#27 Setback

Taehyungs P.o.V.

"Kookie, ich bin weg!", rufe ich über die Schulter in den Flur.

"Geht klar! Bis später!", kommt es kurz darauf dumpf aus dem Badezimmer zurück. Ich schlüpfe in meine Jacke und stecke meine Schlüssel ein. Dann mache ich mich auf den Weg zur Arbeit.

-

"Guten Morgen, Taehyung.", begrüßt mich Siyeon, als ich den Aufenthaltsraum betrete. "Du lebst ja doch noch."

Sie spielt auf Halloween an. Klar. 

"Morgen, Siyeon. Ja, ich lebe tatsächlich noch.", antworte ich mit einem schiefen Grinsen und gehe zu meinem Spind, um mich umzuziehen. Ich schließe den Schrank auf und suche mir den Kittel heraus, bevor ich mir den Pullover über den Kopf ziehe und ihn an Stelle der Arbeitskleidung im Spind verstaue. Als ich mich, den Kittel noch zuknöpfend, wieder zu meiner Kollegin umdrehe, sehe ich nur, wie sie sich schnell abwendet und hochkonzentriert den Wasserhahn an der Spüle mit dem Ärmel poliert. Ich schmunzle. 

Tja, Siyeon...

Just in diesem Moment  kommt Jimin in den Raum.

"Guten Morgen, Opfer!", begrüßt er mich und schlägt mir freundschaftlich auf die Schulter, worauf ich kurz das Gesicht verziehe.

Toll. Dann doch lieber Aushilfe.

"Guten Morgen, Jimin. Ich hab dich auch lieb.",  entgegne ich.

"Naww, das weiß ich doch." Er grinst und wuschelt mir durch die Haare. "Hey, Siyeon.", wendet er sich dann an unsere Kollegin.

"Guten Morgen, Jimin.", nuschelt sie ohne sich umzudrehen und hantiert weiter an der Spüle herum.

Jimin wirft mir einen schrägen Blick zu, auf den ich nur mit einem Schulterzucken antworte.

"Siyeon, warum schaust du mich nicht an, wenn ich mit dir spreche?", fragt Jimin herausfordernd.

"Sorry.", murmelt sie und dreht sich um. 

Jimin mustert erst ihre geröteten Wangen, dann mich, dann wieder sie. Dann schüttelt er den Kopf und lacht.

"Ich dachte du hast auf der Party eine kennengelernt! Und jetzt machst du hier...Mensch!", schimpft er mich. "Wie hieß sie doch gleich...?"

Was der sich wieder denkt...

"Yoohyun.", antworte ich, woraufhin Siyeon mich überrascht anschaut.

"Yoohyun?"

"Ähm...Ja. Wieso, was ist mit ihr?"

"Sie ist meine beste Freundin. Sie war alleine auf der Feier, weil ich arbeiten musste."

Jimin lacht und boxt mich. "Tja, Opfer. Da hast du den Salat.", sagt er schlicht, bevor er sich unbeteiligt an seinem Schrank zu schaffen macht.

Wie immer eine große Hilfe.

"Jimin, du bist eben doch ein hoffnungsloser Idiot.", seufze ich und wende mich augenrollend zum Gehen.

-

Kräftig klopfe ich an die Zimmertür und warte auf eine Antwort.

Als ich keine bekomme, klopfe ich nochmal.

Als dann immer noch nichts kommt, mache ich die Tür langsam auf. 

Ist er unterwegs? Vielleicht trainieren, oder beim Arzt?

Ich betrete das Krankenzimmer und schließe vorsichtig die Tür hinter mir. Als ich die laufende Dusche höre, beschließe ich, einfach hier auf ihn zu warten, und setze mich auf meinen Stammplatz, den Stuhl neben seinem Bett.

Ich sehe mich im Zimmer um. Es hat sich verändert. Die größte Veränderung ist der fehlende Stuhl am Tisch. Es ist nicht mein Stuhl, der dort fehlt. Es ist ein Platz für den Rollstuhl. Am Fußende des Bettes steht eine Sporttasche auf dem Boden, an der halbgeöffneten Schranktür hängt eine Sweatjacke und auf der Heizung liegt ein Handtuch. Es sieht häuslicher hier aus, nicht mehr so sehr wie ein steriles Krankenzimmer. Als hätte er sich damit abgefunden, dass er länger hier ist.

Ein lautes Poltern aus dem Badezimmer lässt mich zusammenzucken. In einer einzigen Bewegung springe ich von Stuhl und mache alarmiert einen Satz zur Tür.

"Hoseok?" 

Keine Antwort.

"Hoseok?! Alles okay?!" 

Gerade als ich die Hand hebe, um die Tür zu öffnen, geht sie schon auf und Hoseok manövriert seinen Rollstuhl ins Zimmer.

"Oh. Hey, Kleiner.", begrüßt er mich lächelnd. "Warum schaust du so entsetzt?"

Ich schüttle den Kopf. "Ich hab gedacht du bist umgekippt oder so!"

"Ach, das. Ja, die Schwerkraft funktioniert auf jeden Fall noch." Er grinst. "Sorry. Ich wollte dich nicht erschrecken. Mir ist das Duschgel runtergefallen, nichts weiter."

"Gott sei Dank.", sage ich erleichtert. "Ich dachte schon ich müsste kommen und dich retten."

Sein Grinsen wird breiter. "Hätt's dich gestört?"

Ich räuspere mich. "Ich sag da jetzt nichts weiter zu."

Daraufhin lacht er bloß.

"Sag mal, was war eigentlich an Halloween los? Du sahst ja aus wie ein lebender Toter.", wechselt er das Thema und rollt an den Tisch.

"Ich war ein lebender Toter.", antworte ich und setze mich zu ihm. Er schaut mich an und mustert mich eingehend. Dabei fällt ihm mein Arm auf. 

"Sag mal, hast du nur einen Arm trainiert?", fragt er mit einem doppeldeutigen Grinsen und kneift mich in den Arm. Ich zische. 

"Nein, hab ich nicht." Ich rolle den Ärmel hoch, bis der weiße Verband, der meinen einen Arm dicker erscheinen lässt als den anderen, zum Vorschein kommt, mit dem ich den tiefen Schnitt am Arm verbunden habe. Den Unterarm und den rechten  zieren ein paar Pflaster, die auf leichteren Schnitten und kleinen Stichen kleben.

"Was ist dir denn passiert?!" Vorsichtig betastet er den Verband.

"Halloween.", antworte ich.

"Aber du hast doch gesagt...Kunstblut und so."

"Ich weiß. Ich hab das auch erst zuhause gemerkt. Ich hab mich mit einer abgehauenen Patientin aus der Psychiatrie angelegt, die meinte, mich exekutieren zu müssen."

Auf seinen entgeisterten Blick hin erzähle ich ihm die ganze Geschichte. Von der Party, von dem Notfall, der Suche und der Irren mit ihren Dämonenfantasien. Er schaut mich die ganze Zeit über aufmerksam an, als würde er, während ich erzähle, auswendig lernen, was ich sage.

Aus seinen Haarspitzen fallen Wassertropfen auf sein schwarzes T-Shirt, das die Schultern umspannt, die wieder deutlich breiter sind als noch vor Kurzem. Als ich mit meiner Erzählung fertig bin, ziehe ich den Ärmel wieder herunter und verschränke die Hände auf dem Tisch.

"Jetzt erzählst du aber mal. Dir geht's besser. Das freut mich. Und dass du trainierst freut mich auch."

Er lacht. "Wenn du schon alles weißt, warum fragst du dann noch?"

"Entschuldige." Ich grinse. Ich kenne ihn mittlerweile schon so gut, dass ich ihm Kleinigkeiten ansehe.

Er erwidert das Grinsen. "Ja, ich trainiere. Es ist verdammt anstrengend, aber ich will weiterkommen. Vor ein paar Tagen hat Doktor Park mich zu sich bestellt. Er wollte mich dringend sprechen." Bei dringend malt er mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft.

"Ach? Und, was wollte er so dringend?" Ich tue es ihm nach, und er schmunzelt.

"Er hat mir zigtausend Fragen gestellt. Über das Training, über meinen psychischen Zustand und so weiter. Das eigentlich Dringende war aber was ganz anderes. Er meinte sie bringen mich wieder auf die Beine. Und zwar auf beide."

"Soll das ein schlechter Scherz sein?", frage ich.

Also echt...

"Das hab ich auch erst gedacht. Aber es war ernst gemeint. Sie wollen mir eine Prothese anpassen."

Er strahlt plötzlich.

"Ich werde wieder laufen, Taehyung!"

Mit dem Strahlen steckt er mich sofort an.

"Und ich möchte, dass du mich begleitest. Zum Anpassen, zur Physiotherapie so weiter. Ich brauch dich. Echt.", bittet er.

Doch bevor ich antworten kann, geht die Tür auf und ein ernst aussehender Doktor Park kommt schwungvoll ins Zimmer.

"Taehyung, hallo. Kann ich dich kurz sprechen? Es ist wichtig, bitte."

Bei 'wichtig' wirft Hoseok mir einen Blick zu und grinst. Wir denken beide das gleiche. 

"Natürlich.", sage ich, dann wende ich mich an Hoseok. "Ich komm dann später wieder."

"Alles klar." Er lächelt und zwinkert mir aufmunternd zu. "Wir sehen uns dann."

-

Ich vergrabe die Fäuste in den Taschen meiner Hose und unterdrücke die Tränen.

Verdammt!

Wie mit Scheuklappen laufe ich den Flur hinunter.

"Taehyung! Hey, Taehyung, alles ok?", ruft mir Siyeon nach, doch ich ignoriere sie. Ich will raus, muss Luftholen.

"Taehyung?"

Lass mich doch ein-

"Kleiner!"

Ich stocke kurz, laufe aber weiter. Ihm kann ich jetzt erst recht nicht unter die Augen treten.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er mir mit dem Rollstuhl hastig folgt. Eilig gehe ich den langen Korridor entlang, ignoriere alles und jeden und wiederhole immer wieder, was der Arzt mir eben eröffnet hat.

Verdammt nochmal!

Dann plötzlich werde ich am Handgelenk zurückgezogen. Ein Ruck geht durch meinen Körper, dann komme ich zum Stehen. Neben mir steht Hoseok, außer Atem von der Verfolgungsjagd, und schaut mich besorgt an. Ich wende mich von ihm ab und beiße die Zähne zusammen.

"Kleiner.", sagt er sanft, schwer atmend. "Was ist passiert? Du hast gesagt, du kommst wieder."

Er umklammert mein Handgelenk und ich weiß, dass ich nicht loskomme, bevor ich ihm nichz die Wahrheit gesagt habe. Ich seufze und drehe mich zu ihm.

"Das hab ich auch gedacht.", antworte ich erstickt.

"Was?" Er schaut mich besorgt an und hält mich, wenn das überhaupt geht, noch fester.

"Dass ich wiederkomme."

"Und? Warum hast du's nicht gemacht? Jetzt sprich mit mir, Kleiner, verdammt nochmal!"

Die Tränen gewinnen gegen den Widerstand. Mit brechender Stimme sage ich ihm, was mir zuvor gesagt wurde.

"Sie wollen mich versetzen.“

Ich schlucke und versuche, meine zitternde Stimme zu zwingen, den letzten Satz über meine Lippen zu bringen.

“Ich soll hier weg."

° ° °

Na, habt ihr mich vermisst? 🙈

Ich bin spät dran heute, weil ich Kekse gebacken habe. Und Kekse gehen vor. 😋🍪

Bei uns ist absolutes Dreckswetter, richtig deprimierend... ☁☔

Habt ihr Ideen wie's weitergehen könnte? Gebt mir Inspiration✨

Und wo ihr schonmal dabei seid: haut mal ein paar Ships raus, ich brauche Ideen und finde keine passende 😅

Dankee!❤

Bis zum nächsten Kapitel!
Hab Euch lieb! 💕

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