Kapitel 16

Nikolai Tal's Cover von "Fine on the Outside" (gibt es auch auf Spotify ^^)
(mein Spotify mit allen Story-Playlists ist jetzt übrigens auch in meinem Linktree unten auf meinem Profil ganz easy zugänglich, falls ihr da interested seid <3)

https://youtu.be/zxVsUPKk63A

___________


"Soo, jetzt.", immer noch etwas aus der Puste von den zwei Gruppen, die sich kurz vor seiner Pause auf den Plätzen draußen niedergelassen hatten, kam Tae schließlich zu uns.

"Entschuldigt bitte."

Für sich selbst einen geeisten schwarzen Kaffee in der Hand, rutschte er neben Ji-Hyun auf die Bank.

"Das hat doch etwas länger gedauert, als erwartet.", erklärte er.


Während mein kleiner Bruder wegen Taes Anwesenheit direkt ganz zappelig wurde, war bei mir das genaue Gegenteil der Fall.

Nicht, dass mir nicht schon ungefähr hundert Mal aufgefallen war, wie hübsch ich den Dunkelhaarigen fand.

Doch die Art, wie er sich gerade vollkommen locker zu uns gesellt hatte...

Wie er sich anschließend die Haare aus dem Gesicht strich, bevor er seine Aufmerksamkeit bereits Ji-Hyun widmete und trotzdem nach seinem Glas griff, um nebenbei etwas zu trinken.

Vielleicht lag es auch einfach an der Tatsache, dass Tae hier arbeitete...

An seiner Kleidung und daran, dass ich ihm die ganze Zeit dabei zugesehen hatte, wie er von einem Tisch zum nächsten gegangen war und die Kunden empfangen hatte.


Woran auch immer es letztendlich lag...

Ich konnte spüren, wie meine Welt, kaum dass Tae sich zu uns gesetzt hatte, einen Moment lang still stand.

Wie ich zu verstehen versuchte, dass diese etwas erschöpfte, aber trotzdem plötzlich so locker wirkende Person die selbe war, wie die, die gestern weggelaufen war, als ich sie umarmt hatte.

Dieselbe Person, die vor Unsicherheit im Boden versunken war, weil ihre Mom uns als "Freunde" bezeichnet hatte.


Unwillkürlich starrend klebten meine Augen an Tae.

An seiner Mimik...

Den kleinen Schweißtropfen auf seiner Stirn...

An seinen Fingern, die mit den Kondenstropfen an seinem Kaffeeglas herumspielten.


Ich spürte mein Herz klopfen.

Konnte förmlich fühlen, wie mich neue Wellen des Interesses überkamen.

Wie ein Teil von mir sich wahnsinnig freute, weil ich heute eine neue Seite an Tae gesehen hatte.

Weil ich herausgefunden hatte, dass dieser mir gegenüber unsichere, stammelnde Mensch auch ganz anders sein konnte.

Dass er freundlich und aufgeschlossen mit den Kunden umgehen konnte.

Dass er auch einfach durch den Wind sein konnte.

Dass er trotzdem versuchte, sich Zeit zu nehmen...



Tief in meine neuen, etwas verschwärmten Erkenntnisse versunken, bekam ich ein paar Sekunden lang überhaupt nicht mit, womit Ji-Hyun unseren Gastgeber gerade vollbrabbelte.

Erst als mein Name fiel, schreckte ich auf.


"H-Hm?", entwich es mir, weil ich den Kontext überhaupt nicht mitgeschnitten hatte.


Wohl auch jetzt erst bemerkend, dass ich mich nicht am Gespräch beteiligt hatte, schauten die anderen beiden mich an.

Ihre Augen wurden gleichermaßen groß, bevor Ji-Hyun zu kichern begann.

"Ich hab TaeTae erzählt, dass du dich am Freitag mit Freunden triffst.", holte er mich thematisch ab.


Ich kam nicht dazu, zu hinterfragen, wieso Ji-Hyun über meine Wochenendpläne redete, da quollen schon die nächsten Worte aus seinem Mund.

"Ich schlafe da nämlich bei einem Freund, weißt du.", setzte er seine Erzählung Tae gegenüber fort.

"Wir kennen uns aus der Schule und bei ihm ist es soooo cool.", berichtete er.


Sichtbar amüsiert von der Aufregung meines kleinen Bruders, schmunzelte Tae.

"Oh echt?", fragte er extra interessiert nach.

"Spannender als bei dir zu hause?", erkundigte er sich.


Hastig nickte Ji-Hyun.

"Der große Bruder von ihm hat eine Playstation 5, an der wir auch manchmal spielen dürfen.", erklärte er.

Dabei begannen seine Augen förmlich zu funkeln.


Ich spürte mein Herz ein bisschen drücken, während ich den beiden zuhörte.

Wenn Ji-Hyun irgendwann alt genug war und immer noch Interesse daran hatte, wollte ich unbedingt, dass wir ihm eine Spielekonsole beschaffen konnten.

Bis dahin machte es allerdings nicht besonders viel Sinn...

Ich hatte keine Zeit für Videospiele und für einen Grundschüler bereits so eine große Konsole anzuschaffen, hielten Dad und ich beide nicht für angebracht.

Fürs erste blieb es deshalb dabei, dass mediale Erfahrungen, die über Fernsehen hinaus gingen, nur bei Freunden mit großen Brüdern, die entsprechende Interessen hatten, verfügbar waren.



Mal wieder war ich so sehr in mein Bedauern über die Tatsache vertieft, dass ich nicht mehr Zeit hatte, dass ich fast überhört hätte, wie Ji-Hyun seine Erzählung schloss.

"Aber weißt du.", breit grinste er Tae an.

"Ich bin dann trotzdem immer froh, wenn ich wieder zu Hause bin.", erzählte er.


Gleichermaßen positiv überrascht von der Selbstverständlichkeit, die dabei in seiner Stimme lag, schauten Tae und ich den Jüngeren an.

Dessen Mundwinkel zuckten immer weiter nach oben.

"Weil niemand so toll kocht, wie Jiminie.", klärte er uns auf.

"Und am Wochenende kommt auch immer Dad nach Hause.", fügte er hinzu.

"Da möchte ich da sein."

Unbeschwert wippte Ji-Hyun hin und her, während er all diese Dinge erzählte, die eigentlich nicht so normal klingen sollten, wie sie es taten...


Ich spürte mein Herz klopfen, weil es mich natürlich freute, dass Ji-Hyun so gern nach Hause kam.

Trotzdem hatte ich im selben Moment wieder ein Drücken in der Magengegend.

Zwar hatte ich Tae bereits von der Arbeitssituation unseres Vaters erzählt...

Allerdings war es trotzdem nochmal etwas anderes, wenn diese Dinge aus dem Mund eines Kindes kamen.

Mal ganz davon abgesehen, dass Tae bis jetzt freundlicherweise noch nicht gefragt hatte, was es mit unserer Mutter auf sich hatte...

Wahrscheinlich weil ich selbst mir so viele Gedanken darüber machte, fragte ich mich, wie Ji-Hyuns Erzählungen wohl auf Außenstehende wirkten.

Ob sie Mitleid bekamen, wenn er in seinem alter bereits so selbstverständlich davon redete, dass er seinen Vater nur am Wochenende sah.

Besonders, wenn man wusste, dass es sonst immer nur ihn und mich gab...


Es war ein Thema, das mich ständig beschäftigte.

Ein Thema, das in den letzten Jahren irgendwie automatisch dafür gesorgt hatte, dass ich mich schwer damit tat, andere an mich heranzulassen.

Sie hereinzulassen.

Sie alles sehen zu lassen.


Tief in meiner Besorgnis versunken, klebten meine Augen an Tae.

An dem Lächeln, welches die ganze Zeit auf seinen Lippen lag, während er Ji-Hyun zuhörte.

Aus irgendeinem Grund war es bei ihm anders gewesen...

Bei Tae hatte ich mir nicht viele Gedanken gemacht.

Ganz im Gegenteil...

Ich hatte ihn förmlich angebettelt, dass er einen Tee bei uns trank.

Dass er hereinkam...


Als hätte ich von Anfang gespürt...

"Das freut mich für dich.", warm lächelte Tae meinen kleinen Bruder an.

...dass es bei ihm keinen Grund gab...

"Dass man gern nach Hause kommt, ist das wichtigste.", sagte er.

...sich Gedanken zu machen.


Taes Worte brachten mein Herz dazu, ein paar Schläge auszusetzen.

Ein Teil von mir konnte nicht fassen, dass das für ihn das wichtigste Detail war, dass er aus Ji-Hyuns Erzählung herausgefiltert hatte.


Meine Ungläubigkeit wurde nur größer, als Ji-Hyun hastig zu nicken begann.

"Da hab ich Glück.", sagte er.

Etwas betreten wanderte sein Blick nach unten.

"Manche aus meiner Klasse wollen nach der Schule immer nicht nach Hause gehen...", erzählte er.


Ji-Hyun führte es nicht weiter aus.

Trotzdem wusste ich, wovon er sprach.

Ich wusste, dass andere Familien auch Probleme hatten.

Dass, nur weil beide Elternteile noch am Leben waren, es nicht bedeutete, dass alles gut war.

Dass letztendlich niemand perfekt war.

Und dennoch...

Obwohl ich das wusste, kam ich nicht umhin, mir immer wieder Gedanken um unsere Situation zu machen.

Gedanken um Dad und Ji-Hyun.

Gedanken darum, wie es nach außen wirkte.

Ich war so nah an unserer Familie dran, dass ich ständig vergaß...


Mein Herz zog sich zusammen, als ich den Hauch Betroffenheit erkannte, der sich in Taes Lächeln mischte, während er Ji-Hyun zuhörte.

Als mir auffiel, dass Tae ja auch nur mit seiner Mom zusammenlebte...



"Ja, das...", lieb guckte der Dunkelhaarige meinen kleinen Bruder an.

"Das ist kein schönes Gefühl.", stimmte er ihm zu.


Als würde Ji-Hyun plötzlich den selben Gedanken haben, wie ich, wurden seine Augen groß.

"Oh TaeTae...", mitfühlend schaute er den Älteren an.

"Kennst du das etwa?", fragte er.


Ich konnte förmlich spüren, wie die Schamlosigkeit meines kleinen Bruders meine Sicherungen zum reißen brachte.

Sowas konnte man jemanden doch nicht einfach fragen!


Ich war bereits im Begriff, einzugreifen, als Tae zu mir schaute.

Ein Hauch Amüsanz schlich sich auf seine Mimik, als er bemerkte, wie alarmiert ich schon wieder war.

Er lächelte, bevor er kaum merklich seinen Kopf schüttelte, um mir zu signalisieren, dass alles okay war.


"Ja...", etwas verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, während er halb Ji-Hyun, halb mir zugewandt war.

Als würde er mit uns beiden reden.

"Mom und Dad haben sich scheiden lassen, als ich in der Mittelstufe war.", erzählte er.

"Da war bei uns auch ziemlich viel los.", fügte er hinzu.

Dabei lächelte er so selbstverständlich...

Ich konnte nicht erkennen, ob es echt oder aufgesetzt war.


Einen Moment lang sprachlos, war ich nicht sofort fähig zu reagieren.

Stattdessen kam mein kleiner Bruder mir zuvor.

"Oh nein...", entwich es ihm.

Augenblicklich rückte er an Tae heran und umarmte ihn.

"Das tut mir so leid, TaeTae...", verließ es vor lauter Mitgefühl ganz mitgenommen, seine Lippen.


Ich wollte es ihm gerade gleich tun und wenigstens meine Hand auf die von Tae legen, als dieser zu lachen begann.

"Das ist lieb von euch, danke.", meinte er.

"Aber alles gut."

Noch bevor ich Taes Hand berühren konnte, zog er sie weg, um Ji-Hyun ein bisschen von sich wegzuschieben.

"Es ist schon besser so.", sagte er.

Pure Ehrlichkeit lag dabei in seiner Stimme...


Ich stockte einen Moment.

Suchend nach etwas, was ich sagen konnte.

Irgendwas, was verhinderte, dass man mir meine Gedanken ansah.

Die Überraschung, weil ich feststellte, dass mein Kopf bereits ein Bild von Tae gemalt hatte, welches überhaupt nicht zuzutreffen schien.

Bisher war er mir gegenüber immer so unsicher und zurückhaltend gewesen...

Ich hatte nicht gedacht, dass er jemand war, der lachend sagen konnte, dass es besser war, dass seine Eltern sich getrennt hatten.

Auch wenn man es wahrscheinlich nicht vergleichen konnte, fühlte ich Bewunderung in mir aufsteigen.

Bewunderung, weil Tae offensichtlich jemand war, der loslassen konnte.

Jemand, der nach vorne schauen konnte.

Eine Eigenschaft, auf die man fast neidisch sein konnte...



So wie die ganze Zeit schon, war ich so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass ich kaum etwas zum Gespräch beitragen konnte.

Mir fiel nichts ein, was ich auf Taes Aussage hätte antworten können.

Stattdessen schaute ich dabei zu, wie mein kleiner Bruder mal wieder mehr Sozialkompetenz bewies, als ich.

"Also bist du nicht unglücklich?", fragte er mit mitfühlender Stimme.

Riesengroß bohrten sich seine Augen dabei in die von Tae.


Dem Älteren entwich ein kleines Lachen.

Kurz huschte sein Blick zu mir, bevor das Lächeln auf seinen Lippen noch ein bisschen breiter wurde.

"Nein...", antwortete er in ruhiger Wärme.

"Im Moment...", etwas verspielt streichelte er über Ji-Hyuns Kopf.

Tae kicherte.

"Im Moment bin ich ziemlich glücklich.", sagte er.


Die Aussage des Dunkelhaarigen brachte die Augen meines kleinen Bruders zum Glitzern.

"Das ist toll!", freute er sich.

Erneut umarmte er Tae.

Diesmal allerdings, indem er sich halb auf ihn drauf schmiss.

"Ich hoffe, das bleibt so.", schob er hinterher.


Amüsiert zuckten Taes Schultern, während er den Körperkontakt diesmal einfach zuließ.

"Ja, ich...", setzte er an.

Tae machte eine kleine Pause, als er zu mir schaute und unsere Augen sich ineinander verfingen.

Als er bemerkte, wie ich ihn ansah...

"Ich...", offensichtlich nicht damit klar kommend, wanderte Taes Blick direkt nach oben zur Zimmerdecke.

"Ich hoffe, bei euch auch...", sagte er leise.

Dabei wurde er schon wieder so rot...

Bis über beide Ohren.


Auch ich spürte die Hitze in meinen Wangen.

Das Herzklopfen, weil ich Taes Blick, kurz bevor er gesagt hatte, dass er glücklich war, noch nicht verarbeitet hatte.

Weil ich nicht umhin kam, mir einzubilden, dass es vielleicht etwas mit unserem Gespräch von vorhin zu tun gehabt hatte.

Weil die bloße Vorstellung mich so ungerechtfertigt glücklich machte...



Tae und ich kannten uns seit drei Tagen.


Seit drei kurzen Tagen...

Letztendlich einfach kapitulierend, verzog ich den Mund.

...in denen er mich...

Ich vermisste meine Sozialkompetenz.

...komplett aus dem Konzept gebracht hatte.

*siiighhhh*
Oh c'mon, diese Geschichte ist sooo schööön T-T
Ich fühle jedes Mal, wie meine Seele heilt, wenn ich hier schreibe 💖

Tae und Jimin kommen sich immer näher~
Und I have to say, ich mag Tae auch irgendwie immer lieber...
Weil er entwickelt schon wieder so viel Eigenleben xD
Ursprünglich war er nämlich als ein ziemlich eindimensional-shy Charakter gedacht.
Aber als ich dann das letzte Kapitel geschrieben habe und mir vorgestellt hab, wie er da im Café tätig ist und sich dann in seiner Pause zu Jimin und Ji-Hyun gesellt...
Idk, da dachte ich mir, dass er da bestimmt ganz anders wirkt und dass er ja eigentlich auch nicht nur shy sein kann. (Also dass es ja basically normal ist, dass auch wenn man in bestimmten Situationen extrem unsicher ist, es auch Situationen gibt, in denen man es so gar nicht ist.)
So yeahhh~
Happy me, weil meine Charas mir Denkarbeit abnehmen ^^

Ich hoffe dieses (fast 2000 Wörter lange) Kapitel konnte euren Tag ein bisschen fluffiger gestalten ^^
Lasst mich gerne wissen, wie ihr es fandet <3

Ich hoffe ihr seid gut in die Woche gestartet 💖

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top