße Kanne auf den Couchtisch und bekomme sofort drei Becher unter die Nase gehalten. Jungkook und Jimin schenke ich ein, doch bei Hoseok stocke ich.
"Darfst du überhaupt trinken?"
Er zuckt die Schultern und wirft Jimin einen fragenden Blick zu, als wäre der sein persönlicher Aufpasser. Ist er ja auch, irgendwie.
"Mach was du willst, Hoseok. Du bist runter von den Medikamenten.", meint Jimin nur und lehnt sich mit seinem Becher in der Hand zurück.
Also schenke ich auch ihm beruhigt Punsch ein.
Dann nehme ich mir selbst, lasse mich zufrieden in meinen Sessel fallen und schlage die Beine unter. Jungkook macht sich entspannt auf der Couch lang und streckt die Beine über Jimins Schoß aus, während Hoseok den Fuß auf eine Ecke des Couchtisches legt und in die Runde sieht.
"Auf uns!", sagt er lächelnd und streckt die Hand mit dem Punschbecher aus. Klirrend stoßen wir die dampfenden Tassen aneinander.
"Auf uns!"
° ° °
Leute.
Ich hab's endlich geschafft. 😅
Es tut mir leid, dass ich euch so lange hab warten lassen, aber ich war ein wenig ideenlos. Ich hoffe ihr seid nicht allzu enttäuscht von dem Kapitel... 😐
Was macht ihr heute? Feiert ihr Silvester? ✨🎇
Bis zum nächsten Kapitel!
Hab Euch lieb! 💕
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