13. Harter Tag?
Die Haustür wurde von außen geöffnet und jemand kam rein. Onkel Zack. Er schloss die Tür hinter sich und zog seine Schuhe aus. Seinen schwarze dünne Jacke hing er auf und kam dann Richtung Wohnzimmer.
»Rina?«,schrie er.
»Scht.«,sagte ich und erlang somit seine Aufmerksamkeit.
Als er sah das Camilla auf meinem Schoß liegt und schläft, sah er mich entschuldigt an. Seine Mundwinkel hoben sich bei dem Anblick leicht. Ich streichle nämlich immer noch Camilla's Haare und betrachte ihr engelsgleiche Gesicht. Sie hat lange Wimpern, eine kleine zuckersüße Stupsnase und dünne rosa Lippen.
Sie ist ein Engel.
Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Gesicht, während ich sie ansehe und als plötzlich etwas helles aufblitze, schoss mein Kopf in die Höhe. Onkel Zack hielt sein Handy in der Hand und hatte ein Foto von uns geschossen.
»Tut mir leid aber ihr seht einfach zu süß aus.«,entschuldigt er sich leise.
»Schon gut.«,flüstere ich und streiche über ihre zarte, weiche und leicht gerötete Wange.
Ihr Mund steht leicht offen, was sie süßer wirken lässt. Ich kann einfach nicht aufhören ihre blonden Haare zu streicheln und sie anzusehen. Neben mir senkt sich die Couch leicht, da Onkel Zack sich neben mich gesetzt hatte und die schlafende Camilla betrachtet. Ich sehe ihn von der Seite an.
Er lächelt Camilla an aber er sieht müde es. Er wirkt erschöpft, denn seine dunklen Augenringe verraten ihn. Seine blauen Augen sehe Camilla an und das Lächeln das er trägt erreicht auch seine müden Augen. Seine blonden Haare stehen zerzaust in allen Richtung. Seine Gesichtszüge sind weich und liebevoll.
»Harter Tag?«,frage ich ihn, denn es sieht wirklich so aus als ob er einen harten Tag hatte.
Oder einen schweren Polizeieinsatz.
Er nickt müde aber lässt nicht die Augen von der schlafenden Camilla. Er hebt leicht seine Hand an und streicht auch über ihr blondes Haar. Er berührt ihre Haare ganz zart, als ob sie ein Traum wäre. Als hätte er Angst sie könnte sich in Luft auflösen.
Wie Tante Silvia.
Und Simon.
Lange Zeit ist es still zwischen uns, denn wir beide hassen smalltalk. Dieses schweigen zwischen uns ist keinesfalls unangenehm, sie ist beruhigend. Camilla auf meinem Schoß, Onkel Zack neben mir, der Camilla leicht lächelnd betrachtet und die Stille.
»Onkel Zack?«
Sein Kopf fährt nach oben und seine blauen Augen sehen mich an.
»Ich wollte fragen, ab ich am Samstagabend zur einer Party darf?«
Meine Stimme ist fest. Sie zeigt kein Anzeichen dafür, das ich lüge. Seine Mundwinkel heben sich noch höher an und sehe Augenbraun ebenfalls. Sein Blick ist fragend aber auch amüsiert.
»Du? Eine Party?«,fragt er grinsend nach und ich nicke.
Onkel Zack steht auf und klatsch sich erfreut in die Hände, doch als Camilla sich kurz regt murmelt er ein grinsendes »Sorry«. Seine Augen funkeln vor Freude. Meine Augenbraun schissen fragend in die Höhe und ein kleines grinsen tauchte ebenfalls auf.
»Endlich.«,freut er sich leise.
»Was, endlich?»
»Du gehst wieder auf einer Party. Das ist ein Anfang. Das werde ich gleich Emilia und John erzählen.«,sagt er, schnappt sich sein Handy und hält es in die Höhe.
Ein Anfang.
Ein Anfang voller Lügen. Jetzt ist es noch eine kleine Lüge, doch die anderen lügen die Folgen werden, können alles zerstören. Doch jetzt lache ich nur leise, denn es ist wirklich ein Anfang.
Der Anfang vom Ende.
Onkel Zack packt sein Handy wieder in seiner Hosentasche ein und deutet mir, mit einem nicken, in die Küche zu kommen. Ich nicke, hebe Cami's Kopf an und bete es auf einem Kissen, der neben mir lag und den ich ihr vorher weggenommen hatte. Camilla bewegt sich leicht aber schläft weiter. Ich folge dann meinem Onkel in die Küche und setzte mich auf einem Stuhl, während er sich an dem Herd anlehnt.
»Wie geht es dir?"«,fragt er mich.
»Gut.«
Seine Augen mustern mich nach lügen oder nach der Wahrheit. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wie es mir geht. Es geht mir gut aber auch nicht. Da ist diese leere und dieser Schmerz aber es geht mir gut. Ich bin eher gesagt verwirrt.
»Und dir?«
»Na ja, ich bin ein wenig erschöpft aber sonst geht es mir blendend.«
Er fährt sich durch das kurze blonde Haar und dann über das Gesicht. Seine Augen sind geschlossen und öffnen sich dann qualvoll.
»Hattest du heute einen schweren Einsatz gehabt?«,frage ich ihn.
»Ja.«,war seine Antwort. »Ich glaub, ich gehe jetzt schlafen.«
Ich nicke und er gähnt. Er stoßt sich von dem Herd ab und kommt auf mich zu. Er schlingt seine Arme um mich und drückt mit einen Kuss auf meinem Haaransatz. Seine Lippen verweilen dort für ein paar Sekunden und dann legt er sein Kinn auf meinem Kopf. Lange bleiben wir so in dieser Position. Eine lange wunderschöne Umarmung, die ich gebraucht habe.
»Schlaf gut.«,sage ich, als er sich von mir löst und noch einmal über meine Wange streichelt.
Kurz zucke ich unter der Berührung, doch kriege mich dann wieder ein.
Da hat er mich angefasst.
Eine Gänsehaut zog sich über meinem ganzen Körper. Onkel Zack nickt leicht und wendet sich dann komplett von mir ab. Er geht leise die Treppen hoch und ich sehe ihm nach.
Onkel Zack ist ein toller Mensch. Ein Mensch, der seine Frau und seinen Neffen verloren hat. Die eine wegen einem Unfall und den anderen wegen Mord. Beide, unschuldige Menschen, die sterben mussten. Die eine war am falschen Ort zur falschen Zeit und der andere ebenfalls. Zwei Menschen die eine Familie haben, die sie gebrochen zurückgelassen haben. Doch nicht mit Absicht.
Ich erhebe mich von Stuhl und gehe wieder ins Wohnzimmer, wo Camilla noch auf der Couch am schlafen ist. Mein Blick gleitet zu den Fenstern nach draußen. Es ist dunkel. Ich sehe dann auf die Uhr die an der Wand hängt.
21:09 Uhr.
Wie es aussieht habe ich lange Cami gehalten. Wie die Zeit vergeht wenn man in Gedanken versunken ist. Mein Blick landet wieder bei Camilla. Ich sollte sie wecken. Leise gehe ich zu ihr hin und rüttel leicht an ihrer Schulter. Camilla brummt etwas, doch ließ die Augen geschlossen. Diesmal schüttle ich sie stärker. Sie murmelt etwas und macht langsam die Augen auf.
»Komm, Camilla. Ab in dein Zimmer. Dort kannst du weiter schlafen.«,sage ich zu ihr und streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht weg.
Ihr blauen Augen sehen mich müde an. Sie nickt leicht und rubbelt ihre Augen. Gähnend steht sie auf und tapst durch das Wohnzimmer herum. Dicht folge ich ihr und gehe mit ihr die Treppen hinauf, bis zu ihrem Zimmer. Sie öffnet die Tür und lässt sich sofort aufs Bett fallen.
»Camilla du musst dich umziehen. Deine Sachen sind schmutzig, vom Park.«,lache ich leise.
Camilla murmelt etwas unverständliches und setzt sich auf ihren Bett auf. Sie springt aus ihrem Bett herunter und geht auf einem kleinen Schrank zu, mit Kleidung. Ich sehe ihr dabei zu, wie sie ihre Pyjama aus dem Schrank nimmt, ihre Kleidung entledigt und sich ihren Pyjama überzieht. Anschließend legt sie sich wieder auf das Bett und deckt sich zu.
Camilla ist so klein aber auch schon so groß. Sie hat gelernt auf sich aber aufzupassen. Sie hat gelernt ohne ihre Mutter zu leben. Nana Faye und Onkel Zack sind immer für sie da aber es ist nicht das gleiche.
Sie versteht es vielleicht noch nicht, was es wirklich bedeutet das ihre Mutter tot ist aber sie weiß das sie nicht mehr kommen wird und trotz alldem ist sie so stark. Sie lässt sich nicht runter machen. Sie lächelt und hat Spaß am Leben.
Ich wünschte es wäre auch so leicht für mich.
Mit leisen gehe ich zu Tür und will sie schließen doch bevor ich sie schließe, drehe ich mich noch einmal zu ihr.
»Gute Nacht, Prinzessin.«,flüstere ich.
Und dann schließe ich die Tür und gehe in mein Zimmer, das am Ende des Gangs ist. Leise gehe ich in mein Zimmer rein und schließe die Tür. Ich darf nicht so viel Lärm machen, da Onkel Zack und Camilla schlafen. Ich gehe zu meinem Kleiderschrank hin und wollte mir eine Jogginghose und ein Shirt rausfischen, doch ich unterbrach mich selbst dabei.
Lucy, Simon's Gitarre kommt zum Vorschein, die ich in meinem Schrank gepackt habe, genau sowie meine Geige.
Leicht streiche ich über den Koffer, von Simon's Gitarre, die da drinnen ist und nehme sie dann aus dem Schrank heraus. Ich trage den Koffer bis zum meinem Bett, lege es darauf und betrachte es dann. Der schwarze Gitarrenkoffer liegt auf meinem Bett und wartet nur darauf das ich sie öffne.
Noch einmal streiche ich über den Koffer und führe meine Hände dann zum Verschluss. Mit zittrigen Händen öffne ich langsam den Koffer. Die schwarze Gitarre kommt zum Vorschein. Das schwarze Holz glänzt leicht durch das Licht, das in meinem Zimmer angeschaltet ist.
Wie von selber nehme ich die Gitarre heraus und legen den Koffer herunter. Ich setzte mich auf mein Bett und lege Lucy auf meine Beine. Meine linke Hand liegt am Hals der Gitarre, während die Rechte auf dem Rumpf liegt. Ich hab nie Gitarre gespielt, den ich spiele Geige. Schon von klein auf tat ich das und Simon spielte immer die Gitarre.
Zusammen waren wir ein perfektes Team. Ein Team, das nicht getrennt werden sollte aber getrennt wurde.
Mit meinen Finger fahre ich über die Seite der Gitarre herunter, die einen ungestimmten aber leisen Ton von sich gibt. Die Gitarre ist nicht gestimmt aber da muss sie auch nicht, den ich kann sowieso nicht spielen.
Ich schloss die Augen leicht und fuhr immer wieder mit den Fingern die Seiten herunter. Leise Töne kamen heraus. Ich musste aufpassen das ich nicht zu laut werde und die anderen wecke.
Mit geschlossen Augen genieße ich diese Melodie. In meinem Kopf war wieder Simon. Mein Bruder, der tot ist und das nur wegen mir.
Warum wollte ich unbedingt auf diese Party? Warum bin ich raus gegangen? Warum hab ich nicht auf Simon gehört? Und warum wurde unbedingt er mir weggenommen? Wieso konnte dieser Mann uns nicht einfach in Ruhe gelassen?
So viele Fragen, die alle unbeantwortet sind.
Eine Träne rollte meine Wange hinunter als ich an das Lied dachte das Simon mir immer vorgespielt hatte, als ich traurig war. Wie gerne würde ich dieses Lied noch einmal hören, auf der Gitarre. Ich dachte an Simon's Stimme, wie er sang und wie er lachte und mich dabei auch zum Lachen brachte. Er hat zwar immer schief gesungen aber ich hab es trotzdem geliebt.
Und plötzlich höre ich sie. Seine Stimme, wie er singt.
»I've tried playing it cool
But when I'm looking at you
I can't ever be brave
'Cause you make my heart race
Shot me out of the sky
You're my kryptonite
You keep making me weak
Yeah, frozen and can't breathe
Something's gotta give now
'Cause I'm dying just to make you see
That I need you here with me now
'Cause you've got that one thing
So get out, get out, get out of my head
And fall into my arms instead
I don't, I don't, don't know what it is
But I need that one thing
And you've got that one thing«
Mehr Tränen verließen meine Augen. Jedesmal hat Simon mir das Lied vorgespielt wenn es mir schlecht ging. Er saß auf meinem Bett, mit der Gitarre und tröstete mich wenn ich geweint hatte, wenn es mir schlecht ging oder sogar wenn ich genervt war. Er hatte immer schief gesungen und mich zum Lachen gebracht. Zusammen saßen wir dann auf mein Bett und sangen das Lied gemeinsam, bis er aufgehört hatte zu singen und nur noch mit der Gitarre die Noten gespielt hat.
Ich sang alleine und er spielte für mich die Gitarre. Ein perfektes Team, das auseinander gerissen wurde, durch den Tod.
Ich hab es geliebt mit ihm zu singen. Wir hatten sogar mal aus Spaß darüber nachgedacht, eine Band zu gründen, die er dann Lucy nennen wollte, sowie seine Gitarre. Ich hatte ihm gesagt, dass das nicht Einfallsreich ist aber es war ihm egal. Er wollte nur mich lachen sehen.
Verdammt, er war und ist immer noch der beste Bruder der Welt.
Immer mehr Tränen verließen meine Augen und fanden den Weg bis nach unten. Lautlos fiel sie auf die Gitarre und auf mein Shirt. Wassertropfen waren auf der Gitarre zu sehen und durch mein Shirt konnte ich das Wasser meiner Tränen spüren, die darauf landeten. Ich mache mir nicht den Anstand die Tränen wegzuwischen, sondern hörte einfach auf mit der Gitarre zu spielen.
Mit Tränen in den Augen singe ich leise:
»So get out, get out, get out of my head.«
Fortsetzung folgt...
So, extra noch ein Kapitel für euch.
Schon emotional...
Arme Serina.
Wie gefällt euch das Kapitel?
Omg danke an justateen19 wegen dem Lied hahahaha. Ich war komplett am verzweifeln, aber du hast mich gerettet.😂 danke nochmal❤️
Okay, jetzt gute Nacht meine Caramelitos.❤️ Schlaft gut.
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