Take him

Ich öffne blinzelnd meine Augen und drehe meinen steifen Körper langsam nach rechts. Ein stechender Schmerz durchzuckt meinen steifen Körper und stöhnend kneife ich meine Augen wieder zusammen. Schmerzen. Tastend fahre ich über mein Bett und bemerke, dass ich nicht wie erwartet von Bettdecke und Kissen umgeben bin, sondern auf etwas Hartem liege. Langsam öffne ich meine Augen und stelle verwundert fest, dass ich noch immer vor der Holztreppe auf dem Boden liege und dort eingeschlafen sein muss. Ich rappele mich zu einer sitzenden Haltung auf und spüre bei jeder Bewegung die schmerzhaften Verspannungen in meinen Muskeln. Eine Nacht auf dem Holzboden ist nicht zu empfehlen. Verschlafen fahre ich mir durch die ungemachten Haare und erblicke neben mir auf dem Boden mein Handy. Blitzartig erinnere ich mich wieder an den nächtlichen Anruf. An Clay. An unser Gespräch. Er hatte seinen Anruf damit erklärt, dass er so ein Gefühl hatte. Bei diesem Gedanken spüre ich ein nervöses Bauchkribbeln und obwohl ich weiß, dass ich mich nicht in Hoffnung verrennen sollte, glaube ich endlich den Beweis zu haben, dass Clay anfängt sich an mich zu erinnern und das bei über 3.000 Meilen Entfernung.

In diesem Moment ertönt mein Klingelton und erschrocken zucke ich zusammen. Mein Handydisplay leuchtet auf und das Handy wird durch das stetige vibrieren langsam auf dem Boden gedreht. Ich erkenne Theos Namen auf dem Bildschirm und greife nach meinem Handy. Ohne zu Zögern nehme ich den Anruf an und drücke mir das Handy fest ans Ohr. „Morgen," Theos Stimme tönt kurzangebunden durch den Lautsprecher und ich bin verwundert von seiner Freundlichkeit. Ich erwidere seinen Gruß mit weniger Enthusiasmus und fahre mir dabei langsam durch die ungemachten Haare. Dabei lässt schon diese kleine Bewegung die Schmerzen in meinem verkrampfen Körpers aufflammen und stöhnend bereue ich es, gestern Nacht nicht mehr die Energie gehabt zu haben mich in mein Bett zu schleppen.

„Bist du bereit? Ich stehe vor deiner Haustüre?"

Überrascht reise ich die Augen auf und starre wie gebannt in Richtung Haustüre. Diese ist noch immer geschlossen, doch durch das kleine Fenster neben der Türe fällt der Schatten einer groß gewachsenen Person auf den Dielenboden. Also sagt Theo die Wahrheit und steht tatsächlich vor der Türe. Scheiße. „Ich...äh...," ich versuche hilflos eine Antwort zustande zu bringen, scheitere jedoch schon an dem Gedanken, nicht fertig zu sein und über Theos Anwesenheit Bescheid zu wissen. „Wir treffen uns mit Scott," ich glaube Theos Stimme zweimal zu hören. Einmal als verzögerte Stimme aus meinem Handy und wenige Sekunden davor, als Nachhall des echten Theos vor der Türe. Dabei sollte die Haustüre zu dick sein, um tatsächlich seine Stimme hören zu können, „Er hatte nur eine kurze Nacht."

„Was ist passiert?"

„Erinnerst du dich an den unscheinbaren Jungen, der immer an Mason hängt?" Ich glaube Theo meint den braunhaarigen Jungen, der gestern Nacht für den Blitzableiter zuständig war. Danach hatte ich ihn nicht mehr gesehen und Theos Einstieg, lässt mich Schlimmes vermutet. „Corey," endlich kenne ich seinen Namen und ich muss eingestehen den Jungennamen schon einmal gehört zu haben. Nur kann ich mich nicht mehr erinnern wann oder wo. „Er ist gestern Nacht verschwunden." „Verschwunden?" frage ich mit einem kritischen Unterton nach und fahre mir erneut durch die Haare. Die brennenden Schmerzen in meinen Oberarmen ignoriere ich dabei, ebenso wie das unangenehme Pulsieren in meinem Handgelenk. „Ausgelöscht." Ich ziehe bei dieser Antwort scharf die Luft ein und klemme mein Handy zwischen Schulter und Ohr. „Ghostrider?" stelle ich dem Jungen eine wissende Frage und greife gleichzeitig nach meinen Schuhen. Sie stehen noch immer schlammverschmiert neben der Türe. Ich öffne mit zittrigen Finger die Schnürsenkel und versuche anschließend übereilt in sie reinzuschlüpfen. Dass ich dabei dieselben Klamotten wie gestern trage, lasse ich ungeachtet. Das Wissen, ein weiteren Jungen aus unserer Freundesgruppe verloren zu haben, lässt mein Herz panisch schnell schlagen.

„Das denken zumindest die Anderen."
Es ist der letzte Satz den ich von Theo höre. Ich beende übereilt den Anruf und öffne im selben Moment die Haustüre. Dort steht der Jugendliche locker an die Fassade gelegt und starrt in diesem Moment verwundert sein Handy an, dass die unterbrochene Verbindung mit einem leisen Tuten anzeigt. Als er mich im Türrahmen sieht, lässt er sein Handy zurück in die Hosentasche wandern und schenkt mir ein kurzes, sachliches Lächeln. „Dieselben Klamotten wie gestern?" Ich ignoriere seine kritisierende Bemerkung und ziehe stattdessen die Haustüre hinter mir ins Schloss. Gleichzeitig drehe ich mich zu ihm und frage mit wissender Stimme: „Und was denkst du?"

Der belustige Ausdruck verschwindet sofort aus seinem Gesicht und ich bin überrascht von der Ernsthaftigkeit die plötzlich nicht nur in seiner Haltung, sondern auch in seiner Stimme mitschwingt. „Douglas," er presst kurz den Kiefer zusammen und schweigt, „Er hat die Peitsche des Ghostriders mitgenommen. Corey war ihm wahrscheinlich im Weg oder...," „er hatte Spaß dran," beende ich Theos Satz mit einem niedergeschlagenen Seufzen und wische mir mit einer Hand über das müde Gesicht. Meine Augenlieder fühlen sich brennend schwer an und ich bin mir sicher, dunkle Augenringe im Gesicht zu tragen. Theos Nicken bestätigt mir, dass meine furcheinflößende Schlussfolgerung durchaus möglich ist. Somit kämpfen wir nun nicht länger nur gegen die Ghostrider, sondern auch gegen einen psychopathischen Lehrer, über dessen Motive wir noch nicht Bescheid wissen.

„Wie können wir helfen?" frage ich mit einem kurzen Blick auf Theos Auto, dass er unordentlich in der Einfahrt geparkt hat. Ich glaube erkennen zu können, dass es leer ist, was bedeutet, dass Theo alleine hier ist. „Scott meint wir sollen ins Polizeirevier kommen," er zuckt mit den Schultern als würde er selbst nicht mehr wissen und angesichts seiner misstrauenden Beziehung zu den Jugendlichen, verwundert mich seine Antwort auch nicht wirklich. Also nicke ich zustimmend, drücke mich an ihm vorbei und steuere mit schnellen Schritten sein Auto an. Er folgt mir nicht, was mich zugegebenermaßen verwundert. Gerade als ich einsteigen möchte, verriegelt er die Autotüre und mein Aufziehen bleibt erfolglos. Also drehe ich mich langsam zu dem Jungen um und starre ihn fragend an.

„Du trägst dieselben Klamotten wie gestern," stellt er nun erneut mit einem wissenden Blick fest und schlendert locker auf mich zu, „Außerdem riechst du nach...," er legt den Kopf leicht schräg und kneift eins seiner Augen nachdenklich zu, „Erschöpfung." Er verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich mit einem herablassenden Blick. Ich sehe ihm an, dass er mehr aus meiner Körperhaltung ablesen kann als er in diesem Moment zugibt und bevor er weiter spekulieren kann, falle ich ihm bereits unhöflich ins Wort. Dabei vertusche ich meine aufsteigende Nervosität mit einem schmalen Lächeln. „Ich bin erschöpft. Die letzten Tage waren anstrengend." Ich zucke betont locker mit den Schultern und versuche den beängstigenden Gedanken zu vergessen, dass Theo etwas ahnen könnte. Dass er vielleicht sogar von meinem Gespräch mit Clay weiß und mein kurzzeitiger Gedanke, das Versteckspiel mit Scott und Stiles hinter mir zu lassen und stattdessen auf die Erinnerungen meines Zwillingsbruder zu hoffen. Was würde der Teenager mit mir machen, wenn er bemerkt, dass ich nicht länger in seinem Team spiele? Bevor Theo etwas auf meine Ausrede erwidern kann, höre ich erneut Stiles warnende Worte in meinem Kopf. Und das wird er wieder tun und wieder und wieder. Bis er sich irgendwann dazu entscheidet, dass du nicht länger wichtig für seine Pläne bist und dann wird er entweder dich oder deine Freunde töten. Ich schlucke schwer und versuche mir das unwohl Gefühl im Magen nicht anmerken zu lassen.

„Hey," er tritt einen Schritt auf mich zu und in diesem Moment weiche instinktiv vor ihm und seiner schneidenden Stimme zurück. Somit stoße ich gegen das metallische Gehäuse seines Wagens, was ihm ein zufriedenes Lächeln entlockt. Er verschränkt die Arme vor der Brust, sodass sich die Muskeln unter seinem T-Shirt anspannen, und mustert mich mit einem herablassenden Blick. „Ich brauche kein mentales Wrack auf meiner Seite. Um Scott zu täuschen musst du besser sein als er." Ich bin überrascht von seinen harten Worten. Allem voran, da er gestern Nacht so teamfähig erschien und selbstlos mein Leben gerettet hat. Jetzt jedoch scheint er wieder den bösen Jungen heraushängen lassen zu wollen und ich frage mich, welcher Theo nun der Echte ist.
Wem kann ich trauen?

„Scott muss dir vertrauen," er macht noch einen weiteren Schritt auf mich zu und dieses Mal fühlt sich seine Nähe bedrohlich an. Ich möchte weiter zurückweichen, stoße jedoch erneut an das Auto und fasse in diesem Moment die Entscheidung, dasselbe Spiel zu spielen wie er. „Das war der Deal." „Ich kenne unseren Deal," ich falle ihm erneut ins Wort und verschränke selbstbewusst die Arme vor der Brust. Gleichzeitig versuche ich mich vor ihm aufzubauen, auch wenn ich weiß, dass ich ihm körperlich deutlich unterlegen bin. Weder mein Körperbau, noch meine Größe würden den sportlichen Teenager auch nur annähernd einschüchtern. Geschweige denn, dass ich nur ein Mensch bin und er mit den Fähigkeiten eines Wolfes ausgestattet ist. „Ich weiß, dass Stiles dir gestern Nacht ein paar Dinge über mich erzählt hat," er wirft mir einen ernsten Blick zu und zieht gleichzeitig seine Augenbrauen hoch, als würde er seine Worte damit unterstreichen wollen, „Und um dir einen Rat geben zu dürfen," er schenkt mir ein herablassendes Lächeln, bei dem mir ein eiskalter Schauer über den Rücken läuft, „Du solltest seine Warnung nicht unterschätzen."

Mit diesen Worten dreht er sich von mir weg und entriegelt mit einem einfachen Knopfdruck die Türen seines Wagens. Ich spüre das kalte Metall in meinem Rücken und realisiere, dass ich in das Auto flüchten könnte. Doch irgendetwas hinter mich daran und automatisch verfolgen meine Augen den Teenager, der mit zielsicheren Schritt die Fahrertüre ansteuert. Ich erinnere mich an Stiles warnende Worte, aber auch an den Theo von gestern Nacht. Sekundenlang schließe ich meine Augen und höre auf mein kribbelndes Bauchgefühl. Dann öffne ich blinzelnd meine Augenlieder und erhebe noch bevor der Junge einsteigen kann, die Stimme: „Ja," in diesem Moment setzte ich auf die Wahrheit um nicht auch noch meine Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzten, „Stiles hat mir ein paar Sachen über dich erzählt." Ich überlege ihm ein paar Beispiele zu nennen, beobachte stattdessen jedoch Theos Reaktion.

Bei dem plötzlichen Klang meiner Stimme hält er überrascht in seinen Bewegungen inne und dreht sich zu mir um. Ich bin ein paar Schritte vom Auto gewichen und starre ihm nun mit verschränken Armen entgegen. Ich sehe wie sich seine Augenbrauen angesichts meines überraschenden Einwandes anerkennend in Richtung Stirn ziehen, sich sein herablassender Blick jedoch nicht verändert. Auch er verschränkt nun die Arme vor der Brust und mustert mich mit einem wartenden Blick. Er scheint überrascht davon Wiederworte von mir zu hören, doch noch mehr scheint ihn die Neugierde zu plagen. Es scheint ihn tatsächlich zu interessiert, was ich noch zu sagen haben. Ich glaube, dass er bereits eine genaue Vorstellung von dem hat, was ich gleich sagen werde, doch ich bin mir sicher, ihn mit meinem nächsten Satz gehörig zu überraschen.

„Aber ich weiß nicht ob sie wahr sind," beende ich nun meinen, in der Luft hängende, Satzanfang und erfreue mich heimlich an der überraschten Mimik von Theo. Diese zeigt sich jedoch nur für wenige Sekunden in seinem Gesicht, bevor er eine neutrale Mimik einsetzt und genauso undurchschaubar erscheint, wie bei unserem ersten Treffen. „Das heißt," er legt den Kopf leicht schräg und mustert mich belustigt, „Du vertraust mir?" In seiner Stimme schwingt Spott mit und seine ganze Haltung drückt Herablassung aus. Er entschränkt die Arme, lehnt sich locker gegen sein Auto und schenkt mir ein belustigtes Lächeln. Bei seinem amüsierten Blick spüre ich ein nervöses Kribbeln im Bauch und meinen schnellen Herzschlag, der von einer hohen Dosis Adrenalin angetrieben wird. Er pocht tönend laut in meinen Ohren nach und erneut glaube ich das Blut in meinen Venen rauschen zu hören. Ich hole tief Luft und entscheide mich, ernsthaft auf seine Frage zu antworten. Davon erhoffe ich mir den größten Effekt.

„Nein," ich schüttele langsam den Kopf und versuche möglichst viel Selbstvertrauen sowohl in meine Stimme als auch meine Haltung zu legen. Theo soll wissen, dass ich meine Worte ernst meine und mich nicht von seinen Aussagen verängstigend lasse. „Aber solange du mir keinen anderen Grund gibst, werde ich es zumindest versuchen."

Und dann geht plötzlich alles ganz schnell.
Mit einer eleganten Handbewegung werfe ich mir die Haare arrogant über die Schulter und setze mich in Bewegung. Ich öffne die Beifahrertüre und lasse mich, ohne einen weiteren Blick in Richtung Theo, auf dem schwarzen Leder nieder. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und als ich sitze bemerke ich das Zittern meiner Hände, jedoch stelle ich auch fest, dass Theo nicht sofort meinem Beispiel folgt und ebenfalls in das Auto steigt. Er bleibt noch wenige Sekunden neben der Fahrertüre stehen und ich bilde mir zufrieden ein, ihn mit meiner Aussage gehörig aus dem Konzept gebracht zu haben.

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Ich wünsche euch allen einen schönen Tag. Ich versuche in nächster Zeit wieder regelmäßig(er) zu updaten aber da ich im Hintergrund bereits an einem neuen (Buch-) Projekt arbeite, vergesse ich ab und zu hier zu posten. Hoffe ihr könnt mir verzeihen 😰

Lg CoolerBenutzername
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