22. Need you now

Jess

Zitternd vor Angst lag ich in meinem Bett. Es war zwei Uhr nachts, und seit zehn Minuten konnte ich mein rechtes Bein wieder spüren, was mich im ersten Augenblick unendlich erschrecken ließ, weil es so plötzlich kam. Doch das war nicht das Einzige, was ich fühlte.

Halb besinnungslos vor Schmerzen, welche durch das Knie zogen, und völlig verängstigt, hatte ich schließlich eine E-Mail an NJ geschrieben. Ich brauchte ihn in jenem Moment mehr, als jeden anderen. Er würde verstehen, wie ich mich fühlte. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass er meine E-Mail sofort las, denn ich wusste nicht, was ich ohne ihn tun sollte.

Meine Eltern oder meinen Bruder nachts aus dem Bett zu jagen, um dann wahrscheinlich in die Notaufnahme eines Krankenhauses verfrachtet zu werden, war das, was ich unter keinen Umständen wollte. Mein Innerstes sehnte sich nach einer Person, der ich vertraute und die mir nahe stand, und nicht nach unpersönlichem Krankenhauspersonal.

„Bitte NJ, schreib zurück", weinte ich leise vor mich hin, als ich verzweifelt auf den Posteingang der E-Mails blickte, der vor Leere gähnte.

Es war jetzt genau fünf Minuten her, dass ich ihm meinen Hilferuf zukommen ließ, doch der pochende und gleichzeitig stechende Schmerz hatte keinen Deut nachgelassen. Was sollte ich nur tun? Ich traute mich kaum, mich zu bewegen, denn jede noch so kleine Veränderung meiner Liegeposition verursachte Schmerzen in meinem Knie. Mit einem leisen Stöhnen tippte ich auf dem Display des Handys herum und hoffte, dass nun endlich eine E-Mail von NJ eingetroffen war.

Eine gewisse Erleichterung machte sich in mir breit, als ich endlich seine Nachricht in meinem Postkorb entdeckte, und diese schnell öffnete. Der Text, welchen er an mich geschickt hatte, war nur sehr kurz, doch seine Frage sagte nur eines aus: Dass er mir helfen wollte, so gut es ging.
Seine Antwort auf meinen Hilferuf lautete folgendermaßen: „Jess, ich bin da. Hast du Skype? Mein Skype Name ist golfplayer1993."

Ich brauchte gar nicht darüber nachzudenken, ob ich ihm meinen Skype Namen mitteilen sollte, ich tat es einfach.

„PrettyBallerina1408", war alles, was ich antwortete.

Als ich kurze Zeit später auf meinen Skype Account blickte, befand sich eine Kontaktanfrage von NJ darin, die ich sogleich annahm. Sekunden später begann er zu schreiben.

„Was ist los, Jess? Seit wann hast du diese Schmerzen im Knie?"

Es fühlte sich an, als ob ich wirklich mit ihm reden würde, obwohl wir nur schrieben.

„Seit ungefähr zehn Minuten. Ich konnte mein Bein plötzlich spüren, das Kribbeln ist weg, dafür habe ich jetzt wahnsinnige Stiche im Knie", teilte ich ihm nun mit.

Nur alleine zu beobachten, dass er jetzt wieder zurückschrieb, zauberte trotz der heftigen Schmerzen kurzzeitig ein Lächeln auf mein Gesicht. Trotzdem hatte ich Angst, was ich ihm auch mitteilte.

„Das kann ich verstehen, Jess. Aber bitte versuche einfach ruhig zu atmen, schließ kurz deine Augen, das hilft."

Ich tat, was er vorschlug, hörte meinen Herzschlag, der im Moment viel zu schnell war und sich nur langsam wieder normalisierte. Kurze Zeit später schlug ich meine Augen wieder auf und schaute nach, was NJ inzwischen geschrieben hatte.

„Ist das Knie angeschwollen?", erkundigte er sich nun.

Ich liebte seine fürsorgliche Art über alles, er gab mir damit das Gefühl, nicht alleine zu sein.

Vorsichtig hob ich meinen Kopf und schielte auf das Knie. Dieses schien tatsächlich etwas dicker zu sein, als das andere, was mir im ersten Augenblick noch mehr Angst einjagte.

„Ja, es ist dicker als das linke Knie", antwortete ich ihm nun.

„Ok, dann bleibt nur eins. Du musst es kühlen. Am besten helfen Kühlakkus, kannst du die irgendwie auftreiben?", las ich.

Ich wollte ehrlich zu ihm sein und schüttete ihm mein Herz aus, so wie ich es immer tat.

„Sie liegen im Gefrierfach, im Kühlschrank in der Küche. Ich weiß nicht, ob ich mich traue, den Rollstuhl zu benutzen. Aber ich möchte auch keinen aufwecken, verstehst du? Meine Eltern würden mich sofort ins Krankenhaus bringen und das will ich nicht. Ich kann nicht schon wieder in einem Hospital liegen, das halte ich nicht aus! Ich würde seelisch krepieren!"

Und NJ schien mich zu verstehen wie kein anderer, was seine Antwort ziemlich deutlich bewies.

„Jess, du brauchst keine Angst zu haben, ich bin für dich da. Wir kriegen das zusammen hin. Du wirst nicht in ein Krankenhaus müssen, zumindest nicht heute Nacht. Bitte vertrau mir, und versuche an diese Kühlakkus heranzukommen. Es ist sehr, sehr wichtig, dass du das geschwollene Knie kühlst, damit die Schwellung zurückgehen kann, und deine Schmerzen besser werden. Ich spreche aus Erfahrung, aber ich glaube, das weißt du."

Es war unglaublich, wie er auf mich einging und auch, wie er mich zu Dingen motivieren konnte, vor welchen ich Angst hatte. Ich fürchtete mich davor, das Bett zu verlassen und mich in den Rollstuhl zu hieven, weil ich wusste, dass die Schmerzen dann wahrscheinlich schlimmer werden würden. Doch ich musste es tun, um an diese verdammten Kühlakkus heranzukommen, damit die Stiche in meinem Knie aufhörten, oder zumindest nachließen.

„Ok, ich versuche es", schrieb ich zurück, worauf NJ mit einem: „Ok, ich bin bei dir, wenn du jetzt aus dem Bett steigst und in die Küche fährst. Stell dir einfach vor, ich würde deine Hand halten."

Sein Zuspruch machte mir Mut, sehr großen sogar. NJ würde die ganze Zeit auf mich aufpassen, auch wenn er das nur mental tat, half es eine ganze Menge.

Entschlossen biss ich die Zähne zusammen und versuchte mich ganz langsam im Bett aufzurichten. Obwohl jede Bewegung Schmerzen im Knie hervorrief, machte ich weiter. Nachdem ich es geschafft hatte, meinen Körper in den Rollstuhl zu hieven, atmete ich tief durch, bevor ich NJ eine Nachricht schickte.

„Ich sitze jetzt im Rollstuhl und mache mich auf den Weg in die Küche."

Er antwortete prompt.

„Das hast du toll gemacht, Jess! Lass dir Zeit, wenn du jetzt den Rollstuhl bewegst und versuche nicht an das Knie zu denken. Stell dir einfach vor, dass wir beide zusammen Eis essen gehen, Schokoladeneis versteht sich."

Warum musste ich plötzlich, trotz der Schmerzen, lächeln? NJ war wohl der einzige Mensch auf Erden, der so etwas in dieser Situation bewirken konnte. Obwohl eine kurze, heftige Schmerzattacke durch mein Knie schoss, versuchte ich langsam vorwärts zu rollen.

Den Schmerz ignorierend und an einen großen Becher Schokoladeneis denkend, schaffte ich es schließlich, in die Küche zu gelangen. Doch nicht nur der Gedanke an das Eis hatte das bewirkt, sondern ein blaues Augenpaar, das ich mir immer wieder vorstellte. Ich hätte alles darum gegeben, NJs Augen anschauen zu können, seine Hand zu halten und mit ihm zu reden. Wirklich zu reden, an einem Tisch, in einem Eiscafé, nur wir beide.

Als ich endlich an meinem Ziel angelangt war, öffnete ich seufzend die Schublade des Gefrierfachs, welches sich Gott sei Dank unter dem Kühlschrank befand, sodass ich es mühelos im Rollstuhl sitzend, erreichen konnte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff ich nach den Kühlakkus, die ich sogleich in meinen Schoß legte, bevor ich an NJ schrieb: „Ich habe die Akkus und mache mich jetzt wieder auf den Weg in mein Zimmer."

Bevor ich losrollte, kam seine Antwort: „Super, Jess, und sei bitte vorsichtig, wenn du zurückrollst."

Er war wundervoll, der liebste Mensch, den ich jemals kennengelernt hatte. NJ besaß ein Herz aus Gold. Wie glücklich konnte ich mich schätzen, dass wir uns per Zufall im Internet begegnet waren?

Langsam atmete ich tief ein und aus, als der Schmerz versuchte, mich wieder in seine Gewalt zu bekommen. Doch ich wollte es nicht zulassen, obwohl Tränen in meinen Augen standen, kämpfte ich weiter dagegen an. So lange, bis ich endlich wieder in meinem Bett lag und die Kühlakkus vorsichtig auf das Knie platzierte.

„Ich bin jetzt wieder in meinem Bett", textete ich an NJ.

„Hast du dir die Akkus auf das Knie gelegt?", lautete seine Frage.

„Ja und jetzt warte ich einfach ab. Kannst du mich unterhalten und ein bisschen ablenken?"
„Das mache ich liebend gerne!"

Und dann tat NJ das, was er am besten konnte: Mich zum Lachen bringen, obwohl mir nicht danach zumute war. Seine Sätze kamen so natürlich rüber, und sein Sinn für Humor traf mich immer wieder auf eine positive Art und Weise.

„Ok, dann lass uns loslegen", begann er. „Kannst du dir vorstellen, dass ich mir heute die große Fußzehe angehauen habe, als ich vorhin ins Bett steigen wollte? Ich bin echt so ein Tollpatsch!"
„Wie hast du das denn angestellt?", wollte ich wissen.

„Keine Ahnung, frag mich was Leichtes. Ich war wohl nicht ganz bei der Sache, als ich ins Bett steigen wollte."

„An was hast du gedacht?"

Er benötigte zwei Sekunden für seine Antwort, die ein leichtes Herzklopfen bei mir hervorrief.

„An dich."

Nun wollte ich es genauer wissen.

„Warum denkst du denn an mich?"

„Ich denke oft an dich, Jess. Eigentlich jeden Tag, um ehrlich zu sein. Und im Moment wünschte ich einfach, bei dir sein zu können."

Seine Worte riefen ein unglaubliches Glücksgefühl in mir hervor. Ich konnte spüren, wie sehr er sich um mich sorgte.

„Du bist doch bei mir", schrieb ich zurück.

„Ja, aber nicht körperlich."

Ich konnte sein Seufzen förmlich hören, als er diese Worte getippt hatte. Und wieder fiel mir auf, wie sehr wir innerlich miteinander verbunden waren. Es spielte keine Rolle, dass wir uns nicht persönlich kannten, noch nie gesehen hatten, und im Moment tausende von Kilometern voneinander entfernt waren. Einzig und alleine unsere Seelenverwandtschaft zählte.

„Was hast du heute sonst noch so gemacht, außer dir die große Fußzehe anzuhauen?", wollte ich nun wissen.

„Ich habe heute bis um fünf Uhr gearbeitet, dann war ich mit Kollegen essen, aber morgen habe ich zum Glück frei. Wir können also unendlich lange schreiben, eigentlich so lange, bis dir vor Müdigkeit die Augen zufallen."

„Falls meine Schmerzen aufhören sollten..."

„Sind sie noch nicht besser geworden?"

„Ein wenig schon."

Das Stechen im Knie hatte tatsächlich ein bisschen nachgelassen. Zwar noch nicht so, dass ich mich entspannt hinlegen und schlafen konnte, doch es war während der letzten Minuten erträglicher geworden. Scheinbar halfen die Kühlakkus wirklich, was mir natürlich bewies, dass NJ echt Ahnung von solchen Dingen hatte.

Mein Vertrauen zu ihm wurde immer größer, je mehr wir miteinander schrieben. Über Skype miteinander zu kommunizieren war ein großer Schritt vorwärts, was unsere Freundschaft anging. Wir würden uns jetzt viel besser erreichen können, denn man brauchte nur zu schauen, ob der andere online war. Irgendwie war ich sehr froh, wie sich alles gerade zwischen uns entwickelte. Seine Idee, mit mir über Skype zu schreiben, zeigte, dass ihm unsere Freundschaft wichtig war. Ich musste ihm unbedingt dafür danken.

„Danke, dass du mir deinen Skype Namen gegeben hast", schrieb ich deshalb, worauf ein: „Das war kein Problem", sowie ein lachender Smiley zurückkam.

Meine Augen sahen, dass er noch weiter tippte und ich war gespannt, was ich gleich lesen durfte.

„Es kann sein, dass du die Kühlakkus nochmal erneuern musst. Hast du noch welche auf Reserve?"

„Ja, zwei Stück", antwortete ich sofort.

Sollte das der Fall sein, würde ich nicht mehr so viel Angst haben, denn dass ich es in die Küche schaffte, hatte ich mir gerade selbst bewiesen. Natürlich hoffte ich, dass die Wirkung noch eine Weile anhalten würde. In der Zwischenzeit konnte ich weiter mit NJ schreiben, was ich auch tat.
„Hast du schon Pläne für deinen freien Tag?", erkundigte ich mich.

„Ja und nein. Also erstens kommt es darauf an, wie lange wir beide hier noch schreiben, denn ich werde morgen auf jeden Fall ausschlafen, egal wie lange das dauert! Ich muss ein bisschen Schlaf nachholen, aber mach dir bitte keine Gedanken, denn mir ist es echt egal, ob ich nachher um zwölf Uhr mittags, oder erst um zwei Uhr aufstehe."

Trotz dieser Aussage bekam ich ein schlechtes Gewissen. NJ sollte seine Freizeit doch nicht meinetwegen verschlafen! Als ich ihm das mitteilte, wehrte er jedoch sofort ab.

„Wenn ich nicht mit dir schreiben wollte, dann würde ich jetzt einfach sagen, dass ich müde bin und ins Bett gehen möchte. Da ich das aber nicht tue, solltest du dir wirklich keinen Kopf machen. Manchmal verbringe ich meine freien Tage sogar sehr gerne im Bett."

Dieser Satz schrie geradezu nach einer zweideutigen Antwort, welche ich sofort auf dem Handy tippte.

„Alleine oder mit einer deiner Fuckbuddies?"

Gespannt auf seine Reaktion hielt ich den Atem an.

„Das kommt ganz darauf an, aber meistens alleine, denn ich habe mehr freie Tage, als Fuckbuddies."

„Echt?! Das ist aber eine ungerechte Verteilung", zog ich ihn auf, wobei ich schon sehnsüchtig auf seine Antwort wartete.

„Ungerecht wäre es, wenn es sich umgekehrt verhalten würde. Dann würde ich bestimmt manchmal ins Schwitzen geraten."

Es war toll, mit ihm chatten zu können und so viel einfacher als immer auf eine E-Mail warten zu müssen. Warum waren wir nicht schon viel eher auf diese Idee gekommen? Aber vielleicht war gerade jetzt der richtige Zeitpunkt dafür, immerhin kannten wir uns viel besser, als zu Beginn unserer Korrespondenzen.

„Was macht dein Knie?"

Seine Frage riss mich abrupt aus den Gedanken und bewirkte, dass ich mich auf den Schmerz konzentrierte, der jedoch nicht mehr so stark wie zuvor in meinem Knie tobte.

„Es ist ein bisschen besser geworden", ließ ich ihn wissen.

„Das freut mich. Kannst du mir einen Gefallen tun?"

Natürlich konnte ich das, nach all dem, was er für mich bereits getan hatte, schien das selbstverständlich zu sein. Also fragte ich nach.

„Klar, was soll ich machen?"

„Beschreibe mir bitte, wie es sich anfühlt, wenn du dein Bein berührst."

Ein wenig nachdenklich schaute ich auf das rechte Bein und strich dann langsam mit meinen Fingern über den abgemagerten Oberschenkel.

„Es fühlt sich komisch an, aber irgendwie auch gut."

„Komisch, weil du es lange nicht spüren konntest und gut, weil du es jetzt spürst?"

Seine Aussage traf den Nagel auf den Kopf, wie so oft, wenn es um Dinge ging, die ich fühlte.

„Ja, genau. Meine Beine sind so dünn, dass ich Angst habe, sie könnten brechen, falls ich jemals wieder versuchen sollte, auf ihnen zu stehen", erklärte ich ehrlich.

„Dazu müsstest du aber in beiden Beinen wieder ein Gefühl haben", gab NJ zu bedenken, womit er durchaus Recht hatte. Ich konnte schlecht auf einem dünnen Bein, ohne Muskeln, stehen und erst recht nicht laufen.

Die Wirkung der Kühlakkus ließ allmählich nach, doch die Schwellung schien auf jeden Fall zurückgegangen zu sein. Zumindest sah es danach aus. Schnell machte ich ein Foto von meinem Knie und schickte es an NJ. Über Skype ging da ja problemlos. Sekunden später schrieb er nur: „Es sieht besser aus, als ich dachte. Was machen die Schmerzen?"

„Die fangen langsam wieder an etwas stärker zu werden, weil die Kühlakkus wärmer geworden sind."

„Dann solltest du dich nochmal auf den Weg in die Küche machen. Keine Angst, du schaffst das auch ein zweites Mal, Jess!"

Es war so schön zu lesen, wie er mir immer wieder Mut machte, was einfach nur ein dankbares Lächeln auf mein Gesicht zauberte.

„Ich versuche es!", versprach ich ihm tapfer.

Obwohl es mich nochmals einige Überwindung kostete, hievte ich mich erneut in den Rollstuhl, doch bevor ich mich in Bewegung setzen konnte, hatte NJ noch etwas geschrieben.

„Hast du Schmerztabletten griffbereit? Wenn ja, nimm bitte eine, nachdem du dich wieder hingelegt hast."

„Ja, ich habe welche."

„Super, dann rollen wir jetzt zusammen in die Küche!"

„Wir?"

„Na ja, du hältst mich in deiner Hand, vermute ich mal."

„Du wirst gleich in meinem Schoß liegen!"

„Hm, eigentlich sollte das umgekehrt sein..., und ich hätte es sogar noch lieber, wenn du anstatt liegen, sitzen würdest."

Prompt musste ich grinsen. Wie ich diese zweideutigen Anspielungen zwischen uns liebte! Da durfte ich natürlich nicht klein beigeben!

„Gesetzt den Fall, ich würde auf deinem Schoß sitzen, was würdest du tun?"

„Sämtliche Dates mit meinen Fuckbuddies absagen", kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.

„BILDE DIR BLOSS NICHT EIN, DASS ICH DEREN AUFGABEN ÜBERNEHME!" Um meiner Aussage ein entrüstetes Gewicht zu verleihen, hatte ich in Großbuchstaben geschrieben, was NJ nun ebenfalls tat.

„DAS WERDEN WIR SEHEN, WENN ES SOWEIT IST!"

Ich musste mich schwer zusammenzureißen, um nicht laut aufzulachen, obwohl ich gerade von einer Schmerzattacke heimgesucht wurde. Unglaublich, wie NJ mich ablenken konnte.
„Ich fahre jetzt los", ließ ihn wissen, bevor ich in die Küche rollte.

Der Rollstuhl glitt glücklicherweise beinahe geräuschlos über den Boden, sodass niemand geweckt wurde. Immerhin war es jetzt vier Uhr morgens und meine Eltern konnten noch zwei Stunden ihrem wohlverdienten Schlaf nachgehen, welchen ich ihnen auch nicht rauben wollte. Jedenfalls nicht wegen dieser Schmerzen, denn sie waren nicht lebensbedrohlich, sondern einfach nur lästig.

Nachdem ich die Kühlakkus ausgetauscht hatte, trat ich den Rückweg in mein Zimmer an. Das Handy lag in meinem Schoß, und kaum lag ich in meinem Bett, blitzte es auch schon auf. NJ hatte wieder geschrieben.

„Wo bist du denn jetzt? Hat alles geklappt?"

„Ja, ich habe mich gerade ins Bett gelegt und nehme jetzt eine Schmerztablette", antwortete ich, bevor ich die Nachttischschublade öffnete, um die Tablettenpackung zu entnehmen.

Eine Flasche Wasser stand ohnehin immer auf dem Nachttisch, sodass ich die Tablette mühelos hinunterspülen konnte. Anschließend platzierte ich die Kühlakkus vorsichtig auf mein Knie. Es tat gut, die Kälte zu spüren, denn diese wirkte sich sofort positiv auf die Schmerzen aus. Nun konnte ich wieder entspannter mit NJ chatten, der schon ganz ungeduldig wurde. Jedenfalls ließ sein nächster Satz das vermuten.

„Schreib mit mir, Jess! Ich mache mir Sorgen um dich."

Lächelnd tippte ich den Satz: „Das brauchst du nicht, es ist alles ok, wirklich. Die Kälte hilft und jetzt warte ich nur noch auf die Wirkung der Schmerztablette."

„OK, dann warte ich mit dir."

Ich fand es ziemlich süß, wenn er so etwas schrieb; er brachte mich damit zum Schmunzeln. Gleichzeitig fühlte ich diese enge Verbundenheit zwischen uns, die unaufhaltsam stärker wurde.

„Wie spät ist es denn bei dir jetzt?" erkundigte ich mich.

„Gleich Mitternacht, warum fragst du?"

„Und es ist wirklich ok für dich, wenn du noch wartest und bei mir bleibst?"

Ich musste ihn das fragen, ich wollte sicher gehen, dass ich ihm nicht zur Last fiel.

Seine Antwort darauf brachte mein Herz zum Schmelzen.

„Glaube mir, es gibt im Augenblick nichts, was ich lieber mache, als für dich da zu sein. Es bedeutet mir sehr viel, dass du mir vertraust."

„Und mir bedeutet es unendlich viel, dass du an meiner Seite bist. Es geht mir auch schon besser, die Schmerzen lassen immer mehr nach", schrieb ich nun.

„Das freut mich!" Er munterte mich mit jedem Satz auf und obwohl ich von seiner Energie zehrte, spürte ich, wie sich langsam die Müdigkeit in meinem Körper ausbreitete. Mit Sicherheit lag das daran, dass auch die Schmerzen weniger wurden, was bewirkte, dass ich mich nun ausruhen konnte. Doch vorher wollte ich NJ eine gute Nacht wünschen.

„Ich bin jetzt sehr müde und werde versuchen zu schlafen", textete ich.

„Das ist schön. Ich wünsche dir eine gute Nacht, mit wenig Schmerzen. Aber falls du doch nicht schlafen kannst, scheue dich nicht davor, mich anzuschreiben. Versprich mir, dass du es tun wirst, ok?"

Wer konnte da schon nein sagen? Ich auf jeden Fall nicht.

„Ich verspreche es. Und wer zuerst wach ist, kann dem anderen ja schreiben, oder?" vergewisserte ich mich.

„Auf jeden Fall!"

Unendlich müde tippte ich die letzten Worte ein, die aus meinem Herzen kamen.

„Ich hab dich lieb, NJ."

Eine kleine Träne des Glücks lief meine Wange hinunter, als ich seine Antwort erhielt.

„Ich hab dich auch lieb, Jess."
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Einen Schritt weiter: die beiden schreiben über Skype! Und Jess kann endlich eines ihrer Beine spüren! Ich hoffe, diese Entwicklung gefällt euch!
Und was sagt ihr zu den letzten Sätzen? 

Dieses Kapitel möchte ich relyce widmen, da sie meine Story in ihre Bücherbewertungen aufgenommen hat. Wenn ihr möchtet, könnt ihr dort gerne mal vorbeischauen!

LG und ein schönes Wochenende, Ambi xxx


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