#26 Questions


Das Prasseln des Wassers beruhigt mich; die heißen Tropfen, die meinen Rücken hinunterrinnen, entspannen meine Muskeln. Nachdem ich ewig mit der Schwester diskutiert habe, hat sie mir tatsächlich erlaubt, vor dem Gespräch mit dem Arzt unter die Dusche zu gehen. Allein.
Man sollte es nicht glauben, aber sie war überzeugt davon, dass ich unbedingt ihre Hilfe bräuchte. Gott sei Dank konnte ich sie irgendwie davon abbringen.

Ich kriege noch die Krise mit denen...

Ich rubble meine Haare mit einem Handtuch trocken und fahre mit den Fingern hindurch. Im beschlagenen Spiegel sehe ich mein verschwommenes Spiegelbild. Der nackte Oberkörper, an dem man endlich langsam wieder die Muskeln erkennt, die dort mal waren. Die zerzausten, nassen Haare, deren Spitzen mir in die Augen fallen, haben schon lange keine Schere mehr gesehen.

Ich mustere mich selbst eine Weile, rufe mir in Erinnerung, was für ein Mensch mich vor ein paar Monaten aus dem Spiegel angeblickt hat. Dann das Bild der Gestalt, die mir kurz nachdem ich wieder aus dem Bett konnte im Glas gegenüberstand. Ich bin im Moment so ziemlich in der Mitte, dazwischen. Aber den Halb-Zombie, den ich noch immer vor meinem inneren Auge sehe, habe ich weit hinter mir gelassen. Verdammt weit. Aber noch nicht weit genug.

Ich atme einmal durch und ziehe mir ein T-Shirt und eine Sweatjacke über. 

Der werte Herr Doktor wird mich ja wohl nicht im Frack erwarten.

Vor meiner Zimmertür wartet eine Schwester.

"Fertig?", fragt sie mit übertriebenem, falschem Lächeln.

"Ja.", antworte ich knapp und sie schiebt den Rollstuhl los.

"Weißt du, was Doktor Park von mir will?", frage ich sie auf dem Weg.

"Nein, tut mir leid. Er hat uns nichts gesagt."

Ich knurre bloß etwas und schweige.

Nach ein paar Minuten, ein paar Korridoren und zwei Aufzügen klopft sie an die Tür des Behandlungszimmers des Chefarztes. 

"Herein!", ertönt es von drinnen. Sie öffnet mir die Tür und teilt mir mit, sie würde mich später wieder abholen. Dann verlässt sie den Raum und schließt die Tür hinter sich.

Doktor Park betrachtet mich eingehend.

"Sie sind spät dran."

"Sie hatten mir keine Zeit gesagt."

"Stimmt, das hab ich nicht. Wie auch immer. Sie sehen aus als ginge es Ihnen besser."

"Das tut es."

"Das freut mich."

Ich sehe ihn abwartend an. Dieser Arzt ist komisch. Nach außen hat er eine so gleichgültige Aura, wirkt, als wäre er fertig mit der Welt, aber so schätze ich ihn eigentlich nicht ein. Auch wenn er aussieht als wenn ihn alles nervt und ihm alles egal ist, glaube ich, dass ihm seine Patienten schon wichtig sind. Gerade solche Spezialfälle wie ich. Ab und zu erinnert er mich an Yoongi, harte Schale, weicher Kern. Ich kann ihn einfach nicht richtig deuten.

"Also?", hake ich nach.

"Genau. Warum ich Sie herbestellt habe. Eigentlich wollte ich mich nur mit Ihnen unterhalten. Über einige Dinge, die nicht nur, aber hauptsächlich, Sie betreffen. Fangen wir an... Sie scheinen Ihren Unfall und den Selbstmordversuch recht gut verarbeitet zu haben?"

"Sollte mir solche Fragen nicht eher Doktor Choi stellen?"

"Mit dem Sie noch weniger reden als mit mir? Wann sollte er Ihnen denn Fragen stellen?", fragt der Arzt belustigt. Ein sarkastischer Unterton schwingt in seiner Stimme mit.

"Da haben Sie Recht. Also gut, meinetwegen. Ja, ich denke, ich komme ganz gut damit klar, auch wenn ich oft Albträume habe."

"Hm-hm...", macht er und notiert sich etwas auf einer Akte. Vermutlich meiner  Akte. "Habe ich Sie heute tatsächlich mal auf dem richtigen Fuß erwischt? Das war ja schon mal  wesentlich mehr, als ich sonst aus Ihnen herausbekomme."

Ich seufze. "Kann sein."

"Sie haben in letzter Zeit Ihre generelle Einstellung verändert, habe ich gehört."

"Kann sein.", wiederhole ich.

"Gab es dafür einen bestimmten Grund?"

Soll ich ihm von Taehyung erzählen? Oder soll ich ihm einfach sagen, dass es mein eigener Verdienst war? Oder der von Doktor Choi? Zu dem ich so gut wie nie gehe, das wird er mir also nicht abkaufen. Aber eigentlich ist das Wunderwerk, das Taehyung vollbracht hat, ein Ding zwischen uns zwei und niemandem sonst...

"Ich weiß es nicht. Vermutlich hat es einfach klick gemacht."

In dem Moment bin ich froh, dass er nicht Doktor Choi ist, denn der als Psychologe hätte wahrscheinlich sofort gemerkt, dass ich lüge. 

Er nickt langsam. "Klick also.“, wiederholt er wenig überzeugt, fragt aber nicht weiter. “Alles klar... Sagen Sie, Sie kommen nicht besonders gut mit den Schwestern klar, sehe ich das richtig?"

"Ja, das stimmt.", gestehe ich.

Soll er ruhig wissen, dass ich die Schnepfen nicht abkann...

"Das ist schade. Aber nicht zu ändern. Mir ist nur aufgefallen, dass einer unserer Pfleger ziemlich oft bei Ihnen ist. Kommen Sie mit ihm besser zurecht als mit den Mädchen?"

Okay, jetzt spielt er eindeutig auf Taehyung an... Was erzähl ich ihm jetzt?

"Ja.", antworte ich schlicht.

"Das klingt doch schon besser. Es stimmt ja auch, dass Taehyung ein guter Mensch ist."

Das ist meilenweit untertrieben...

"Es freut mich, dass er Ihnen so sehr hilft. Es scheint mir, als hätten Sie beide eine ziemlich enge Bindung entwickelt." 

Unbewusst nicke ich. Ja, er hat Recht. Taehyung ist mir ein viel besserer Freund geworden als manch anderer. Ich weiß nicht, was für eine Beziehung genau wir haben, ich würde uns nicht als beste Freunde bezeichnen. Eigentlich sind wir Pfleger und Patient, doch irgendwie hat er diese Grenze zerbrochen, die Mauer gesprengt. Das ist mehr.

"Gut. Bekommen Sie eigentlich Besuch?"

"Manchmal."

"Schön. Sehr schön.“ Er klickt mit seinem Kugelschreiber und nickt.

“Kommen wir zum Medizinischen." Sein Blick wandert zu meinem Bein. Ich trage eine der wenigen Hosen, die ich ganz gelassen habe, sodass man nicht direkt sieht, was los ist. 

"Haben Sie noch Schmerzen?"

"Selten. Aber es sind bloß Phantomschmerzen. Ich komme damit klar."

"Und abgesehen vom Bein? Sie hatten schließlich auch genug andere Brüche und Wunden."

"Davon merke ich nichts mehr."

Er schreibt wieder etwas auf und ich frage mich, wie zur Hölle er dieses Gekritzel später noch lesen können will. 

"Sind Sie im Training?"

"Ja, bin ich, regelmäßig."

"Ich hoffe, Sie übernehmen sich nicht."

"Nein. Mein Trainer achtet auf mich."

"Sehr schön. Damit wären wir beim Thema..."

Ach, hat ja gar nicht lange gedauert...und das soll dringend gewesen sein?

"Und das wäre?"

"Wenn sich Ihr Zustand weiterhin so verbessert und Sie weiterhin Muskeln aufbauen, werden Sie schnell wieder zu Kräften kommen. Und dann können wir einen Schritt weiter gehen.", erklärt er.

"Welchen Schritt?"

"Wir bringen Sie wieder auf die Beine!" Er lächelt fröhlich.

Was soll das denn jetzt? Was ist das für ein schlechter Scherz? Findet er das etwa lustig?

"Wie meinen Sie das? Ich weiß nicht, ob Sie es vielleicht verpasst haben, aber ich habe leider nur noch ein Bein. Das mit dem auf die Beine kommen wird schwierig.", entgegne ich bissig.

"Oh, nein, nein! Das war in keinster Weise ein Scherz auf Ihre Kosten. Ich meine das völlig ernst. Wir bringen Sie wieder auf die Beine. Und zwar auf beide."

"Und wie soll das bitte gehen?", frage ich genervt. Ich habe keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Ich will hier raus und meine Ruhe haben.

Gehen...haha.

"Ganz einfach." 

Ach ja?

Sein Lächeln wird breiter, bevor er verkündet, was er vorhat.

"Wir passen Ihnen eine Prothese an!"

° ° °


Hi!

Kurze Frage aus Interesse: Wen stellt ihr euch unter Dr.Park vor? Irgendwen bestimmtes? Oder einfach irgendeinen Kerl?

~

Ich bin krank :( Aber nicht krank genug um zuhause zu bleiben -.-

Wie geht's euch so?

Bis zum nächsten Kapitel!
Hab Euch lieb! 💕

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