❖ 4 ❖

Jeno:

"Hey Jeno, aufwachen.", dringt eine leise Stimme an mein Ohr.

Ich öffne die Augen und blicke direkt in Chenles lächelndes Gesicht. Verwirrt blicke ich mich im Zimmer um.

Die Matratze, auf der ich liege, befindet sich in der Mitte das Raumes umgeben von großen Pappkartons und ich brauche eine paar Sekunden, bis mir bewusst wird, wo ich bin.

Richtig, der Umzug...

"Nicht wieder einschlafen, du kommst sonst zu spät.", ruft Chenle und rüttelt leicht an meinen Schultern.

"Wie viel Uhr ist denn?", murmele ich und gähne.

"Schon halb sechs, du hast doch gesagt, dass du um sechs im Entertainment sein sollst... Ich hab dich schon vor einer Stunde geweckt aber du bist wohl-"

"Ach scheiße!", unterbreche ich ihn und stehe eilig von der Matratze auf.

"Danke Lele, sorry, aber ich bin echt spät dran."

Ich schiebe den verwirrt blickenden Chenle zur Seite, greife mir eilig eine Jeans aus dem nächst besten Karton mit der Aufschrift "Klamotten Jeno" und ziehe sie mir schnell über.

Chenle wirft mir irgendein T-Shirt aus einem andren Karton zu, was ich dankbar auffange und ebenfalls anziehe.

Danach stolpere ich die Treppe runter, greife nach meinem Handy, was zum Glück auf dem Küchentisch liegt und renne in den Flur, wo ich mir meine Schuhe überziehe.

"Wann kommst du wieder?", erkundigt sich Chenle, der hinter mir aufgetaucht ist und mir ein Sandwich hinhält.

"Oh Gott du bist ein Engel!", rufe ich dankbar aus, was den Jüngeren zum Lachen bringt.

"Ich denke irgendwann heute Abend, genau weiß ich es nicht. Ich hab ja noch nicht mal eine Ahnung, wie das jetzt heute alles abläuft. Aber ich schreibe dir nochmal.", antworte ich auf seine Frage, während ich mir eine schwarze Lederjacke überziehe.

"Was hast du heute vor?", erkundige ich mich, während ich in der Kiste neben der Tür nach meinem Schlüsselbund suche.

"Vielleicht mach ich ein bisschen was für die Uni oder ich räume erstmal ein bisschen hier auf... Und heute Nachmittag treffe ich mich mit dem süßen Nachbarjungen."

Ich grinse ihn kurz an, wühle dann aber verzweifelt weiter in der Kiste.

Wo war denn dieser verdammte Schlüssel?

"Suchst du den hier?", fragt Chenle und hält mir meinen Schlüsselbund entgegen.

"Oh Gott danke.", stoße ich aus und greife nach den Schlüsseln und dem Sandwich, bevor ich Chenle noch kurz in eine Umarmung ziehe.

"Pass auf dich auf und fahr nicht zu schnell!", warnt er mich und löst sich wieder von mir.

"Du redest ja schon als wärst Du mein Mann.", grinse ich und öffne die Tür.

"Irgendjemand muss ja auf dich aufpassen.", ruft er mir hinterher, während ich in mein Auto steige, das irgendjemand gestern bereits hier her transportiert hatte.

Ich winke ihm noch einmal zu, bevor ich langsam aus der Ausfahrt und dann den Feldweg entlang in Richtung Stadt fahre.

~

Mit ein paar Minuten Verspätung parke ich vor dem Entertainment und greife eilig nach meinem Handy und dem Sandwich, bevor ich das Auto verlasse.

Das große Gebäude ragt hoch vor mir in den Himmel und ich bin ein bisschen eingeschüchtert.
Riesig prangen die Worte 'Dream-Entertainment' an der Fassade und ich muss unwillkürlich schlucken.
Auf den Fotos hat das Ganze hier kleiner ausgesehen...

Aber ich stehe nicht vor einem Foto sondern dem realen Gebäude. Ich bin wirklich hier!

Wow, das fühlt sich irgendwie echt an wie ein Traum.
Ich habe es wirklich geschafft! Hier werde ich von nun an arbeiten, das ist der Hammer!

Lange lasse ich mir aber nicht mehr Zeit, das Gebäude zu bestaunen, ich bin schließlich schon spät genug dran.

Ich betrete das Foyer und laufe sofort zu der Rezeption, wo ich der Empfangsdame meinen Ausweis zeige und dann sofort in Richtung Aufzug geschickt werde.

Im Laufen tippe ich eine Nachricht an Chenle und achte deshalb nicht wirklich auf meine Umgebung, weshalb ich den blauhaarigen jungen Mann nicht bemerke, der gerade aus einer anderen Richtung kommt und ebenfalls den Aufzug betreten will.

Ich werde erst auf ihn aufmerksam, als ich mit vollem Tempo in ihn hineinrenne und ihm vor Schreck sein Kaffee aus der Hand fällt.

Die heiße Flüssigkeit läuft über mein T-Shirt und auch er bekommt ein paar Kaffetropfen ab, weshalb wir beide gleichzeitig scharf die Luft einziehen.

"Pass doch auf!", fährt er mich an, weshalb ich ihm nur einen angepissten Blick zuwerfe.

"Das könnte ich dir auch sagen!", entgegne ich, während ich mein durchnässtes Shirt von meinem Körper wegziehe, da der heiße Kaffee auf meiner Haut brennt.

"Ich habs eilig, mein Termin hat vor fünf Minuten schon angefangen.", beschwert sich der fremde Typ, während er nach dem leeren Kaffeebecher greift und ihn in den nächst besten Mülleimer werfen will.

"Oh Gott, was ist denn mit ihnen passiert? Lassen sie mich das wegräumen!", ertönt im nächsten Moment die Stimme der Empfangsdame, die hinter ihrer Rezeption hervorgetreten ist, eilig auf uns beide zuläuft und dem blauhaarigen Schlumpf vor mir den Becher aus der Hand nimmt.

Ich ziehe nur verwirrt eine Augenbraue hoch und beobachte, wie die junge Frau eilig zum Mülleimer läuft und sogleich wieder zu uns zurück kommt, nachdem sie den Pappbecher weggeworfen hat.

"Haben sie sich verbrannt?", erkundigt sie sich, wobei ihre Augen besorgt den Jungen vor mir fixieren.

"Alles gut, machen sie sich keine Sorgen.", entgegnet dieser und streicht sich einmal durch seine blauen Strähnen, was das Mädchen dazu bringt, leicht rot anzulaufen.

Wo bin ich denn hier bitte gelandet?

Mein Shirt fängt in der Zwischenzeit zu tropfen an und ich will in diesem Moment einfach nichts, außer dieses ecklige Gefühl von meinen kaffeedurchtränkten Klamotten loszuwerden.

"Ich muss dann auch los.", meldet sich der Typ und läuft auf den Aufzug zu und ich tue es ihm kurzerhand nach, da ich schließlich auch zu meinem Termin muss.

Die Fahrstuhltüren schließen sich hinter uns und der Typ reißt überrascht die Augen auf, als er mich hinter sich erkennt.

"Verfolgst du mich jetzt?", erkundigt er sich mit einem genervten Blick, woraufhin ich nur die Augen verdrehen kann.

"Als ob ich jemanden wie dich verfolgen würde.", entgegne ich, woraufhin der Schlumpf überrascht seine Augenbraue hochzieht.

"Oh glaub mir, es gibt eine Menge Leute, die mich verfolgen, also ist meine Frage durchaus berechtigt.", stößt er aus.

"Aha, interessiert mich nicht wirklich, also renn zu deiner Mami, die hört dir bestimmt gerne zu aber verschon mich mit deinem Gelaber."

Auf diese Aussage hin verändert sich irgendetwas in seinen Augen, sein Blick wird kalt und seine Kiefermuskeln verspannen sich.

"Oh, hab ich deinem Ego weh getan? Tu mir einen Gefallen und sein einfach leise."

Damit wende ich mich ab und ignoriere den anderen.

Zugegeben, er tut mir ein bisschen Leid, dass ich ihn so extrem angefahren habe, aber er hat doch damit angefangen.
Außerdem habe ich in der ersten Nacht in meinem neuen Zuhause nicht gerade gut geschlafen und dann noch dieser Stress heute morgen...
Es war einfach ein scheiß Start für diesen Tag und das bekommt jetzt halt der arme Schlumpf neben mir ab.

"Ich hab eigentlich echt keinen Bock auf eine Konversation mit dir, aber diesen Gefallen werde ich dir aus Prinzip jetzt nicht tun.", lässt der Typ hinter mir verlauten, aber bevor ich noch etwas erwidern kann, kommt der Aufzug zum Glück zum Stehen und ich verlasse sofort den engen Raum.

Mein Blick wandert über die Türen auf der Suche nach Raum Nummer 7, als der Typ schon an mir vorbei den Gang runter rennt.

"Einen schönen Tag noch Arschloch!", ruft er mir noch zu, bevor er in einem Raum ganz am Ende des langen Ganges verschwindet.

Seufzend verdrehe ich die Augen, und laufe an den Türen entlang, bis ich endlich die Nummer 7 entdecke.

Ohne anzuklopfen stürme ich in den Raum und erblicke meinen Freund, der an einem Schreibtisch sitzt und gerade in seinen Computer vertieft ist.

Aufgrund meines stürmischen Auftritts reißt er sofort erschrocken den Kopf nach oben und blickt mir geschockt entgegen.

Sobald er mich allerdings erkennt, springt er auf und läuft auf mich zu, um mich zu umarmen.
"Jeno, ist das schön, dich endlich wieder zu sehen-"
In diesem Moment fällt sein Blick dann auf mein kaffeebeflecktes Shirt und er hält verwirrt in seiner Bewegung inne.

"Oh Gott, was ist denn mit dir passiert?", stößt er aus.

"Hatte einen Zusammenstoß mit so nem Assi im Foyer. Hast du vielleicht ein T-Shirt hier, was ich mir ausleihen kann?"

Sofort nickt er und läuft zu einer Sporttasche, die auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch steht.
Er zieht ein schlichtes weißes Shirt mit ausgewaschenem schwarzen Ausdruck heraus und wirft es mir zusammen mit einem kleinen Handtuch zu, was ich beides dankbar auffange und mich anschließend endlich aus meinen feuchten Klamotten befreie.

"Das gehört einem Freund von mir, ich denke das sollte kein Problem sein.", erklärt mir Renjun währenddessen und stellt die Tasche anschließend neben dem Stuhl auf den Boden.

"Vielen Dank! Ich hoffe die anderen Mitarbeiter hier sind netter als dieser Kaffeetyp.", murmele ich, woraufhin Renjun sofort nickt.

"Eigentlich sind alle hier echt super nett, dir wird es hier gefallen!", erwidert er.

Mit dem Handtuch trockne ich kurz die übrigen Kaffeespuren ab und schlüpfe anschließend in das weiße T-Shirt. Der Stoff legt sich weich und warm auf meine Haut und verströmt einen angenehmen Duft, der mir irgendwie bekannt vorkommt.

Ich kann nicht definieren, weshalb mir dieser Duft so vertraut vorkommt, aber er erinnert mich irgendwie an meine Kindheit.

Sobald ich mich also mit dem frischen, gut reichenden Shirt endlich nicht mehr so fühle, als habe ich in Kaffee gebadet, schließt Renjun mich in seine Arme und drückt mich an sich.

"Oh man Jeno, ich bin so froh, dass du endlich hier bist!", murmelt er, löst sich dann wieder von mir und grinst breit.

Dann läuft er wieder hinter seinen Schreibtisch und setzt sich auf seinen ursprünglichen Platz. Ich lasse mich zufrieden auf den Stuhl gegenüber von meinem Freund fallen, nehme meine Maske ab und lächele ihn glücklich an.

~

Lee Jeno:

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