45. Preparations

Niall

Lange, ungebändigte Locken kitzelten meine Nase, als ich durch das fahle Sonnenlicht erwachte, welches seinen Weg durch die halbgeöffneten Jalousien fand. Mein Kopf dröhnte wie nach einer durchzechten Nacht in meinem Lieblingsclub und ich bekam gerade keine Luft, weil mein Brustkorb durch den Klammergriff eines Armes eingeengt wurde. So in etwa musste es sich anfühlen, wenn man lebendig begraben wurde.

In meinem Herzen herrschte gestern genau jene Emotion, als Jess mein Angebot, ihre Operation zu bezahlen, ausschlug. Verdammt, ich liebte diese junge Frau mehr als alles andere auf der Welt. Warum konnte sie das nicht begreifen?

Ein Hustenanfall befreite mich kurzerhand von diesen Gedanken. Jetzt musste ich handeln, denn bevor ich einen Erstickungstod starb, zerrte ich den durchtrainierten Arm von meinem Körper. Dabei war es mir herzlich egal, ob das Individuum neben mir nun erwachte oder nicht.

„Niall..., du bist so nervig", hörte ich eine Stimme murmeln.

„Ich bin nervig?! Du bist nervig! Du drückst mir fast die Luft ab!", keifte ich ungehalten.

„Ist das der Dank für die letzte, wirklich fantastische Nacht?", kam es pikiert zurück.

Ein wenig amüsiert zog ich eine Augenbraue nach oben, bevor ich verbal zum Gegenschlag ausholte. „Was bitte war an der letzten Nacht fantastisch? Du hattest meinen Lieblingswhiskey nicht da, außerdem musste ich mir anhören, dass deine Schwester unter immensem Liebeskummer leidet. Abgesehen davon haben wir für meine Probleme immer noch keine Lösung gefunden."

„Aber du konntest mir dein Herz ausschütten, das ist doch schon mal etwas", bekam ich nun zu hören.

Seufzend schlug ich die Decke zurück und schwang meine Beine aus dem Bett. Das Reden erleichterte wirklich, aber unsere Aktion danach trug dazu bei, dass mein Körper sich heute ziemlich ausgelaugt anfühlte.

„Hast du Aspirin da?", fragte ich, bevor ich meine Schritte ins Badezimmer lenkte.

Das Haus war mir so vertraut wie mein eigenes.

„Ja, zweite Schublade, rechts, im Badezimmerschrank", lautete die Antwort, auf die ich gehofft hatte.

Nach dem Genuss einer Aspirin Tablette wartete ich nun auf das Eintreten der Wirkung. Während dieser Zeit durchforstete ich die Küche nach essbaren Dingen, aus welchen sich ein Smoothie zusammenstellen ließ. Gott sei Dank war ich nicht der einzige Gesundheitsfanatiker, wenn es um solche Dinge ging, weshalb ich recht schnell fündig wurde.

Um mich für die vergangene Nacht zu revanchieren, bereitete ich das komplette Frühstück zu, deckte den Tisch und dachte sogar daran, den Tee nicht zu stark zuzubereiten, damit mein Gegenüber nicht vom Stuhl fiel.

Bevor wir allerdings mit dem Frühstück starteten, warf ich einen Blick auf mein Handy. Jess hatte heute früh versucht, mich zu erreichen. Natürlich lag ich um diese Uhrzeit noch im Tiefschlaf, außerdem befand sich das Handy im lautlosen Modus.

Wie zu erwarten, hatte sie keine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen. Ich konnte es ihr nicht einmal verübeln, so überstürzt wie ich aufgebrochen war, noch dazu ohne eine Erklärung abzugeben.

„Oh Gott, der Smoothie schmeckt köstlich! Kannst du nicht öfter bei mir übernachten, Niall?"

„Wenn du mir versprichst, mich nicht wieder mit deinem Arm zu ersticken, überlege ich es mir vielleicht", erwiderte ich grinsend, um dann in meinen Toast zu beißen.

„Wann gedenkst du Jess anzurufen?"

Diese Frage stürzte mich abrupt in ein Gedankenkarussell, welches nicht zum Stillstand kam. Eine Krisensitzung mit den Jungs abzuhalten, war in dieser Situation einfach unerlässlich. Vielleicht würden wir gemeinsam eher eine Lösung finden, die Jess entgegenkam, denn ich wollte, dass sie diese OP unter allen Umständen durchzog. Ihr weiteres Leben hing davon ab und mich interessierte es, gelinde gesagt, einen Scheiß, ob wir verheiratet waren und sie deshalb mein Geld nicht annehmen wollte.

„Ok, dann rufe ich jetzt Louis an, du kannst es ja bei Liam versuchen."

Kaum sprach Harry diese Worte aus, kam wieder Leben in mich. Sofort griff ich nach meinem Handy, um kurze Zeit später Liam am Ohr zu haben, der versprach, so schnell es ging, bei Harry vorbeizuschauen.

Eine Stunde später saßen wir alle im Wohnzimmer. Nachdem ich die Jungs bezüglich meines Problems aufgeklärt hatte, bat ich nun um Vorschläge für eine Lösung.

„Verstehe ich das richtig. Jess könnte also nach dieser OP wieder tanzen, ihre Familie hat jedoch nicht so viel Geld, um den Eingriff bezahlen zu können, und sie weigert sich, dein Geld anzunehmen?", fasste Liam zusammen.

Harry und ich nickten beinahe synchron. Ich war dem Lockenkopf so dankbar, dass er mich letzte Nacht bei sich aufgenommen hatte, und sich außerdem meine Probleme anhörte. Auch wenn das für mich bedeutete, sein Gejammer über Gemmas Liebeskummer anzuhören, sowie eine Flasche widerlichen schmeckenden Whiskey trinken zu müssen. Harrys gutes Herz machte das alles wett. Er hatte mich sogar in den Schlaf gesungen.

„Ich bin ja dafür, dass wir eine Charity Veranstaltung machen", warf Louis ein.

Er tat solche Dinge ständig, er wusste mit Sicherheit von uns am besten, wie wir das so schnell wie möglich auf die Beine stellen konnten. Bekanntlich drängte die Zeit, denn Jess' OP Termin war für Anfang März angesetzt.

„Und als was willst du bitte diese Charity deklarieren?", fragte Harry berechtigterweise. „Wir können ja schlecht sagen, dass es für Nialls Freundin ist, die er offiziell gar nicht hat."

„Ihr habt ein Scheiß Glück, dass die Paps euch bisher nicht entdeckt haben", warf Liam grinsend ein.

„Das verdanken wir meiner guten Planung", erwiderte ich mit stolz geschwellter Brust. Wenn jemand Geheimnisse vertuschen konnte, dann war ich das. Von meinen Fuckbuddies aus der Vergangenheit wusste die Presse schließlich auch nichts.

„Wie wäre es denn, wenn wir so eine Art private Charity ins Leben rufen?", kam es nun von Louis.

„Was meinst du denn damit?", erkundigte ich mich neugierig.

„Na ja, also passt mal auf. Ich dachte, wir könnten vielleicht einen Club mieten, einige prominente Freunde einladen, und eine kleine Spendenbox aufstellen. Je nachdem was zusammenkommt, legen wir noch was drauf, oder haben noch was übrig, das wir dann irgendeiner Organisation spenden können."

„Die Idee klingt gut und ist vermutlich auch relativ schnell durchführbar", sagte ich mit einem Blick in die Runde.

Die Gesichter meiner restlichen Bandkollegen verrieten mir, dass sie wohl meine Ansicht teilten.

„Ok, dann sollten wir uns gleich an die Arbeit machen", verkündete Louis. „Welchen Club wollen wir überfallen. Habt ihr irgendwelche Präferenzen?"

„Niall, willst du vielleicht den Ort des Geschehens auswählen?", richtete Harry seine Frage direkt an mich, worauf ich sofort antwortete: „Libertine Club. Das ist eine coole Location."

„Gut, dann rufe ich mal dort an." Louis nahm es mal wieder in die Hand, wofür ich ihm allerdings dankbar war, dachte ich doch bereits einen Schritt weiter, nämlich, wer für die Gästeliste in Frage kommen würde.

„Olly, Ed, Ellie, Grimmy, Marvin, Julian", zählte ich den ersten Schwung auf, der prompt durch meine Freunde vervollständigt wurde.

Die Gästelist wurde immer länger und dementsprechend sollten wir uns mit den Einladungen beeilen. Glücklicherweise konnten wir diese Arbeit unter uns aufteilen, sodass alles wunderbar klappte.

Nachdem Louis das Datum des Events mit dem Club festgelegt hatte, welches nun auf den dritten Februar, einen Mittwoch, datiert wurde, machten wir uns daran, private Nachrichten an unsere Freunde auf Whatsapp zu schicken. Jeder lud so viele ein wie nur möglich, sodass sich die Gästeliste auf ungefähr dreihundert Leute belief. Es würden sowieso nicht alle zusagen, wenn die Hälfte davon anrücken würde, waren wir gut bedient. Die Veranstaltung lief unter dem Motto „Magic."

Es sollte gleichzeitig eine Überraschungsparty für Jess werden. Wenn sie schon nicht mein Geld annehmen wollte, dann eben das meiner Musikerkollegen und Freunde, die sich bei solchen Angelegenheit immer spendabel zeigten. Und natürlich würden wir es uns nicht nehmen lassen, an diesem Abend einige Lieder zu singen. Schließlich wollten wir unseren Gästen auch etwas bieten. Leider dauerte es bis dahin noch ein wenig, drei Wochen um genau zu sein. Und in dieser Zeit musste ich alles vor Jess verheimlichen, sowie mich schleunigst für mein Verhalten vom letzten Abend entschuldigen.

Bevor ich jedoch dazu kam, mein Handy erneut hervorzuholen, um Jess darüber zu informieren, wo ich mich letzte Nacht aufgehalten hatte, und dass ich nun nach Hause kommen würde, meldete sich Harrys Telefon. Zu unser aller Überraschung und Erheiterung handelte es sich um Anne, die ihn sprechen wollte.

„Hallo, Anne, schön, dass du dich meldest."

Sofort stellten sich meine Ohren in Alarmbereitschaft. Vermutlich hatte Anne bereits mit Jess telefoniert und wollte sich nun bei Harry ausheulen, oder ihn ausfragen. Dass ich mit meiner Vermutung richtig lag, bestätigte mir Harry nächster Satz.

„Ähm, also Niall ist hier. Er hat in der vergangenen Nacht auch hier geschlafen. - Nein, wir waren nicht weg, wir haben uns bei mir zuhause betrunken. - Ja, du kannst ihn sprechen."

Stirnrunzelnd nahm ich das Handy entgegen.

„Hi, Anne."

„Hi, Niall." Danach ertönte ein Seufzen. „Jess hat mich vor einer halben Stunde angerufen."

„Das dachte ich mir bereits. Hat sie dir auch gesagt, was los ist?"

„Nicht so richtig. Nur, dass du heute Nacht nicht zuhause warst und sie sich große Sorgen um dich macht. Was um Himmels Willen ist denn jetzt schon wieder passiert, Niall?"

Annes Stimme klang nicht vorwurfsvoll, im Gegenteil, sondern eher betroffen.

„Sie hat dir nicht erzählt, dass sie Post aus Denver bekommen hat?"

„Nein, das hat sie mit keiner Silbe erwähnt. Aber du könntest mich dahingehend aufklären, oder?"

Das tat ich sogar sehr gerne. Ich verschwieg ihr nichts, auch nicht die Tatsache, dass wir bereits eine Charity Veranstaltung in einem Club geplant hatten, um Geld für Jess zu sammeln.

„Du bist natürlich herzlich eingeladen, Anne", ließ ich sie wissen.

„Das ist in London, oder?"

„Ja, im Libertine Club."

„Könnte ich dann bei euch übernachten?"

„Natürlich kannst du bei uns schlafen."

Das war der Augenblick, in dem sich Harry einmischte.

„Was? Das kommt gar nicht in Frage! Anne schläft natürlich bei mir!", sagte er mit Nachdruck in seiner Stimme.

Schmunzelnd reichte ich das Handy an ihn. „Macht das unter euch aus. Ich fahre jetzt nach Hause."

Nachdem ich mich bei meinen Freunden für ihre Hilfe bedankt hatte, machte ich mich umgehend auf den Weg nach Hertfordshire. Es dauerte lange, aus London herauszukommen, da die Straßen total verstopft waren, aber irgendwann hatte ich es geschafft.

Mit einem erleichterten Seufzen öffnete ich das Tor zu meinem Anwesen und zu meiner großen Überraschung stand Jess plötzlich in der geöffneten Haustür. Sie kam auf mich zugelaufen, als ich aus dem Wagen stieg. Ihrem Gesicht nach zu urteilen musste sie geweint haben, was mich traurig werden ließ. Bevor sie irgendetwas sagen konnte, nahm ich sie in meine Arme. Sie wehrte sich nicht, sondern legte den Kopf an meine Wange.

„Ich war bei Harry und es tut mir leid", flüsterte ich ihr ins Ohr.

„Ich weiß, Anne hat mich vorhin angerufen... Sie sagte, ich sollte dir keine Vorwürfe machen, das hättest du nicht verdient."

Ich hauchte einen Kuss auf ihre Wagen und schaute dann in ihre Augen.

„Und wie denkst du darüber?"

„Genau wie Anne. Es tut mir so leid, Niall, dass ich gestern so heftig reagiert habe, aber..., du musst mich auch verstehen..."

„Alles gut, ich verstehe dich, ok?" Meine Hand streichelte über ihre Wange, bevor wir in einem langen Kuss versanken.

Es tat so gut, ihre Lippen auf meinen zu spüren. Obwohl wir nur eine Nacht voneinander getrennt waren, hatte ich Jess unglaublich vermisst. Abgesehen davon machte mein schlechtes Gewissen mir sehr zu schaffen. Aber ich hatte gestern einfach jemandem zum Reden gebraucht und bei Harry war ich somit in den besten Händen.

„Komm, lass uns rein gehen, sonst erkältest du dich noch", wisperte ich Jess ins Ohr.

Dann nahm ich ihre Hand und marschierte ins Innere des Bungalows. Drei Wochen musste ich nun schauspielern, was die Kosten für ihre Operation betraf. Hoffentlich würde ich das ohne Problem durchstehen. Zum Glück machte Jess es mir recht einfach, wie ich sogleich erfahren sollte.

„Weißt du, ich habe mit meinen Eltern gesprochen, Niall. Wir haben beschlossen, dass ich die OP verschieben werde, bis wir genügend Geld gespart haben. Ich kann ja mithelfen und irgendeinen Job annehmen."

Das klang soweit ganz gut, bis auf den Job. Damit war ich ganz und gar nicht einverstanden, zumal dies unsere gemeinsame freie Zeit betraf. Eine Bemerkung dahingehend musste ich mir allerdings im Moment verkneifen. Sonst wäre es noch aufgefallen, dass ich diesbezüglich einen perfekten Plan auf Lager hatte. Aber mir würde schon etwas einfallen, um Jess während der nächsten drei Wochen von der Arbeitssuche fernzuhalten.

Deswegen kam es mir auch sehr gelegen, dass Harry sich zwei Tage später telefonisch meldete, um uns mitzuteilen, dass Anne ihn am Wochenende besuchen kommen würde. Jess' Reaktion brachte mich zum Schmunzeln. Sie begann lauthals zu lachen und sagte dann: „Das glaube ich jetzt nicht. Ich sehe es kommen, dass die beiden irgendwann ein Paar sind."

Es stand völlig außer Frage, dass wir uns mit den beiden treffen würden. Harry machte den Vorschlag, bei seinem Lieblingsitaliener, der sich in Camden befand, ein gemeinsames Abendessen einzunehmen, welchem sowohl Jess als auch ich sofort zustimmten.

So kam es, dass wir am Samstagabend zu viert in einer Pizzeria, an einem runden Tisch saßen, um die ausgezeichneten Gerichte zu genießen. Anne und Jess tranken Rotwein, während Harry und ich uns mit Wasser begnügten.

„Ok, ihr zwei, was habt ihr heute so unternommen?", richtete Jess ihre Frage an Ann und Harry.

„Wir waren in einer Galerie! Es war so toll", schwärmte Anne mit träumerischem Gesichtsausdruck.

„Und dann habe ich Fotos von Anne geschossen", erklärte Harry verschmitzt grinsend.

„Nacktbilder?", wollte ich wissen, was mir sofort einen empörten Blick der beiden Frauen einbrachte.

„Harry ist nicht so einer", verteidigte Anne meinen Freund, worauf ich nur sagte: „Warte mal ab, wenn er sein wahres Gesicht zeigt." Dabei musste ich allerdings lachen, denn schließlich sollte jeder das als Spaß verstehen.

Es wurde ein ziemlich lustiger Abend, wobei ich mehrmals darauf achten musste, mich nicht zu verplappern, was die Veranstaltung im Libertine Club anging. Vor allem, als Anne erzählte, dass sie Anfang Februar nochmals nach London kommen würde, um Harry zu besuchen. So gesehen war es mir ganz Recht, dass Jess' Vermutungen in eine völlig falsche Richtung gingen. Als wir uns später auf dem Nachhauseweg befanden, sagte sie nämlich: „Also wenn du mich fragst, haben die beiden was am Laufen. Sie wollen es nur nicht zugeben."

„Wenn du jetzt von Anne und Harry redest, kann ich dir nur zustimmen", meinte ich.

Das lief wirklich wie am Schnürchen. Jess schöpfte keinerlei Verdacht, dass der Besuch ihrer Freundin bei Harry mit einem Event in Zusammenhang stand, welches wir für sie organisiert hatten.

Für mich konnte die Zeit bis dahin nicht schnell genug vergehen, obwohl ich genügend mit den Vorbereitungen zu tun hatte. Außerdem diskutierte ich jeden Tag mit Jess über ihre möglichen Jobs, fand jedoch immer etwas daran auszusetzen. Bis sie mich schließlich vor vollendete Tatsachen stellte.

„Ich habe einen Job in der Tierarztpraxis, hier im Ort", erklärte sie mit stolz geschwellter Brust. „Und ich darf morgen schon anfangen."

„In der Tierarztpraxis? Was bezahlen die denn und wie oft arbeitest du dort?", erkundigte ich mich scheinbar beiläufig.

„Also ich arbeite dort montags und mittwochs, von zwei bis sechs. Die waren ganz begeistert, als sie hörten, dass ich einen kleinen Igel aufgezogen habe!"

Die Euphorie in ihrer Stimme war deutlich auszumachen, was mir ein Lächeln entlockte. Sicher würde es ihr Spaß machen, aber ich sah es als meine Aufgabe, unserem Tierarzt, den ich zufällig gut kannte, weil er in regelmäßigen Abständen genau das gleiche Pub besuchte wie ich, reinen Wein einzuschenken. Jess konnte nur bis Anfang März bei ihm arbeiten, danach würde Schluss sein. Doch einstweilen freute ich mich für sie.

Es würde ihr gut tun, andere Menschen, und auch die Tiere zu sehen; dies würde gewissermaßen Balsam für ihre Seele sein. Und zwei Nachmittage in der Woche konnte ich im Augenblick gut verschmerzen, da ich sowieso noch in Sachen One Direction eingebunden war.

Den ersten Nachmittag, an welchem Jess in der Tierarztpraxis arbeitete, nutzte ich jedoch, um unsere Flüge nach Denver zu buchen. Da sie nichts davon mitkriegen durfte, war das die perfekte Gelegenheit. Anschließend fuhr ich zu meinem Stammsupermarkt und kaufte dort die Zutaten für unser Abendessen ein, welches ich sogleich vorbereitete. Schließlich sollte meine Freundin nach getaner Arbeit nicht verhungern.

Jess dankte mir dies später, indem sie nicht einen Bissen auf ihrem Teller liegen ließ und außerdem meine Kochkünste über alle Maßen lobte. Während des Essens drehte sich unser Gespräch natürlich um die Praxis, sowie den Tieren.

„Da war jemand mit einem unglaublich fetten Kaninchen", plapperte sie drauflos. „Das wog bestimmt fünfzehn Pfund."

„Echt? Das würde ein toller Weihnachtsbraten geben", lautete meine Aussage.

Sogleich fing ich mir einen Rüffel ein. „Niall, wie kannst du nur! Kaninchen sind so süß, ich würde sie niemals essen!", schnaufte Jess empört.

„Aber was ist denn der Unterschied, ob du nun ein Schwein, eine Kuh, ein Schaf, oder ein Kaninchen verspeist?", gab ich kontra.

„Ich mag Kaninchen eben, sie sind so schön flauschig und man kann super mit ihnen kuscheln."

„Na dann habe ich ja nichts zu befürchten, denn mit mir kannst du auch kuscheln", grinste ich.

„Dich würde ich ja auch nicht verspeisen, sondern nur vernaschen", kam es prompt von Jess, worauf ich sie kurzerhand von ihrem Stuhl hochhob und zum Sofa schleppte.

„Kuschelstunde", sagte ich und stürzte mich anschließend auf meine Freundin.

Es blieb nicht nur beim Kuscheln, sondern es endete damit, dass wir Sex auf meinem Sofa hatten, auf welchem wir letztendlich auch einschliefen.

Gleich am nächsten Tag machte ich mich daran, meinen Plan, mit dem Tierarzt zu reden, in die Tat umzusetzen. Was eignete sich dazu besser, als eine Runde Joggen vorzutäuschen? Dies nahm Jess mir ohne weiteres ab. Sie wollte die Zeit nutzen, um im Internet noch einiges über Tierheilkunde in Erfahrung zu bringen. Als ich mich um kurz nach zwei mit einem Kuss von ihr verabschiedete, sagte sie grinsend: „Du siehst zum Anbeißen aus. Hoffentlich wirst du nicht überfallen und vergewaltigt."

„Keine Angst, ich weiß mich zu wehren", erwiderte ich grinsend und lief dann los.

Bis zur Tierarztpraxis joggte ich auch brav, dann allerdings bog ich in den kleinen Weg ein, der durch einen gepflegten Vorgarten bis zum Haus führte. Da die Tür der Praxis offen stand, erübrigte sich das Klingeln. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass das Wartezimmer nicht überbelegt war.

Als ich meinen Kopf vorsichtig hineinstreckte, erblickte ich glücklicherweise nur eine Frau, mit einem Kaninchen auf dem Schoß. Das Tier war riesig, vermutlich handelte es sich dabei um jenes, von dem Jess gesprochen hatte. Seine braunen Augen musterten mich ängstlich, als ich mich setzte.

„Trevor ist etwas scheu, wissen Sie", erklärte die Besitzerin, als das Tier zu zittern begann. „Außerdem geht es ihm nicht besonders gut. Er wird eine Diät machen müssen."

Das interessierte mich zwar nicht die Bohne, da ich aber höflich sein wollte, erkundigte ich mich sogleich. „Warum denn das?"

„Er ist viel zu fett! Das sieht man doch!"

„Ok, und woran liegt das?"

„Er plündert regelmäßig unseren Mülleimer."

Dazu wollte ich jetzt lieber nichts sagen, obwohl mir ein sarkastischer Kommentar auf der Zunge lag. Gott sei Dank öffnete sich in jenem Moment die Tür zum Sprechzimmer und der Arzt trat, in Begleitung zweier junger Mädchen, sowie einer Dogge, heraus.

„Oh mein Gott, das ist Niall Horan!", fing eines der Mädchen an zu kreischen.

Na super! Hoffentlich erzählte sie das nicht überall, sprich auf Twitter, herum.

„Na, Niall, dann komm mal mit", forderte der Arzt mich auf.

„Ähm, ich glaube das Kaninchen war vor mir dran."

Durch die Blicke der beiden Mädchen fühlte ich mich zwar wie auf einem Präsentierteller, doch ich wollte mich nicht vordrängen.

„Das ist kein Problem. Trevor und ich warten gerne", erklärte die Besitzerin jedoch prompt, worauf mir ein Stein vom Herzen fiel. Wenn die beiden jungen Schnallen nicht so laut geschrien hätten, wäre ich sogar bereit dazu gewesen, Fotos mit ihnen zu machen. Aber das Gekreische ging mir so auf die Nerven, dass meine Gutmütigkeit sich sofort in Selbstschutz verwandelte. Anders konnte man im Showbusiness auf Dauer nicht überleben.

Mit einem erleichterten Aufatmen folgte ich Jake, dem Tierarzt, der sogleich die Tür hinter uns schloss, kaum dass wir das Sprechzimmer betreten hatten.

„Was kann ich denn für dich tun, Niall?", erkundigte er sich grinsend. „Ich nehme nicht an, dass du in einer deiner nicht vorhandenen Taschen eine Wühlmaus versteckt hast, die behandelt werden soll."

Jakes Humor war einfach unschlagbar, wie ich heute mal wieder feststellen durfte.

„Nein, es geht um keine Wühlmaus, sondern um meine Freundin."

Seine Augen weiteten sich bei jedem Satz, den ich aussprach mehr. Zum Schluss, als ich ihn vollends über die Lage aufgeklärt hatte, versprach er, Jess nichts von meinem Besuch zu verraten.

„Dann sollte ich mich wohl Ende Februar nach einer neuen Hilfe umschauen", meinte er.

„Ja, das solltest du. Ich hoffe, ihre OP geht gut aus und dass sie wieder tanzen kann", fügte ich hinzu.

„Das wünsche ich ihr auch. Sie ist eine nette, junge Frau, geht sehr liebevoll mit den Tieren um."
Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. „Wie sieht's aus, treffen wir uns am Freitag im Pub? Du kannst ja Jess mitbringen."

„Ja, das machen wir. Und vielen Dank für dein Verständnis."

„Bitte, keine Ursache. Also wer das nicht versteht, besitzt kein Fingerspitzengefühl."

Jake schaute mich nachdenklich an. „Darf ich eigentlich auch zu dieser Charity Veranstaltung aufkreuzen?", erkundigte er sich dann.

„Aber klar", erwiderte ich strahlend. „Das wäre super!"

„Fein, dann habe ich nämlich auch einen guten Grund, die Praxis an diesem Tag pünktlich zu schließen. So kann Jess nicht zu spät kommen."

„Die Idee ist spitze."

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, trat ich den Weg nach Hause an. Allerdings musste ich mich nun fünf Mädchen stellen, die im Vorgarten der Tierarztpraxis ihr Revier bezogen hatten und nur darauf warteten, Bilder mit mir machen zu können. Da sich die beiden Schreihälse, welche sich natürlich auch darunter befanden, jedoch manierlich verhielten, sah ich keinen Grund, weshalb ich ihrer Bitte nicht nachkommen sollte.

„Könntet ihr mir einen Gefallen tun? Würdet ihr die Bilder nicht sofort ins Internet laden, sondern frühestens in einer Stunde?", fragte ich.

„Ja, klar, das ist kein Problem", versprachen alle einstimmig, worauf es nun ans Fotografieren ging.

„Danke, Niall!", ertönte es in meinen Ohren, nachdem ich mich wieder verabschiedet hatte, um den Heimweg anzutreten.

Ich lief noch einen Umweg, damit ich wenigsten ein bisschen geschwitzt zuhause eintreffen würde, sonst fiel es noch auf, dass ich nicht wirklich joggen gewesen war.

Zuhause angekommen stellte ich mich sofort unter die Dusche und wartete nur darauf, dass Jess sich zu mir gesellen würde. Leider tat sie mir diesen Gefallen nicht, stattdessen vernahm ich plötzlich wie die Tür zum Badezimmer aufgerissen wurde und eine leicht angepisste Stimme mir entgegenschmetterte: „Niall James Horan, warum suchst du den Tierarzt auf, bei dem ich arbeite? Du bist der größte Stalker, den ich kenne!"

Fuck! Musste sie sich ausgerechnet heute auf ihrem Twitter Account einloggen?

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Habe ich euch am Anfang des Kapitels erschreckt oder wusstet ihr gleich, dass es sich um Harry handelt, der mit Niall im Bett lag?
Und wie fandet ihr die Szene beim Tierarzt?
LG, Ambi xxx





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