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Chenle:

Seufzend klappe ich meinen Laptop zu, lehne mich mit dem Rücken gegen die kahle Wand hinter mir und schließe für ein paar Sekunden die Augen, um die Stille um mich herum zu genießen.

Die Fenster meines Zimmers sind weit geöffnet und von draußen weht angenehm frische Luft in den großen Raum, der, bis auf ein paar Kartons in der Ecke und einer großen Matratze auf der ich sitze, komplett leer ist.

Mein Blick wandert zu meinem Handy, das neben mir auf der Matratze liegt und gerade in diesem Moment ein Piepen von sich gibt.
Ich greife danach und sehe eine neue Nachricht von meiner Mutter, die mich bittet, sie doch bitte mal anzurufen, wenn ich die Zeit dazu hätte.

Ich antworte ihr schnell, dass ich sie später am Abend anrufen werde, da ich jetzt gerade nicht den Nerv dazu habe, von ihr mit Fragen durchlöchert zu werden. Also nicht dass ich etwas gegen meine Mutter habe oder so, aber sie redet meiner Meinung nach meistens viel zu viel und sowas wie Privatsphäre oder so ist ihr auch gänzlich fremd. Zumindest was mein Leben betrifft.
Darauf habe ich jetzt im Moment wirklich keine Lust und vermutlich hätte es in einer ausgewachsenen Diskussion, wie meine Mutter es zu nennen pflegt, geendet, da sie wahrscheinlich von meinem genervten Verhalten beleidigt sein würde.
Das werde ich uns beiden nun wirklich nicht antun.

Gerade will ich mein Handy wieder weglegen, als mein Blick auf die Uhrzeit fällt und ich überrascht die Augen aufreiße.
Schon fast halb sechs? Wie ist die Zeit denn so schnell umgegangen, ich habe den ganzen Tag über doch so gut wie nichts gemacht?

Eigentlich habe ich ja gehofft, dass der süße Nachbarjunge im Laufe des Tages vorbei kommen würde, aber er ist offensichtlich garnicht zuhause. Im Haus gegenüber regt sich zumindest garnichts und als ich vor ein paar Stunden mal rüber gegangen bin, um zu klingeln, hat mir niemand geöffnet.

Gelangweilt erhebe ich mich von meiner Matratze und laufe in die Küche.
Dort angekommen werfe ich zunächst einen Blick in den Kühlschrank, nur um festzustellen, dass Jeno und ich offensichtlich komplett vergessen haben, uns ein paar Lebensmittel liefern zu lassen. Bis auf ein bisschen Toast und Frischkäse haben wir nämlich genau nichts da. Und da bereits mein Frühstück und mein gestriges Abendessen aus diesen beide Dingen bestanden haben, will ich jetzt wenn möglich ein bisschen was Abwechslungsreicheres.

Kurzerhand ziehe ich mein Handy aus der Tasche, rufe bei einem Lieferdienst an und bestelle mir Fried Chicken.
Danach mache ich Musik an und gehe auf Insta, wo ich mir irgendwelche lustigen Tiervideos ansehe um mich von meinem knurrenden Magen abzulenken.

Völlig versunken beobachte ich diese süßen kleinen Wesen auf meinem Handydisplay und schrecke kurz darauf überrascht auf, als es plötzlich an der Tür klingelt.

Das geht ja schnell. Ich habe eigentlich erwartet, dass der Lieferdienst mindestens eine halbe Stunde bis hier raus an den Arsch der Welt brauchen wird. Naja, wahrscheinlich habe ich einfach nur die Zeit komplett ausgeblendet.

Fröhlich pfeifend laufe ich zur Tür und öffne diese schwungvoll, nur um im nächsten Moment erschrocken die Luft einzuziehen.

Vor mir steht kein Essensliferant mit meinem sensuchtsvoll erwarteten Essen, sondern mein neuer Nachbar, der mich hinreißend niedlich anlächelt.

Jetzt bei Tageslicht kann ich ihn endlich besser sehen, nur um festzustellen, dass er noch viel hübscher ist, als die Dunkelheit es gestern Abend erahnen ließ.
Er trägt eine enge durchlöcherte blaue Jeans, ein schwarzes Shirt und darüber ein rot-schwarz kariertes Hemd. Seine extrem fluffig aussehenden Haare sind lässig gestylt und er sieht einfach unglaublich gut aus...

"Hey...", reißt er mich mit seiner sanften Stimme aus meinen Gedanken, lächelt mich immernoch an und kratzt sich unsicher am Hinterkopf.
Ich erwidere die Begrüßung und nehme war, wie sein Blick für einen Sekundenbruchteil meinen Körper hinabhuscht, aber das reicht schon, um mich leicht rot anlaufen zu lassen.

Im Vergleich zu ihm gebe ich gerade wohl nicht das schönste Bild ab, mit grauer Jogginghose, einem übergroßen weißen Shirt von Jeno und verwuschelten Haaren, die vermutlich aussehen, als habe ein Vogel darin genistet.
Ich habe nämlich die blöde Angewohnheit, andauernd mit meinen Haare herum zu spielen. Vor allem, wenn ich was für die Uni zu tun habe oder mich anderweitig konzentrieren muss, endet das meistens nicht gut für den Zustand meiner Haare.
Von meinem ungeschminkten Gesicht und meinen tiefen Augenringen aufgrund des Schlafmangels in letzter Zeit will ich garnicht erst anfangen.

Warum habe ich nicht wenigstens die Klamotten anbehalten, die ich mir extra übergezogen habe, um zu ihm rüber zu gehen und zu klingeln?

"Ähm, sorry wenn ich dich störe oder so...
Aber wir hatten gestern garnichts genaues ausgemacht, wann und wie wir uns treffen wollen... Ich dachte... ich klingel einfach mal.", er lächelt schief und beginnt seine Finger ineinander zu verknoten.

"K-kein Problem... Ähm ja, das... gut. Ja.
Tut mir leid für diesen Aufzug, ich hab heute ein bisschen die Zeit vergessen...", ich lache leicht und unterdrücke den Reflex, meine Hände vor meine erhitzten Wangen zu halten. Das würde die ganze Sache eher noch peinlicher machen.
Stattdessen fahre ich mir einmal durch die Haare und versuche, das ganze irgendwie lässig aussehen zu lassen und gleichzeitig die Knoten auf meinem Kopf möglichst unauffällig zu lösen.

Jisung lächelt mich nur sanft an. "Kein Problem... Du siehst echt... süß aus."

Okay wow, das habe ich jetzt nicht erwartet. Dieser Kommentar meines neuen Nachbarns ist nicht gerade hilfreich, um meine normale Gesichtsfarbe wieder zu erlangen.
"Ähm... Danke?", ich lache leise, was auch meinen Gegenüber zum lachen bringt.

"Willst du... Vielleicht rein kommen?
Also wir haben noch nicht viel aufgebaut, um genau zu sein steht noch kein einziges Regal... Aber ich hab mir eben Chicken bestellt, weil wir so gut wie nichts zu essen im Haus haben...
Wenn du willst kannst du gerne mitessen, ich hab für meinen Freund mitbestellt, obwohl der heute wahrscheinlich sowieso nicht mehr auftaucht."

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