01

Genya POV:

Ich hasste Montage. Es gab nichts Schlimmeres, als das Gedränge vor der Schule, wenn sich die Schüler wie Lemminge durch das Tor schoben. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, musste ich mich nicht nur mit meinen Mitschülern herumschlagen – nein, da waren auch noch die Mittelstufenschüler von der Schule nebenan! Diese Horde kleiner Gartenzwerge lief mir ständig vor die Füße, und ich musste aufpassen, dass ich nicht aus Versehen einen von ihnen über den Haufen rannte.

„Aus dem Weg, Kleiner!", knurrte ich einen Zwerg an, der direkt vor meiner Nase abrupt stehen geblieben war. Der Junge, vielleicht zwölf, starrte mich entsetzt an, bevor er kreischend davonlief.
„Ja, genau, lauf!", murmelte ich und wühlte mich weiter durch die Masse. Aber dann passierte es.
Plötzlich rempelte ich ein Mädchen an. Oder besser gesagt, sie rempelte mich an. Ich konnte nicht mal ein Wort sagen, da klatschte mir auch schon ihre Hand ins Gesicht. BAM!

Die Ohrfeige kam so unerwartet, dass ich beinahe das Gleichgewicht verlor.
„Pass doch auf, du Rüpel!", schnauzte sie mich an und stolzierte davon, ohne mir eine Chance zur Verteidigung zu geben. Ich stand da, mit knallroter Wange, während die Umstehenden entweder kicherten oder mich mitleidig ansahen. Großartig. Das fing ja super an.

In der Klasse angekommen, ließ ich mich auf meinen Platz fallen und verschränkte die Arme. Meine Wange brannte immer noch, und ich hatte absolut keine Lust, mit irgendwem zu reden. Natürlich hielt das Tanjiro nicht davon ab, sich zu mir zu setzen.
„Hey, Genya, was ist los? Du siehst aus, als hättest du gerade einen Geist gesehen."
„Einen Geist nicht", knurrte ich, „aber eine Hand. Direkt in meinem Gesicht."
Tanjiro zog die Augenbrauen hoch. „Oh... willst du darüber reden?"
„Nein."
„Sicher?"
„Ja."
„Okay. Aber falls doch—"
„TANJIRO, BITTE!"

Während Tanjiro versuchte, meine Stimmung zu retten, hörte ich ein bekanntes, nerviges Lachen von hinten.
„HA! Du wurdest von einem Mädchen geschlagen? Oh Mann, Genya, das ist ja köstlich!", rief Zenitsu, während er sich vor Lachen den Bauch hielt.
„Klappe, Zenitsu, bevor ich dich zusammenschlage", zischte ich.
„Oh, oh, Genya, du bist so furchteinflößend!", heulte er theatralisch. „Was willst du machen? Mich etwa ohrfeigen?"
Ich stand auf, aber Tanjiro hielt mich zurück. „Genya, lass es. Es bringt doch nichts."
„Noch einmal, Zenitsu, und ich—"
Die Tür flog auf, und Inosuke stürmte herein. Im Ernst, wie schaffte es dieser Typ immer, so eine Dramatik zu erzeugen, nur indem er einen Raum betrat?
„HEY, GENYA! HAST DU HEUTE SCHON IRGENDWAS ZERSTÖRT?"
„Nein, aber wenn du nicht leise bist, könnte ich damit anfangen."
„DU WIRST MICH NICHT ANRÜHREN! ICH BIN UNAUFHALTSAM!" Er sprang auf den Tisch, warf seinen Rucksack in die Ecke und ließ sich dann auf einen Stuhl fallen – auf meinen Stuhl, wohlgemerkt.
„Inosuke, das ist mein Platz."
„JETZT NICHT MEHR!"

Tanjiro seufzte. „Inosuke, kannst du dich nicht einfach benehmen? Nur einmal?"
„BENEHMEN IST FÜR SCHWÄCHELINGE!" Er sprang auf und begann, so zu tun, als würde er einen unsichtbaren Gegner bekämpfen.
„Ich kann nicht glauben, dass ich das sage, aber Inosuke ist schlimmer als Sanemi", murmelte ich.
„Dein Bruder?" Zenitsu grinste. „Sanemi, der Typ, der dich ständig in Mathe drannimmt? Ach komm, Genya, niemand ist schlimmer als Sanemi!"
„Ich wünschte, du würdest aufhören, mit mir zu reden."

Natürlich ignorierte Zenitsu mich komplett. „Weißt du, Genya, vielleicht war die Ohrfeige ein Zeichen! Vielleicht solltest du dich bei dem Mädchen entschuldigen. Frauen stehen auf Kerle, die Verantwortung übernehmen!"
Ich starrte ihn an. „Zenitsu, ich bin mir ziemlich sicher, dass niemand jemals auf dich stehen wird."
„Das war gemein!" Er tat so, als würde er weinen, aber bevor ich ihm noch etwas an den Kopf werfen konnte, klingelte es.

Während der Unterricht begann, lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und fragte mich, wie ich diesen Tag überleben sollte. Zwischen Zenitsus ständigen Kommentaren, Inosukes zerstörerischer Energie und meiner immer noch brennenden Wange hatte ich das Gefühl, dass es ein langer Montag werden würde.

Muichiro POV:

Was war mit diesem Kerl denn falsch?! Ich hatte nicht einmal richtig geschnallt, was passiert war, da spürte ich, wie er mir einfach voll in die Seite gerempelt war. Der Kerl hatte mich wie ein Zug überfahren, und bevor ich noch reagieren konnte, kam mir die Wut hoch. Was sich für ein Vollidiot auch noch traute, mich einfach so zu schubsen? Da war es auch schon zu spät. BAM! Ohrfeige. Ohne Vorwarnung, ohne Überlegung. Und, ganz ehrlich, das tat mir nicht mal leid.

Ich starrte ihm für einen Moment in die Augen, um zu sehen, ob er das wirklich verdient hatte. Und ja, er hatte. Der Typ hatte das irgendwie richtig provoziert. Vielleicht, weil er michangedehen hatte, als wäre ich ein Mädchen. Aber na gut, das war ja jetzt nicht mein Problem, oder? Ich hatte ihm einfach gezeigt, dass man nicht einfach in meine Nähe kommen durfte, ohne dafür zu bezahlen. „Was hast du dir dabei gedacht, mich einfach anzurempeln?" murmelte ich, mehr zu mir selbst, als zu ihm. Er stand da, mit der Hand an seiner Wange, verwirrt, und ich rollte einfach mit den Augen.

Zurück in der Klasse setzte ich mich auf meinen Platz und zog mein Handy heraus. Es war Januar. Nicht mehr lange, und ich würde endlich die Mittelstufe verlassen. Im April würde ich an die Oberschule nebenan wechseln. Und ehrlich gesagt, ich konnte es kaum erwarten. Ich war mit dieser Schule fertig. Es war nichts gegen die Menschen hier, aber die ganzen Idioten, die mich ständig für ein Mädchen hielten, gingen mir einfach nur auf die Nerven.

Warum musste man mir immer wieder die gleiche dumme Frage stellen: „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?" Um ehrlich zu sein, war es fast schon eine Herausforderung, das tägliche Chaos zu überstehen, ohne jemanden zu ohrfeigen. Das war die einzige „Lösung", die mir in den Kopf kam, wenn mir wieder jemand zu nahe trat. Es war einfach nicht zu fassen, dass sie alle immer noch dachten, ich sei ein Mädchen, nur weil ich mit meinen 14 Jahren keine Muskeln wie ein Bodybuilder hatte oder mit voller Wucht durch die Gegend rannte. Ich hatte keine Lust, mich über so etwas zu erklären. Also klatschte ich lieber jemandem eine. Geht schneller und hinterlässt Eindruck.

Ich atmete tief durch und stellte das Handy auf lautlos, als mein Sitznachbar neben mir anfing, wieder durch mein Haar zu wuscheln. Was war denn heute mit ihm los? Der Kerl war eine ganze Stunde still gewesen, und jetzt konnte er sich nicht zurückhalten? Ich fühlte mich, als hätte er ein sehr persönliches Gebiet überschritten, das nicht nur unangenehm, sondern auch absolut unhöflich war. Ich drehte mich zu ihm und fixierte ihn mit einem Blick, der mir antrainiert worden war.

„Ich glaube, du hast deinen Platz gerade ein kleines bisschen zu weit überschritten", sagte ich langsam. Es war der Moment, in dem er realisieren sollte, dass er seine Grenzen nicht überschreiten durfte. Aber der Kerl hörte nicht auf. Er grinste einfach blöd und fuhr mit seinen Fingern weiter durch mein Haar. Als hätte er nie etwas anderes zu tun gehabt.

Ich knirschte mit den Zähnen. Manchmal musste ich die Leute wirklich daran erinnern, dass sie mit mir besser nicht so umgingen. Ich packte ihm das Handgelenk und zog seine Hand von meinem Kopf weg.

„Okay, das reicht jetzt", sagte ich und gab ihm mit voller Absicht eine kräftige Ohrfeige. Der Klang hallte durch den Raum. Diesmal ließ ich mir wirklich keinen Spaß nehmen.

Der Kerl starrte mich an, als hätte ich ihm gerade das Frühstück gestohlen. „Was... Was war das denn jetzt?" fragte er, und ich grinste.

„Das war für die Haare", sagte ich süffisant, bevor ich mich zurück in meinen Stuhl fallen ließ. „Verstehst du, dass man mich nicht einfach anfasst, ohne mit der Wimper zu zucken?"

Er stammelte etwas, aber ich war schon wieder in meinen Gedanken vertieft. Ich war ein Junge, verdammt noch mal! Und niemand sollte mich mehr für ein Mädchen halten. Ich würde es mir nicht gefallen lassen. Wer es trotzdem tat, bekam eben eine Ohrfeige. Man musste die Leute einfach in ihre Schranken weisen, sonst drehten sie völlig durch und nahmen sich mehr Freiheiten, als ihnen zustehen.

Das Leben als „Mädchen" zu leben war wirklich anstrengend. Dabei war es so einfach, einfach zu akzeptieren, dass ich ein Junge war, der gelegentlich sein Temperament zeigte. Ich schüttelte den Kopf. In diesem Moment war ich froh, dass ich intelligent war. Mein IQ war zwar ein Geheimnis für die meisten, aber es half mir sehr dabei, die Dinge in der richtigen Perspektive zu sehen. Ich wusste genau, wann ich zügeln musste und wann ich einfach zuschlagen konnte.

Ich hoffte wirklich, dass sich niemand mehr wagte, mich zu unterschätzen. Ich hatte weder Lust auf Erklärungen noch auf Diskussionen. Und vor allem hatte ich keine Lust auf dieses ewige „Schöner als ein Mädchen"-Gequatsche. Wer mich wirklich kannte, wusste, dass ich verdammt gefährlich sein konnte, wenn man die falschen Knöpfe drückte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top