Dünndarm

    Ich breche generell nicht von gutem Essen, da sich jener Reiz nur bei Speisen entfacht, die ich nicht als wohlschmeckend empfinde. An jenem Tage jedoch, wäre mir ein Erbrechen lieber gewesen als meinen Dünndarm zu verlieren, der aus einer Ritze meiner Bauchdecke hervorquoll und mit einem platschenden Geräusch Ruhe auf dem Fliesenboden fand.

    Ich hörte sie nebenan und trat den Darm schnell unter die Sitzbank, da meine Angst, sie könnten mich abermals ermahnen, die Furcht vor den Folgen eines Organverlusts, weit überstieg. Mein Blick wich nicht von der Türe, hinter der sie standen. Ich versuchte ruhig zu atmen, nichts durften sie merken, sollten sie doch nicht erneut unter einer meiner zahlreichen Miseren leiden müssen. Das Essen dampfte noch immer, es duftete herrlich. Und wenngleich ich mich in einer offengesprochen bemitleidenswerten Situation befand, so machte mir der Anblick Freude, die sich indes als ein weiteres Problem entpuppte:

    Ich durfte nicht mehr essen. Halb Verdautes würde meinen Bauchraum füllen und ich konnte niemandem zumuten, mich danach von innen zu säubern. Außerdem war eine Entzündung das Letzte, was ich wollte.

    Schmeckt es dir nicht?, fragten sie. Ich hatte vergessen die Türe weiter zu beobachten, so standen sie nun vor mir mit den Händen in den Hüften.

    Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, was sich in Anbetracht ihrer Erwartungshaltung nicht lange durchhalten ließ.
Komm, iss weiter.

 Ich breche generell nicht von gutem Essen, da sich jener Reiz nur bei Speisen entfacht, die ich nicht als wohlschmeckend empfinde. In dem Moment jedoch, wäre mir ein Erbrechen lieber gewesen, als feststellen zu müssen, dass mein Darm langsam zu stinken begann. Wenn er rausfiele, sei es nicht gewährleitet, dass er den Speisebrei noch weiter innhalten könne, dachte ich. Und bis jetzt war er ja auch still gewesen. Wenn sie doch verschwänden. Es wäre ein Leichtes, das eine Ende an meinen Magen und das andere an meinen Dickdarm anzuschließen.

    Ist dir nicht gut?, fragten sie. Ich schüttelte den Kopf
Ist es zu versalzen? Ich schüttelte ihn abermals.
Na, dann hab dich nicht so.

    Und ehe ich mich versah, griffen sie nach dem Löffel und fütterten mich. Die Schwebe zwischen Furcht und Freude, begleitet von jenem Angst-Bordun, der mich in Hinblick auf mögliche Folgen schier wahnsinnig machte, schnürte mir die Kehle zu. Bald schon würde ich erbrechen müssen, was in diesem Fall, als Ablenkungsmanöver dienend, sicherlich nützlich gewesen wäre.

    Was ist das?!, schrien sie plötzlich und hoben mit ihren blanken Fäusten meinen milchig-weißen Dünndarm auf. Er verlor tropfend seinen Inhalt und sie blickten mich entsetzt an; verstört und tief enttäuscht.

    Ich hob die Hände vor mein Gesicht und sah nur, wie sie mit ihren Fingernägeln den Darm der Länge nach aufschnitten und ihn gegen die Fensterscheibe warfen. Dort glitt er langsam herunter und fiel auf den Tisch. Blut trat aus und vermischte sich mit dem restlichen Speisebrei. Sie legten den Löffel behutsam wieder hin, standen auf und gingen wortlos.
Ich blickte von meinem blutverschmierten Darm auf mein Essen, und wieder zurück; und da ich wusste, dass ich schon längst gestorben war, aß ich den Rest, stand auf und ging davon.    

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