Like a dog
„Wir müssen ihn suchen!"
Ich möchte mich gegen Liams festen Griff stemmen, doch gegen den muskulösen Teenager habe ich keine Chance. Er muss noch nicht einmal seine Werwolfskräfte einsetzen, um mich mit Leichtigkeit hinter sich aus dem Aufzug zu schleifen. „Wir müssen Scott warnen," er wirft mir einen kurzen Schulterblick zu und ich kann die Entschlossenheit in seinen Augen sehen. „Aber Theo...," „Seine Entscheidung," Liam zuckt betont unberührt mit den Schultern, „Sein Leben." „Er hat sich für uns geopfert," ich versuche möglichst viel Druck in meine Stimme zu legen, in der Hoffnung den Jungen damit zum Umkehren bewegen zu können. Doch bevor er auf meine Widerworte eingehen kann, biegen wir gemeinsam um die Ecke und wie erstarrt bleibt er stehen. Ich renne in ihn rein und bin überrascht, dass er noch nicht einmal darauf reagiert.
„Was zur...,"
Ich hebe meinen Kopf und folge Liam's erstarrten Blick. Er richtet ihn über den leeren Empfangstresen hinweg und ich brauche wenige Sekunden um im flackernden Licht der Deckenbeleuchtung die alte Anzeigetafel zu entdecken. Eine Tafel, die eigentlich nicht da sein sollte. „Was zur Hölle...," fassungslos wiederhole ich Liam's Worte und starre die Anzeige an, die aus einem alten Bahnhof zu stammen scheint. In diesem Moment fangen die leicht verblichenen Anzeigekärtchen an sich zu bewegen und kurz darauf steht Beacon Hills ganz oben. Pünktlich. Ich ziehe scharf die Luft ein und werfe einen angespannten Blick zu Liam.
„Ich glaube wir sollten Scott warnen," murmele ich jetzt leise vor mich hin und für wenige Sekunden ist sogar Theo vergessen. Ich kann sehen wie der Junge neben mir langsam nickt, seinen Blick jedoch nicht von der Tafel abwenden kann. „Was bedeutet das alles?" flüstert er leise vor sich hin und zum ersten Mal wird mir bewusst, dass er jünger ist als ich. Das er jünger ist als Scott, Stiles, Theo. Dass er eigentlich zu jung ist um dabei zusehen zu müssen, wie alle seine Freunde spurlos verschwinden. Dass er für das alles hier zu jung ist. Langsam drehe ich mich zu ihm. Ich hebe meine Hand, zögere jedoch kurz, bevor ich sie ihm sanft auf die Schulter lege. Er zuckt unter der Berührung leicht zusammen und wirkt so, als hätte ich ihn gerade aus einer anderen Welt gerissen. „Wir kriegen das hin," ich versuche möglichst viel Überzeugung in meine Stimme zu legen, „Wir werden sie alle retten."
„Und wenn nicht?"
Der Junge dreht sich so abrupt zu mir um, dass ich erschrecke. Er wirkt nicht länger in seinen Gedanken gefangen, jedoch schwingt ein bitterer Unterton in seiner Stimme mit. Ich muss daran denken, dass er bereits Hayden verloren hat. Mason. Corey. Ich schlucke schwer und realisiere, wie dämlich meine zu vorigen Worte geklungen haben. Ich glaube sie doch selbst nicht mal. Die Ghostrider haben so gut wie gewonnen. Die einzige Chance die wir noch haben sind Scott, Stiles, Lydia und Malia. Bei diesem Gedanken nicke ich mir selbst zu. Auf meine Freunde ist Verlass. Auf Malia auch. Irgendwie. Glaube ich zumindest. Ich kenne sie ja kaum.
„Vertraust du Scott?"
Es ist eine rhetorische Frage, weil ich die Antwort darauf schon kenne. Auch Liam zögert keine Sekunde bevor er mit einem verwunderten Ja antwortet. Dabei kann ich ihm ansehen, dass er am liebsten nachfragen würde, was diese Frage mit unserer momentanen Situation zu tun hat. „Ich auch," ich nicke dem Jugendlichen leicht zu und schenke ihm ein schwaches Lächeln, „Und wenn ich eine Sache über Scott weis, dann ist es die, dass er die Ghostrider besiegen kann." Ich kann sehen wie meine Worte in Liam's Ohren dringen und er leicht vor sich hin nickt. Er scheint sie zu verstehen und noch mehr. Er scheint ihnen zuzustimmen. „Und was ist mit Theo?" Der Jugendliche wirft einen zögerlichen Blick über seine Schulter und ungewollt folge ich seiner Bewegung.
Der Gang hinter uns liegt in dunklen Schatten. Schutt und Asche liegen auf dem hellen Fließboden verteilt und dunkle Flecken zeichnen Blut und Dreck ab. Das unheimliche Flackern der Deckenlampe lässt den Gang immer nur für wenige Sekunden aufleuchten und das elektrische Summen füllt die Stille des Krankenhauses. Die Aufzugstüren stehen noch immer offen, als würden sie auf unsere Rückkehr warten. Theo ist spurlos verschwunden. Genau wie die Ghostrider und obwohl wir uns noch an ihn erinnern können, kann sein Verschwinden eigentlich nur eine Sache bedeuten.
„Er ist weg," mir fällt es schwer die Worte einfach so auszusprechen, als würde ich den Jungen damit einfach zurücklassen. Doch innerlich weiß ich, dass ich keine andere Wahl habe. Die Ghostrider haben ihn ausgelöscht und momentan kann ich nichts weiter für ihn tun, als Scott zu warnen. Er selbst hat es gesagt, als Stiles von ihnen mitgenommen wurde. „Lass uns gehen," ich übe mit meiner Hand einen sanften Druck auf Liam's Schulter aus und drücke ihn so sanft in Richtung Glastüre. Er zögert kurz, bevor er meinem Hinweis folgt und sich in Bewegung setzt. Meine Hand rutscht von seiner Schulter und aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie er sich nachdenklich auf die Unterlippe beißt.
Seine dunklen Haare hängen ihm ungemacht in die Stirn. Ein dünner Schweißfilm lässt seine Haut glänzen und das helle blau seiner Augen wirkt im Anbetracht der Situation noch intensiver. Blut klebt an seiner Schläfe, unter seiner Nase und auf seinem Oberteil. Jedoch kann ich an seinem Körper keine Verletzung erkennen. Trotzdem scheint er von dem
Kampf geschwächt. Ich fühle mich schlecht bei dem Gedanken, dass er und Theo ihr Leben gegeben hätten, um die Ghostrider zu besiegen, während ich hilflos dastand und versuche habe eine Nummer zu wählen.
Scheiße.
Vielleicht wäre Theo jetzt noch hier, wenn ich mein Handy nicht im Auto hätte liegen lassen. Wenn ich mich getraut hätte anzugreifen und wenigstens einen Ghostrider ernsthaft verletzt hätte. Scheiße. Vielleicht wäre er jetzt noch hier.
„Okay," Liam's Stimme reist mich aus meinen Selbstvorwürfen und verwundert werfe ich ihm einen Blick zu. Er nickt gedankenverloren vor sich hin, während er die Glastüre aufstößt und mit mir nach draußen tritt. Die Dunkelheit umgibt und sofort und mit ihr die Kälte der Nacht. Ein eiskalter, stürmischer Wind hat die Luft erfasst und zitternd schlinge ich meine Arme um meinen Körper. Liam hingehen scheint die plötzliche Kälte noch nicht einmal zu bemerken. Er bleibt stehen. Schaut sich um.
„Du suchst Scott und die Anderen," er greift in seine Hosentasche und zieht die Schlüssel von Stiles Jeep hervor. Er muss ihn geistesgegenwärtig eingesteckt haben, bevor wir im Beacon Hills Krankenhaus Schutz gesucht haben. „Und ich fahre zur High School," er bemerkt meinen fragenden Blick, „Ich glaube die Welten kollidieren. Sag Scott, wie müssen zur Weiche." Er drückt mir den Schlüsselbund ungefragt in die Hand und verunsichert mustere ich die silbernen Schlüssel in meinen zittrigen Fingern. Ich bin schon einige Male in Stiles Jeep mitgefahren. Einmal hat er mir sogar erlaubt auf dem Fahrersitz zu sitzen und Anfahren zu üben. Ich habe alleine fünf Versuche gebraucht, bevor überhaupt der Motor angesprungen ist. Danach hat Stiles mir verboten jemals wieder ans Steuer seines Autos zu sitzen. Auch sonst bin noch nie selbst gefahren und ich habe Zweifel, dass genau jetzt der richtige Moment ist um es auszuprobieren.
Ich hebe den Blick, bereit Liam von meinen Zweifeln zu erzählen. Mal ganz davon abgesehen, dass sich zu Trennen ebenso eine scheiß' Idee ist. Fängt nicht jeder Horrorfilm damit an? Doch bevor ich auch nur einen meiner Zweifel offen aussprechen kann, fällt mir auf dass der Teenager gar nicht mehr neben mir steht. Er ist schon längst in der dunklen Nacht verschwunden und hat mich mit den Schlüsseln zu Stiles Jeep einfach auf dem verlassen Krankenhausparkplatz stehen gelassen.
Na toll.
Stiles würde mich umbringen wenn er wüsste, dass Liam mich mit seinem Auto fahren lässt.
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Da noch mehr meiner großartigen Leser ein persönliches Dankeschön verdienen: Izzy_Lightwoodfan neverseenagain Kleines_Teufelchen und Aquatika9 auch ihr schafft es jedes Mal aufs Neue mit Kommentaren und Votes meine Motivation am Leben zu erhalten. Ich habe immer einen ultra Spaß daran eure Kommentare zu lesen und zu beantworten - danke, dass ihr hier seid und so lange geblieben seid.
Lg CoolerBenutzername
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