Kapitel 6

Sein Mund hing offen und er war unfähig auch nur das kleinste Geräusch zu machen. Er hörte nur ihr Schluchzen und das dumpfe Geräusch, wenn ihre blutigen Knöchel auf die Steinwand trafen. Tränen hatten ihr Gesicht überflutet, ihre Augen waren zornig und funkelten mit Hass, während sie immer wieder mit voller Kraft gegen die Wand schlug.
Die Risse in ihrer Fassade. Er wusste, dass er sie sich nicht eingebildet hatte, aber es war ihm nicht klar gewesen, dass sie so verzweifelt war.
Sie stoppte schweratmend, nahm ihre Zauberstab und murmelte ein paar Worte. Sofort heilte die Haut an ihren Händen. Direkt danach begann sie von vorne. Die raue Steinmauer glänzte von all dem Blut. Draco trat einen Schritt in den Raum hinein, seine Hände zitterten und seine Kehle war wie zugeschnürt. Kein Wort kam aus seinem Mund. Hilflos stand er hinter ihr, beobachtete wie sie ihre Knöchel ein weiteres mal heilte. Bevor sie erneut zuschlagen konnte, fand er die Kraft etwas zu sagen.
"Versuchst du an Blutverlust zu sterben?"
Sie erstarrte. Als wäre sie eingefroren stand sie da, vielleicht glaubte sie er könne sie nicht sehen, wenn sie sich nicht bewegte? Ihre Stimme war rau und emotionslos als sie sprach. "Was willst du Malf-" Ihr eigenes Schluchzen unrerbrach sie mitten im Satz. Einem Instinkt folgend schlang Draco seine Arme um sie und zog sie fest gegen seinen Körper. Sie wehrte sich nicht, kein bisschen. Sie drehte sich und presste ihr Gesicht in sein Hemd, durchnässte es wahrscheinlich mit ihren salzigen Tränen.
Draco sagte nichts, ihm würde auch nichts einfallen. Normalerweise störte ihn das Geräusch von weinenden Menschen, aber welches Geräusch störte ihn denn nicht? Sie verließen nie seine Hörweite. Immer waren Geräusche da, dabei wollte er nur Stille. Doch Hermine störte ihn nicht, ihr Schluchzen übertönte sogar die Stimmen in seinem Kopf und obwohl es für diese Situation völlig unangemessen war, lächelte er, einfach nur weil er sie halten konnte.
Ein Teil von ihm wurde unglaublich besitzergreifend und stolz. Er wollte nicht, dass jemand aneres sie so sah. Er wollte nicht, dass jemand anderes Hermine Granger ohne ihre Fassung erlebte. Er wollte der einzige sein und er wollte, dass dieser Moment für immer währen würde. Denn er war stolz, dass sie ihre Mauern des falschen Lächelns vor ihm fallen lies und ihm all ihre Verzweiflung offen zeigte. Stolz, dass er der einzige war der dieses Bild zu Gesicht bekam.

~

Das Abendessen in der Großen Halle verlief eigentlich wie immer. Nur jemand mit ganzen scharfen Blick würde die Unterschiede erkennen. Draco besaß diesen Blick. Er sah, dass sich Hermine mühte das Lächeln auf ihren Lippen zu lassen als sie mit ihren Freunden sprach. Er sah den gequälten und verzweifelten Ausdruck in ihren Augen. Mit jedem ihrer Blicke schien sie nach Hilfe zu rufen, nach Hilfe von ihnen, doch keiner bemerkte es. Keiner sah es. Keiner interessierte sich genug für sie um es zu bemerken.
Draco war hin und her gerissen zwischen einem Lächel und dem Wunsch in Tränen auszubrechen. Malfoys weinen aber nicht, Schwächling...
Da war sie wieder. Seine altbekannte Stimme, die ihm sagte was gut und was schlecht war. Die kleine Stimme die jeder hatte, doch seine machte ihn bloß fertig und er konnte sie nicht zum schweigen bringen. Sie sagten ihm eher was er für ein Versager war, dass er niemals ein guter Erbe des Hauses Malfoy sein würde und ähnliches.

Frustriert fuhr er sich durch die Haare und sah zurück zu Hermine. Ihre Blicke trafen sich, dann zuckte sie zur Seite und wandte ihr Gesich von ihm ab. Als wäre sie von dem Gedanken angewiedert ihn anzusehen. Sie hätte auch einfach sein Herz und seine Seele aus seinem Körper reißen und an einen Drachen verfüttern können, denn so fühlte er sich. Ein Schmerz den er noch nie zuvor gespürt hatte. Sehr seltsam.
Was hattest du erwarte?! Giftete ihn die Stimme an.
Er wusste es nicht.
Aber das sicherlich nicht.
Sie waren sich näher gekommen und er hatte gehofft, dass sich wirklich etwas ändern würde, aber dass hatte sich nicht. Tief im innern hatte er nicht nur gehofft, nicht einmal gewünscht, nein er hatte gebetet, dass sie ihre Meinung über ihn ändern würde. Doch das waren wohl nur Hirngespinste.
Seufzend verließ er den Tisch, hörte sich an wie ihn die Stimme als Wertlos, Dumm, Verzweifelt, Verachtenswert und Bemitleidenswert beschimpfte, alles nur weil er sich Hoffnungen gemacht und sie alles zu Staub zermahlen hatte. Wütend schlug er gegen eine Rüstung, klirrend zerfiel sie in ihre Einzelteile. Mit schnellen Schritten rannte er den Korridor entlang, er konnte nicht schon wieder nachsitzen. Versager. Er ignorierte die Stimme, es war ihm egal. Was wenn er sich in sie verliebt hatte?!

Abrupt blieb er stehen, sein Atem kam schnell und flach. Hatte er gerade zugegeben, dass er sich in Hermine Granger verliebt hatte? Seine Augen füllten sich mit Tränen, während er trorzdem von Herzen lächelte.
"Ich liebe dich..." murmelte er ohne jemanden in seiner Nähe zuhaben. Doch er sah sie ganz genau vor sich, in all ihrer Schönheit.

Sein Herz schlug schneller als sonst und langsam verschwand das Lächeln von seinem Gesicht.
"Aber sie... hasst mich..."

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