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»𝐈𝐜𝐡 𝐥𝐢𝐞𝐛𝐞 𝐝𝐢𝐜𝐡, 𝐝𝐞𝐬𝐡𝐚𝐥𝐛 𝐤𝐚𝐧𝐧 𝐢𝐜𝐡 𝐦𝐢𝐜𝐡 𝐬𝐨 𝐬𝐜𝐡𝐰𝐞𝐫 𝐳𝐮𝐫ü𝐜𝐤 𝐡𝐚𝐥𝐭𝐞𝐧«

"Hey darf ich da sitzen?"
Mit einem gleichgültigen Nicken bestätigte ich den Fremden. Der große junge Mann überragt mich um längen. Er hat blondes flauschiges Haar, und ziemlich große Lippen, die an ihm wunderschön aussehen. Seine Wimpern schwingen sich elegant.
Was will so ein Typ von mir? Und was bringt ihn in so eine abgelegene Ecke der Stadt?
Hier ist es versifft, kalt, trostlos und einfach nur eklig. Und gefährlich, auch für mich.

"Redest du nicht gerne?" durchdringt seine raue Stimme die Stille zwischen uns.
Ich schüttele den Kopf. Wahrscheinlich habe ich sogar vergessen wie man spricht. Ich habe keinen Grund zu sprechen deswegen tue ich es nie.
"Mein Name ich Hyungwon, Chae Hyungwon." stellt er sich vor. Mein Mund öffnet sich, dann schließt er sich wieder. Es dauert eine Weile bis ich mich gefangen habe.
Ich sehe ihm kalt ins Gesicht.
"Wenn du mit mir schlafen willst kannst du das auch sagen ohne großes Gerede."
Unerwarteterweise weiten sich seine Augen geschockt.
"Nein nein, du sahst nur so alleine aus, da dachte ich..." ein seuftzen verlässt seine Lippen "... ach egal." Stellt er sich nur naiv oder ist er wirklich so naiv? Es ist für mich eine normale Sache. Tagein tagaus kommen seltsame Menschen zu mir, die die Situation und meine Hilflosigkeit mit Vergnügen missbrauchen.
"Yoo Kihyun." sage ich meinen Namen. Mein Hals tut bereits weh.
Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht mehr genannt und ihn niemanden mehr sagen hören. Es ist ziemlich befremdlich. Trotz all dem kann ich mir nicht erklären was er von einem Penner wie mir will.

"Du willst wirklich nicht mit mir schlafen?" frage ich noch mal prüfend nach.
"Oh Gott nein."
Ich nickte und schlinge die Arme um meine dünnen Beine. Ich bin am zittern, aber das bin ich immer.
Das Wetter ist zu dieser Jahreszeit unerträglich, dauernd regnet es und ich wundere mich schon ehrlich warum ich mir noch nichts eingefangen habe. Seit ich auf der Straße lebe scheint mein Immunsystem robuster geworden zu sein. Ich weiß nicht welchen Tag, geschweige denn welches Jahr wir hatten. Durch den Wechsel der Jahreszeiten erahnte ich grob das ich schon mindestens zwei Jahre hier verwahrloste.

"Auf wen wartest du?" kommt es von Hyungwon.
"Da verstehst du was falsch." lache ich.
Verwirrt legt er den Kopf schief.
"Ich lebe hier." kam es wie immer kalt über meine Lippen.
Seltsam das er das nicht erkannt hat. Es ist doch offensichtlich. Ich trage schmutzige Kleidung und ich sitze alleine in einer Ecke auf dem kalten Pflaster. Jetzt läuft er bestimmt weg. Ich bin mir nicht sicher ob ich Angst davor habe dass er weg läuft. Ich war so lange allein und es ist schön mit jemandem zu reden der keine bösen Absichten hat. Trotzdem ist so viel Kontakt zu anderen Menschen ungewöhnlich.
"Das wusste ich nicht, tut mir leid." beschämt sieht er auf seine Füße.

Hyungwon war einer der ersten die blieben, ohne etwas zu fordern. Tatsächlich hatten wir uns sogar öfter getroffen und irgendwann wurde es regelmäßig . Seine Gründe konnte ich nie verstehen, ich fand mich unfreundlich, spießig und noch dazu musste ich einen fürchterlich unangenehmen Geruch mit mir tragen. Doch er blieb bei mir, ließ sich mehr über mich erzählen und hab mir Aufmerksamkeit.
                                  ***
Wie lange ich ihn nun schon kenne kann ich nicht genau sagen, für mich fühlt es sich sehr lange an.
"Sicher das du mich mit zu dir nehmen willst?" ich beäuge ihn skeptisch.
Wir kennen uns schon länger und trotzdem seine Intention ist mir fraglich. So etwas tut man doch nicht einfach so. Es gibt Obdachlosenheime und ich könnte mir einfach Arbeit suchen und trotzdem macht er das für mich.
"Na wieso denn nicht?" Er lächelt freundlich.
"Da gibt es genug Gründe." Ich seufze. Hoffentlich bereut er das nicht.
Er äußert sich dazu nicht. Hyungwon scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein.
Stumm schlendern wir nebeneinander her. Es ist komisch diesen Ort zu verlassen. Mir fällt seltsam viel Last von den Schultern. Das war das erste Mal seit langem in dem ich wieder ein Gebäude betreten hatte.
Ein gut gebauter Mann kommt uns entgegen sobald Hyungwon die Tür geöffnet hat. Er hat schönes glänzendes schwarzes Haar.
"Hyungwon-ah wo warst du so lange?" er sieht verdutzt in mein Gesicht "Ist das dein 'Kumpel'? "

Unterwürfig richte ich meinen Blick auf den Boden.
"Schon gut. " lacht er und zerzaust mein Haar "Ich bin sicher das wir uns auch gut verstehen."

"Ich habe dich nicht ohne Grund her gebracht." Hyungwon sieht mich schüchtern an.
"Ich höre?"
"In der Wohnung neben uns ist ein gewisser Hyunwoo eingezogen, er ist blind."
"Ah." murmle ich, die Verwirrung in der Stimme nicht zu überhören.
"Ich dachte naja vielleicht kannst du ihm etwas helfen, wir sorgen für alles was du so brauchst... Er kommt alleine nicht zurecht." letzteres flüstert er fast. Ein trauriges Gefühl überkommt mich als ich ihn so sehe. Er leidet mit den Menschen mit die in seiner nähe sind. Hyungwon hat ein viel zu großes Herz, das weiß ich selbst nur zu gut.
Ob das nicht doch etwas zu schnell geht? Wie soll ich überhaupt alleine zurecht finden? Nach so vielen Jahren in denen ich auf der Straße gelebt habe und nicht zu vergessen hatte ich davor nie auf mich gestellt gelebt. Wie soll ich mich dann um mich selbst und eine behinderte Person kümmern? Das ist doch ein bisschen viel.
"Ich würde ihn gerne kennenlernen, danach entscheide ich."
Hyungwon nickt etwas. "Ich hoffe du entscheidest dich für ihn, denn er ist echt am ende. Nicht einmal ich konnte ihm wirklich näher als vor die Haustür kommen."

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