21

Genya POV:

Am nächsten Morgen konnte ich es kaum erwarten, Muichiro wiederzusehen. Der gestrige Tag hatte mich nicht losgelassen – die ganzen Gedanken darüber, was mit ihm los war, und ob es ihm besser ging. Ich wollte bei ihm sein, ihn in meinen Armen halten und ihm zeigen, dass ich für ihn da war.

Als ich ihn schließlich sah, vergaß ich alles andere. Er stand da, als hätte er auf mich gewartet, und in dem Moment setzte ich zum Sprint an. Ohne nachzudenken rannte ich auf ihn zu – und er machte genau dasselbe.

„Genya!" rief er, bevor er mir förmlich entgegengesprungen kam. Ich fing ihn gerade noch auf, als er sich mit aller Kraft an mich klammerte. Seine Arme schlangen sich fest um meinen Hals, sein Gesicht drückte sich gegen meine Schulter. Ich spürte, wie er leicht bebte.

„Muichiro...", murmelte ich und drückte ihn fester an mich.

Er hob den Kopf und sah mich mit großen Augen an. In seinem Blick lag so viel Sehnsucht, so viel Verlangen nach Nähe, dass ich nicht anders konnte. Ich beugte mich vor und küsste ihn.

Muichiro erwiderte den Kuss sofort – und mit einer Leidenschaft, die mich fast umhaute. Seine Finger krallten sich in mein Shirt, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. Ich spürte, wie sein Atem schneller ging, wie er sich an mich drückte, als hätte er Angst, ich würde verschwinden.

Ich hielt ihn fest, strich mit einer Hand über seinen Rücken, während meine andere Hand sanft seine Wange umfasste. Seine Lippen bewegten sich fordernd gegen meine, als ob er mich mit jedem Kuss noch tiefer an sich binden wollte.

Niemand war da, der uns störte. Yuichiro war nicht in der Nähe, und auch sonst war niemand zu sehen. Für diesen Moment gab es nur uns beide.

Als wir uns schließlich von dem langen, intensiven Kuss lösten, atmete Muichiro schwer. Sein Blick war leicht verschwommen, seine Wangen gerötet.

„Ich hab dich so vermisst...", flüsterte er leise.

Ich sah ihn an und fühlte, wie sich meine Brust zusammenzog. Er sah so verletzlich aus. So zerbrechlich. Und doch hielt er mich so fest, als wäre ich das Einzige, was ihn noch in dieser Welt hielt.

„Ich bin hier, Muichiro", sagte ich leise und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich lass dich nicht allein."

Er schmiegte sich wieder an mich, als wäre ich sein sicherer Hafen.

„Bitte nicht...", murmelte er. „Bitte verlass mich nie."

Ich schluckte. Er klang so... verzweifelt.

„Niemals", versprach ich ihm und hielt ihn noch fester.

Was auch immer mit ihm los war – ich würde ihn nicht allein damit lassen. Ich würde ihn beschützen, egal was passierte.

Muichiro POV:

Ich seufzte leise und drückte mich fester an Genya. Yuichiro war krank – das passierte so gut wie nie. Und wenn es doch mal vorkam, war es immer ich, der krank im Bett lag und von Yuichiro bemuttert wurde. Doch jetzt war er es, der mit 39° Fieber im Bett lag und kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Ich hatte versucht, mich um ihn zu kümmern, aber er hatte mich nur müde weggeschoben und gemurmelt, dass ich ihn nicht so vollheulen sollte.

„Aber ich mach mir Sorgen...", hatte ich leise gesagt.

„Dann sorg dich leiser", hatte er geantwortet, bevor er sich umdrehte und wieder einschlief.

Tja. Das war Yuichiro.

Deswegen hing ich jetzt so sehr an Genya. Ich hatte sonst niemanden, an den ich mich klammern konnte. Aber das war ein Problem... denn wir gingen immer noch auf verschiedene Schulen.

„Muichiro, ich muss los", sagte Genya gerade, während er versuchte, sich aus meiner Umarmung zu lösen. „Ich darf nicht zu spät kommen."

„Bleib doch noch ein bisschen...", schmollte ich und sah ihn mit großen Augen an.

Er seufzte. „Ich würde ja, aber ich hab gleich Unterricht. Und du auch."

„Pff. In meiner Klasse kommen die Lehrer meistens nicht mal zum Unterricht."

Genya verdrehte die Augen. „Ja, das weiß ich. Eure Klasse ist der reinste Wahnsinn."

Ich grinste schief. „Aber ich bin doch brav."

„Jaja, du bist ein richtiger kleiner Engel."

„Genya..." Ich schmiegte mich noch einmal an ihn, ließ meine Hände langsam über seine Schultern gleiten. Ich wusste, dass er schwach wurde, wenn ich mich so verhielt. „Nur noch ein bisschen..."

Er seufzte wieder, aber dieses Mal war es mehr ein unterdrücktes Lachen. „Verdammt, Muichiro, du weißt genau, wie du mich rumkriegst."

Ich grinste triumphierend. „Also bleibst du noch?"

„Fünf Minuten."

Ich küsste ihn sofort. Genya erwiderte den Kuss mit einem leisen Knurren und zog mich fester an sich. Seine Arme umschlossen mich, und für einen Moment fühlte ich mich so sicher, dass ich alles um mich herum vergaß.

Aber dann klingelte sein Handy.

„Verdammt", murmelte er gegen meine Lippen, bevor er widerwillig nach dem Handy griff. „Sanemi. Der bringt mich um, wenn ich nicht komme."

Ich seufzte theatralisch und ließ ihn schließlich los.

„Fein. Dann geh halt."

Er lachte und strich mir durch die Haare. „Ich hol dich nach der Schule ab, okay?"

„Versprochen?"

„Versprochen."

Ich sah ihm nach, wie er sich schließlich auf den Weg machte. Kaum war er weg, fühlte ich mich leer. Ich war es nicht gewohnt, allein zu sein.

Yuichiro war krank, Genya war in der Schule, und ich...

Ich zuckte die Schultern.

Na ja. Vielleicht würde heute ja wieder kein Lehrer kommen.

„ALDA, BIST DU HÄSSLICH ODER BLIND?!" brüllte jemand aus der hinteren Ecke des Klassenzimmers.

Ich hatte gerade erst einen Fuß über die Türschwelle gesetzt, da flog auch schon ein Stuhl an meinem Gesicht vorbei. Mein Herz setzte für eine Sekunde aus, und ich sprang instinktiv zur Seite.

„WAS SOLL DIE SCHEIẞE?!" schrie ich zurück und funkelte die Übeltäter an.

Hikaru, einer der größten Chaoten der 3H, stand grinsend in der Mitte des Raums, die Hände in die Hüften gestemmt. „Digga, entspann dich, das war nicht für dich. Der Mongo da hinten hat meine scheiß Stifte geklaut!" Er zeigte auf Kenji, der sich gerade einen Radiergummi in den Mund schob.

„Junge, was bist du denn für ein verstrahlter Spasti?!" Hikaru rannte los und verpasste Kenji eine Kopfnuss, die so laut war, dass ich das Echo hören konnte.

„Uff! Fick dich, Alter!" Kenji krümmte sich vor Schmerz, während Hikaru sich seinen Stift zurückholte.

Ich seufzte und trat endgültig in den Raum. „Ey, könnt ihr euch mal fünf Minuten zusammenreißen? Wir haben fucking Unterricht."

„Haben wir nicht, Dulli!" brüllte Riku aus der Ecke, während er auf seinem Tisch saß und eine Banane aß. „Unsere Lehrerin ist seit drei Tagen verschollen. Vielleicht wurde sie ja endlich abgeholt."

„Hoffentlich verreckt die Alte", murmelte jemand, woraufhin einige lachten.

Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen und rieb mir die Schläfen. 3H war wirklich eine Klasse für sich. Wenn wir nicht gerade Möbel durch die Gegend warfen, beleidigten wir uns gegenseitig auf einem Niveau, das jede zivilisierte Gesellschaft zum Einsturz bringen würde.

„Ey, Muichiro", sagte Hikaru plötzlich und warf mir eine zerknüllte Papierkugel zu. „Du hast nen Freund, oder?"

Ich fing das Papier und musterte ihn misstrauisch. „Ja? Was geht's dich an?"

„Bist du sicher, dass der dich nicht verarscht?"

Ich blinzelte. „Was soll die Frage?"

Hikaru zuckte mit den Schultern. „Digga, guck dich mal an. Du bist hübsch, ja, aber du bist auch... du weißt schon. Komplett durch."

Ein paar Leute lachten, während ich Hikaru tödlich ansah. „Fass. Dich. Kürzer."

„Ich mein ja nur, Bro", sagte er und hob abwehrend die Hände. „Vielleicht will der nur mit dir rummachen und schiebt dich dann ab."

„Fick dich, Hikaru", knurrte ich und schleuderte die Papierkugel mit gezielter Präzision gegen seine Stirn.

„UFFF!" Er hielt sich den Kopf. „Junge, du bist so aggro, chill mal!"

„Sag so einen Müll nicht über Genya, dann muss ich mich nicht aufregen."

„Hör auf, so verliebt zu klingen, das ist ekelhaft", rief Riku aus der hinteren Reihe. „Hier ist keiner glücklich vergeben, also halt deine Schnauze."

„Genau", pflichtete jemand ihm bei. „Wenn wir leiden, leidest du auch."

Ich verdrehte die Augen. „Halt's Maul."

Die Tür flog plötzlich auf, und ein völlig überforderter Aushilfslehrer trat ein. Seine Brille rutschte ihm von der Nase, während er nervös auf uns herabblickte.

„Ähm... guten Morgen?"

Stille.

Dann:

„FICK DICH!" rief Riku aus voller Kehle, und der ganze Raum brach in Gelächter aus.

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