12. Küss mich
Camilla bejaht heftig und dreht sich mehrmals klatschend im Kreis. Ich erhebe mich und sehe zu Camilla herunter. Sie trägt heute eine gelbe Hose, mit weißen Blümchen und ein lila Shirt, mit einem Herz in der Mitte. Ihre Haare liegen offen, über ihrer Schultern und ihre blauen Augen funkeln mich erfreut an.
»Du fängst.«,raunt mir Lion ins Ohr.
Eine Gänsehaut zog sich über meinen ganzen Körper und mein Atem stockte. Mein Herz schlug schneller, lauter, so laut das ich schon befürchte, das jeder Mensch im Umkreis von drei Kilometer es hören kann. Ich schlucke heftig und nicke dann. Camilla und Lion laufen los. Camilla auf der rechten Seite und Lion auf der linken.
Instinktiv schlage ich den rechten Weg ein, um die lachende Camilla einzuholen, doch die kleine ist schnell, besser gesagt, ich bin zu langsam. Ich bin Monate nicht gelaufen. Seit Simon's Tod verschanzte ich mich in meinem Zimmer und weinte, bis keine Träne mehr in meinem Körper vorhanden war. Um so schwer fällt mir das schnelle laufen aber ich bin stur und hole sie nach kurzer Zeit an. Sie läuft und läuft an dem Klettergerüst, an der Rutsche, neben den Schaukeln, vorbei, dreht sich im Kreis und lacht immer wieder laut auf. Ich berühre Cami an der Schulter, die dann lachend zusammen zuckt.
»Ich bin!«,schrie sie.
Das war mein Stichwort. Lauf!, dachte ich mir, also tat ich es auch. Ich rannte, ein wenig langsamer aber schnell genug damit sie mich nicht fangen konnte. Ich schlängelte mich durch alles hindurch. Camilla lacht und lacht. Ich höre ihre lauten Schritte, die auf den Beton Boden laufen, hinter mir, also beschleunige ich meine ein wenig. Als ihre Lache ein wenig weiter entfernt war, drehe ich mich um und laufe rückwärts los. Cami bleibt plötzlich stehen doch ich lief weiter.
Ich glaub, sie sucht Lion, denke ich mir, doch als Cami meinen Namen ruft, war es schon zuspät, denn ich stieß mit jemand an. Ein Schrei verließ meine Kehle und ich schloss fest meine Augen zu. Ich wartete darauf Bekanntschaft mit dem harten Betonboden zu machen, doch es geschah nichts der gleichen. Stattdessen lagen zwei Arme um meine Taille und hielten mich fest. Durch diese Berührung kribbelt mein ganzer Körper und erhitzt sich dabei um einiges.
Meine Augen waren immer noch fest geschlossen, da ich es nicht für wirklich hielt, das mich jemand aufgefangen hat, doch als ein Arm sich von meiner Taille löste und eine Hand, eine Strähne, die mir ins Gesicht gefallen war, hinter mein Ohr, streicht, öffne ich die Augen.
Und dann stand die Zeit still. Genau sowie mein Herz.
Gerade als ich dachte, mein Herz blieb stehen, schlug es um das zehnfache schneller, als es schon vorher tat. Seine Hand lag kurz auf meiner Wange und hinterließ ein prickelndes und brennendes Gefühl zurück. Stromschläge flossen durch meinen Körper und nahmen kein Ende. Mein Atem ging nur noch Stoß weise und dafür gab es nur einen Grund.
Lion hält mich fest.
Seine dunklen Augen ruhen auf mir und mustern mich. Seine schwarzen Haare leuchten in der Sonne und ließ sein Haar wie Schwarzes Glitzer aussehen. Seine markanten Gesichtszüge und diese vollen, fast unwirklichen Lippen, als wären sie ein Traum. So weit weg und doch so nach. Und plötzlich hatte ich nur noch einen Gedanken.
Küss mich.
Doch ich wusste, es würde nicht geschehen, den es hätte verheerende Folgen für uns und für alle in unserem Umkreis. Wir wissen beide, das dieses verlangen, dieses Feuer zwischen uns nicht zu bändigen sein wird. Wir werden so vieles durchstehen müssen und unser ganzes Leben wird auf dem Kopf gestellt, doch das wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Zu dem Zeitpunkt war alles noch normal.
Normal, kann man es nicht nennen aber im Gegensatz zu dem, was uns erwartet, ist das, das normalste.
Einige Sekunden verstrichen, in denen wir uns ansahen. Seine Arme sind noch immer um mich geschlungen und hielten mich fest. Mein Herz schlug so laut, das ich Angst hatte, es könnte mich bei ihm verraten. Doch als Camilla auf uns zu rennt und mich mit fragen bombardiert, ob alles okay sei, lässt Lion mich los und stellt soviel wie möglich Abstand zwischen uns her.
Sein Blick war plötzlich kalt, abweisend und ausdruckslos. Mein Herz ist immer noch am rasen obwohl er zwischen uns wahrscheinlich zwei Meter Abstand herstellte. Mein ganzer Körper steht unter Strom. Das Kribbeln lässt nicht nach und mein Herz wollte sich nicht beruhigen.
Camilla fragt immer und immer wieder, ob alles okay ist und ich nicke einfach stumm. Ich bin gerade zu fertig um ein Wort heraus zu bringen und zu meinem Glück musste ich das nicht, denn im nächsten Moment räuspert sich Lion und ergreift das Wort.
»Caramelito, spiel du weiter. Rina und ich werden uns kurz setzen und eine Pause machen, Okay?«
Camilla nickt, sieht mich noch einmal forschend an und läuft dann zum Klettergerüst hinüber. Ich sehe zu Lion, der mit dem Kopf zur Seiten nickt und auf einer Parkbank deutet. Gemeinsam gehen er und ich zur Bank und setzen uns dann. Lion hält so weit wie möglich Abstand und es tut weh. Dieser Abstand tut weh. Wir waren uns vorher so nah und jetzt nicht mehr.
Unwillkürlich vermisse ich seine Nähe und seine warmen Hände, die sich um mein Körper schlungen und mich fest hielten.
Minuten vergingen, fast dachte ich schon, das Stunden vergangen wären, aber es waren nur zwanzig Minuten. Das schweigen zwischen uns war unerträglich und erdrücktet. Ich hätte mir nichts mehr gewünscht, als diese Stille zu vernichten aber ich wusste nicht was ich sagen sollte. Und wie es aussieht, weiß Lion auch nicht so recht was er sagen soll.
Oder er will einfach nicht mit mir reden.
Innerlich gab ich mir einen Schlag auf die Stirn, denn ich bin so dumm. Ich hab an etwas gedacht, an das ich nicht hätte denken dürfen. Küss mich, hatte ich gedacht, als er mich in seinen Armen hielt. Dieser Gedanke ist so absurd und dumm. Ich bin verrückt. Hatte ich wirklich gehofft das er mich küsst? Ein Junge, den ich gerade mal vor einer Woche kennengelernt habe?
Cami spielt mittlerweile mit anderen Kindern fangen. Sie rennt rum, springt und schlängelt sich durch jedes Gerüst hindurch. Sie steckt voller Energie und fast denke ich schon das sie niemals müde wird, doch als sie dann auf mich und Lion zukam, sah sie ein wenig erschöpft aus, aber sie lächelte noch.
»Bist du müde, Prinzessin?«
Ich fasse sie an der Schultern an und sehe in ihre hellblauen Augen. Camilla ist das genaue Gegenteil von mir. Sie ist süß, wunderschön, voller Energie und Lebensfreude. Sie lächelt und lässt sich nichts verderben. Sie ist tapfer und versucht aus allem das beste zu machen.
Unwillkürlich denke ich an das erste zusammen treffen, mit Lion oder auch Adonis, wie ich ihn genannt habe. Cami hat ihre Wunde betrachtet und gesagt das es schön aussieht, wie das Blut runterrollt. Gruslig, aber süß.
Camilla nickt leicht, also stehe ich auf und nehme sofort Cami's winzig kleine Hand, in meine. Lion erhebt sich ebenfalls und bleibt vor mir stehen.
»Kommst du mit zu uns?«,fragt Camilla Lion und sieht ihn mit großen Hundeaugen an.
Lion kniet sich zu ihr herunter, streicht ihr über das blonde Haar und stupst ihr leicht auf die Nase, woraufhin sie anfängt zu kichern. Lion betrachtet sie lange, er sieht ihr in die Augen und lächelt leicht. Ein Lächeln, das ich bei ihm noch nie gesehen habe. Ein Lächeln, das ich wiedersehen möchte. Auch wenn er so verdammt klein ist und kaum merklich.
»Ich kann nicht. Ich muss auch Nachhause.«
Er stellt sich wieder geradehin und sieht mich an. Keiner von uns sagt etwas. Wir sehen uns einfach an. Und ich denke, wir hätten uns stundenlang so ansehen können aber es geht nicht und als er dann plötzlich zwei Schritte auf mich zu kommt und ganz nah vor mir steht, droht mein Herz zu kollabieren.
Er beugt sie leicht zu mir runter und kommt meinem Gesicht gefährlich nahe. Ich halte die Luft, denn sein Gesicht ist so nahe bei mir, das ich seinen Atem auf mir spüren kann. Er neigt seinen Kopf leicht zur Seite, so das er zu meinem Ohr gedreht ist, den er jetzt näher kommt. Sein Atem streift meine Haut und hinterließ eine gewaltige Gänsehaut zurück.
»Halte dich fern von mir.«,flüstert er.
Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, den ich vergeblich versuche runterzuschlucken. Er geht ein Schritt zurück, mustert mich kurz, sieht wieder weg und streicht Cami dann kurz über ihr blondes, zerzaustes Haar.
»Bye, Caramelito.«,verabschiedet er sich von ihr.
»Stone.«, er sieht zu mir und nickt.
Ich bringe es einfach nicht zu Stande, ein Wort heraus zu bringen oder überhaupt etwas zu erwidern, denn ich bin überfordert. Es ist auch nicht nötig etwas zu sagen, denn Lion wartet nicht auf eine Antwort, von mir. Er geht einfach.
Wenn ich mit den richtigen Leuten abhänge, wird es mir gut gehen, hat David behauptet.
Er ist gefährlich, hat Josie behauptet.
Er könnte dir weh tun, hat Lidija behauptet.
Halte dich fern von mir, hat Lion gesagt.
Ich wollte nicht auf die anderen hören. Meine Neugierde war zu stark, zu groß, um sie zu bändigen. Ich dachte alle würden übertreiben, doch das von Lion zu hören, ist anderes.
Schmerzvoll.
Und das schlimme ist, ich verstehe nicht warum. Ich verstehe nicht warum das ganze? Wieso sagt keiner was los? Warum interessiert es mich überhaupt und wieso tut es weh? Wieso tut es weh, es von ihm zu hören? Wir kennen uns ein paar Tage und ich fühle mich schon so hingezogen zu ihm.
Er ist faszinierend. Er ist attraktiv. Er ist geheimnisvoll und vor allem gefährlich. Doch wie gefährlich, das Ganze dann wirklich ist, werde ich noch erfahren müssen. Das alles zusammenhängt, auch. Ich werde jedes Geheimnis aufdecken, wenn auch ungewollt, denn die Wahrheit kommt langsam und leise ans Licht.
Lion sagt ich soll mich fern halten, also tue ich es auch, obwohl es schwer für mich sein wird. Verdammt schwer sogar, aber ich muss, denn es ist das, was er will. Auch wenn der Drang echt groß ist, herauszufinden was Sache ist.
Mir ist nicht aufgefallen, das ich noch an der selben Stelle stehe, wie vorher auch und auf dem Punkt starre, wo Lion noch gestanden ist. Mir fiel es erst auf, als Camilla an meiner Hand rüttelt. Ich atme tief durch und gehe dann mit ihr Nachhause.
Da ich von Onkel Zack den Schlüssen für das Haus bekommen habe, sperrte ich die Tür auf und Camilla lief sofort rein. Sie zog ihre Schuhe aus, stellte sie gerade hin und rannte die Treppen hinauf. Ich sehe ihr nach, schließe die Tür hinter mir ab und ziehe meine Schuhe aus.
»Hast du Hunger, Prinzessin?«,rufe ich durch das ganze Haus.
Schritte sind zu hören. Kleine Schritte, die die Treppen runter tapsen. Camilla kommt angerannt und springt dann auf die Couch. Sie schüttelt den Kopf, als ich sie erneut frage.
»Ich hab bei Nana gegessen.«,sagt sie und gähnt.
Sie legt ihren kleinen süßen Kopf auf einen Kissen und zieht die Beine an sich. Ich setzte mich neben ihr hin und nehme ihr dann das Kissen weg. Verwundert sieht sie zu mir nach oben, doch ich lege meine Hand auf ihrer Wange und bete ihren Kopf auf meinem Schoß. Cami versteht schnell und zieht ihre Füße näher an sich heran.
Wie eine Kugel liegt sie auf der Couch. Ihr Kopf auf meinem Schoß und ihre Füße hat sie an sich gezogen. Ich hebe meine Hand an und streiche durch Cami's weiche Haare. Sie hat noch die Augen geöffnet, doch ich merke wie sie müde wird und in der Tat flattern ihre Augen langsam und sicher zu.
Als sich dann ihre Augen schlossen, kraulte ich ihre Haare. Es ist wie eine kleine sanfte Massage, die angenehm ist und schläfrig macht. Das hab ich früher bei Simon auch gemacht. Er hat es geliebt wenn ich seine Haare gekrault habe. Das waren solche Momente, die ich geliebt habe. Momente in denen ich es genossen hatte, mit meinem Bruder zu sein und einfach zu schweigen.
Ich weiß noch ganz genau, wie er und ich auf der Couch gesessen sind und wir einen Film zusammen geschaut haben. Irgendwann ist er auf meinem Schoß eingeschlafen und ich hab ihn dann gekrault. Ich hatte ihn dabei nicht mal angesehen, denn mein Blick war auf dem Fernseher gerichtet. Ich schaltete die Lautstärke, von dem Film leiser und sah dann zu ihm.
Er schlief so freundlich. Ohne sorgen. Ohne Probleme. Seine Gesichtszüge waren weich. Ich strich ihm leicht über die Wange, drückte ihn dann einen Kuss auf die Stirn, hob seinen Kopf an und betete es auf einem Polster. Ich ging nach oben um ihm eine Decke zu bringen und legte es dann über ihm.
»Gute Nacht.«, hatte ich geflüstert.
Solche Momente habe ich vermisste. Momente mit ihm. Ich hab ihn vermisst.
Stunden saß ich auf der Couch, mit Camilla auf dem Schoß, die zu schlafen scheint und dachte über alles nach. Oder besser gesagt, ich dachte über ihn nach. Lion.
Ich darf nicht an ihn denken. Ich frage mich wieso ich überhaupt an ihn denke. Wieso fasziniert er mich so sehr? Warum ist er so interessant für mich? Und wieso, zur Hölle, ist er so Attraktiv, Sexy und Angst einflöhend zugleich?
Was für ein Geheimnis hat er? Wer hat ihn gebrochen und warum versucht keiner ihn zu retten? Wieso lassen ihn alle im Stich? Ist es wegen den Gerüchten? Wegen ihr? Wegen dem Mädchen, das er weh getan haben sollte? Will keiner für ihn da sein weil er die Maske ‚ich bin kalt und gefährlich' wie eine Krone trägt?
Er will nicht gerettet werden, denn er hat aufgeben daran zu glauben, das da noch etwas gerettet werden kann.
Aber genau in solchen Zeiten sollte man doch für ihn da sein, oder? Gerade, wenn er keinen bei sich habe will, muss jemand hier sein, denn insgeheim wünscht er sich das man bleibt und ihn nicht alleine lässt.
Insgeheim wünschen wir das uns alle.
Verdammt, sieht ihm keiner in die Augen? Oder tun sie es aber sehen nicht das was ich sehe.
Fuck, welches Geheimnis brennt auf deiner Seele, Lion?
Fortsetzung folgt...
Ich bin wieder back, yeaahhhhh.
Freut ihr euch? Nein? Okay. Hahahaha
Wie gefällt euch sie da heute Kapitel?
Habt ihr eigentlich schon eine Theorie, was mit Lion siem könnte? Oder wer SIE ist?
Tut mir leid das ich nicht früher etwas veröffentlichen konnte, aber mir ging es zur Zeit nicht gut. Eigentlich wollte ich heute nichts veröffentlichen aber dank Freedomgirl_Melissa habe ich es getan hahaha.
Na dann, bis bald meine Caramelitos❤️
Liebe geht an euch raus!
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