We're thrown
„Scheiße, Scheiße, Scheiße," ich fahre mir aufgebracht durch die Haare, während ich nervös auf meiner Unterlippe kaue. Theo und Liam stehen schwer atmend neben mir. „Sie sind überall!" Theo wirft dem dunkelhaarigen Jungen nach seiner Bemerkung einen genervten Blick zu, der genau das zu sagen scheint, was ich von dem Jungen in dieser Situation erwarten würde. Ist mir aufgefallen. Nicht dein Ernst. Er wirkt nicht weniger überfordert als ich und es macht mir Angst zu wissen, dass selbst er ratlos scheint. Scheiße. Die Ghostrider werden uns alle nacheinander auslöschen.
„Wir können das schaffen," Liam scheint von hilflosen zu motivierenden Feststellungen übergegangen zu sein. Er fährt sich durch die dunklen Haare und schaut sich aufmerksam im Gang um. Schon jetzt flackern die Deckenlampen unheilvoll auf und ich kann die näherkommenden Schritten der Reiter hören. Das Metall an ihren Cowboystiefel klirrt bei jeder Bewegung und das Aufprallen der Sohle auf dem weißen Fließboden hallt verheißungsvoll zu uns. Ihre Schatten tanzen bereits an den Wänden und es ist nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie in unsren Gang abbiegen und mit ihren Waffen auf uns zielen.
„Charley," mein Blick landet auf Theo, der seinen Blick ebenfalls auf die näherkommenden Reiter gerichtet hält, jetzt jedoch seine Hand ausstreckt und mich mit ihr leicht zum zurücktreten zwingt, „Verstecke dich." Liam wirft unserem Freund bei dieser Aufforderung einen verwunderten Blick zu und auch mir verschlägt es im ersten Moment die Sprache. Im Kampf gegen die Ghostrider bin ich nicht wirklich eine Hilfe. Trotzdem würde ich lieber an ihrer Seite verschwinden, als wenn sie mich alleine in meinem Versteck finden...oder zurücklassen. „Nie im Leben," ich schüttele den Kopf und baue mich neben Liam auf. Dabei wirke ich neben den beiden Jungen weder sonderlich standhaft noch irgendwie bedrohlich. „Dass ist eine Nummer zu groß für dich," er schenkt mir ein herablassendes Lächeln und empört schnaubt ich auf. „Sie werden uns alle erwischen. Einer nach dem Anderen. Du kannst dich also gerne vor ihnen verstecken und warten. Aber ich werde beim Kämpfen untergehen."
Ich habe keine Ahnung woher ich plötzlich den Mut habe, mich dem Jungen dermaßen entgegen zu stellen. Auch Liam scheint überrascht von meinen selbstbewussten Worten, doch am meisten freue ich mich über den überrumpelten Gesichtsausdruck von Theo selbst. Er scheint am wenigstens erwartet zu haben, dass ich seinem Vorschlag so entschlossen widerspreche. Ich kann sehen, wie er den Mund öffnen und etwas erwidern möchte. Dabei starrt er mich mit leicht zusammengekniffenen Augen an. Dunkle Haarsträhnen fallen ihm ins Gesicht und sekundenlang verlieren wir uns gegenseitig in unserem Blick.
„Leute?"
Liam's Stimme hallt angespannt durch den Raum und aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie er nach Theos Schulter greift und den Jungen leicht panisch schüttelt. „Jetzt ist kein guter Zeitpunkt um zu diskutieren." Theo löst den Blick und folgt Liam's demonstrative Bewegung. Die Ghostrider biegen in dieser Sekunde um die Ecke und ich zucke vor ihrem Anblick zusammen. Dunkle Schatten werde an die Wände geworfen. Getrocknetes Laub weht unerklärlich um ihre Beine und der kalte Wind zieht durch den Raum. Ich kann sehen wie sich Theo neben mir kampfbereit anspannt und bilde mir ein, dass er sich zwischen mich, Liam und die Ghostrider schiebt. Jedoch lässt sich der jüngere Teenager nicht ausgrenzen und tritt ebenfalls mit angespannten Muskeln vor. Mit langsamen Schritten kommen die schwarz gekleideten Reiter immer näher und tief atme ich durch. Meine Finger zittern und von meinem, gerade noch groß herausposaunten, Mut ist nichts mehr zu sehen.
„Charlotte rufe Scott an," obwohl es wahrscheinlich wie ein herablassender Befehl klingen soll, spricht Theo die Worte wie eine Bitte aus. Seine Stimme zittert zwar nicht, aber der flüchtige Blick über die Schulter den er mir dabei zuwirft, lässt mich schwer schlucken. Seine Mimik erinnert mich an Canaan, wo ich den Jungen auf dem Boden kniend aufgefunden habe. Tara. Liam und Theo werfen sich kurze Blicke zu, bevor sich beide gleichzeitig in Bewegung setzen und die Reiter anvisieren. Es sind zu viele. Sie sind in der Mehrzahl und doch scheinen sich beide Jungen zum ersten Mal seit gefühlt immer einig zu sein.
Sie stürzen sich gemeinsam auf die Feinde und im flackernden Licht der Deckenbeleuchtung glaube ich für wenige Sekunden sogar ihre glühenden Augen und die scharfen Krallen an der Stelle ihrer Fingernägel zu sehen. Doch dann erinnere ich mich wieder an Theos Worte und weiche zögerlich von dem entstehenden Kampf zurück. Meine Finger gleiten tastend über mein Oberteil. Dann flüchtig über die Taschen meiner Hose, bevor sie noch einmal über den Stoff meines Pullovers fahren. Nichts. Scheiße. Ein lauter Knall lässt mich zusammenzucken und ich schaffe es im letzten Moment zur Seite auszuweichen, sodass Liam nicht auf mir landet. Er kracht neben mir in der Wand und hinterlässt in der Fassade eine deutliche Delle. Erschrocken kreische ich auf und stolpere beim Zurückweichen über meine eigenen Füße.
„Alles okay," murmelt mir Liam zu, was angesichts der Situation etwas grotesk wirkt. Er wischt sich mit der Hand über das Gesicht, verschmiert dabei das frische Blut aus der Kopfverletzung, die er sich bei dem Sturz zugezogen haben muss. Ich möchte etwas einwenden. Doch bevor ich auch nur den Mund öffnen kann, hat sich der Junge auch schon wieder aufgerichtet und sich zu Theo in den Kampf gestürzt. Dieser wird in der Zwischenzeit von zwei Ghostridern gleichzeitig bedroht und ich kann sehen, wie einer von ihnen seinen schwarzen Revolver zieht. Panisch schaue ich mich auf den Gang um, bis sich meine Augen automatisch auf den dunkelroten Feuerlöscher richten. „Das sollte funktionieren," flüstere ich mir selbst zu und während ich Theo stöhnen hören kann, stürme ich zu der Halterung und reise den Feuerlöscher energisch von der Wand. Dabei bricht die Halterung aus Plastik ab und im ersten Moment bin ich überrascht wie schwer das Gerät in meinen Händen liegt. Jedoch sorgt das Adrenalin in meinem Körper dafür, dass ich es schaffe den Feuerlöscher über meinen Kopf zu hieven und ihn mit aller Wucht auf die Ghostrider werfe. Dass ich dabei auch Theo treffen könnte, wird mir erst in dem Moment bewusst, als dass Metall meine Finger verlässt und bereits durch die Luft segelt. Ich möchte Theo eine Warnung zurufen, doch dann ist es schon zu spät.
Der Feuerlöscher trifft einen der Ghostrider am Kopf und mit einem kurzen Aufschrei sinkt er zu Boden. Theo starrt ihn überrascht an, bevor sein Blick kurz zu mir schweift. Er scheint mir als Dank kurz zu zunicken, bevor er den anderen Reiter von sich stößt und ihn mit einem gezielten Tritt in die Brust gegen die gegenüberliegende Wand katapultiert. Erleichtert über seinen Sieg atme ich aus und bemerke erst im nächsten Moment der dunkle Schatten, der sich in dieser Sekunde auf mich legt. Ich fahre herum. Spüre mein Herzschlag bis in den Hals und halte für einen Schrecksekunde den Atem an. Direkt vor mir steht ein Ghostrider, der mit einer schwarzen Pistole auf mich zielt. Seine dunklen Augenhöhlen bohren sich in meine Augen und schwer schlucke ich. Ich kann sein rasselndes Einatmen hören und das Klirren seiner Cowboystiefel. Ich sehe den Lauf seiner Waffe und habe plötzlich einen Flashback zu meiner Auslöschung.
Ein ohrenbetäubender Knall ertönt.
Ich zucke zusammen. Starre die näherkommende Kugel paralysiert an. Mein Herz setzt einen Schlag aus, während mein Adrenalinspiegel seinen Höhepunkt erreicht.
„CHARLEY!"
Ich werde ruckartig zur Seite gerissen und bevor ich realisiere was passiert, spüre ich, dass ich falle. Ich lande schmerzhaft fest auf dem harten Fließboden. Ein stechender Schmerz fährt erst durch meine Rippen, bevor sich ein schlagartiger Druck auf meine Brust legt und mir die Luft aus den Lungen presst. Ich schnappe panisch nach Luft und versuche mich auf die Seite zu drehen. Doch dann spüre ich eine Bewegung neben meinem Kopf und als ich blinzelnd meine Augen öffne, sehe ich, wie sich eine Hand direkt neben meinem Gesicht abstützt. Im selben Moment verschwindet das unangenehme Gewicht von meiner Brust und endlich kann ich einatmen. Theo beugt sich über mich und ich brauche wenige Sekunden um zu realisieren, dass er mich erst von dem Reiter weggezogen und dann auf mir gelandet sein muss. Er stützt sich links und rechts von meinem Kopf ab und ich kann spüren, wie er sein Oberkörper nur wenige Zentimeter hochstemmt, sodass ich die Wärme seines Körpers zwar noch spüren, nicht jedoch das gesamte Gewicht von ihm ertragen muss. Meine Augen treffen auf seine und seine warme Atmung trifft kitzelnd auf meine Halsbeuge. Erst in diesem Moment wird mir bewusst, wie nah wir uns sind.
Und ihm scheinbar auch.
Etwas übereilt weicht er von mir zurück und stolpert dabei über ein, auf dem Boden liegendes, Tablett. Er taumelt rückwärts gegen die Wand, während ich mich langsam aufrappele. Pulsierende Schmerzen durchziehen meinen Körper und das Brennen an meinen Ellenbogen lässt mich vermuten, dass ich sie mir beim Sturz blutig geschlagen habe. Obwohl Theo vor mir zurückgewichen ist, kann ich noch immer sein Gewicht auf meiner Brust und die Wärme seiner Haut spüren. Ich suche nach seinem Blick und bemerke, das er dasselbe tut.
„Scott?"
Ich schüttele als Antwort langsam mit dem Kopf. Theo duckt sich unter einem gezielten Peitschenhieb hinweg und schafft es irgendwie die Krankenliege neben ihn in Richtung Angreifer zu stoßen. Die metallische Liege trifft den Ghostrider und quetscht ihn schmerzhaft fest zwischen Wand und Liege ein. Theos Blick richtet sich erneut auf mich und ich glaube, er möchte ein Warum Nicht wissen. „Ich habe mein Handy im Auto liegen gelassen." Seine Hand wandert zu seiner Jackentasche. Er zieht etwas hervor und wirft einen flüchtigen Blick darauf. Ich glaube es ist sein Handy. Im selben Moment dreht er es in meine Richtung und nun verstehe ich seinen kritischen Blick. Der Display seines Handys ist zersplittert und selbst das Drücken der Knöpfe lässt den Bildschirm nicht mehr aufleuchten.
Im selben Moment bemerke ich im Augenwinkel eine Bewegung und als ich meinen Blick auf den Gang vor uns richte, sehe ich wie drei weitere Ghostrider auf uns zusteuern. Theo scheint meinen geschockten Blick zu bemerken. Er folgt ihm und als er die Reiter erblickt, setzt er sich in Bewegung und drückt sich unsanft an mir vorbei. Liam hingehen schiebt sich mutig vor mich und gibt ein animalisches Brüllen von sich. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und kaum merklich weiche ich vor dem Teenager zurück. Im selben Moment wird mein Handgelenk umfasst und ich werde zurückgerissen. Ich stolpere und pralle fest gegen die muskulöse Brust von Theo. „Auf geht's!" Seine Stimme klingt nah an meinem Ohr und seine zweite Hand greift an mir vorbei. Er zieht Liam am Oberarm zurück und bevor ich realisieren kann was passiert, schiebt er erst mich, dann Liam in den geöffneten Aufzug.
Die Wucht des Stoßes kann ich notdürftig an der gegenüberliegenden Wand abfangen. Meine Hände versuchen sich in die metallische Wand zu krallen, während ich hinter mir einen dumpfen Aufprall höre. Als ich mich umdrehe, sehe ich Liam auf dem Boden liegen. Ihn muss Theo mit einer stärkeren Bewegung von sich gestoßen haben. Der Junge scheint das Gleichgewicht verloren zu haben, jedoch stelle ich erleichtert fest, dass seine scharfen Wolfszähne und die ungewohnte Verfärbung seiner Augen verschwunden sind. Stattdessen rappelt er sich nun langsam auf und starrt Theo fassungslos an.
„Was tust du?"
Theo der sich bis zu dieser Sekunde den Ghostridern zugedreht hatte, wirft uns noch einmal einen kurzen Seitenblick zu. Blut klebt auf seiner Haut, die dunklen Ringe unter seinen Augen wirken im schwachen Licht der Deckenlampen noch tiefer und verschwitze Haarsträhnen hängen ihm wirr ins Gesicht. Ein kleines Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, bevor er mit einem Schmunzeln verkündet: „Der Köder sein."
Ein leises Klingeln ertönt und die Aufzugstüren fangen an sich zu schließen. Ich kann sehen, wie Liam versucht aufzustehen, dabei vor Hektik jedoch zweimal auf dem glatten Metallboden ausrutscht. Die Türen sind nun schon fast geschlossen, sodass seine letzte Möglichkeit in einem verzweifelten Brüllen besteht. NEIN. Ich möchte mit ihm um die Wette schreien. Die Aufzugstüren wieder öffnen und Theo verdammt nochmal helfen. Jedoch bin ich wie erstarrt. Mein Blick hängt noch immer auf dem Teenager, der sich in dieser Sekunde für einen Kampf gegen die Reiter bereit zu machen scheint. Er wird keine Chance gegen drei von ihnen haben. Nicht alleine. Ich werde ihn nicht wiedersehen.
Theo dreht sich ein letztes Mal zu uns um. Die Türen sind nur noch einen winzigen Spalt geöffnet und trotzdem finden seine Augen wie von ganz alleine meine. Ich kann sehen, wie seine Lippen beben und sein Brustkorb sich schwer hebt und senkt. Dann erkenne ich etwas, dass ich nie von dem Jungen erwartet hätte. Loyalität. Mit einem kurzen Nicken scheint er sich von mir zu verabschieden. Er setzt sich in Bewegung und stürmt auf die Reiter zu. Die Aufzugstüren schließen sich und ich bleibe mit einem wütend-frustrierenden Liam zurück.
—-
Die Szene stammt (leicht verändert) aus der vorletzten Folge der 6. Staffel (Teil A). Das heißt die Ghostrider sind bald besiegt und auch diese Story neigt sich langsam dem Ende.
Deshalb an dieser Stelle ein kurzes Dankeschön an meine wohl treusten Leser -pfefferminztee , gncmnxa und infinitystxy
dank euch habe ich noch immer die Motivation und Freude fleißig zu updaten auch wenn mich das bevorstehende Ende leicht deprimiert XD ihr seid die Besten
Lg CoolerBenutzername
—-
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top