25. Calm down!
Niall
Als ich am nächsten Tag erwachte und automatisch nach meinem Handy griff, um die Skype Nachrichten zu checken, stellte ich fest, dass Jess mir einen Text geschrieben hatte.
„NJ, wenn du wach bist, dann melde dich bitte ganz schnell! Etwas Schreckliches ist passiert! Norman hat mir einen Strauß roter Rosen geschickt! Ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll!"
Da ich im Augenblick nicht wusste, ob ich eher lachen oder weinen sollte, schrieb ich ihr einfach zurück.
„Was ist denn so schrecklich daran und woher weißt du, dass die Blumen von Norman sind?"
Gespannt beobachtete ich den Status: prettyballerina1408 gibt eine Nachricht ein., und las kurze Zeit später, was Jess geschrieben hatte.
„Dem Blumenstrauß war eine Karte beigefügt, aus der das hervorging. Außerdem hat Norman mich gestern zuhause besucht und wollte heute schon wieder vorbeikommen. Doch ich habe ihm erklärt, dass ich meinen 21. Geburtstag nur mit meiner Familie feiern werde. Er schien es zu verstehen, hat sich verabschiedet und ist gegangen. Es ist also offensichtlich, dass er mir diese Blumen, es sind übrigens genau 21, geschickt hat. Und dann auch noch rote Rosen!"
Ihre Erklärung klang mehr als einleuchtend, trotzdem kam ich nicht umhin, noch eine Frage zu stellen.
„Magst du keine roten Rosen?"
„Herrgott nochmal NJ! Stellst du dich heute dumm oder begreifst du nicht, was das bedeutet? Rote Rosen sind ein Zeichen dafür, dass man jemanden liebt oder sich in ihn verliebt hat!"
Ich liebte Jess, wenn sie wütend war, ich stellte mir vor, wie ihre braunen Augen vor Zorn funkelten und sie beleidigt ihre Unterlippe nach vorne schob. Allerdings löste ihr nächster Satz ein erstauntes Schnaufen bei mir aus.
„Ich glaube, ich werde die Rosen entsorgen."
„Reg dich ab, Jess, die Blumen können doch nichts dafür. Auch wenn du genervt von Norman bist, solltest du seinen guten Willen sehen. Er wollte dir eine Freude machen", versuchte ich sie zu beruhigen.
„Aber wie soll ich mich ihm gegenüber denn jetzt verhalten?"
Obwohl ich mit dieser Frage gerechnet hatte, fiel es mir schwer, eine brauchbare Antwort darauf zu geben. Trotzdem versuchte ich mein Bestes.
„Also wenn du dir nichts aus ihm machst, dann würde ich die Sache einfach ignorieren. Und falls er dich darauf ansprechen sollte, kannst du ihm ja deutlich zu verstehen geben, dass du nicht an einer tiefgreifenden Freundschaft interessiert bist", riet ich ihr.
Jess schien einen Moment zu überlegen, denn es dauerte bestimmt eine Minute, ehe sie mir zurückschrieb.
„Wie würdest du denn reagieren, wenn du einer Frau rote Rosen geschickt hast, und sie erwähnt das mit keinem Wort?"
Darauf sollte ich besser ehrlich antworten. „Ich würde mir meinen Teil denken, und sie in Ruhe lassen."
„Ok, dann werde ich es so machen. Und um deine Frage zu beantworten, ich mag rote Rosen. Sie sehen so edel aus, und diese hier besonders. Er muss eine Menge dafür hingeblättert haben!"
„Wenn das so ist, wäre es doch erst recht schade, wenn du die Blumen einfach wegwirfst", versuchte ich ihr klar zu machen.
„Ich glaube, ich werde sie behalten, denn sie sind wirklich wunderschön!", kam es kurz darauf zurück. „Wenn du sie nur sehen könntest!"
„Dann mach ein Foto", forderte ich Jess auf, die prompt reagierte und mir tatsächlich ein Bild von dem wunderschönen Strauß schickte.
„Die Blumen sehen wirklich toll aus!", lautete meine Antwort, worauf sie mir einen augenzwinkernden Smiley, sowie den Satz: „Ich rede mir einfach ein, sie seien von dir, dann passt das schon", sendete.
„Moment mal! Verstehe ich das richtig, dass du von mir diese roten Rosen annehmen würdest?", erkundigte ich mich interessiert.
„Ich glaube schon, denn du stehst mir sehr viel näher als Norman, obwohl wir uns noch nie gesehen haben."
Als ich diesen Satz las, wurde mir ganz warm ums Herz und ich beschloss, Jess gleich ein anderes Geschenk zu offerieren. Da ich gestern Nacht nicht gleich hatte einschlafen können, nutzte ich die Zeit, um einige Vorbereitungen für unser Kennenlernen in London zu treffen. Ich hatte das Wichtigste bereits erledigt, nämlich ein behindertengerechtes Zimmer im gleichen Hotel gebucht, in welchem wir abstiegen.
Es mochte seltsam klingen, dass wir während unserer Tour in einem Hotel übernachteten, da wir alle in London lebten, doch unser Management hatte aus Sicherheitsgründen darauf bestanden, dies zu tun. Außerdem vereinfachte das die Logistik immens. In dem Fünf-Sterne-Hotel gab es alles was das Herz begehrte, einschließlich des großen Fitness-Studios, in welchem Mark uns wie üblich das Leben zur Hölle machen würde.
Doch viel wichtiger war die Tatsache, dass Jess auf der gleichen Etage wie wir wohnen konnte, und dass dieses Zimmer einen für Rollstuhlfahrer geeigneten Standard aufwies. Jetzt musste ich allerdings mit der Sprache herausrücken, dass unser Treffen auch einen bzw. mehrere Konzertbesuche beinhaltete. Hoffentlich würde Jess sich überzeugen lassen, einer Boyband zuzuhören.
„Ich habe eine Überraschung für dich", begann ich zögernd zu schreiben.
„Für mich???"
„Ja, weil du heute Geburtstag hast, verrate ich dir das Datum und den Ort unseres Treffens."
„Oh mein Gott! Du meinst das echt ernst, oder?"
Die Euphorie war ihr deutlich anzumerken, obwohl wir nur schrieben und unsere Gesichter nicht sehen konnten.
„Ja, ich meine es ernst. Ich möchte, dass du vom 24. bis 30. September nach London kommst. Ich muss zwar arbeiten, aber du wohnst im gleichen Hotel wie ich und du darfst mir quasi bei der Arbeit zusehen."
Mein Herz schlug schneller, als ich sah, dass sie zu tippen begann.
„Wow, das hätte ich jetzt nicht erwartet, ich dachte, wir treffen uns, wenn du frei hast. Aber ich sehe dir natürlich auch gerne bei deiner Arbeit zu."
Ob sie immer noch dieser Ansicht sein würde, wenn ich ihr nun die halbe Wahrheit schrieb? Seufzend machte ich mich daran, eine Erklärung abzugeben.
„Weißt du, ich arbeite dort während einiger Konzerte."
„Oh toll! Wer tritt denn auf? Bitte sag mir, dass es Katy Perry ist, oder The Fray! Ich würde echt ausrasten vor Freude!", kam es zurück.
Es tat mir ja schon ein wenig leid, sie enttäuschen zu müssen, doch an dieser Stelle war eine Lüge nicht angebracht.
„Sorry, es ist weder Katy, noch deine Lieblingsband. Ich befürchte, du musst jetzt sehr stark sein, aber ich hoffe, dass du meinetwegen nach London kommst, und nicht unbedingt für dieses Konzert."
Ihre leicht entrüstete Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Ich komme nur deinetwegen, das solltest du eigentlich wissen!"
„Ok, dann wirst du wohl auch kein Problem damit haben, wenn ich dir jetzt sage, dass du One Direction live auf der Bühne sehen wirst."
Jetzt war es endlich draußen und ich war schon sehr gespannt auf ihre Reaktion.
„Bitte tu mir das nicht an! Die können doch gar nicht singen!"
Immer wieder mussten wir mit solchen Vorurteilen kämpfen, doch dass gerade Jess so über uns dachte, machte mir schon ein wenig zu schaffen. Es würde uns hoffentlich gelingen, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Doch meine Mission in Sachen Konzertbesuch war noch nicht abgeschlossen und so teilte ich ihr folgendes mit: „Du wirst die Jungs vor Konzertbeginn sehen, ich habe extra Backstage Pässe besorgt."
„Das ist nicht wahr, oder? Du nimmst mich doch auf den Arm! Ich will dich sehen, NJ, und nicht irgendwelche Milchbubis!"
Als ich diesen Satz las, lachte ich laut auf. Milchbubis waren wir schon lange nicht mehr, im Gegenteil. Aber davon würde Jess sich noch früh genug mit eigenen Augen überzeugen können. So ging ich auf diese Bemerkung gar nicht weiter ein, sondern erklärte ihr, dass sie zuerst die Jungs von One Direction, und dann mich zu Gesicht bekommen würde, was meine Primaballerina wohl versöhnlich stimmte.
„Ich sehe dich wirklich gleich nach diesem Backstage Besuch? Also vor dem Konzert?", vergewisserte sie sich.
„Ja, vor dem Konzert."
„Das ist toll, dann ertrage ich es vermutlich leichter!"
Ich nahm mir fest vor, mein Bestes auf der Bühne zu geben, um Jess davon zu überzeugen, dass wir keine kleinen Milchbubis waren, die nichts drauf hatten und nur aus der Retorte stammten. Sie sollte ihre heutigen Aussagen alle zurücknehmen müssen, ausnahmslos!
Da ich noch keine weitere Antwort von Jess erhalten hatte, ließ ich sie wissen, dass die Einladung auch für ihre Freundin Anne galt. Es war ohnehin ein Doppelzimmer, das ich für Jess gebucht hatte, also konnte sie ohne Probleme jemanden mitbringen. Anne schien, ihren Erzählungen nach zu urteilen, die beste Alternative zu sein und scheinbar lag ich damit richtig.
„Anne darf mitkommen? Das ist toll und macht es einfacher für mich, denn ich brauche doch etwas Hilfe, wenn es um alltägliche Dinge geht. Sie kann sich dann ja alleine beschäftigen, wenn wir etwas gemeinsam unternehmen. Anne liebt London über alles, musst du wissen."
Froh darüber, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, grinste ich vor mich hin, als ich ihre Worte las. Nur würden Jess' Vorstellungen von unseren gemeinsamen Unternehmungen, wie sie es nannte, ein bisschen anders sein, als die üblichen Dinge, die man tat, wenn man sich kennenlernte. Solche Sachen wie Kinobesuche oder Eis essen in der Öffentlichkeit fielen definitiv aus, denn ich konnte Jess nicht einer Meute eifersüchtiger Fans aussetzen. Niemand außer meinen Bandkollegen und den engsten Vertrauten durfte wissen, dass sie meinetwegen nach London kommen würde. Trotzdem sollten es unvergessliche Tage für Jess werden, das nahm ich mir fest vor.
„Ich hab die Jungs von One Direction gerade gegoogelt."
Es haute mich fast vom Stuhl, als ihre Worte vor meinen Augen auftauchten. Diese grässlichen Bilder auf Google waren echt das Letzte, und außerdem gar nicht mehr aktuell! Jess würde vermutlich einen Lachkrampf bekommen, ich wartete nur darauf.
„Hahaha, dieser Harry müsste sich unbedingt eine andere Frisur zulegen! Sein Bandana sieht so scheiße aus!", kam es prompt.
Da konnte ich nun echt Abhilfe schaffen, denn Harry trug bereits seit einigen Monaten keine Bandanas mehr, da seine Haare inzwischen kräftig gewachsen waren. So schickte ich Jess ein relativ aktuelles Bild von Lockenköpfchen, damit sie sich ein neues Urteil bilden konnte.
„Oh, ok, er sieht besser aus, als auf dem alten Foto. Woher hast du das?"
„Ich kenne die Jungs persönlich."
„Sind sie wenigstens nett?"
„Total! Und ziemlich cool!"
Ich sprach jetzt nicht von mir, sondern nur von meinen Bandkollegen. Ob ich cool genug für Jess war, musste sie dann selbst beurteilen.
„Hast du von den anderen auch aktuelle Bilder?", lautete ihre nächste Frage, die mich ein wenig schmunzeln ließ und eine lässige Antwort meinerseits produzierte.
„Klar, soll ich dir welche schicken?"
„Immer her damit! Ich muss ja auch die Namen auswendig lernen, damit ich mich nicht blamiere!"
„Das solltest du allerdings und Anne auch", ließ ich sie wissen, obwohl es den Jungs ziemlich egal sein würde, ob die beiden Girls sich ihre Namen merken konnten oder nicht. Allerdings ließen mich Jess' nächste Sätze schon wieder fast aus den Latschen kippen.
„Anne war früher ein riesen Fan von One Direction und sie stand auf Harry! Ich glaube, sie hört die Musik immer noch, auch wenn sie es mir gegenüber nicht zugibt. Und ich glaube auch, dass sie sich freuen würde, Harry zu sehen. Also kein Stress, alles ist bestens! Du und ich können ohne Probleme abhauen, wir lassen Anne einfach bei Harry!"
Eine echt geniale Idee, von der Harry sicher begeistert sein würde, wenn Anne genauso drauf war wie Jess. Vermutlich würden es einige lustige Tage werden, zumindest hoffte ich das. Da Jess sich wohl gerade mit den Bildern beschäftigte, welche ich ihr nach und nach zukommen ließ, hatte ich eine kurze Verschnaufpause in Sachen Aussehen der One Direction Mitglieder. Jedoch hielt diese nicht allzu lange an, dann kam sie wieder voll zur Sache.
„Liam sieht ganz ok aus, Louis könnte ein bisschen mehr aus sich machen und Nialls blondierte Haare..., also ich weiß nicht... Sehen deine auch so aus?"
Was sollte ich denn jetzt darauf antworten? Ich liebte meine blonden Haare über alles! Angriff schien in diesem Fall die beste Verteidigung zu sein und so antwortete ich: „Meine blonden Haare stehen mir, ok? Zumindest sagt das jeder in meinem Umfeld, ob Freund oder nicht."
„Dann ist es ja gut!"
Ich beobachtete, wie sie erneut etwas schrieb, um kurz darauf in ein triumphierendes Lachen auszubrechen.
„Aber Niall hat einen riesen Pluspunkt bei mir! Ich mag Brusthaare! Könntest du ihm bitte sagen, dass er an dem Tag kein halboffenes Hemd tragen soll? Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass ich es ihm vom Leib reiße!"
Genüsslich tippte ich eine Antwort. „Würdest du das auch bei mir tun, wenn ich welche hätte?"
„Hast du denn welche?"
„Ja."
„Ok, wie wäre es dann, wenn du dann an diesem Tag ein halboffenes Hemd anziehst, damit ich es dir vom Leib reißen kann?", kam es unverzüglich von Jess.
„Darüber können wir reden."
Oh Gott, nur alleine die Vorstellung, dass sie das tun würde, versetzte mich bereits in eine Art Freudentaumel. Ich war verdammt stolz auf meine Brustbehaarung, die im letzten Jahr mächtig zugelegt hatte. Noch vor zwei Jahren besaß ich eine beinahe nackte Brust, wie ein Kleinkind, doch nun sah das anders aus. Und dass Jess darauf abfuhr, machte mich umso hibbeliger. Ich konnte unser Treffen kaum noch erwarten!
„Niall ist Ire?"
Ihre nächste Frage holte mich aus meinen Träumen und erforderte eine Antwort.
„Ja, warum? Hast du ein Problem damit?"
„Nein, hat mich nur gewundert, weil die anderen alle aus England stammen."
Jess schien wirklich bereits fleißig gegoogelt zu haben.
„Redet er auch mit irischem Akzent?", wollte sie wissen.
Einerseits war es göttlich, in dieser Art und Weise Fragen über sich selbst gestellt zu bekommen, andererseits auch etwas merkwürdig. Trotzdem gab ich mir Mühe, so unverfänglich wie möglich darauf zu antworten.
„Natürlich redet er mir irischem Akzent, klingt sogar ziemlich lustig."
„Das glaube ich!"
Und dann verpasste sie mir die volle Breitseite.
„Zayn sieht von allen am besten aus."
Ich musste schwer schlucken, um mich zusammen zu nehmen und nicht auszurasten, weil sie auf meinen Bandkollegen zu stehen schien.
„Du magst also eher die dunklen Typen?", stellte ich beleidigt fest.
„Nicht zwingend, ich habe nur gesagt, dass ich finde, dass er von allen am besten aussieht, mehr nicht. Aber ich könnte mich genauso gut in einen Mann verlieben, der blaue Augen hat, so wie du, wenn das entsprechende Gesamtpaket stimmt."
„Du meinst, wenn er mit genügend Brusthaaren aufwarten kann?"
„Zum Beispiel, aber vor allem seinen Charakter. NJ, wann wirst du begreifen, dass mich diese Jungs von der Boyband null interessieren? Ich komme echt nur wegen dir!"
Schmunzelnd schrieb ich zurück. „Ich fühle mich geehrt."
„Das solltest du auch sein", kam es prompt.
Während ich vor mich hinlächelte, machte ich mir bereits Gedanken über die Anreise von Jess und ihrer Freundin Anne. Wenn es zu beschwerlich für meine Prima-Ballerina werden sollte, würde ich ihr einen Wagen schicken müssen. Aber vielleicht ging es auch ohne, denn sie sollte nicht misstrauisch werden. Ich wollte Jess noch immer in dem Glauben lassen, dass ich ein normaler Mensch sei. Komisch, eigentlich war ich das auch, nur mein Beruf fiel unter die Kategorie außergewöhnlich, was sie jedoch noch früh genug erfahren würde, und zwar dann, wann ich es für richtig hielt. In meinem Kopf befand sich der bereits fertige Plan, wie alles ablaufen sollte.
Meine Bandkollegen und auch unsere Security musste allerdings noch darüber informiert werden. Es war wichtig, dass die Sicherheitsleute die relevanten Dinge bzw. Abläufe erfuhren, denn unsere Sicherheitsvorkehrungen im Backstagebereich glichen denen eines Staatsoberhauptes.
Man musste drei Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen, um überhaupt in diesen Bereich zu gelangen und eine Vierte, um uns sehen zu können. Handys und Kameras unterlagen einem generellen Verbot und auch Taschen mussten vorher abgegeben werden. Man war so besorgt um unsere Sicherheit, was mir manchmal gehörig gegen den Strich ging. Hoffentlich würde Jess damit klarkommen. Meine Augen hefteten sich erneut auf unsere Korrespondenz, als ich feststellte, dass sie wieder etwas geschrieben hatte.
„Immerhin sehen die Jungs nicht mehr wie Milchbubis aus, die Fotos im Internet sind veraltet. Können die das nicht mal ändern?"
Grinsend textete ich zurück: „Nein, können sie nicht und sie haben auch keine Zeit, sich um so etwas zu kümmern. Außerdem wissen ihre Fans, wie sie jetzt aussehen, also kein Grund zur Panik."
Ich hatte nicht mit einem Widerspruch gerechnet, der sogleich erfolgte.
„Aber wenn jemand, wie ich zum Beispiel, der diese Jungs nicht kennt, die Bilder anschaut, denkt er sofort, dass das eine Teenie Band ist und könnte deswegen Vorurteile entwickeln."
„Möchtest du denn Vorurteile aufkommen lassen?", lautete meine Gegenfrage.
Ich liebte es, mit Jess zu diskutieren, denn das wurde nie langweilig. Immer wieder fiel einem von uns etwas Neues ein.
„Eigentlich bin ich keine Mensch, der voreilig seine Schlüsse zu einer Sache zieht", antwortete sie ehrlich, „aber Teenie Bands gehen gar nicht!"
„Die Jungs sind doch alle älter als du", konnte ich mir nicht verkneifen zu schreiben, worauf sofort der Konter erfolgte.
„Kennst du denn ihre genauen Geburtsdaten?"
„Die stehen im Internet."
Was hätte ich auch sonst sagen sollen? Und wie zu erwarten, schaute Jess auch gleich nach, ob ich die Wahrheit sprach.
„Hm, Liam und Niall haben bald Geburtstag, wie ich gerade sehe. Beide werden 22, sind also ein gutes Jahr älter als ich. Das macht es leichter."
„Was bitte macht es leichter?", erkundigte ich mich neugierig, bevor ich einen Schluck aus meiner Wasserflasche nahm.
„Die Unterhaltung. Muss ich den Jungs eigentlich auch Fragen stellen?"
Es war so süß, wie sie plötzlich reagierte, dass ich schon wieder grinsen musste.
„Also es wäre ganz gut, wenn du sie etwas fragst, sie denken ja, dass du ein Fan bist", erklärte ich.
Hoffentlich kam Jess nicht auf die Idee, die Ernsthaftigkeit dieser Aussage anzuzweifeln, denn ich wollte tatsächlich, dass sie den Jungs Fragen stellte, wie alle Backstage Besucher das durften. Aber auch hierfür schien Jess bereits eine Lösung gefunden zu haben.
„Gut, dann werde ich Anne die Fragen stellen lassen", gab sie mir unverblümt zu verstehen.
Etwas enttäuscht schrieb ich zurück: „Echt? Würdest du sie denn gar nichts fragen wollen?"
„Ich wüsste nicht was, ehrlich gesagt, denn ich kenne sie ja gar nicht. Ich kenne nicht einmal ihre Lieder."
Das war jetzt echt hart. Eigentlich hatte ich gedacht, dass jedem zumindest ein Song von uns geläufig sein würde, aber Jess bewies mir gerade das Gegenteil. Mit einem lauten Seufzen begann ich erneut zu schreiben.
„Du könntest dir ja welche anhören, damit du nicht ganz unvorbereitet auf dieses Konzert gehst."
Insgeheim hegte ich die Hoffnung, dass es vielleicht doch den einen oder anderen Song geben würde, der Jess ansprach. Dann würde sie vielleicht auch ihre Vorurteile nach und nach ablegen.
„Anne kann mir da sicher behilflich sein. Sie hat bestimmt das volle Programm auf ihrem Handy", ließ Jess sich nun vernehmen.
Immerhin bedeutete ihre Aussage, dass sie nicht ganz abgeneigt war, die Lieder anzuhören, was mich plötzlich grinsen ließ. Man sollte die Hoffnung niemals aufgeben! Leider konnte ich nicht mehr allzu lange mit ihr schreiben, da die Arbeit in Form eines Interviews nahte. Schweren Herzens verabschiedete ich mich also von Jess und ließ sie wissen, dass ich mich wieder melden würde, sobald ich Zeit hätte.
„Ok, ich freue mich schon, wenn du mir wieder schreibst", lautete ihre Antwort, gefolgt von einem lachenden Smiley.
„Denk dran, ich hab dich lieb", schrieb ich.
„Ich hab dich auch lieb, NJ."
Ich hatte Jess wirklich sehr lieb gewonnen, mehr als ich es jemals hätte erahnen können, als wir unsere Korrespondenz im Internet begannen, und ich konnte es kaum erwarten, sie endlich persönlich kennenzulernen.
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Ohweh, Jess mag 1D ja gar nicht, ob Niall es da wohl schwer haben wird, wenn sie sich endlich sehen? Seid ihr schon gespannt auf das nächste Kapitel?
Ich möchte dieses Kapitel einer meiner Lieblingsautorinnen hier auf Wattpad widmen: peniku !
LG, Ambi xxx
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