𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟏𝟔

Schweigsam sitzen Aaron und ich im hinteren Teil der Limousine und werden von dem uns gegenübersitzenden Atlas angefunkelt. Es fühlt sich so an, als wären wir wieder Kinder und von Vater ermahnt worden.

„Woher der plötzliche Sinneswandel?" frage ich und Atlas hebt verwirrt eine Braue. „Wieso willst du mich wieder sehen? Unser Deal ist vorbei. Wir haben beide unsere Anteile geleistet" sein Mundwinkel zuckt und er richtet sein Jackett, an dem mal wieder keine Krawatte hängt. Wieso kann sich dieser Mann keine binden oder binden lassen?

„Ich dachte, dass die Sache nach den Treffen meiner Eltern vorbei wäre" fängt Atlas an. „Allerdings hat es sich nun auch in meiner Firma rumgesprochen und einige sind nun doch stutzig geworden, nachdem meine Verlobte an nicht einen meiner Anrufe gegangen ist"

„Wie tragisch" Augenrollend verschränke ich meine Arme vor der Brust. „Ich würde gern das Auto verlassen, bevor ich euch gleich um den Kragen fällt" entsetzt sehe ich zu Aaron. „Ich entschuldige mich nicht für die Wahrheit"

„Du wirst mit uns mitkommen" mahnt Atlas und lässt sich die Tür öffnen, um auszusteigen. Ich folge ihm und staune nicht schlecht, als ich das Glasgebäude vor mir betrachte. „Was genau arbeitest du noch einmal?"

„Ich bin der CFO von der Kings-Bank" gibt er Schultern zuckend von sich. Als wäre es ganz normal, dass ihm die erfolgreichste Bank aus New York City gehört. „Pardon?" entsetzt blicke ich zu ihm auf. „Die Kings-Bank gehört mir"

„Na, wenn es sonst nichts ist"

Ein Schmunzeln macht sich in seinem Gesicht erkennbar. „Wenn du willst, bekommst du sogar ein kostenloses Konto" langsam mache ich ein paar Schritte auf ihn zu. „Und womit habe ich das verdient?" seine Hand greift nach meiner Wange und streichelt diese sanft mit seinen Daumen. Er senkt seinen Kopf, um auf meiner Höhe zu sein.

„Sieh es als Bekannten-Rabatt"

Plötzlich legt Aaron eine Hand auf Atlas Schulter. „Bekomme ich auch einen? Wir kennen uns ja nun deutlich länger" genervt rollt Atlas mit seinen Augen. „Ist das gerade dein verfickter Ernst?"

„So ziemlich, ja. Weißt du eigentlich, wie teuer deine Bank ist? Die zieht mich mehr ab, als Felice beim Pokerabend" empört setzt Hale seine Sonnenbrille ab. „Warum pokerst du überhaupt noch mit ihm? Hat er dir nicht schon genug Geld genommen?"

Moment mal. Felice? Doch nicht etwa er? Es geht bestimmt um einen anderen. Es muss um einen anderen gehen. „Hat er jetzt Schicht?" fragt Aaron, als wir das Gebäude betreten. „Woher soll ich das wissen? Ich kenne 80% der Leute nicht einmal mit Namen"

„Mr. King! Schön Sie zu sehen, wir müssen einiges mit Ihnen besprechen" ein Mann läuft geradewegs auf uns zu, doch Aaron versperrt ihn den Weg. „Sir?" verwirrt sieht der Fremde zu meinem Bodyguard. „Lass ihn durch, Hale"

Als Aaron beiseitetritt, mustere ich den Fremden. Er ist etwas kleiner, als Atlas. Seine braunen Locken fliegen wirr herum. Auf seiner Nase sitzt eine Brille, welche mich an die von Harry Potter erinnert. Zudem trägt er, wie alle anderen Angestellten hier auch, einen Anzug, mit einem Namensschild drauf. Kai Gordon.

Der Blick von Gordon trifft meinen und hinterlässt ein Grübchen. „Das muss wohl Ihre Verlobte sein" Atlas nickt knapp und legt eine Hand um meine Taille. „Bringen Sie alles in mein Büro. Ich werde es mir später ansehen"

Mit Atlas an meiner Seite laufen wir Aaron hinterher, welcher uns zu einem Fahrstuhl führt. Noch nie war ich froh darüber gewesen, dass noch eine weitere Person als Atlas dabei ist. Doch wer weiß schon, was sonst passieren würde? „Mein Büro ist in der sechsten Etage" informiert mich Atlas. „Und was wird mich dort erwarten? Stripperinnen?" amüsiert sieht er zu mir hinab. „Du kannst dich gerne für den aktuell freien Platz bewerben"

„Ich verzichte, aber danke für dieses Angebot. Ich wette, dass Hale sich gerne bewerben würde" verwirrt dreht sich mein Bodyguard um. „Wo sollte ich mich bewerben?" er hebt eine Augenbraue. „Hier, als Atlas Stripper"

Aarons blickt zwischen uns beiden Hin und Her. „Nun ja, ein bisschen mehr Gehalt würde jetzt nicht schaden..."

„Wag es dir, diesen Gedanken weiterzudenken" warnt Atlas und sieht ihn mahnend an. „Geh zum Auto und warte dort auf uns" fügt er schließlich hinzu. „Du schickst mich zum Auto? Mein Job-" Aaron wird unterbrochen. „Dein Job ist es dich ruhig zu verhalten und zu beobachten. Das Auto ist der ideale Ort dafür. Richtig, Hale?"

„Ja, Sir"

Mit diesen Worten wendet sich Hale ab und geht auf den Ausgang zu. Den eben gerufenen Fahrstuhl öffnet seine Türen und lässt uns einsteigen. „War das gerade nötig?" frage ich Atlas und drehe mich in seine Richtung. "Er hat nur einen Witz gemacht, Atlas. Das ist kein Grund ihn so anzufahren"

Stille.

„Ich möchte nach Hause" flüstere ich und errege seine Aufmerksamkeit. Seine blauen Augen treffen auf mich. „Du wirst in wenigen Minuten das Gebäude verlassen können" meint er trocken.

Was ist in den letzten Tagen passiert? Wo ist seine Freundlichkeit hin?

Die Türen öffnen sich und Atlas platziert seine rechte Hand auf meinen Rücken. „Willkommen in der Kings-Bank, Sweetheart"

„Du hast zehn Minuten alles zu zeigen bevor ich hier verschwinde" murmle ich und setze ein gespieltes Lächeln auf. „Ein außerordentlich schönes Gebäude in welchem du arbeitest, Schatz!"

„Hör mir auf mit diesem gekünstelten Schauspiel. Wir wissen beide, dass du es besser kannst" er unterbricht sich selbst und zeigt auf den leeren Gang. „Außerdem ist keine weitere Menschenseele hier"

Nach einigen Schritten laufen wir an einigen Abzweigungen zu anderen Gängen vorbei. Ein Mann läuft von einem dieser Wege in unsere Richtung. Die Art, wie er läuft, ist mir ziemlich vertraut... diese braunen Haare... die grünen Augen.

Fuck.

Es ist er. Es ist Felice. Er ist hier.

„Sweetheart?" besorgt sieht Atlas zu mir hinab. Mein Verlobter. Gespielt. Alles gespielt. Atlas. Felice. Alles. Gespielt. „Sweetheart, erzähl mir, was los ist" er stoppt und nimmt mein Gesicht in seinen Händen. „Vivianne, bitte. Rede mit mir"

Er. Ist. Hier.

Und wenn er hier ist, dann ist Maxwell nicht weit. Nein. Nein. Nein. Felice. Mein Freund. Nein. Mein Ex-Freund. „Vivianne... Ich kann dir nicht helfen ohne zu wissen, was in deinem Kopf vor sich geht"

Vorsichtig streicht er meine Haare beiseite und legt seine Stirn an meine. „Ich bin bei dir. Hier. Lass dir Zeit, Sweetheart" er navigiert uns beide runter zum Boden und kniet sich neben mich. Plötzlich fängt sein Handy an zu klingeln und er sieht nach. „Fuck" murmelt er. „Sweetheart, ich muss rangehen. Es ist das Krankenhaus. Ich bin gleich wieder bei dir"

Mit diesen Worten lässt er mich auf den Boden zurück und alles wiederholt sich. Felice. Maxwell. Alles Gespielt. Alles. Lüge. Verrat.

Nach wenigen Minuten ist nicht einmal Felice in den Gängen zu sehen. Doch ich kann mich nicht bewegen. Ich bleibe sitzen. „Vivianne?" die Stimme lässt mich aufblicken. Atlas. „Alles in Ordnung? Warum sitzt du auf dem Boden?" fragt er schließlich. Vincent.

„Was machst du hier?" verwirrt sieht er zu mir hinab und hockt sich neben mich. „Er" flüstere ich und Vincent sieht umher. „Wer? Hier ist niemand, Kleine. Ich gehe davon aus, dass mein Bruder hier irgendwo umherschwirrt, doch das wird nicht der Auslöser deiner Panik sein"

„Felice" hauche ich und Vincents blick verfinstert sich. „Was hat er dir angetan? Ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, ich werde ihn umbringen" seine blauen Augen treffen meine. „Rede mit mir, Kleine. Bitte"

„Er-" ich unterbreche mich selbst und schüttle mit meinem Kopf. „Ich kann nicht" flüstere ich heißer. „Vivi-" er stoppt, als er meinen entsetzen Gesichtsausdruck sieht. „Nenn mich nicht so" fauche ich und wische mir die Tränen weg, welche in den letzten Minuten mein Auge verlassen haben. „Wie bitte?"

„Ich sagte, du sollst mich nicht so nennen"

Evelyn. Meine Mutter. Vivi.

Ich schließe meine Augen und presse meine Hände gegen meinen Kopf. „Es soll aufhören, Vincent" hauche ich und er legt seine Arme um meinen zusammenrollten Körper. „Es wird alles wieder gut, Kleine. Das verspreche ich dir"

„Was zur Hölle?"

Ich hebe meinen Kopf an und treffe direkt auf Atlas. „Verflucht, was machst du hier, Bruder?" knurrt er weiter. „Deiner Verlobten helfen! Du schaffst es ja nicht" kontert Vincent und drückt mich etwas fester an sich.

„Pardon?" empört sieht mein Verlobter zu seinem Bruder. „Ich hatte so eben einen Anruf erhalten-" er wird unterbrochen. „War ja klar. Arbeit vor Verlobte" Vincent rollt mit seinen Augen. „Es war das Krankenhaus... Mutter... Sie hatte einen Unfall"

Augenblicklich wird der Griff um meinen Körper locker. „Mutter?" fragt er verunsichert nach. Statt zu antworten, nickt Atlas nur. „Ich werde zu ihr gehen. Kümmere dich in der Zwischenzeit um deine Verlobte"

Vincent streicht noch einmal sanft über meinen Rücken bevor er sich aufrichtet. „Und tu mir einen Gefallen, Bruder. Erkundige dich über einen gewissen Felice"
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Wie findet ihr das Kapitel?

Was ist nur damals mit Felice und Vivianne vorgefallen?

Ich hoffe, dass irgendjemand die Anspielung bei Kai Gordon versteht...

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