15. French 21
Niall
„Niall, wenn du nicht aufpasst, holst du dir einen Sonnenbrand."
Eine raue Stimme, die Harry gehörte, weckte mich aus meinen Träumen. Ich musste auf der Liege eingepennt sein, auf der ich seit Stunden am Pool vor mich hindöste. Als ich mich ein wenig bewegte, spürte ich bereits das Spannen der Haut, welches darauf hindeutete, dass Harrys Warnung wohl zu spät erfolgt war.
„Ich sehe bestimmt aus wie ein Hummer", murmelte ich vor mich hin, worauf Lockenköpfchen erwiderte: „Macht nichts, du siehst auch als Hummer zum Anbeißen aus."
Ein wenig umständlich setzte ich mich nun auf und schob meine Liege in den Schatten, neben Liam, der an einem Cocktail nippte und mich nun kopfschüttelnd zurechtwies.
„Wie oft habe ich dir gesagt, dass du die Sonnenlotion nicht vergessen sollst."
„Ja, Daddy", brummte ich, grinste und ließ mich dann wieder auf der Liege nieder.
„Eigentlich würde ich ja auch gerne einen Cocktail trinken", meinte ich nach reiflicher Überlegung.
„Soll ich dir einen holen? Ich wollte gerade zur Poolbar gehen", erkundigte sich Harry grinsend.
„Das wäre super!"
„Ok, was für einer darf es denn sein?"
„Nimm den French 21", mischte sich Liam ein, worauf ich lässig entgegnete: „Also ein French 69 wäre mir jetzt lieber."
Beide schütteten sich nun aus vor Lachen, während ich nur mit hochgezogenen Brauen sagte: „Was denn? Das ist doch völlig legitim, oder nicht?"
„Du könntest auch deine Hand nehmen", kam es trocken von Liam.
„Damit muss er doch Gitarre spielen, deswegen braucht er ja so viele Bräute", erwiderte Harry mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Verschwinde, und bring mir diesen French 21 mit."
Manchmal konnten sie echt nervig sein.
„Wo sind eigentlich die anderen beiden?", erkundigte ich mich, nachdem Harry in Richtung Poolbar verschwunden war.
„Rauchen", kam es prompt von Liam.
„Verstehe."
Bei dem Versuch eine geeignete Liegeposition auf dem Bauch zu finden, da dank meines verbrannten Rückens eine andere nicht in Frage kam, zog plötzlich dieser Traum in meinen Gedanken vorüber, aus welchem Harry mich geweckt hatte. Eigentlich musste ich ihm dafür eine runterhauen.
Es war so genial gewesen, wie Kelly sich über mich gebeugt, und mir den Blowjob aller Zeiten verpasst hatte, dann war Nathalie noch hinzugekommen und ich trieb es mit zwei Frauen gleichzeitig. Warum passierte so etwas nur in meinen Träumen? Und dann wurde ich auch noch von Harry geweckt, der mir nicht einmal das gönnte!
Doch die wichtigste Frage, die sich mir nun aufdrängte war, warum ich keinen riesen Ständer bekommen hatte, als ich das träumte. Stimmte etwas nicht mit mir? Oder fehlte noch ein Teil des Traums, den ich jetzt verzweifelt zu rekonstruieren versuchte.
Angestrengt überlegte ich hin und her, kam jedoch zu keinem Ergebnis. Erst als ich das Glas, gefüllt mit French 21, in meinen Händen hielt, und den ersten Schluck genommen hatte, tauchte ein wichtiges Detail des Traums in meinem Kopf auf. Eine Stimme, kaum hörbar, hatte mir etwas zugerufen, während ich mit meinen Bräuten im Bett lag.
„Hilf mir aus dem Rollstuhl, Niall. Ich möchte gerne laufen."
Verdammt! Jess! Wie konnte ich von ihrer Stimme träumen, die ich noch nie gehört hatte? Wie verrückt war das bitte? Und wieso schlich sie sich in einen Traum, der nur von purem Sex handelte? Es war mir regelrecht peinlich, darüber nachdenken zu müssen. So leerte ich aus lauter Verzweiflung das Glas innerhalb kürzester Zeit, was Liam dazu veranlasste, einen Kommentar abzugeben.
„Dafür, dass du lieber einen French 69 wolltest, hast du das Zeug ganz schön schnell runtergeschüttet."
„Amen", sprach Harry grinsend, dessen Glas noch zwei Drittel des Getränks enthielt.
„Ich hätte gerne noch einen", brachte ich hervor, wissend, dass ich mich nun absichtlich betrinken würde.
„Dann hol dir doch einen", meinte Liam.
„Geht nicht, dann muss ich wieder in die Sonne."
Seufzend erhob sich unser Daddy, wie er von allen genannt wurde, griff nach meinem leeren Glas und wanderte in Richtung Poolbar.
„Du hast auch echt für alles deine Bediensteten", wunderte sich Harry. „Ich frage mich immer, wie du das anstellst."
„Ich bin Ire, das ist das ganze Geheimnis."
„Du bist irre, genau!"
Die Stimme gehörte Louis, der nun direkt neben meiner Liege stand, um entsetzt auf meinen Rücken zu starren.
„Das sieht echt übel aus, Niall. Wie ein Hummer! Pass auf, dass du nachher nicht im Kochtopf landest!"
„Na ja, so ein alkoholgetränkter Hummer wäre zur Abwechslung nicht schlecht", frotzelte Liam, der soeben mit meinen zweiten Cocktail in der Hand auftauchte.
Dankbar nahm ich dieses entgegen, denn ich hatte mächtig Durst. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich um hochprozentigen Alkohol, gemixt mit Fruchtsaft, handelte, zog ich wie ein Verdurstender an dem Strohhalm, was mir sofort einen Rüffel von Louis einbrachte.
„Bist du eigentlich verrückt, Niall? Zuerst holst du dir einen Sonnenbrand und jetzt säufst du dich zu! Du wirst morgen total fertig sein, wenn wir unseren Auftritt in Seattle haben."
„Ach was, bis morgen Abend bin ich wieder fit", grinste ich.
„Dein Wort in Gottes Ohr!"
Es blieb nicht bei den zwei Cocktails, irgendwann musste ein dritter her, gefolgt von einem vierten, der nicht ganz so stark nach hochprozentigem Gesöff schmeckte. Wahrscheinlich hatte Liam dem Barkeeper gesagt, dass er weniger Alkohol hinzugeben sollte, um mir einen Vollrausch zu ersparen, da ich alles auf fast nüchternen Magen trank.
So kam es, dass meine Bandkollegen mich eine Stunde später in meine Suite verfrachteten, wo ich sofort auf dem Bett einschlief.
Als ich wieder erwachte, weil mein Magen heftig knurrte, war es bereits stockdunkel draußen. Verwirrt tastete ich nach meinem Handy, welches unter mir lag, weiß der Himmel, wie es dort hingekommen war, um nach der Uhrzeit zu schauen.
„Viertel vor elf!", schrie ich erstaunt auf.
Es war mitten in der Nacht und ich hatte noch nichts gegessen! Sie wollten mich verhungern lassen, eindeutig! Zudem brannte mein Rücken wie Feuer. Er glühte vermutlich so stark, dass man Spiegeleier hätte darauf braten können.
Mit einer schnellen Bewegung, welche ein schmerzhaftes Spannungsgefühl auf der Haut meiner Rückseite auslöste, griff ich nach dem Telefon, um den Zimmerservice anzurufen, der Gott sei Dank rund um die Uhr erreichbar war, und bestellte dort zwei Pizzen mit Salat.
Während ich auf das Essen wartete, nahm ich eine große Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, der sich in der Suite befand und trank gierig daraus. So einen schlimmen Brand hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Und wer trug die Schuld daran? Ein Cocktail namens French 21, dessen genaue Zutaten ich noch nicht einmal kannte. Vielleicht sollte ich vorher danach googeln, anstatt auf Liam zu hören, der Cocktails wesentlich besser vertrug als ich.
Da ich gerade nichts Besseres zu tun hatte, führte ich diesen Gedanken nun aus. Stirnrunzelnd blickte ich auf das Rezept des Getränks, um dann ein lautes Schnaufen auszustoßen. Wodka und Himbeerlikör waren nicht das Problem, es war der Champagner, der mir das Genick gebrochen hatte, denn diesen vertrug ich in Kombination mit Wodka so gut wie gar nicht. Ein Glas von dieser Mischung genügte, und ich war bereits halb besoffen. Ganz nüchtern war ich jetzt immer noch nicht, doch es reichte aus, um gewisse Dinge ohne Probleme zu bewerkstelligen.
Dazu gehörte auch das Anschauen meiner E-Mails, welches ich nun ausführte. Ein Lächeln umspielte meine Lippen, als ich die bekannte Adresse in meinem Posteingang sah. [email protected]
Bevor ich jedoch dazu kam, die Nachricht meiner Prima Ballerina aus dem Internet zu lesen, klopfte es an der Tür.
„Zimmerservice, Ihr Essen, Mr Horan", vernahm ich die Stimme der Bediensteten des Hotels.
Vorsichtig legte ich das Handy zur Seite, erhob mich aus dem bequemen Bett und lief schleunigst zur Tür, um die langersehnten Pizzen in Empfang zu nehmen, deren herrlicher Duft erneut ein lautes Magenknurren bei mir auslöste.
Nachdem ich ein großzügiges Trinkgeld abgedrückt hatte, legte ich die Pizzakartons auf dem Bett ab, öffnete den einen und nahm das größte Stück heraus, welches ich sogleich in den Mund stopfte. Hatte ich einen Kohldampf! Vermutlich würde das Essen mir auch helfen, schneller nüchtern zu werden und somit einen klaren Kopf zu bekommen, den brauchte ich nämlich, um die E-Mail von Jess richtig lesen zu können. Obwohl ich mehr als nur neugierig auf das war, was sie geschrieben hatte, zwang ich mich dazu, wenigstens die erste Pizza komplett zu essen, bevor ich mich der Nachricht zuwandte.
Den Rücken mit äußerster Vorsicht an ein dickes Kissen gelehnt, saß ich nun in meinem Bett, öffnete die E-Mail und wollte gerade zu lesen beginnen, als es erneut an der Tür klopfte.
„Wer ist da?", fragte ich barsch, was mir sogleich leid tat, als ich Zayns Stimme hörte.
„Ich wollte nur nachschauen, ob du in Ordnung bist, Nialler", rief er durch die geschlossene Tür.
Da ich mich außer Stande sah, ihn davor stehen zu lassen, denn Zayn hatte wirklich ein gutes Herz, erhob ich mich erneut, um meinen Freund ins Zimmer zu bitten.
„Mir geht es gut, wie du siehst", beantwortete ich seine Frage, bevor er sich auf dem Bett niederließ, um mich kritisch zu beäugen.
„Das sehe ich", meinte er dann grinsend, mit einem Blick auf die leere Pizzaschachtel.
„Sie schmeckt super", bestätigte ich und schob mir sogleich ein Stück von der zweiten Salamipizza in den Mund.
„Und was ist mit dem Salat?"
„Den hab isch noch nisch bobiert", nuschelte ich mit vollem Mund.
Zayn lachte aus vollem Herzen und sagte dann: „Die anderen waren der Ansicht, dass du noch im Tiefschlaf liegst, aber ich habe gewettet, dass du bestimmt schon am Essen bist."
„Eins zu null für dich", brachte ich hervor, nachdem ich den Bissen hinuntergeschluckt hatte.
„Womit hast du dich eigentlich so abgeschossen?", wollte er nun wissen.
„French 21, lass bloß die Finger von dem Zeug, es schmeckt zwar affengeil, enthält aber Champagner, das war mein Untergang", stöhnte ich.
„Hm, also French 69 wäre mir persönlich wesentlich lieber", kam es nun von Zayn, der kurz darauf in meine ausgestreckte Hand einschlug.
„Bro, wir verstehen uns", grinste er breit.
Mit einem lauten Seufzen sagte ich nun: „Ach, ich weiß auch nicht. Die Sache mit Kelly liegt erst drei Tage zurück und schon bin ich wieder auf Entzug, aber sowas von!"
„Denkst du ich nicht?", jammerte mein Bandkollege.
„Ja, aber du hast Perrie, du kannst dich regelmäßig entleeren, wenn du nach Hause kommst."
„Das stimmt nicht, sie ist oft genug selbst auf Tour", erklärte Zayn.
„Stell dir vor, was mir passiert ist", begann ich nun, wild drauf, ihm von meinem Traum zu erzählen. „Ich hab gerade von Kelly und Nathalie geträumt, es war so mega geil, da weckt mich Harry, dieser Idiot!"
„Vermutlich hat er deinen Ständer gesehen."
„Nein, denn ich hatte keinen, zumindest nicht, als ich aufgewacht bin."
„Was? Das ist doch gar nicht möglich!"
Ich kratzte mich am Hinterkopf, bevor ich den nächsten Satz aussprach. „Doch, das ist möglich, zumindest wenn du noch von einer dritten Person träumst, deren Stimme plötzlich auftaucht, obwohl du sie noch nie gehört hast."
„Das klingt nach einer Halluzination, bist du dir sicher, dass keine Drogen in diesem Cocktail waren?"
Zayn schaute mich prüfend an, doch ich schüttelte nur den Kopf, um dann zu sagen: „Die Cocktails habe ich danach getrunken."
„Wessen Stimme war es denn?"
„Die Stimme von Jess."
Seine braunen Augen schienen sich zu verdunkeln, falls das überhaupt noch möglich war und seine gedämpfte Stimme klang, als ob er über ein Geheimnis sprach, was es eigentlich auch war.
„Ist das das Mädchen aus dem Internet?"
„Genau die."
Nun zog Zayn hörbar die Luft ein. „Alter Schwede, die muss dir ja völlig den Kopf verdreht haben."
„Eben nicht, wir schreiben doch nur miteinander."
„Man kann sich auch beim Schreiben aufgeilen."
„Zayn! Das Mädchen sitzt im Rollstuhl!", fauchte ich, worauf er sofort eine Hand auf meine Schulter legte.
„Tut mir leid, Niall, ich wollte einen Scherz machen."
Seufzend angelte ich mir das Handy, schaute zu Zayn und sagte: „Sie hat mir geschrieben, ich wollte die E-Mail gerade lesen, als du angeklopft hast."
„Ok, dann lasse ich dich jetzt wohl besser alleine", kam es von ihm, wofür ich wirklich dankbar war.
„Zayn?"
„Ja?" Er drehte sich nochmals in meine Richtung.
„Das bleibt unter uns, verstanden?"
„Keine Sorge, Niall, meine Lippen sind so fest versiegelt, wie Perries Schamlippen zurzeit."
„Du hast Perrie einen Keuschheitsgürtel verpasst? Interessant!"
„Du Arsch!"
Ich konnte mir ein lautes Lachen nicht verkneifen, als er auch schon durch die Tür verschwand. Keine Minute später saß ich wieder auf dem Bett, hatte den Salat neben mir stehen, und las die E-Mail von Jess.
Lieber NJ,
ich finde es schön, dass wir beide uns gegenseitig an unseren, doch sehr unterschiedlichen Leben teilhaben lassen, denn das ist äußerst interessant. So erfahre ich, was in der Welt vorgeht, denn ich kann alles mit deinen Augen sehen, was ich sonst nicht zu Gesicht bekommen würde. Danke, dass du mir das ermöglichst!
Sie war echt so zuckersüß, wenn sie solche Dinge schrieb, dass ich sie am liebsten umarmen und knuddeln wollte. Sogleich fiel mir jedoch die Begebenheit am Pool ein, was mich nun murmeln ließ: „Jess, wenn du wüsstest, was ich heute erlebt habe, wärst du ganz sicher nicht scharf darauf, es zu erfahren."
Dann las ich auch schon weiter.
Ich habe noch nie Jack Daniels getrunken, möchte das aber in absehbarer Zeit probieren, um dir mitteilen zu können, ob dieser Whiskey Gnade vor meinem zarten Gaumen findet. Trinkst du ihn pur, oder mit Cola?
„Pur, Süße, nur pur." Stopp, hatte ich sie gerade Süße genannt? Das mussten noch die Nachwirkungen von French 21 sein, anders konnte ich mir das nicht erklären. Ich riss mich zusammen, bevor ich meine Augen erneut auf die E-Mail heftete.
Darauf dass du betrunken warst, möchte ich jetzt nicht näher eingehen, aber manchmal braucht man das einfach.
Oh ja, vor allem nach so einen Traum, den ich heute erleben durfte! French 21 war meine Rettung gewesen.
Wir sollten zusammen im Internet medium gebratene Steaks essen, oder? Ich möchte nun anmerken, wie realistisch deine Beschreibung auf mich gewirkt hat, als du versucht hast nachzuvollziehen, was ich auf der Bühne fühle, wenn ich den Applaus des Publikums höre. Ganz großes Kompliment an dich, du kannst dich super in andere Menschen hineinversetzen!
Was sollte ich darauf antworten? Ich erlebte das fast täglich, da war es kein Wunder, dass ich es so gut beschreiben konnte, was Jess jedoch nicht erfahren durfte. Ein wenig wehmütig blickte ich auf die nächsten Zeilen.
Das gilt auch für das Thema mit der Therapie, die ich besuchen werde. Aber ich glaube nicht, dass ich dort neue Freunde finde. Anne ist meine beste Freundin, auf die ich mich verlassen kann und im Internet habe ich dich. Ihr beiden seid meine Stützen, weißt du das eigentlich? Ich möchte dich nicht mehr missen, und bin dankbar für das Vertrauen, das sich zwischen uns aufgebaut hat. Es hat mich sehr berührt zu lesen, dass dir so viel an unserer Brieffreundschaft liegt und du mich auch nicht aufgeben willst. Du weißt nicht, was diese Worte für einen Menschen in meiner Situation bedeuten.
Vielleicht wusste ich es wirklich nicht, aber ich wollte alles daran setzten, Jess noch besser zu verstehen. Alleine ihre Aussage, dass ich eine ihrer Stützen wäre, gab mir ein ziemlich gutes Gefühl. Ich war zu etwas nütze. Ich konnte nicht nur Musik machen, sondern einen Menschen aufmuntern. Ein Gefühl der Dankbarkeit stieg in mir auf, als ich diese Worte von Jess gelesen hatte. Doch nun ging es weiter.
Du denkst wirklich, dass ich noch eine zweite Meinung bezüglich meines Knies einholen soll? Nun im Moment bin ich noch nicht bereit dazu, Untersuchungen jeglicher Art über mich ergehen zu lassen. Vielleicht würde ich es tun, wenn du meine Hand halten würdest. Ok, das klingt nach Erpressung, also vergiss es. Ich möchte nicht, dass du das Gefühl bekommst, dass ich dich für meine Zwecke missbrauchen will. Dafür bist du zu nett und liebenswert.
Fuck! Warum dachte ich heute so zweideutig? Daran war bestimmt nur French 21 schuld! Das Wort Missbrauchen klang ja sowas von scharf, wenn sie es schrieb. Ich schluckte kurz und verbot mir jegliche Gedanken in diese Richtung weiter zu verfolgen, sondern ließ meine Augen wieder über den Text schweifen.
Kommen wir nun zu deiner Aussage, dass Regelschmerzen angenehmer seien, als eine tägliche Rasur, die ich auf keinen Fall teilen kann. Aber vielleicht sollten wir mal tauschen, um es herauszufinden. Tampons kannst du in jedem Supermarkt kaufen, falls du das nicht weißt. Aber Vorsicht, es gibt unterschiedliche Größen! Ich hingegen könnte mir den Rasierer meines Vaters ausleihen.
Es gab echt verschiedene Größe bei den Tampons? Das hatte ich noch gar nicht gewusst! Vielleicht sollte ich Zayn danach fragen, der konnte mir bestimmt Auskunft geben. Und natürlich musste ich über ihren Humor schmunzeln, der echt bombastisch war.
Schön, dass dir meine ersten Ballettschuhe gefallen! Es wird dich freuen zu hören, dass mein Bruder inzwischen das Foto von meinem Schlafanzug mit dem Mickey Mouse Print gemacht hat, welches ich als Anhang an die Mail beigefügt habe. Ich hoffe, du bekommst keine schmutzigen Fantasien! Und wenn, dann wisch dir bitte die Hände nicht an meinem Schlafanzug ab.
Meine Kinnlade klappte nach unten! Es lag nicht alleine an French 21, es lag auch an ihrer Schreibweise! Jess war einfach nur rattenscharf! Sie brachte mich so sehr zum Lachen, dass ich ein Taschentuch hervorholen musste, um meine Tränen zu trocknen, bevor ich weiterlesen konnte.
Da ich dir nun ein Bild von meinem peinlichen Schlafanzug geschickt habe, möchte ich bitte auch eines von deinen Boxershorts haben. Immerhin trägst du sie beim Schlafen, also ist das ein gerechter Ausgleich. An dieser Stelle möchte ich nun deine Frage nach meiner Körbchen Größe beantworten, natürlich nicht ohne Gegenleistung. Also, ich trage tatsächlich B und nein, ich möchte nicht deine Penisgröße wissen (warum seid ihr Männer eigentlich so fixiert darauf?) Es ist gar nicht so wichtig, wie groß er ist – ok, vielleicht ein bisschen – also man sollte das Teil schon spüren können, doch viel wichtiger ist, dass der Mann weiß, wie er damit umzugehen hat. Sorry, wenn ich etwas ausschweife, aber das musste mal gesagt werden. Also ich möchte von dir wissen, wann du das letzte Mal mit einer Frau Sex hattest. Diese Frage scheint mir angemessen zu sein, nachdem ich dir meine Körbchen Größe mitgeteilt habe.
Das durfte jetzt echt nicht wahr sein! Sie hatte mich! Dieses kleine Biest schaffte es tatsächlich, dass ich ihr intime Dinge über mein Leben erzählte, ich wusste schon jetzt, dass ich es tun würde, denn ich wollte sie nicht anlügen. Es bestand auch gar kein Grund dazu, wir pflegten ja nur eine Brieffreundschaft im Internet. Was würde ich jetzt dafür geben, noch ein Glas French 21 trinken zu können, um meine Nerven zu beruhigen. Stattdessen las ich gespannt weiter.
Wie kommst du auf eigentlich die Idee, dass wir uns die Klamotten langsam und genüsslich ausziehen würden? Wer sagt dir, dass es nicht auf eine andere Art und Weise geschehen würde? Runterreißen vielleicht?
„Weil ich es so fühle, Jess", flüsterte ich vor mich hin. „Es würde genauso sein mit dir, langsam, zärtlich und ich würde dir alles geben, was du willst."
Entsetzt starrte ich auf meine Erektion, die sich gerade gebildet hatte, während ich an Jess dachte und diese Worte aussprach. Verdammt, was war nur mit mir los? Ich konnte doch nicht von Sex mit einer jungen Frau träumen, die im Rollstuhl saß! Das musste ich mir immer wieder vor Augen halten, das war der Grund, warum ich angefangen hatte mit ihr zu schreiben. Und nicht, weil ich Verbalerotik im Internet betreiben wollte! Vielleicht zirkulierte doch noch zu viel French 21 durch meine Adern. Als ich weiter las, stellte ich fest, dass Jess genauso wie ich, plötzlich ganz ernst werden konnte.
Diese besondere Verbindung zwischen uns ist schon etwas Außergewöhnliches. Ich bin sehr glücklich darüber, so jemanden wie dich gefunden zu haben, der mich uneingeschränkt versteht und dem ich vertrauen kann. Die Erfahrung ist einfach wundervoll und ich betrachte das ebenso wie du, als ein wirklich großes, einzigartiges Geschenk. Also danke, dass du mir dein Vertrauen schenkst und ich dir im Gegenzug auch meines geben darf. Ich würde dir einfach alles erzählen, ohne Angst zu haben, dass du es vielleicht ausplaudern könntest. Das Gleiche kannst du bei mir tun, also wenn dich etwas bedrückt, raus damit!
Dieses Angebot wollte ich gerne annehmen, denn auch ich benötigte manchmal jemanden, der mir zuhörte. Jess würde das ganz sicher tun. Ihre nächsten Worte, die ich nun aufmerksam las, gruben sich tief in mein Innerstes hinein.
Ich glaube, du bist ein sehr herzlicher Mensch, ich fühle jedes Mal deine Umarmung, wenn du mit mir schreibst. Und die Tatsache, dass du am 16. Juli an mich denken wirst, hilft mir bestimmt. Ein wenig Bammel habe ich ja schon, aber es wird schon werden. Ich stelle mir einfach vor, dass du meine Hand hältst, weil ich nun ein unbekanntes Terrain betrete. Es ist schon komisch, aber beim Lesen deiner letzten E-Mail habe ich mich gefragt, wie es wohl anfühlen mag, wenn du meine Hand tatsächlich in deiner hältst. Leider werden wir das nie herausfinden, oder? Ich denke, dass es sich zärtlich anfühlt, du gibst mir ein Gefühl der Sicherheit, du würdest mich nie loslassen.
„Das würde ich nicht", flüsterte ich leise.
Wie viele Dinge das Leben noch für mich bereithält, kommt auf mich selbst an, das weiß ich. Hätte ich jemanden wie dich an meiner Seite, also im realen Leben, dann wäre es vermutlich einfacher, aber ich werde auch so mein Bestes versuchen. Du gibst mir so viel Mut und Selbstvertrauen, dass ich es kaum begreifen kann. Deswegen solltest du niemals traurig sein, wenn du meine E-Mails liest.
Manchmal konnte ich das nicht verhindern, denn ihre Geschichte ging mir nach wie vor an die Nieren. Seufzend las ich nun die letzten Sätze.
Übrigens mag ich deinen Musikgeschmack, auch ich höre öfter Rockmusik aus den Achtzigern. Und dass du Gitarre spielst ist einfach nur wow! Du findest Frauen sexy, die Humor besitzen, ich finde Männer sexy, die kochen können! Meine Hobbies, außer Ballett, das ich zu meinem Beruf machen wollte, beschränken sich auf backen (passt doch zu kochen, oder?) und lesen. Bis vor kurzem habe ich auch noch regelmäßig an meinem Tagebuch geschrieben, doch seit wir uns kennen, erscheint mir das langweilig zu sein, denn ich schreibe lieber mit dir. Du antwortest wenigstens, das Tagebuch nicht!
Und wieder kam ihr Humor zum Vorschein, den ich so sehr liebte. Dieses Mädchen war echt ein Geschenk und ihre nächsten Sätze brachten mich erneut zum Lachen.
Das mit der Giraffe als Haustier ist leider nicht machbar, obwohl wir einen großen Garten besitzen. Aber ich glaube, sie würde sich dort nicht wohlfühlen. Vielleicht könntest du dich mit einem Schaf anfreunden? Lass es mich bitte wissen!
„Ein Schaf? Das kommt nicht in Frage!", entfuhr es mir. „Niall Horan kann kein Schaf sein!"
Lächelnd überflog ich nun die allerletzten Zeilen, die mein Herz zum Flattern brachten.
Bevor ich nun meine Mail beende, wollte ich dir sagen, dass ich in meinen Träumen jede Nacht mit dir kuschele. Ich hoffe, du findest das nicht schlimm, denn es fühlt sich echt toll an!
Alles Liebe, Jess
P.S.: Ich möchte gerne noch weitere Bilder von dir haben, also in jeder E-Mail eins, damit es spannend bleibt. Die Reihenfolge darfst du dir selbst aussuchen. Deine Gitarre, deine Hände und etwas, was du gekocht hast.
Sie war so unglaublich, meine kleine Prima Ballerina! Und dieser Tim war der größte Idiot der Welt, dass er ihr so etwas angetan hatte. Wie konnte man einen Menschen wie Jess nur so enttäuschen?
Nun wollte sie ein Foto von meinen Händen haben, das konnte ich wohl riskieren. Die Frage war nur, sollte ich jede Hand einzeln fotografieren, damit ich das selbst erledigen konnte, oder beide zusammen, dann würde ich jemanden drum bitten müssen, das zu tun. Sogleich fiel mir Zayn ein. Er wusste nun am besten Bescheid und würde nichts ausplaudern. Da ich ein Foto von meinen Händen für das Wichtigste hielt, schnappte ich schnell mein Handy, verließ meine Suite und klopfte an Zayns Tür, der mit einem: „Ja, wer ist da?", antwortete.
„Ich bin's, Niall!"
Umgehend wurde die Tür geöffnet und als ich in sein grinsendes Gesicht schaute, schob ich ihn einfach in das Zimmer hinein.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?", fragte ich ohne Umschweife.
„Klar, das weißt du doch."
„Gut, dann fotografiere meine Hände."
„Bitte was? Hast du noch zu viel French 21 in deinem Blut?", schlussfolgerte er.
„Nein, habe ich nicht aber eine gewisse Dame möchte ein Bild von meinen überaus zärtlichen Händen", erklärte ich ernst, worauf Zayn schmunzelnd sagte: „Ok, leg sie auf die Bettdecke, der Untergrund macht sich gut."
Zwei Minuten später kehrte ich in meine Suite zurück, bereit die E-Mail an Jess zu schreiben. Doch vorher öffnete ich den Anhang ihrer Mail, um das Bild mit dem Schlafanzug zu betrachten. Ich ertappte mich bei der Vorstellung, wie Jess wohl darin aussehen würde, vermutlich sehr süß. Grinsend schoss ich noch ein Bild von einer meiner Boxershorts, nachdem ich diese auf dem Bett ausgebreitet hatte. Das durfte ich nicht vergessen mitzuschicken!
Als ich begann die E-Mail zu schreiben, spürte ich, wie sehr ich mich zu Jess hingezogen fühlte.
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Dies ist eins meiner Lieblingskapitel und ich hoffe, dass es euch auch gefallen hat.
LG, Ambi xxx
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