Family will die
Schon jetzt hat sich die Dunkelheit über Beacon Hills gelegt und ich bin überrascht, dass Haus der McCalls beleuchtet vorzufinden. Ein fremdes Auto steht in der Einfahrt, daneben das alte Auto von Scotts Mutter. Ich sehe ihre schlanke Silhouette in dem beleuchteten Küchenfenster, während zwei dunkle Schatten an den Wänden tanzen. Stiles parkt wenige Meter vom Haus entfernt am Straßenrand, während Scott sein Motorrad zwischen die zwei Autos quetscht und mit einer flüssigen Bewegung absteigt. Ich rutsche von der unbequemen Sitzbank und trete in die Kälte der Nacht, die sich prickelnd auf meine unbedeckte Haut legt. Ich spüre die Gänsehaut die sich auf meine Arme legt und die kleinen Härchen die versuchen sich schützend aufzustellen. Ich verschränke wärmend die Arme vor dem Oberkörper und werfe einen beobachtenden Blick durch die Nachbarschaft. In den letzten Tagen war ich öfter hier als das ganze restliche Jahr. Clays Tod hatte mich soweit von Scott und Stiles weggerissen, dass ich fast vergessen hatte, wie gut es sich in ihrer Begleitung anfühlt.
Auch jetzt noch, wo sie jegliche Erinnerung an mich verloren haben.
Scott scheint etwas gesagt zu haben. Alle setzen sich in Bewegung und steuern gemeinsam das Einfamilienhaus an, dass der Dunkelheit zu trotzen scheint. Wir betreten die Veranda und ich bin überrascht, als sich die kleine Lampe neben der Türe automatisch anschaltet. Seit ich denken kann ist der Bewegungsmelder dafür kaputt. Scott hatte es nie geschafft ihn zu reparieren. Seine Mutter durch die vielen Schichten im Krankenhaus auch nicht und Scott's Vater sowieso nicht. Doch jetzt erhellt das Licht die gesamte Veranda und für Scott ist es nun eine Leichtigkeit das Schlüsselloch zu finden und die Haustüre aufzuschließen. Erneut lasse ich meinen Blick über das Haus schweifen und muss mir eingestehen, dass sich das alles unglaublich vertraut anfühlt.
Das Haus. Die Freunde. Die Gefühle.
Gestern Nacht hatte ich nach dem Vorfall mit den Ghostrider nicht sonderlich viel Zeit gehabt, um das alles richtig wahrzunehmen.
Umso heftiger scheint nun alles auf mich einzubrechen.
„Charlotte?"
Scotts sanfte Stimme reist mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd richte ich meine Augen auf ihn und bemerke peinlich berührt, dass bereits alle Jugendliche die Hausschwelle übertreten haben und Scott nur noch auf mich wartet. Er hält die Haustüre offen und mustert mich mit einem Blick, den ich nicht deuten kann. Nervös schenke ich ihm ein entschuldigendes Lächeln und eile an ihm vorbei. Stiles, Malia und Lydia sind bereits weitergelaufen und stehen nun im Wohnzimmer, in dem ich auf einen flüchtigen Blick hin Liam und Hayden zu erkennen glaube. Theo wartet am Durchbruch, jedoch bemerke ich sofort, dass er alle Jugendlichen aufmerksam beobachtet. Ich bleibe an der Garderobe stehen und schlüpfe wie gewohnt aus meinen Schuhen. Anschließend tapse ich unschlüssig zu Theo, der seine Augen in diesem Moment beobachtend auf mich legt. Ich komme neben ihm zum Stehen und bemerke seinen analysierenden Blick auf meine Füße. Ich folge seiner Bewegung und realisiere plötzlich, was ich getan habe.
Ich habe meine Schuhe ausgezogen und an den richtigen Platz gestellt, so wie ich es von früher gewohnt bin. Nur wissen das Scott und seine Freunde natürlich nicht.
Sofort schellt mein Blick zurück zu meinem dunkelhaarigen Freund, der noch immer verwundert auf meine Schuhe starrt. Er spürt, dass etwas nicht stimmt und dieses Wissen lässt meinen Herzschlag rasant ausschlagen. Scotts Kopf hebt sich und sofort richten sich seine Augen auf mich. Er mustert mich schweigend und ich habe Schwierigkeiten seinen durchdringenden Blick stand zu halten. Doch dann lässt er wortlos von mir ab und läuft mit schnellen Schritten an mir vorbei. Er sagt nichts zu den Schuhen und begrüßt stattdessen seine jüngeren Freunde. Ich atme erleichtert aus und versuche mich auf das Geschehen vor mir zu konzentrieren. Doch mein lauter Herzschlag dröhnt noch immer in meinen Ohren, sodass es sich als schwierig herausstellt, dem Gespräch der Jugendlichen zu folgen.
„Was habt ihr herausgefunden?"
Alle Blicken legen sich auf Hayden und Liam, die in der Zwischenzeit vom Sofa aufgestanden sind und nun vor der kleinen Freundesgruppe stehen. Mir fällt auf, dass die beiden jüngeren Schüler kurze Blicke tauschen, bevor Liam das Wort ergreift und die Frage von Scott beantwortet: „Wir glauben wir haben einen Weg gefunden, um die Ghostrider einfangen zu können," er atmet kurz durch, bevor er seinen Blick an mir vorbei auf Theo richtet, „Aber dafür brauchen wir Theo." Alle Augen richten sich auf den Jungen neben mir, der überrascht wirkt. Er hat die Augen leicht aufgerissen und starrt Liam sekundenlang wortlos an. Bevor er auf diese Aussage reagieren kann, tritt Hayden minimal nach vorne und ergreift das Wort. „Mr. Douglas vermutet, dass die Ghostrider die Blitze kontrollieren können. Wenn wir sie also im alten Bunker einfangen wollen, brauchen wir jemanden, der die Elektrizität eines Blitzes absorbieren kann," ihr Blick bohrt sich in Theo und Liam setzt ihre Erklärung fort, „So können wir verhindern, dass sie entkommen, während wir die Türe zum Bunker schließen. Sobald alle Türen verriegelt sind, sind sie unter der Erde und ihre Blitze werden auf natürlichem Wege abgeleitet."
Schweigen.
Ich sehe im Augenwinkel wie Theo die Arme vor der Brust verschränkt, während sich Liam's Blick wartend auf Scott richtet. Er wirkt unruhig und verunsichert, als würde er auf die Erlaubnis von Scott warten. Dieser scheint sich jedoch noch uneinig und schweigt, was mir selbst die Sprache verschlägt. Kein normaler Mensch kann einen Blitzeinschlag ohne Schäden aushalten und ich bin mir sicher, dass dasselbe auch auf Werwölfe zutrifft. Theo als Blitzableiter zu benutzen wäre also so, als würde man ihn gefesselt in ein Haibecken stoßen. Ich frage mich, warum Scott überhaupt erst über seine Antwort nachdenken muss. Den Scott den ich kenne, würde nie willentlich in Kauf nehmen, dass einer seiner Freunde - auch wenn er ihn offensichtlich nicht wirklich leiden kann - im Kampf gegen die Ghostrider zu Schaden kommt...oder dabei sogar stirbt.
Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Theo die Arme entschränkt. Er löst sich von meiner Seite und tritt mit wenigen Schritten in den Raum. Alle Blicke richten sich nun auf ihn und mit rasendem Herzen warte ich darauf, dass er etwas sagt. Doch er lässt sich Zeit. Er schüttelt leicht mit dem Kopf und äußert sich erst nach wenigen schweigenden Minuten zu der wahnsinnige Idee des jüngeren Teenagers: „Ich schulde dir was, ja," er unterstützt seine eigene Aussage mit einem zustimmenden Nicken, bevor er die Arme vor der Brust verschränkt, „Aber das klingt wie Selbstmord." Ich nicke zustimmend und trete neben ihm. Keiner scheint mich zu beachten, außer Stiles, der mich kurz mustert. Dann jedoch fällt sein Blick ruckartig zurück zu Liam, der Theo mit wenigen Schritten gegenüber steht und ihm mit eisernem Blick widerspricht: „Josh konnte Elektrizität absorbieren."
„Josh ist Tod," wendet Malia in diesem Moment etwas plumb ein und ich bin überrascht, das sie so ruhig bleibt. Stattdessen scheint Liam sich immer weiter in die Diskussion mit Theo reinzusteigern. Seine Brust hebt und senkt sich bereits in diesem Moment in einem schnellen Rhythmus und ich kann sehen, wie er die Muskeln anspannt um neben dem älteren Teenager imposanter zu wirken. „Stimmt," Hayden tritt neben ihren Freund und richtet die Aufmerksamkeit aller mit ihrem Einwand von den beiden Jungen auf sich selbst, „Aber seine Kraft ist nicht mit ihm gestorben." Ihr Blick richtet sich auf Theo und alle Augen folgen. Ich weiß nicht genau, was das Mädchen mit ihrer Aussage andeuten möchte. Ich kann noch nicht einmal etwas mit dem Jungennamen anfangen. Trotzdem schweige ich und verbeiße mir neugieriges Nachfragen, aus Angst, die entstandene Diskussion mit nur eine Frage zu crashen.
„Das ist wahnsinnig."
Scotts Einwand kommt überraschend spät. Mein Blick fällt auf meinen Freund, dem gegenüber ich fast schon Enttäuschung spüre. Dass er sich so spät für Theo einsetzt lässt mich fassungslos schweigen. Früher hätte er eine solche Idee sofort abgewendet und schmunzelnd muss ich feststellen, dass ich den Jungen vielleicht lange nicht mehr so gut kenne, wie ich es gewohnt bin. Seit dem Tod von Clay, also seit ungefähr den letzten zwei Jahren, scheint viel passiert zu sein.
„Denk darüber nach Scott," Liam ist plötzlich die Ruhe selbst. Er tritt von Theo zurück und wirft seinen älteren Freund einen langen Blick zu. „Theo hat Josh's Kräfte und du hast doch gesehen, was Josh mit Elektrizität anstellen konnte. Mit seiner Kraft könnten wir einen der Ghostrider fangen," „Und endlich herausfinden, warum sie hier sind." Hayden ist neben ihren Freund getreten und setzt seinen Satz unterstützend fort. Alle Blicke liegen abwechselnd auf Liam, Hayden und Scott und wechseln so lange zwischen ihnen hin und her, bis sich Scott räuspert. „Na gut," er scheint nicht wirklich überzeugt und tritt unsicher von einem Fuß auf den Anderen, „Wir versuchen es. Theo?" Sein Blick fällt auf den Teenager neben mir, der sich in den letzten Sekunden überraschend schweigsam verhalten hat. Ich weiß nicht, ob er Angst vor Liam's Vorschlag hat oder ob er mit dem Schweigen seine Wut zügeln kann. Zumindest hat er erneut einen undurchschaubaren Gesichtsausdruck aufgesetzt, sodass es mir schwer fällt, seine Meinung zum Thema zu erkennen.
„Es ist zwar nett, dass ihr dabei alle an mich denkt aber ich hatte eigentlich noch vor, zu leben. Also...," Theo schenkt seinen Freunden ein gefälschtes Lächeln, „Nein Danke." Er wendet sich zum Gehen und ich überrascht, dass er in diesem Moment tatsächlich plant zu gehen. Doch ein wütendes Knurren ertönt in seinem Rücken und langsam kommt er am Türrahmen zum Stehen. Mein Blick fällt von ihm auf Malia, die ihn mit gefletschten Zähnen beobachtet. „Du hast hier nichts zu sagen," ihre Stimme klingt wütend und auch hier bin ich überrascht, wie schnell das Mädchen die Kontrolle über ihre Wut verliert. „Malia hat recht," Liam tritt ins Licht der Deckenlampe und greift nach etwas, dass die ganze Zeit unbeachtet auf dem Sofa lag. Als er es ins Licht hält, erkenne ich ein altes Schwert. Ich brauche wenige Sekunden um es als altes japanischen Schwert wieder zu erkennen. Ich hatte Scott's Exfreundin, Kira Yukimura, schon ein paar Mal damit gesehen, doch nachdem das dunkelhaarige Mädchen genauso spurlos verschwunden ist wie Jahre zuvor Jackson Whittemore, Lydias Exfreund, hatte ich kein Katana mehr zu Gesicht bekommen. Jetzt jedoch leuchtet das Metall der Klinge im Einfall des Lichts und Liam's Bewegungen wirken etwas schwerfällig und ungeübt. Man muss ihn nicht sonderlich gut kennen um zu wissen, dass er kein geübter Schwertkämpfer ist.
„Du weißt was das ist," Liam's Stimme klingt selbstgefällig und erneut schwingt er das Katana kurz hin und her. Verwirrt schweift mein Blick von Liam, zu Theo und dann zu Scott. Alle schweigen, scheinen jedoch genau zu wissen, was Liam anzudeuten versucht. Nur ich scheine seine Andeutung nicht zu verstehen, traue mich in diesem Moment jedoch nicht nachzufragen. Auch wenn mir ein Gefühl bereits sagt, dass dieses Schwert etwas mit der Tatsache zu tun haben könnte, warum Scott und seine Freunde kein Vertrauen in Theo haben. Das Schwert erscheint mir wie eine Drohung und ich frage mich, wieso Scott zu solchen drastischen Mitteln greift.
„Ich werde euch töten," Theos Stimme klingt ruhig aber bedrohlich. Mein Blick fällt überrascht zu ihm und kaum merklich trete ich wenige Zentimeter von ihm zurück. „Lege auch nur einen Finger an uns und wir schicken dich zurück," in Malias drohender Stimme schwingt ein unterschwelliges Knurren mit und ich glaube für wenige Sekunden im Licht der Deckenlampe ihre Augen blau glänzen zu sehen. Dann jedoch ist alles vorbei und sie tritt unterstützend neben Liam, dessen Finger sich noch immer um das alte Katana legen. „Das würdet ihr nicht wagen," Theos Stimme ist plötzlich etwas leiser. Sanfter und die Gefühle in meinem Magen spielen verrückt. Ich weiß nicht länger ob ich dem Jungen neben mir vertrauen kann oder dem Jungen vor mir. Theo scheint bedroht zu werden und Scott scheint tatsächlich damit einverstanden zu sein, jemanden Angst zu machen. Beide Teenager haben mich in ihrem Verhalten überrascht und doch sagt mir ein Gefühl, dass ich zu Scott halten sollte.
Er würde das alles nur gutheißen, wenn er einen guten Grund dafür hat.
Theo hingegen kenne ich kaum und mir fällt es schwer, herauszufinden, ob er der nette Junge von Nebenan oder doch eher der Bösewicht in der ganzen Geschichte ist.
„Hilfst du uns?"
Liam antwortet nicht auf Theos leisen Einwand. Stattdessen stellt er ihm eine rhetorische Frage und schwenkt das Schwert dabei leicht durch die Luft. Der Blick von Theo richtet sich nun auf ihn und zum ersten Mal glaube ich seine Gesichtszüge lesen zu können. Er scheint auswegslos. Unzufrieden. Trotzdem nickt er dem jüngeren Teenager widerwillig zu. „Na gut. Aber nur unter der Bedingung, dass das Schwert zerstört wird, sobald ihr euren Ghostrider habt."
Schweigen.
Blicke werden getauscht.
Dann tritt Liam vor und nickt zustimmend.
„Das Schwert wird zerstört," ich bin überrascht, dass der Teenager der Forderung sofort zustimmt und keiner der Anderen widerspricht, „Sobald wir die Ghostrider aus Beacon Hills vertrieben haben."
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Etwas Überschneidung zu Folge 7 mit ganz viel eigenen Interpretation. Hoffe euch gefällt das Kapitel und nachdem ich in letzter Zeit immer wieder super süße und motivierende Kommentare von euch bekommen habe, wollte ich mich nochmal ausdrücklich für eure Unterstützung bedanken. Wegen euch gibt es dieses Buch überhaupt und ich bin wie immer unglaublich dankbar dafür <3
Lg CoolerBenutzername
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