49. Holiday
Niall
Der letzte Tag der Physiotherapie näherte sich schneller als gedacht. Ich war unglaublich stolz auf Jess; ihre enormen Fortschritte zeigten, dass mit ihrem Knie wirklich alles in Ordnung war, so wie Dr. Steadman es vorausgesagt hatte. Irgendwann würde sie wieder auf einer Bühne stehen, um Ballett zu tanzen. Sicher war es bis dahin noch ein weiter Weg, aber auch das konnten wir gemeinsam schaffen.
Ich kannte ihren Ehrgeiz, wir waren uns so ähnlich, was diese Dinge betraf, und demnach fiel es mir nicht schwer, nachzuvollziehen, was in ihrem hübschen Kopf vorging. Sie wollte alles und zwar so schnell wie möglich. Ich sah meine Aufgabe darin, Jess ein wenig zu bremsen, um eine Überanstrengung des operierten Knies zu vermeiden.
Als wir uns an diesem Morgen rüsteten, zum letzten Mal das Trainingsgebäude des FC Chelsea aufzusuchen, taten wir das mit einem lachenden, und einem weinenden Auge. James, der Therapeut hatte so viel für Jess getan. Seine unglaubliche Kompetenz beeindruckte mich immer wieder aufs Neue. Sämtliche Übungen erfolgten wohldosiert, so auch am heutigen Tag. Wie üblich schaute ich meiner Freundin zu, die sehr konzentriert und eifrig wirkte, als sie ihre Beinmuskulatur trainierte.
„Das klappt wunderbar, Jess", meinte James erfreut. „Ich bin wirklich froh, dass du das alles so gut hinbekommst. Und den Rest wirst du auch noch schaffen, davon bin ich überzeugt."
Das Strahlen in Jess' Augen erwärmte mein Herz. Wie lange war es her, dass ich solche Glücksgefühle in meinem Innersten gespürt hatte? Vermutlich, als ich zum ersten Mal auf einer großen Bühne stand. Bald würde es hoffentlich auch für Jess wieder soweit sein, vor einem Publikum auftreten zu dürfen. Wenn man einmal in dieser Hinsicht Blut geleckt hatte, konnte man nur sehr schwer davon ablassen. Das Gefühl, vor einer Menschenmenge aufzutreten, wurde zu einem Lebensinhalt. All diesen Gedanken ließ ich freien Lauf, während ich Jess unentwegt beobachtete.
Matilde tauchte irgendwann mit zwei Bechern Kaffee in ihren Händen auf, setzte sich neben mich und überreichte mir einen davon.
„Danke, wie komme ich zu der Ehre?", fragte ich grinsend.
Sie zuckte mit den Schultern, zwinkerte leicht mit dem linken Augen und sagte: „Weil du Niall bist und Fußball magst."
Das war so typisch für sie. Matilde würde sich nie mit einem Typen einlassen, der ihre Leidenschaft für diesen Sport nicht teilte. Schon von klein auf hatte ihr Vater sie zu Spielen mitgenommen und zuschauen lassen. Sie kannte die Regeln im Schlaf, und wusste mit Sicherheit mehr über diese Sportart als so manches männliche Wesen.
„Sie muss wunderbar aussehen, wenn sie tanzt."
Matildes Satz riss mich erneut aus meinen Gedanken. Lächelnd schaute ich zu meiner Freundin, die noch immer konzentriert wirkte.
„Ja, das tut sie mit Sicherheit", antwortete ich und nippte anschließend an dem heißen Kaffee.
„Woher weißt du denn, dass ich meinen Kaffee schwarz trinke?", fragte ich neugierig.
„Ach komm schon, Niall! Du warst vor zwei Jahren täglich hier, wir haben uns so oft gesehen und zusammen Kaffee getrunken. Denkst du, ich leide wie Leute deines Alters unter Gedächtnisschwund?", zog sie mich auf.
Lachend drohte ich ihr mit dem Zeigefinger. „Mach dich nicht unbeliebt. Irgendwann willst du mal wieder feiern gehen und dein Dad besteht darauf, dass ich als Anstandswauwau mitkomme."
„Uh, jetzt habe ich echt Angst! Ich bin inzwischen neunzehn und komme gut alleine zurecht", grinste sie.
„Neunzehn, das war ich auch mal", seufzte ich.
„Ja, und jetzt bist du schon zweiundzwanzig, du näherst dich quasi dem heiratsfähigen Alter."
Sofort wehrte ich ab. „Nun mach mal halblang, Matilde. Ich werde ganz sicher nicht heiraten, bevor ich dreißig bin."
„Wie kannst du das wissen?" Sie klang ein wenig empört.
„Das ist so ein Gefühl, verstehst du?"
Meine Augen richteten sich wieder auf Jess, fixierten jede ihrer Bewegungen und obwohl es sich nur um ein Aufbautraining der Muskulatur handelte, wirkte sie trotzdem anmutig und grazil. Ich konnte es nicht erwarten, sie in einem dieser Ballettkleider zu sehen, mit Spitzenschuhen und einem Knoten im Haar.
Jess hatte mir irgendwann mal erklärt, dass es sich mit offenen Haaren nicht so gut tanzen ließ, die diese die Sicht versperrten. Eigentlich klang das auch logisch. Außerdem hatte ich nichts dagegen, so lange sie ihre Mähne offen ließ, wenn wir im Bett zugange waren. Das wirkte immer so super sexy, dass ich fast durchdrehte. Lange Haare bei einer Frau machten mich unglaublich an.
Langsam neigte sich die letzte Therapiestunde dem Ende zu. Jess wischte sich den Schweiß von der Stirn, sah kurz zu mir und lächelte. Es war ein dankbares, liebevolles und zufriedenes Lächeln, das sie mir schenkte. Egal was die Zukunft brachte, dieses Lächeln konnte mir niemand nehmen, es war für immer in meinem Herzen verankert.
„Es ist vollbracht", meinte James. „Du wirst mir fehlen, Jess."
„Du mir auch."
Als ich sah, wie die beiden sich umarmten, musste ich grinsen. Matilde und ich erhoben uns beinahe gleichzeitig, um auf Jess und James zuzugehen.
„Schade, dass dein Dad heute nicht da ist, ich hätte mich gerne von ihm verabschiedet und nochmals bedankt", sagte Jess an Matilde gewandt.
„Ach, den siehst du spätestens bei deiner ersten Aufführung", erwiderte die Neunzehnjährige lässig. „Ich hoffe, wir dürfen alle zuschauen."
„Aber natürlich! Es könnte allerdings noch eine ganze Weile dauern, denn ich fange nach unserem Urlaub erst langsam mit dem Training an", erklärte Jess.
Es war nicht zu übersehen, wie sehr sie sich auf diese beiden Dinge freute.
Nachdem Jess geduscht und wir uns anschließend von allen Anwesenden verabschiedet hatten, stiegen wir in meinen Range Rover und fuhren auf direktem Weg nach Hause.
„Ich kann es nicht fassen, dass ich das hinter mich gebracht habe. Am Anfang dachte ich, es würde nicht zu schaffen sein", meinte Jess.
„Wie ein riesiger Berg, den man verzweifelt zu erklimmen versucht, richtig?", warf ich ein.
„Du findest immer die richtigen Worte, Niall." Als Jess das sagte, legte sie ihre Hand auf meinen Arm.
„Das sollte ich wohl, sonst könnte ich nämlich keine Texte schreiben", erwiderte ich grinsend.
Zuhause angekommen, machten wir uns sogleich ans Packen, denn unser Flug ins Urlaubsparadies startete bereits morgen. Seit Tagen freute ich mich schon darauf, einfach mal abschalten und entspannen zu können. Aber das Beste daran war, dass Jess sich an meiner Seite aufhielt, wenn ich das tat.
Es fühlte sich an wie ein wertvolles Geschenk, das ich erhalten hatte, zumal ich wusste, was es bedeutete, Zeit mit einem Menschen verbringen zu können, den man liebte und achtete. Mehr als fünf Jahre war ich gezwungen auf Dinge wie diese zu verzichten, weil mein Beruf es nicht zuließ, doch in diesem Jahr sah alles anders aus.
„Soll ich noch mehr Sommerkleider mitnehmen, oder denkst du das reicht?" Jess braune Augen blickten erwartungsvoll zu mir, bevor ich den Inhalt ihres Koffers inspizierte.
„Süße, du warst wohl noch nie in Amerika? Wenn man dorthin fliegt, nimmt man nur das Nötigste mit, den Rest kannst du dort einkaufen", erklärte ich grinsend, worauf sie zu schmollen begann.
„Du willst mir jetzt nicht sagen, dass ich alles wieder auspacken muss, oder?"
„Nein, lass es ruhig drin, notfalls kaufen wir eben noch einen Koffer", lautete meine lässige Antwort. „Schließlich fliegen wir mit einem Privatjet, da gibt es kein Gepäcklimit", setzte ich noch hinzu.
„Das ist super! Dann werde ich dort ordentlich shoppen gehen", freute sich Jess.
Einsame Inseln lagen mir nicht als Urlaubsort, deshalb hatten wir uns für Miami Beach entschieden. Dort hatte ich ein Ferienhaus gemietet, welches direkten Zugang zum Strand aufwies, was die Location perfekt machte.
Natürlich war es ziemlich heiß zu dieser Jahreszeit, aber seit ich mit One Direction um die Welt tourte, störten mich solche Dinge nicht mehr. Durch das gute Wetter verwöhnt, welches meist herrschte, wenn wir in Amerika oder Australien tourten, fror ich ständig, sobald ich mich in London aufhielt. Willie bezeichnete mich deswegen sogar öfter als Weichei, was ich ihm jedoch nicht übel nahm.
Das waren sozusagen freundschaftliche Neckereien, die wir regelmäßig austauschten. Das taten wir auch am Abend, als er super pünktlich auftauchte, um sich die Anweisungen für das Blumengießen zu holen und uns eine gute Reise zu wünschen.
Am nächsten Tag klappte alles wie am Schnürchen. Wir fuhren zum Flughafen Heathrow, starteten pünktlich und erreichten nach einem siebenstündigen Flug die Stadt Miami. Das Wetter meinte es äußerst gut mit uns, die Sonne strahlte nur so und auch das Haus machte einen netten und sauberen Eindruck. Es verfügte über einen enorm großen Wohnbereich mit offener Küche aus weißen Hochglanzmöbeln, die ziemlich luxuriös ausgestattet war. Außerdem gab es zwei Schlafzimmer, eine großes mit einem Kingsize-, und ein kleineres mit einem Queensize Bett. Direkt vom großen Schlafzimmer aus führte eine Tür zum angrenzenden Bad, dessen überdimensionale Dusche Jess sofort ins Auge fiel.
„Die ist echt cool", meinte sie.
„Du wolltest sagen, sie eignet sich für unsere Zwecke", stellte ich die Sachlage mit einem Augenzwinkern klar.
„Und wie die sich eignet!", kam es prompt zurück.
Selbst dem kleinen Schlafzimmer war ein Bad zugeteilt, welches zwar nicht vom Raum aus betreten werden konnte, aber da wir es sowieso nicht benutzen würden, konnte uns das egal sein. Die Einrichtung des Hauses war ganz im Floridianischen Stil gehalten, also hell und freundlich, und mit Spiegeln an einer Wand des Wohnbereichs. Am besten gefiel Jess jedoch der riesige Einbauschrank im großen Schlafzimmer.
„Da kann ich ja ganz viel einkaufen, bevor der voll wird", sprach sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Du denkst schon noch daran, dass ich auch Klamotten besitze, die ich dort aufhängen will?", fragte ich lachend.
„Ähm, also wenn er zu klein werden sollte, kannst du ja den Einbauschrank im kleinen Schlafzimmer nehmen", konterte sie sofort.
Ich schlang meine Arme um ihre Taille, bevor ich ihr ins Ohr flüsterte: „Weißt du was, wir können es auch umgekehrt machen, aber am liebsten wäre es mir, wenn du hier zuhause gar nichts anhast. Also wirst du auch nicht allzu viele Klamotten brauchen."
Ihr Kichern ermunterte mich, meine Aussage noch voranzutreiben. „Wir können gleich damit anfangen, wenn du magst."
„Kaum sind wir im Urlaub, denkst du nur an eines, Niall. Schäm dich!" Obwohl sie versuchte, einen Schmollmund zu fabrizieren, gelang es ihr nicht. Stattdessen prusteten wir beide vor Lachen, bis wir nach Luft japsten.
„Komm, lass uns den Rundgang fortsetzen, wir haben noch nicht alles gesehen", schlug ich vor, nachdem unser Lachanfall wieder vorüber war.
Ich nahm ihre Hand und gemeinsam schritten wir in Richtung Terrasse. Als ich die Glastüren öffnete, und wir ins Freie traten, bekam Jess ihren Mund fast nicht mehr zu. Sie konnte sich nämlich nicht darüber beruhigen, dass wir den Strand direkt vor der Haustür hatten. So etwas grenzte natürlich an Luxus, aber ich hatte dies mit Absicht so gebucht. Ich wollte einfach meine Ruhe, was den Strandbesuch anging. Jedoch war ich nicht abgeneigt, den einen oder anderen Abend in einem Club zusammen mit Jess zu verbringen. Sie hatte ja dahingehend immensen Nachholbedarf.
Zunächst schauten wir uns jedoch kurz am Strand um, bevor wir zu einem nahegelegenen Supermarkt fuhren, um Einkäufe zu tätigen. Vor allem Getränke waren bei dieser Hitze unglaublich wichtig, aber wir kauften auch Steaks für unser Barbecue, da ein großer Gasgrill zum Inventar des Hauses gehörte. Dieser stand auf der Terrasse und wartete nur darauf, benutzt zu werden.
Aber am heutigen Abend entführte ich Jess in ein Restaurant, welches frischen Fisch zu bieten hatte.
„Es schmeckt so lecker, Niall", schwärmte sie, worauf ich ihr zuzwinkerte.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich in einen Schuppen einlade, der grässliches Essen serviert", lautete meine Aussage.
„Stimmt, dafür isst du viel zu gerne."
Es wurde ein ruhiger Abend, den wir auf der Terrasse unseres Ferienhauses bei einem Glas Wein ausklingen ließen.
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir hier sind", sagte Jess mit träumerischem Blick auf das Meer.
„Wir haben uns das verdient, Prinzessin", antwortete ich grinsend.
In Momenten wie diesen spürte ich, wie nahe wir uns innerlich waren und nichts vermochte diese Art Nähe zu trennen. Eine Weile saßen wir schweigend da und lauschten einfach nur dem Rauschen der Wellen.
Die sanfte Brise des Windes wirbelte Jess' Haare ein wenig durcheinander, was sie unglaublich sexy aussehen ließ. Sofort stellten sich die Haare an meinen Armen auf und ein wohliger Schauer durchfuhr meinen Körper. Es lag schon eine ganze Weil zurück, dass wir miteinander geschlafen hatten, was natürlich mit ihrer Knie-OP in Zusammenhang stand. Ich wollte nichts überstürzen aber am heutigen Abend konnte ich mich einfach nicht mehr zusammenreißen. Da Jess' Knie inzwischen schmerzfrei und wieder in Ordnung war, sollte dies auch kein Hindernis mehr darstellen.
Mittlerweile stand sie am Geländer der Terrasse und ich pirschte mich langsam von hinten heran, um dann meine Arme um ihre schlanke Taille zu legen. Augenblicklich lehnte sie sich ein wenig zurück und schmiegte ihren warmen Körper gegen meinen. Dies legte buchstäblich einen Schalter in mir um. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte ich sie hochgehoben und ins Haus getragen. Ihre zarten Hände in meinem Nacken zu spüren, verursachte erneut eine Gänsehaut auf meinem Körper.
Wie in Zeitlupe versanken wir Sekunden später im Bett, der Hauch ihres Atems an meinem Ohr pumpte das Blut schneller durch meine Adern.
„Bist du bereit für unsere Premiere?", flüsterte ich mit rauer Stimme.
Ihr gehauchtes „Ja" forderte mich geradezu auf, den Verschluss ihres BHs zu öffnen. Langsam ließ ich meine Finger unter ihr Shirt wandern, um meinen Plan auszuführen, den Jess mit einem Lächeln quittierte.
Es dauerte gar nicht lange, da lagen wir beide völlig nackt im Bett. Ihre vollen Lippen pressten sich gegen meine, gleichzeitig suchten unsere Körper die gegenseitige Nähe. Mein sanftes Streicheln über ihre Narbe am Knie bewirkte, dass sie kurz schmunzelte.
„Kein hässliches, schwarzes, unerotisches Teil mehr", wisperte sie glücklich.
Unser darauffolgender Kuss wurde zunehmend heißer, während unsere Körper die Verbindung zueinander suchten. Deutlich war zu bemerken, dass wir beide heute keine Zeit verlieren wollten, denn wir waren viel zu scharf aufeinander. Ich konnte es nicht erwarten, sie zu besitzen, unter mir zu spüren und mich einfach von den Gefühlen treiben zu lassen, bis wir beide die Kontrolle verlieren würden.
„Niall", Jess stöhnte leise meinen Namen, was mich anspornte den Rhythmus zu erhöhen, dem unsere Körper folgten.
Nur am Rande registrierte ich, wie sie ihre Beine um meinen Leib schlang, um mir noch näher zu sein. Die Hitze in meinem Innersten wuchs zu einer alles verschlingender Flamme heran, die Sekunden später explodierte. Erleichtert stellte ich fest, dass es Jess genauso ging.
Unsere schlaffen und ausgelaugten Körper schmiegten sich noch immer aneinander, während mein Herzschlag sich langsam wieder normalisierte. Als ich mich zu Jess drehte, um in ihr Augen zu schauen, erblickte ich den wunderbaren Glanz darin, der mich stets atemlos werden ließ.
„Geht es dir gut? Ist dein Knie ok?" Während ich ihr diese Fragen stellte, streichelten meine Finger durch ihr Haar.
„Ja, alles ok, Niall", flüsterte sie zurück.
Anschließend bettete sie ihren Kopf auf meine Brust. „Das war unglaublich schön", hörte ich sie murmeln.
„Ja, was war es."
Durch die Zeitverschiebung mit der unsere Körper zu kämpfen hatten, schliefen wir beide ziemlich bald, und fast gleichzeitig ein.
Der nächste Tag beschenkte uns selbstverständlich mit schönem Wetter und so verbrachten wir diesen nach einer Runde Joggen am Morgen, größtenteils am Strand, sowie auf der Terrasse. Es tat gut, mit Jess im Sand spazieren zu gehen und zu wissen, dass es ihr keine Mühe mehr bereitete. Sie wirkte unendlich glücklich und total ausgeglichen. Wir ließen einfach unsere Seelen baumeln, wie man so schön sagte.
Hand in Hand liefen wir am Wasser entlang, Jess immer einen Schritt voraus, doch sie ließ meine Hand nicht los. Schmunzelnd beobachtete ich ihre grazilen Bewegungen, an denen ich mich nicht satt sehen konnte. Sie würden wunderschön aussehen, wenn sie tanzte, das wusste ich mit Sicherheit.
Am Abend beschlossen wir nicht auswärts essen zu gehen, sondern den Grill in Betrieb zu nehmen. Selbstverständlich war ich für das Grillen verantwortlich, dies tat ich zuhause auch. Jess durfte sich damit begnügen, den Salat zuzubereiten, sowie den Tisch zu decken. Alles schmeckte vorzüglich und Jess sparte nicht mit Lob, als wir die medium gegrillten Steaks verspeisten und Bier dazu tranken.
„Das ist so lecker, Niall. Ich glaube, ich werde in diesem Urlaub zunehmen", sagte sie lachend.
„Das macht nichts, Süße. Du kannst es ja beim Balletttanzen wieder abtrainieren", lautete meine vergnügte Antwort.
„Apropos tanzen, wann wollen wir denn mal in einen Club gehen?", erkundigte sich meine Freundin prompt.
„Wie wäre es mit nachher?"
„Einverstanden!"
Tatsächlich ließen wir uns gegen elf Uhr mit einem Taxi zu einem angesagten Club in Miami Beach kutschieren. Jess trug ein schwarzes Minikleid und High Heels, womit sie um einiges größer war als sonst.
„Also wenn deine Absätze noch fünf Zentimeter höher wären, müsste ich mir echt Gedanken machen", meinte ich.
„Warum? Kriegst du Komplexe, wenn du kleiner bist als eine Frau?", zog sie mich auf.
„Nicht wirklich, aber ich finde es trotzdem schöner, wenn meine Freundin mir nicht auf den Kopf spucken kann."
Mein Sarkasmus brachte Jess mal wieder zum Lachen. Gott sei Dank hatten wir beide den gleichen Humor.
Für mich fühlte es sich noch immer komisch an, ohne Bodyguard einen Club zu besuchen und ich konnte nur hoffen, dass man mich nicht beachten oder erkennen würde. Dann würden Jess und ich automatisch in den Schlagzeilen stehen. Niemand würde mehr glauben, dass sie nur ein besonderer Gast unserer längst vergangenen Charity Veranstaltung gewesen war. Jeder würde merken, dass wir ein Paar waren.
Ich hatte zwar keine Probleme damit, aber ich wollte Jess solche Dinge wie Twitter Hate einfach ersparen. Sie hatte weiß Gott in ihrem Leben schon genug durchgestanden und brauchte ganz gewiss vor ihrem Neuanfang in der Ballettschule keine zusätzliche psychische Last. Es lag jedoch nicht an mir, ob wir unsere Ruhe behalten würden oder nicht. Also hieß es abwarten und das Beste hoffen.
Gleich am Clubeingang wurde das Publikum aussortiert aber Jess und ich gelangten ohne Problem in das Innere. Dabei entzog es sich meiner Kenntnis, ob die Türsteher mich vielleicht erkannt hatten, oder ob sie meine Freundin besonders hübsch fanden. Ich tippte eher auf das Letztere, denn Jess war wirklich eine Augenweide. Ihre langen schlanken Beine kamen mit den High Heels noch besser zur Geltung und ihre Figur war der Traum eines jeden Mannes schlechthin.
Amüsiert beobachtete ich die bewundernden Blicke der Männer, die meiner Freundin folgten. Sollten sie ruhig gaffen, denn ich war es, der ihre Hand hielt und sie küssen durfte, was mir eine ziemliche Genugtuung verschaffte.
An der Bar angekommen, bestellte ich zunächst zwei Margaritas, bevor ich mich neben Jess stellte, die auf einem der Barhocker saß. Wir stießen an und nippen an unseren Drinks, wobei sich unsere Augen trafen. Ihre leuchteten schon wieder in diesem besonderen Glanz, den ich so sehr liebte.
„Auf unseren Urlaub, Schatz", sagte sie und prostete mit erneut zu.
„Auf unseren Urlaub, Süße", erwiderte ich grinsend.
Da es ziemlich warm im Club war, hatten wir unsere Gläser schnell geleert und ließen nun die Musik auf uns wirken. Ich mochte den Beat des Songs, der gerade lief und wippte im Takt mit meinen Füßen, was meiner Freundin natürlich nicht verborgen blieb.
„Lass uns tanzen, Niall!"
Ohne Vorwarnung stellte Jess ihr leeres Glas ab, rutschte gekonnt vom Barhocker und griff nach meiner Hand, um mich auf die Tanzfläche zu ziehen. Wie konnte ich da nein sagen? Meine Augen folgten zunächst ihren Bewegungen, bevor wir immer enger tanzten und unsere Körper sich berührten. Jeder sollte sehen, dass sie mir gehörte. Mit einem schelmischen Augenzwinkern streifte ich mit einer Hand ihren Po, was Jess mit einem scharfen Grinsen quittierte.
„Willst du mich anmachen, Niall?", raunte sie mir kokett ins Ohr, worauf ich nur vielsagend lächelte.
Mit geschlossenen Augen bewegte ich mich im Takt zur Musik, immer darauf bedacht, den engen Körperkontakt mit Jess zu halten, die ein perfektes Rhythmusgefühl besaß. Aber als Balletttänzerin konnte ich das auch von ihr erwarten.
„Ich muss mal kurz für kleine Jungs, Süße. Lauf nicht weg, ok?", flüsterte ich ihr ins Ohr, was sie mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.
Schnell hauchte ich einen Kuss auf ihre Wange, bevor ich mir den Weg zu den Toiletten durch die Menge bahnte. Glücklicherweise erkannte mich dort wohl niemand, zumindest wurde ich nicht angesprochen.
Gut gelaunt machte ich mich einige Minuten später mit entleerter Blase auf den Weg zur Tanzfläche. Das, was ich dort sah, ließ mich allerdings binnen Sekunden zu einer Furie werden. Ein großer, schlanker Typ schmiss sich regelrecht an Jess ran, die verzweifelt versuchte, ihn auf Abstand zu halten. Während ich mich durch die Menge quetschte, konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen, dass er ihr an den Po fasste. Das ging eindeutig zu weit und das Schwein würde sich dafür verantworten müssen!
Kaum stand ich hinter ihm, herrschte ich ihn an: „Nimm gefälligst die Pfoten von meiner Freundin, du Idiot!"
Der Typ, der mich um etwa zehn Zentimeter überragte, schaute ganz gechillt drein und meinte: „Deine Freundin? Davon träumst du Milchbubi doch wohl, oder? Ich fasse die Schlampe an, so lange es mir passt."
Das war der Augenblick in dem ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Wortlos holte aus und pfefferte ihm eins auf die Nase, aus welcher sofort Blut hervorspritzte. Das Blitzgewitter der Handys, welches prompt einsetzte, machte mir bewusst, was gerade geschah.
Fuck! Jetzt würden wir es bestimmt mühelos auf die Titelseite aller Klatschblätter schaffen!
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Na, was sagt ihr zum Kapitel? Und wie hat euch der Schluss gefallen? :D
Danke, für die 72k reads, es ist unfassbar! Und danke für die vielen Kommentare, es freut mich so, diese zu lesen und zu sehen, was ihr denkt.
LG, Ambi xxx
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